In diesem Gottesdienst geht es um das Thema Aussendung. Natürlich sende nicht ich, oder ein anderer Menschen, Euch aus. Jesus selbst hat uns bereits ausgesandt und es gibt nichts, was Menschen noch dazu tun könnten. Wenn nicht Jesus Dich aussendet ist alle Aussendung vergebens.
Jesus hat in den Evangelien zu verschiedenen Gelegenheiten Menschen ausgesandt: Die Zwölf in Markus 3, die 70 oder 72 in Lukas oder alle Jünger Jesu zu allen Zeiten in den Fassungen des Missionsbefehls in Matthäus 28 oder Markus 16. Es gäbe also einige Stellen, über die man predigen könnte, aber ich bin sofort als ich wusste, dass mir das Thema „Aussendung“ aufgetragen ist, an Matthäus 10 hängengeblieben. In den ersten Versen beruft Jesus die zwölf Jünger und ihre Namen werden aufgelistet. Dann beginnt die Aussendung:

5 Diese Zwölf sandte Jesus mit folgendem Auftrag aus: »Setzt euren Fuß nicht auf heidnisches Gebiet und betretet keine samaritanische Stadt, 6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel. 7 Geht und verkündet: ›Das Himmelreich ist nahe.‹ 8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus. Was ihr umsonst bekommen habt, das gebt umsonst weiter. 9 Steckt euch kein Gold, kein Silber und kein Kupfergeld in euren Gürtel; 10 ´besorgt euch` auch keine Vorratstasche für unterwegs, kein zweites Hemd, keine Sandalen und keinen Wanderstab. Denn wer arbeitet, hat Anrecht auf seinen Lebensunterhalt.
11 Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, dann sucht jemand, der es wert ist, ´euch aufzunehmen`. Bleibt bei ihm, bis ihr jenen Ort wieder verlasst. 12 Wenn ihr das Haus betretet, grüßt die Bewohner ´und wünscht ihnen Frieden`. 13 Sind sie es wert, so soll der Frieden, den ihr bringt, bei ihnen einziehen. Sind sie es jedoch nicht wert, so soll euer Frieden zu euch zurückkehren. 14 Wenn man euch nicht aufnimmt und sich eure Botschaft nicht anhören will, dann verlasst jenes Haus oder jene Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen. 15 Ich sage euch: Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts noch erträglich gehen im Vergleich zu solch einer Stadt.«

In den Tagen seines irdischen Lebens lebte Jesus seinen Auftrag sehr auf die Juden beschränkt. Ihnen wollte er das Evangelium bringen. Erst eine ganze Weile später öffnete sich die Tür des Evangeliums für die Heiden. Für uns gilt diese Einschränkung natürlich nicht mehr weil Jesus uns den umfassenden Missionsbefehl gegeben hat, der jeden Menschen einbezieht.
Für uns gibt es hier aber einen Aspekt der wichtig ist und ohne den der Rest nicht mehr viel Sinn ergibt. Jesus definiert den grundsätzlichen Auftrag seiner Leute, das, was sie tun sollen und er sagt: „predigt, heilt, reinigt, weckt Tote auf!“ Der Basisauftrag der Christen ist ein absolut übernatürlicher: Wir sind Boten eines übernatürlichen Reiches, das sich auf diese Welt auswirkt, aber über sie hinausgeht und größer ist.
Wenn Du Dich fragst, was Jesus von Dir will ist hier die Antwort. Wir drehen uns so oft um Fragen dieser Welt während Jesus uns damit beauftragt ein Reich zu bauen, das nicht von dieser Welt ist. Wenn wir ehrlich sind, drehen sich viele, wenn nicht die meisten!, unserer Wünsche darum wen wir heiraten sollen, was wir beruflich tun sollen usw. Das sind sogar noch gute Fragen. Schlimmer wird es, wenn es um Machtspielchen geht, Ansehen, Reichtum und dergleichen und das unsere ganze Aufmerksamkeit absorbiert und wir uns mehr um diese Dinge drehen als um das ewige unsichtbare Reich in dessen Dienst wir stehen.
Der erste Auftrag ist das Reich, dazu sind wir in diese Welt gesandt. Wenn wir uns mehr um das Diesseits drehen sagt Jesus dazu in Matthäus 6 deutlich seine Meinung: … um all das geht es den Heiden…. dreht Euch aber um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, dann bekommt Ihr all das noch oben drauf.
Das bedeutet nicht, dass es Gott nicht um unser Wohlergehen geht oder er Lebensqualität und Genuss schlecht findet – es ist einfach eine Sache von Prioritäten. Radikalität verschwindet wenn Prioritäten sich verändern.
Dann fährt Jesus fort und kommt zu der eigentlichen Aussendung:

16 »Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Seid darum klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.
17 Nehmt euch in Acht vor den Menschen! Sie werden euch in ihren Synagogen vor Gericht stellen und auspeitschen. 18 Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige führen, und ihr sollt vor ihnen und vor allen Völkern meine Zeugen sein. 19 Wenn man euch vor Gericht stellt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr reden und was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben, was ihr sagen müsst. 20 Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden.

Jesus hat oft ganz anders gesprochen als wir heute. Heutzutage versprechen „Evangelisten“ das Blaue vom Himmel damit einer Christ wird. Es wird alles so einfach und nett dargestellt, dass das Kreuz kein Ärgernis mehr ist. Jesus war da anders, bei ihm war Nachfolge eine schwierige und harte Angelegenheit; es war kein einfacher Weg in den Himmel.
Die meisten Homiletiklehrer und jeder Motivationslehrer würde Jesus für diese Ansage rügen. Wenn man will, dass jemand etwas tut, dann muss man es mit positiven Gefühlen verbinden und nicht mit negativen Aussagen anfangen. Aber genau das tut Jesus hier. Ein Wolf findet in einer Schafherde einen Selbstbedienungsladen. Er ist schneller und gerissener als die Schafe und er wird eines oder mehrere reißen. Noch schlimmer ist es, wenn Schafe in eine Wolfsherde geschickt werden – sie haben keine Chance.
Genau das sagt Jesus: Ihr habt keine Chance mit meinem Auftrag in der Welt zu überleben. Wir tendieren dazu solche Aussagen zu relativieren. Das kann er doch nicht so gemeint haben! Aber was, wenn Jesus es genauso gemeint hat? Wenn unser Auftrag Schmerz bedeutet und es nicht leicht ist in Jüngerschaft zu leben?
Im Grunde ist das der Tenor vieler Stellen in denen es um Nachfolge geht. Der reiche Jüngling wendet sich ab weil ihm der Preis buchstäblich zu hoch ist. Einem anderen lässt Jesus nicht mal die Zeit seinen Vater zu beerdigen – er muss alles stehen und liegen lassen. Dem dritten macht Jesus klar, dass Nachfolge bedeuten kann draußen zu schlafen, ohne Bett und Heimat.
Wenn wir einfach mal annehmen, dass Jesus gemeint hat was er sagt, dann kann es bedeuten, dass wir einfach nicht die Kapazität haben in dem Leben mit ihm klarzukommen. Unsere Chance als Christen in der Welt zu leben ist so hoch wie die eines Schafes im Wolfsrudel zu überleben. Das christliche Leben ist nicht schwer, es ist unmöglich. Genau das besagt diese Stelle, es braucht übernatürliche Bewahrung und Kraft ein unsichtbares Reich in diese Welt zu tragen.
Dann gibt uns Jesus noch zwei Tipps und auch die haben es in sich: Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Unser Auftrag braucht Weisheit und Klugheit. Aber vor allem Reinheit.
Ich habe in der letzten Zeit viel über Ethik gepredigt und darüber, wie man sich in Gottes Reich verhält. Dabei ist immer wieder deutlich geworden, dass Charaktereigenschaften die an und für sich gut sind, gefährlich sein können wenn sie nicht auf einem entsprechenden moralischen Fundament stehen. Wer klug ist kann gefährlich sein wenn er böse ist. Es muss etwas anderes dazu kommen damit aus der Eigenschaft etwas Gutes wird.

