19. Juli 2010 20
Karl Barth: Einführung in die evangelische Theologie XIV
Die folgenden Zitate finden sich am Ende der 10.Vorlesung Barths in der Einführung in die evangelische Theologie. Die Vorlesung handelt von der Einsamkeit, der ein Theologe ausgesetzt ist und am Ende geht es um die Einsamkeit unter Menschen. Mich interessiert das Thema Kritik seit einiger Zeit. Im Grunde seit ich am eigenen Leibe erfahren habe, dass man sich erheblicher Kritik aussetzt wenn man in die Öffentlichkeit tritt. Im Grunde bin ich ein friedliebender Mensch; aber ich habe etwas zu sagen und tu das auch. Die Erfahrung ist, dass je bekannter man wird umso mehr Kritik kommt. Oft auf einem eher niedrigen Niveau: Persönlich, beleidigend, oft nicht mal durchdacht. Teilweise hat mir das schon ganz schön zugesetzt, aber dann habe ich entdeckt, dass es allen so geht und es also „nichts mit mir zu tun hat“; besser gesagt: Nicht zwingend mit meinen Gedanken oder meiner Kommunikationsfähigkeit zu tun hat.
Vor einiger Zeit stand dieser kurze Artikel in der Westfalenpost:
Auch ein Präsident hat es nicht leicht
US-Präsident Barack Obama wird nach eigener Aussage von zahlreichen wütenden Briefeschreibern wüst beschimpft. Seine Mitarbeiter ersparten ihm die Beschimpfungen nicht, sondern legten ihm jeden Abend eine repräsentative Auswahl von zehn der rund 40.000 Briefe eines Tages vor. „Ich sage Ihnen, meine Mitarbeiter sind sehr fair, denn ich der Hälfte der Briefe werde ich als Idiot bezeichnet“, scherzte er.
Wie Kritik zu äußern ist wäre ein anderes Thema, einfach Leute zu beschimpfen qualifiziert niemanden zum Gesprächspartner. Aber das ist eine andere Sache, es ging um Karl Barth. Für Barth ist der Theologie ein Kritikmagnet eingebaut, es liegt einfach in der Natur der Sache, als Theologe nonkonform, und damit der Kritik ausgesetzt, zu sein.
Die Theologie ist zwar keine menschenfeindliche, sie ist aber, indem der neue Mensch im neuen Kosmos ihr Thema ist – es sei denn, sie wäre lendenlahm – eine in ihrem Kern kritische, ja REVOLUTIONÄRE1 Angelegenheit, und wer sich mit ihr einlässt, wird sich darauf gefasst machen müssen, es den Leuten gerade mit seinem Denken und und Reden im PRAKTISCHEN Bereich durchaus nicht recht machen zu können, sich gerade in dieser Hinsicht in einer der mit so ganz anderen Masasstäben messenden Umgebung mindest tief verdächtigen MINORITÄT zu befinden.
[…]
Es ist unwahrscheinlich, dass die Theologie gerade wegen der direkt und indirekt von ihr ausgehenden ETHISCH-PRAKTISCHEN Beunruhigung im Ganzen kaum je populär werden kann: bei den Weltkindern nicht und unter den Frommen auch nicht.2
Im Grunde ist das eine komplizierte Umschreibung von 2.Timotheus 3,12. Wir leben nach anderen Maßstäben als die Menschen um uns herum und oft fungiert die Theologie als das Gewissen der Gesellschaft. Die Tendenz, das eigene Gewissen zum Schweigen zu bringen ist in der Gesellschaft ebenso vorhanden wie in jedem einzelnen Menschen der die Gesellschaft bildet. Das Mittel dazu ist die Kritik.
