18. Mai 2011 0
Sprüche 174: Sprüche 14,34
Die Gerechtigkeit erhöht eine Nation, aber die Sünde ist die Schande der Nationen. (Sprüche 14,34 nach der Zürcher)
Gerechtigkeit und Sünde sind moralische Kategorien, die sich nicht nur auf das Leben des Einzelnen anwenden lassen sondern auch auf ganze Nationen zutreffen können. Ein Land kann gerecht oder ungerecht sein. Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit spiegeln sich in den Gesetzen eines Landes wider.
Unsere Sprache trägt dieser Tatsache Rechnung wenn z.B. in öffentlichen Diskussionen die DDR als „Unrechtsstaat“ bezeichnet wird. Sie ist dann als Staat beschrieben in dem nicht nur Unrecht geschehen ist sondern der komplett auf Unrecht aufgebaut war, der auf Unrecht stand und dessen hauptsächliche Eigenschaft Unrecht war. Ein Staatswesen kann also von moralischen Prinzipien so durchdrungen sein, dass man den ganzen Staat auf dieses eine Prinzip reduziert.
Bei weitem schwieriger als diese, zunächst recht platte, Beobachtung ist die Frage der Anwendung: Was muss passieren damit eine Nation gerecht ist? Um diese Frage zu beantworten muss man zunächst wissen, was überhaupt als „gerecht“ oder „wünschenswert“ gilt. Hier liegt ein großer Unterschied zwischen der Art wie ein Staat in der Antike wahrgenommen wurde und der Art wie er in der Moderne wahrgenommen wird. Für Aristoteles war die Erziehung zum Guten eine Hauptaufgabe der Gesellschaft: Der Staat war um die Idee des Guten aufgebaut und sollte helfen, bessere Menschen aus seinen Bürgern zu machen. Diese Idee lehnte Kant ab. Für ihn war es zu zweifelhaft, was dieses Gute überhaupt sei. Die Ansichten der Menschen gehen gerade in einer modernen pluralistischen Gesellschaft weit darüber auseinander, was gut ist und die Gefahr ist groß, dass ein Staat der Werturteile fällt, einen Teil seiner Bürger zu etwas zwingt, was sie gar nicht wollen oder gut finden. Daher werden in der Moderne Modelle favorisiert die Freiheit in moralischen Fragen lassen und diese Freiheit schützen.
Die Sprüche wurden natürlich in einem antiken Paradigma geschrieben; auch wenn sie nicht von Aristoteles beeinflusst wurden, war diese Denkweise doch allgegenwärtig. Für Salomo ist das Gute, dass Staaten ausmacht also die Furcht Gottes und seine Gerechtigkeit. Wenn Menschen sich nach Gott ausrichten, dann werden ihre Staaten das wohl auch tun.
Darin zeigt sich auch, wie sich Gesellschaften ändern: Von unten. Wenn sich das Denken und moralische Empfinden der Bürger ändert, werden sich auch die Gesetze eines Staates ändern.
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