Diesen zweiten Teil, „ohne Falsch“ zu sein wie die Tauben, empfinde ich als prophetisch für die Jesus Freaks und als essentiell für unsere Sendung in die Welt.
Das griechische Adjektiv hat interessante Bedeutungen. Es heißt rein, in einem Sinne von „unvermischt“ (Gingrich) und bedeutet nach Kittel etwas, das sich „in dem ursprünglichen Zustand von Unversehrtheit, Ganzheit, sittlicher Unschuld befindet.“
Im Zusammenhang mit dem vorangegangenem meine ich, dass Jesus von einer Heiligkeit, einem ganzen und gesundem Leben spricht, das daher kommt, dass wir uns nicht mit der Welt vermischen sondern ganz seinem Reich verpflichtet sind. Als Bild dafür nimmt er die Taube, die ein reines Opfertier ist.

Wir haben bei den Jesus Freaks eine Lehre, die über viele Jahre der Ausübung zu einer Kultur geworden ist und die viele von uns von den tieferen Dingen Gottes abhält. Im Grunde ist die Lehre eine Häresie, die ganz knapp an der Irrlehre vorbeischrappt. Es ist die Lehre, dass Jesus für die reine Vergebung unserer Sünden gestorben ist.
Wir freuen uns über die Vergebung und daran, dass wir in den Himmel kommen egal was wir tun. Dabei übersehen wir leicht, dass Jesus nicht dafür gestorben ist damit wir frei sind zum Sündigen sondern damit wir frei von der Sünde werden. Gerade der Römerbrief macht das vollkommen deutlich. Es geht nicht darum uns ein gutes Gewissen zu verschaffen während wir weiter leben wie die Heiden, es geht darum uns eine Grundlage für gottseliges, frommes Leben zu geben.
Leider erziehen wir Menschen zu einer geistlichen Unreife indem wir mehr über die Vergebung als über die Veränderung sprechen. Dietrich Bonhoeffer nannte Gnade, die nicht zur Nachfolge führt oder außerhalb der Nachfolge in Anspruch genommen wird „billige Gnade“. In seinem Buch „Nachfolge“ schrieb er:

Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf heute geht um die teure Gnade. Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament; Gnade als unerschöpfliche Vorratskammer der Kirche, aus der mit leichtfertigen Händen bedenkenlos und grenzenlos ausgeschüttet wird; Gnade ohne Preis, ohne Kosten. Das sei ja gerade das Wesen der Gnade, dass die Rechnung im voraus für alle Zeit beglichen ist. Auf die gezahlte Rechnung hin ist alles umsonst zu haben. Unendlich groß sind die aufgebrachten Kosten, unendlich groß daher auch die Möglichkeiten des Gebrauchs und der Verschwendung. Was wäre auch Gnade, die nicht billige Gnade ist?…
Teure Gnade ist das Evangelium, das immer wieder gesucht, die Gabe, um die gebeten, die Tür, an die angeklopft werden muss.
Teuer ist sie, weil sie in die Nachfolge ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt; teuer ist sie, weil sie die Sünde verdammt, Gnade, weil sie den Sünder rechtfertigt… Teure Gnade ist Menschwerdung Gottes.

Jesus sendet uns hinaus in die Welt, aber bevor wir in die Welt gesandt werden, werden wir in unser eigenes Leben gesandt. Im Alltag ist es nötig sich zu bewähren. Konferenzen nützen da wenig, denn Glaube wird im Feuer geläutert und nicht auf heiligen Bergen. Wir beten gerne für jeden der eine neue Sendung empfangen will – hinein ins eigene Leben und dann hinaus in die Welt.

[leider gibt es keine audio-Version dieser Predigt]

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