Es geht von uns etwas Beunruhigendes aus – und wenn ich „uns“ sage, dann meine ich nicht uns Theologen sondern uns Christen, denn jeder Christ wird in seinem Denken , Glauben und Leben Theologe. Die einzige Möglichkeit diesen Widerspruch zu reduzieren ist „lendenlahm“ zu werden, wie Barth es so schön ausdrückt. Wo wir darauf verzichten, mit unseren Worten Leben zu schaffen hört die Beunruhigung auf und wir werden jedermanns Freund – mögen wir bitte nicht in diese Falle gehen!
wegbegleiter schrieb am
19. Juli 2010 um 10:21Danke für den Hinweis. Ich schlage mich gerade mal wieder unter Geiern herum und die Attacken gehen dann in die Richtung: Du bist ein Kind der Nacht, wenn du dir diese Musik oder diesen Film anguckst und deine Theologie ist scheisse, etc… und diese Art der Kritik unter dem Deckmäntelchen der Zurechtbringung pisst mich immer noch an. Na, warum auch nicht, man möchte ja Frieden haben. „… und unter den Frommen auch nicht“ – ich bin Karlchen Barth sehr dankbar für diesen Satz…
andichrist schrieb am
19. Juli 2010 um 11:13[auf eigenen Wunsch gelöscht]
wegbegleiter schrieb am
19. Juli 2010 um 11:46O Mann, Andi – heftige Geschichte. Bin übrigens vom 7.8. für 3 Wochen in CUX und werde auch in der FeG predigen…;-)
andichrist schrieb am
19. Juli 2010 um 13:30[auf eigenen Wunsch gelöscht]
storch schrieb am
19. Juli 2010 um 15:12ich wusste gar nicht, dass vineyard solche imageprobleme haben. es gibt doch landeskirchler und alles in der bewegung. schade, dass die bewegung dennoch so negativ in manchen bereichen wahrgenommen wird.
habt ihr kontakt zum dünenhof?
andichrist schrieb am
19. Juli 2010 um 19:15[auf eigenen Wunsch gelöscht]
norbi schrieb am
19. Juli 2010 um 21:37ok wie ist den euer gemeindeverständnis?
andichrist schrieb am
19. Juli 2010 um 23:29wir haben in der gründungsphase (also immer noch) bei lukas 10 angesetzt. also, hinauszugehen und das reich gottes zu präsentieren. die dinge des reiches gottes zu tun und uns ganz bewusst unter nichtchristen begeben. wir versuchen dort, die werte des reiches gottes zu leben, zu zeigen usw. da wir an diesem punkt in den „sichtbaren“ teil der vineyard dach eingebunden sind, unterstellen wir uns deren leitung, werten, mentoring usw.
ganz zentral ist der satz „erst die menschen- dann die struktur. “ wir sagen, dass gemeinde entsteht und dass der fünffältige dienst darin sichtbar werden wird.
dadurch, dass wir in lukas 10 ansetzen, sagen wir, dass ist unser anfang, in der entwicklung müssen wir dann sicherlich aufpassen, dass die ordnungen der darauffolgenden schriften eingehalten und eingesetzt werden.
praktisch sieht das so aus : wir nennen uns zB nicht gemeindeleiter, sondern gemeindegründer, weil wir nicht wissen ob wir diese gemeinde leiten werden. der zeitpunkt dies zu sagen ist noch nicht da. sollte es sich ergeben, dass diese dienste gebraucht werden, werden sie eingesetzt.
dies nach außen zu sagen scheint manchen etwas schwammig, ordnungslos und nicht an biblischer leiterschaft und ordnung orientiert. das mag ja auch in bestimmten punkten stimmen, ist aber eine konsequenz unseres ansatzes, der sich zuerst an dem auftrag jesus orientiert und dadurch paulinische gemeindeordnung (erstmal) ausser acht lässt.
ich hoffe, dass konnte man verstehen.
norbi schrieb am
20. Juli 2010 um 08:21ja ich konnte es verstehen, baut ihr dann konkret beziehungen auf zu anderen menschen? habt ihr denn schon ein gottesdienst treffen oder ähnliches?
andichrist schrieb am
20. Juli 2010 um 09:17momentan haben wir sehr gute freundschaftliche beziehungen zu nichtchristen. mit einigen beten wir auch. das ist eine witzige sache. sie wissen, wo sie bei uns dran sind und sprechen uns auch auf gebet an. da sind auch schon heilungen passiert. z.B.: musste einem sohn von unserem freunden keine trompetenröhrchen eingesetzt werden. sie geben uns auch ganz gezielt gebtesanliegen. das bis dato dort keine „bekehrung“ entstanden ist, ist eine spannung die wir wahrnehmen. durch freunde bin ich auch dazu gekommen ein paar mal „ethik und moral“ unterricht zu geben und durch weitere beziehungen sieht es so aus, dies nach den sommerferien regelmässig als „verfügungskraft“ machen zu dürfen. dann gibt es noch gitarrenunterricht.
