11. Oktober 2010 3

2008-06-20 Marta und Maria

Hier mal wieder eine etwas ältere Predigt. Den Eintrag habe ich in meinen Entwürfen gefunden, offenbar ist er noch nicht veröffentlicht worden, was schade ist, denn eine Weile habe ich sehr gerne über Maria und Martha gepredigt – auch wenn ich leider ihre Namen immer wieder durcheinander gebracht habe 🙂

38 Sie zogen zusammen weiter, und er kam in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn freundlich auf.
39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.
42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden. (Lukas 10,38-42 nach der Einheitsübersetzung)

Ungefähr alle zweieinhalb bis drei Jahre predige ich über Marta und Maria. Mittlerweile kann ich mir sogar schon ihre Namen merken; früher konnte ich sie immer nicht auseinander halten. 🙁

Die Menschen zur Zeit Jesu waren schlechter dran als wir. Das sagt auch Jesus selber (Johannes 16,7). Wir haben den Heiligen Geist und damit ist Jesus immer bei uns. Damals war Jesus nur an einem Ort und konnte nur mit einer begrenzten Anzahl Personen Gemeinschaft haben. Man wartete darauf, dass Jesus mal vorbeikam.
Stell Dir vor, Jesus kam dann in Dein Haus. Er ist der absolute Stargast, ungefähr so als wenn Angela Merkel zum Tee vorbei käme und alle das wüssten. Überall Fernsehkameras, Bodyguards und Schaulustige ohne Ende. Jeder wollte ihn sehen oder unter den wenigen geladenen Gästen sein, die ins Haus durften.
Was würdest Du dann machen? Ich kann mir vorstellen, dass ich schon eine Woche vorher aufgeregt wäre. Ich würde alles aufräumen, saugen und jemanden suchen, der einen feisten Braten machen kann. Ich würde einkaufen, wienern und alles vorbereiten. Ich meine, ich räume ja schon mein Zimmer auf, wenn Leute vorbei kommen, mit denen ich befreundet bin – wie viel mehr Mühe würde ich mir geben, wenn so ein VIP vorbei käme.
Das ist genau das, was Marta machte. Sie kommt in der Geschichte schlechter weg und wird auch in den meisten Predigten über die beiden Schwestern in kein gutes Licht gerückt. Aber im Grunde tat sie das, was jeder von uns auch tun würde – sie bereitete das Haus auf einen Stargast vor und tat alles um es Jesus so gemütlich wie möglich zu machen.
Während Marta rödelte saß Maria zu den Füssen Jesu und hörte ihm zu. Er hatte viel zu erzählen von seinen Predigttouren, von Wundern, Heilungen und anderen außergewöhnlichen Dingen. Vermutlich war Maria kaum über ihr Dorf hinaus gekommen und es gab nichts Faszinierenderes als Jesus zuzuhören wie er über Gott und seine Erlebnisse sprach. Sie hatte die Zeit und alles um sich herum vergessen als auf einmal Marta vor ihr stand.
Marta plusterte sich auf. Sie stemmte die Hände in die Seiten und sprach Jesus direkt an: „Sag ihr, dass sie mir helfen soll!“ Aller Augen waren auf die beiden gerichtet – einen solchen Streit lässt man sich nicht gern entgehen. Etwas Peinliches und Angespanntes lag in der Luft als Jesus etwas sagte, an das ich immer wieder denken muss: „lass sie. Sie hat das bessere erwählt und das wird ihr nicht genommen werden.“

Es ist besser zu Jesu Füssen zu sitzen als für ihn zu arbeiten. Die Zeit mit Jesus ist so unendlich kostbar, dass wir ihren wahren Wert kaum ermessen können. Wir drehen das oft um und rödeln mehr in Gottes Reich als das wir uns in Jesu Nähe halten.

Vor einigen Jahren war ich mit dem Auto unterwegs um zu beten. Ich habe damals viel beim Autofahren gebetet. Benzin war halb so teuer wie jetzt Diesel und man konnte es sich noch leisten. Es war kurz vor meinem Geburtstag und ich stand mit unserem roten Corsa an einer Kreuzung in Herdecke vor einer Ampel die ebenso rot war wie der Wagen. Auf einmal war Gottes Gegenwart sehr stark im Auto und ich hatte einen Eindruck, den ich weder vorher noch nachher so hatte. Ich hatte das Gefühl, dass Jesus zu mir sagt: „ich will Dir etwas zum Geburtstag schenken“
Ich fragte ihn: „was denn?“ und wusste, dass es ein nationaler Predigtdienst ist. Ich habe das nicht irgendwie gehört aber ich wusste es einfach und es war genauso klar als wenn ich es hören würde.
Zu der Zeit war es mein größter Wunsch im Leben mehr zu predigen. Leider lud mich kaum jemand ein, geschweige denn über unsere Region hinaus nach Deutschland. Ich hatte viel dafür gebetet und war ziemlich sicher, dass meine Zeit kommen würde. Eigentlich hätte ich mich freuen müssen, aber ich wurde seltsam traurig. Ich dachte: „was wir dann aus meinen Zeiten mit Gott?“ Irgendwie wusste ich, dass sich alles ändern würde wenn ich mehr predigen würde. Ich habe dann gesagt: „Gott, wenn es wirklich bedeuten würde mehr zu dienen und weniger Zeit für Dich zu haben, dann warte lieber noch ein Jahr!“
So ist es dann auch gekommen und die Erfüllung meines Wunsches hat sich noch verzögert. In der letzten Zeit habe ich oft an diese Geschichte gedacht. Ich weiß gar nicht warum, vielleicht weil mir mal wieder klar geworden ist, dass man schnell dahin kommt, dass Dienst wichtiger ist als die Beziehung zu Jesus und dass gerade das, was Jesus „das gute Teil“ genannt hat, schnell zu kurz kommt und ans Ende der Nahrungskette rutscht.

