31. Oktober 2010 0

Luther: Allein die Schrift

Vor einigen Tagen gab es bereits einen Text von Martin Luther. Heute kommen noch ein paar Gedanken zu dem großen Reformator.

Zuerst will ich, daß sie [Luthers Anhänger und Gegner] wissen und daß sie eindringlich ermahnt sind, daß ich ganz und gar durch keines Kirchenvaters Autorität – mag er noch so heilig sein – mich zwingen lassen will, sofern seine Meinung nicht durch ein Urteil der göttlichen Schrift bestätigt worden ist.1

Amen! Das sehe ich ganz genauso. In vielen Diskussionen mit katholischen Geschwistern war genau das der Hauptstreitpunkt. Ich empfinde Kirchenlehrer und Theologen (alte wie neue) als wertvolle Ergänzung und Hilfestellung zum Verständnis der Schrift, sie stehen aber nicht auf einer Stufe mit der Bibel. Vor diesen Diskussionen habe ich gar nicht verstanden, was das Spektakuläre an Luthers These ist. Ich hatte einfach nie viel mit Katholizismus zu tun, so dass ich gar nicht verstanden habe, dass hier tatsächlich zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen an Theologie zugrunde liegen.
Ich bin Luther sehr dankbar dafür, dass er diesen Streit (den es in kleinen Anfängen schon lange vorher gab) ausgefochten hat. Für mich ist es nicht denkbar, etwas mit gleicher Autorität neben die Bibel zu stellen.

(…) sie haben die Heilige Schrift beiseite geschoben und sich allein in die Kommentare der Menschen versenkt, haben dabei nicht gefragt, was die Hei­lige Schrift meine, sondern was jene in der Heiligen Schrift wahrnehmen, bis sie einem einzigen, nämlich dem römischen Bischof, der nur von völlig ungelehrten Sophisten wie von einer Mauer umgeben ist, das Recht zusprachen, die Heilige Schrift auszulegen (…)2

Ich halte das für eine der größten Gefahren, die bei einem solchen Schriftverständnis wie dem der katholischen Kirche, kommen kann: Man kümmert sich nicht mehr um die Schrift an sich sondern wird Experte in ihren Sekundärquellen. So entfernt man sich immer weiter vom Ursprung und wird ein Student von Gerüchten. Man sollte nicht den eigentlichen Gegenstand der Theologie aus den Augen verlieren wenn man Theologe ist.
Die Frage ist nun, ob eine Aufweichung des Schriftprinzips auf protestantischer Seite zu ähnlichen Resultaten führt – wird auch „unsere“ Theologie zu etwas, das sich nur noch mit dem Werk anderer Theologen und nicht mehr mit Gott selbst befasst? Ich habe bei Lesen mancher Theologen genau diesen Eindruck, dass Werk mit Werk kommuniziert und man eine Philosophie um die Theologie herum entwickelt. Damit „verkommt“ Theologie zur Philosophie.

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  1. Assertio omnium articulorum, Vorrede (1520), WA 7,95-101 []
  2. ebd. []

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