wir haben uns eine krabbelgruppe in einem „problemviertel“ gesucht und nach anfänglichen startschwierigkeiten trifft sich meine frau jetzt regelmässig mit den anderen müttern und macht, was mütter so machen.
gottesdienst im klassischen sinne haben wir nicht. in einer kleinen gruppe treffen wir uns und gehen die „jesusmäßig“ hefte von vineyard durch. dies ist aber im moment nicht befriedigend, weil wir menschen dabei haben, die schon in ánderen gemeinden waren und es immer mal zum ablästern kommt. da müssen wir sehr aufpassen. wir sind an dem punkt auch noch nicht sicher, denken aber im moment, dass auch dort erst die menschen und dann die struktur kommt.
norbi schrieb am
20. Juli 2010 um 10:10oh cool hört sich gut an! aus das schlechte der anderen zu gucken ist natürlich nicht gut und auch nicht so einfach es nicht zu tun. in dem berreich hat mir das gemeindekarussell viel geholfen das man die anderen so stehen lassen kann aber selbst nicht so sein muss. viel segen auf jede n fall bei eurer arbeit
norbi schrieb am
20. Juli 2010 um 10:16gemeindekarussell ist ein buch von gerti strauch, ist aber sicher bekannt
storch schrieb am
20. Juli 2010 um 10:27mir ist es bekannt 🙂 ich habe es aber bislang nicht gelesen 🙁
andichrist schrieb am
20. Juli 2010 um 10:29danke norbi
norbi schrieb am
20. Juli 2010 um 11:31@storch dann kannst du es ja noch tun, du wirst wahrscheinlichn nicht gleich dein amt als leiter aufgeben müssen, es isteinfach sehr augenöffnent wenn man mit bestimmten leuten schon lange konflikte hat.
ein bereich mit dem ich mich seid fast ein paar jahren beschäftige ist, wie man gemeinde oder auch andere dinge leiten kann und wirklich tolle sachen erlebt und dabei die freude nicht verliert, denn es gibt ja genug beischpiele wo entweder ein leistungsdruck in bis zu missbrauch in die gemeinde kommt oder einfach stagnation und man hängt einfach mit einander ab.
da tut sich wirklich was, also die bücherliste zu diesem thema wäre:
gemeindekarussell g. strauch
eine frage der ehre kris vallatton
culture of honor danny silk
hat mir zum thema leitung sehr viel geholfen
man könnte sowie so fast alles aus redding empfehlen
andichrist schrieb am
20. Juli 2010 um 11:31btw.: die bücher, die uns (bis dato ) am meisten beeinflusst haben sind : der jesus faktor von kester brewin und doing church von alexander venter.
dann gibt es noch ein predigt vom haso, die uns eine hilfe gab :
http://emergent-deutschland.de/2009/12/19/hoeren-50-was-tut-gott-unter-uns-harald-sommerfeld/
und (mit verlaub, für die, die es interesiert ) unsere idee, als hörpredigt :
http://www.vineyard-altona.de/index.php?option=com_content&task=view&id=214&Itemid=46
storch schrieb am
20. Juli 2010 um 11:53danke für die tips. die habe ich alle, dann kannich mich ja vielleicht irgendwan mal ans lesen machen.
storch schrieb am
20. Juli 2010 um 11:55@ andi: echt? kester brewin, das ist ja interessant. mir hat das buch gar nichts gesagt – zumindest ist nichts hängen geblieben.
andichrist schrieb am
20. Juli 2010 um 12:41alex hat mir das mal geschenkt. beim ersten mal habe ich es auch nur halb gelesen und konnte nix damit mit anfangen. in cuxhaven habe ich es dann wieder in der hand gehabt und es hat genau in die situation gesprochen.
norbi schrieb am
20. Juli 2010 um 12:48werd mal reinhöremn