Wie die Zeit mit Gott aussieht ist total individuell. Man kann da kein Muster angeben oder Regeln aufstellen. Manche sitzen einfach da und beten. Einige spüren Gottes Gegenwart stark, andere spüren gar nichts. Manche lesen die Bibel vorwärts und rückwärts. Andere beten an. Einige werden super kreativ sobald sie in Gottes Gegenwart kommen und malen Bilder, schreiben Lieder oder basteln. Manche erleben Gott in ihren Gefühlen, andere verstehen auf einmal etwas. Es gibt da viele Wege, aber egal wie Deine Zeiten mit Gott aussehen, sie sind kostbar.

Es kommt vor, dass uns die Zeiten zu Jesu Füssen unerfüllt oder sogar langweilig vorkommen. Jeder kennt das. Manchmal passiert über Wochen nichts und wir sind versucht, unsere Zeiten mit Jesus einfach ein zu stellen. Ich habe vor kurzem etwas bei Jocky aus München gelesen, was sehr gut dazu passt:

… da viel mir eine Zeit ein, wo ich auf der Beamtenfachhochschule in Hof war. Jeden Mittwoch ging ich in einen Gottesdienst einer charismatischen Gemeinde. Jedes mal gab es nach dem Godi die Gelegenheit, für sich beten zu lassen. Die andern gingen immer wieder unter der Kraft Gottes zu Boden. Ich stand wie der Fels in der Brandung…
Mein Anliegen war jedes mal, dass ich mehr mit dem Heiligen Geist gefüllt werden wollte. Nichts Spezielles, keine Problemchen, einfach nur die Kraft des Heiligen Geistes. Ich hatte wirklich Hunger nach Gott. Als der Block dort beendet war und ich wieder nach München kam, merkte ich eine sichtbare Veränderung: in mir war so eine Freude, es jubelte in mir wie die Buchstaben bei einer gewonnenen Wette bei „Wetten das?“, ich hatte eine total tolle und intime Beziehung zum Heiligen Geist (oh, der wunderbare Heilige Geist *schwärm) und mein Sprachengebet hatte sich total verändert. Waren da vorher nur ein paar Silben, war es auf einmal ganz anders. Ich dachte erst, ich werde verrückt, es klang wie eine vollständige Sprache…

Oft ist es wirklich so, dass Gott etwas tut, von dem wir nichts merken. Oder besser: das wir erst später merken. Im Alten Testament gibt es die Geschichte von Naamann, dem syrischen Heerführer der an Lepra erkrankte (2.Könige 5). Lepra war das Todesurteil, gesellschaftlich und körperlich und die einzige Chance, die Naamann noch hatte war Gott. Er ging zum Propheten in Israel und der ließ ihm durch seinen Schüler ausrichten, dass er sich siebenmal im Jordan untertauchen sollte.

Auweia, das hörte Naamann gar nicht gerne. Der Jordan war ein schlammiges Rinnsal und es gab so viele schöne Flüsse in seiner Heimat. Wie demütigend, sich gerade in diesem fiesen Fluss döppen zu sollen. Er hätte es nicht gemacht wenn nicht einer seiner Diener ihn überredet hätte.
Wie war es wohl für Naamann als er sich halbgläubig untertauchte? Einmal – nichts geschah. Zweimal – alles beim Alten. Wie lächerlich! Dreimal – kein Ergebnis… Erst nach dem siebten Mal war seine Haut auf einmal wieder wie die eines Kindes.
Wir können Gottes Wirken verpassen wenn wir zu früh aufgeben. Manche fallen von der anderen Seite vom Pferd und leben über Jahrzehnte in seltsamen Ritualen die ihnen nicht weiter helfen. Aber viele geben auch zu schnell auf. Es kann sein, dass etwas lange nicht den gewünschten Effekt hervorbringt und dann auf einmal ist alles anders.

Ich bin sicher, dass es in Deutschland anders aussehen würde wenn die Christen Gottes Gegenwart höher einschätzen würden. Es ist wichtig für Jesus zu arbeiten, in der Gemeinde mit zu machen usw. Aber es ist wichtiger zu den Füssen Jesu zu sitzen und von ihm zu hören.

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3 Kommentare

  1. Genau.
    Hab ich mir fest hinter die Ohren geschrieben.

    Wenn Jesus kommt, Pizzataxi bestellen.

  2. oder fasten 😉

  3. Ich glaube im Sündenfall von 1.Mose 3 haben nicht nur die Menschen viel verloren. Gott hat auch etwas verloren: Die Gemeinschaft mit den Menschen. Das ist ihm sehr wichtig, so wichtig, dass er diese Gemeinschaft unbedingt wieder herstellen will. Dafür gibt er seinen Sohn Jesus. Marta und Maria ist so ein Bild für religiösen Eifer (Marta) auf der einen Seite und Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott (Maria) auf der anderen Seite. Auch im AT gibt es viele Beispiele, wie Gott immer wieder Gemeinschaft gesucht hat und Menschen Religion daraus gemacht haben. Diesen Fehler will ich nicht (nochmal) machen.

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