Der Beruf des Theologen ist durchaus nicht ungefährlich. So fasst Barth denn auch vier Vorlesungen unter der großen Überschrift „Die Gefährdung der Theologie“ zusammen. Mit der ersten Gefährdung, der Einsamkeit, hatten wir uns im letzten Post zur Einführung in die evangelische Theologie beschäftigt. Die zweite Gefährdung ist der Zweifel, ein „Geselle“ den Barth in zwei Formen untersucht.
Die zweit Form will ich dabei fast außer acht lassen. Es ist die Gefährdung durch den Zweifel, ob das Unternehmen der Theologie überhaupt einen Sinn hat. Da es der größere der beiden Zweifel ist, nimmt er in dem Kapitel den breiteren Raum ein. Es beginnt mit dem Zweifel an der Existenz Gottes; laut Barth eine „Modekrankheit der Gebildeten schon des frühen 18.Jahrhunderts“.1 Um nichts möchte ich diesen Zweifel herunterreden, ich kenne ihn selbst und man ist nie davor gefeit, das Unternehmen generell in Zweifel zu ziehen. Oder ist man es, hat man eine Menge intellektuelle Redlichkeit fahren lassen.
Mich interessiert der erste Zweifel, der sich aus der Beschäftigung mit der Bibel und dem Gott der Bibel immer wieder ergibt: Dem ständigen Stellen derselben Fragen, deren Antworten man sich immer wieder neu zu suchen hat. Glaube muss sich ständig neu erfinden. Man kann nicht vom Manna alter Erkenntnisse leben und wird deshalb notwendig die alten Antworten immer wieder einmal einer Revision unterziehen. Im Barthschen Deutsch heißt das:

Zweifel in diesem Sinn besteht im Umgang mit der Wahrheitsfrage als mit einer nie erledigten, dem Theologen wieder und wieder gestellten AUFGABE.2

Es gibt eine intellektuelle und den Glauben betreffende Faulheit, die uns vor dieser Art von Zweifel davonlaufen lässt und uns Genügsamkeit in Bezug auf Antworten einredet. Ich meine aber, dass man es merkt, wenn ein Mensch über längere Zeit mit seinem Glauben nicht weitergekommen ist weil er sich den wiederkehrenden Fragen nicht stellt. Die Beziehung zu Gott gewinnt nur dann an Tiefe wenn wir bereit sind, uns wieder und wieder mit denselben Fragen zu beschäftigen. Die Frage der Erlösung kann für uns nicht ein für alle Male erledigt sein (für Gott ist sie es, für uns nicht). Immer wieder müssen wir da in die Tiefe gehen und Gott um neue, frische Offenbarung bitten damit diese wichtige Tatsache für uns nicht ihre Bedeutung verliert. Dasselbe gilt ebenso für andere Fragen des Leben mit Gott.

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  1. Seite 136 []
  2. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 134 []

5 Kommentare

  1. „Man kann nicht vom Manna alter Erkenntnisse leben und wird deshalb notwendig die alten Antworten immer wieder einmal einer Revision unterziehen.“für solche Sätze liebe ich Deinen blog.*lob.lob*

  2. wieso? ist doch ganz normal, oder nicht?

  3. das man deinen blog liebt? oder die alten Erkenntnisse überprüft? Zweiteres halte ich nicht für ganz so normal, dafür aber um so notwendiger. Erkenntnisse müssen sich immer weiterentwickeln, was eine lebendige Auseinandersetzung vorraussetzt. Liebgewordene Einsichten werden nicht so bereitwillig über Bord geworfen.

  4. weder noch, ich meinte „solche sätze“ – die sind doch normal, oder?

  5. Ach so. Wenn Dir das normal aus der Tastatur fließt ist das doch beeindruckend. Die Verknüpfung von dem Manna das vom Himmel fällt und nur einen Tag genießbar ist und Erkenntnisse, die die eigenen engen Grenzen sprengen und manchmal mühsam errungen werden müssen, ist das doch eine schöne bildhafte Sprache.

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