31. Mai 2009 1
Beten mit den Psalmen – Gebetsreihe Teil 7
Die Psalmen waren das Gebetsbuch Israels (s. Psalm 72,20). Es gab zwar auch andere vorformulierte Gebete in der jüdischen Traditionen, aber die Psalmen geben einen tiefen Einblick in persönliche Gebete.
Man kann die Psalmen nicht analysieren und exegetisch bearbeiten wie andere Texte der Bibel – zumindest nicht ohne sie zu etwas zu verbiegen, was sie nicht sind. Manche Psalmen sind zwar Lehrgedichte, die etwas von Gott zeigen wollen, aber grundsätzlich sind sie erst einmal Gebete, die nicht über Gott reden sondern zu ihm.
Gebet ist grundsätzlich eine emotionale Sache. Wir beten aus einem inneren Drang heraus und nähern uns Gott in Liebe. Der Geist Gottes bringt in unserem tiefsten Innern eine Saite zum schwingen und der Ton, der in unserer Seele entsteht ist Gebet. Das kann man nicht analysieren, es kann nur inspirieren.
Bill Johnson, ein Pastor aus Kalifornien, sagt öfters, dass man lesen sollte, bis man die eigene Stimme in den Psalmen findet. Ich habe das wieder und wieder getan, gerade wenn ich selbst mich irgendwie sprachlos oder unverstanden gefühlt habe. Man muss meist nicht lange lesen bevor man bei einem Psalm ankommt von dem man das Gefühl hat, dass er genau das ausdrückt, was man selber gerade empfindet.
Die Psalmen decken das ganze Spektrum menschlicher Empfindung ab. Von tiefer Dankbarkeit und Lobpreis Gottes bis hin zu Angst, Not und Trauer ist alles dabei. Manches passt nicht recht zu christlicher Ethik, aber wenn wir mal ehrlich mit uns selber sind, finden wir genau solche Sachen immer wieder in uns wieder. Wir würden nicht dafür beten, dass Gott unsere Feinde fertig macht, weil Jesus ja gesagt hat, dass wir sie segnen sollen.
Die Psalmenschreiber haben aber genau das gemacht: sie sind mit allen Gefühlen zu Gott gekommen und haben alles vor ihn hingeschmissen, was sie bewegte. Ich halt das für einen guten Umgang mit negativen Emotionen. Wenn wir unserem himmlischen Vater nicht sagen können, dass wir unseren Arbeitskollegen am liebsten dort hätten wo der Pfeffer wächst, wem können wir es dann sagen?
Die Psalmen lehren ehrlich zu beten und gerade wenn Du Dir angewöhnt hast, auch beim Beten eine fromme Maske zu tragen ist es eine gute Idee, mal ein paar Psalmen zu beten, die Dir helfen das Unsagbare zu formulieren. Wut löst sich so schnell auf, wenn man sie einmal zu Gott gebracht hat.
Ich bete Psalmen indem ich sie Gott laut vorlese, darüber nachdenke und sie mit eigenen Worten noch mal zu Gott bringe. Je mehr ich erst in und dann über einen Psalm mit Jesus rede, umso mehr verschmelzen meine Anliegen mit dem des Psalmisten. Auch wenn ich schon lange keine Psalmen mehr gebetet habe, hat mir diese Art des Betens eine ganze Weile ungeahnte Tiefen in der Beziehung zu Jesus eröffnet.
Frollein Friede schrieb am
31. Mai 2009 um 11:09Psalmen lesen und beten mache ich auch gerne. Wobei manchmal genau das, was Du hinsichtlich der Ethik ansprichst mir echt im Wege steht. Wobei das vermutlich auch in meinem Charakter liegt, dass ich nicht einmal emotional irgendwelche Rachegefühle gegenüber meinen „Feinden“ [was ist das überhaupt?] kenne. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass wir ja hier in recht friedlichen Zeiten leben. Immerhin bringen sich ja in Deutschland die wenigsten Leute gegenseitig wegen ihres Glaubens um.
Am liebsten bete ich Psalm 1, weil da mal jemand einen prophetischen Eindruck hatte und meinte, dass Vers 2 so eine Weisung sei, die über meinem Leben steht. Passt ja gut, schon alleine weil ich so ein nachdenkliches Kerlchen bin … 🙂