Mit großem Genuss aber auch Gewinn habe ich ein kleines Büchlein des Schweizer Theologen Karl Barth gelesen: Einführung in die evangelische Theologie. Barth ist für sein ausuferndes, breit angelegtes Lebenswerk bekannt. Einem Witz zufolge ließ Gott ihn deshalb so lange leben weil die Engel wissen wollten, was dieser Mann noch alles schreiben würde. Dabei war Barth aber nicht nur ein Theoretiker des Evangeliums sondern auch ein Praktiker, der in der späteren Zeit seines Lebens nur noch im Gefängnis predigte weil er das Evangelium für verschwendet hielt, wollte man es nur im Basler Münster predigen.
Das vorliegende Bändchen bricht zumindest mit Barths Tradition der Länge, es misst von Deckel zu Deckel nur 224 Seiten. Auf diesen Seiten stellt ein großer Theologe in siebzehn Vorlesungen die Grundzüge seines Denkens dar. Im Klappentext fasst er selbst Ausrichtung, Geschichte und Intention des Buches zusammen:

Mir war nach meinem Rücktritt vom akademischen Lehrdienst zugefallen, im Wintersemester 1961/62 als mein eigener und meines noch unbekannten Nachfolgers Stellvertreter noch einmal Seminar, Übungen und eine Vorlesung zu halten. Was in diesem kleinen Buch vorliegt, ist das Manuskript dieser Vorlesung. Hoffentlich beklagt sich nun niemand von denen, die die Bände der „Kirchlichen Dogmatik“ zu dick finden, über die energische Kürze, in der ich mich hier äußere. Da ich nicht gut einstündig Dogmatik ankündigen konnte, wollte ich die Gelegenheit dieses Schwanengesangs ergreifen, mir selbst und den Zeitgenossen in Kürze darüber Rechenschaft, was ich auf diesem Feld der evangelischen Theologie fünf Jahre als Student, zwölf Jahre als Pfarrer und dann vierzig Jahre lang als Professor auf allerlei Wegen und Umwegen bis jetzt grundsätzlich erstrebt, gelernt und vertreten habe.

Interessant, dass offensichtlich auch ein Karl Barth manchmal unter den Neigungen seiner Leser gelitten zu haben scheint, denen er mal zu lang und mal zu kurz schrieb. So war das Leben wohl schon immer: Es ist schwer, es allen Recht zu machen. Ich selbst finde das Buch nicht zu kurz geraten, auch wenn natürlich manches nur eben angeschnitten wird, was man gerne ausführlicher gelesen hätte.

In den nächsten Posts zu Barths Büchlein werde ich immer wieder Gedanken herauspicken und – frei jeden Zusammenhanges – kommentiert vorstellen. Ich wende auf Barth dieselbe Methode an wie auf die Bibel und im Grunde jedes Buch: Ich lasse mich inspirieren und herausfordern. Es wird nicht aus jeder Vorlesung Gedanken geben, die ich herausgreife und das Ganze wird ohnehin nicht wirklich systematisch sein. Es geht ja auch in letzter Konsequenz nicht um Herrn Barth sondern um den Herrn Jesus. Alles was wir lesen, denken und tun muss ein Stein auf dem Weg zu ihm werden. So beende ich diese Einleitung mit den letzten Worten des Buches, einem liturgischen Lobpreis Gottes:

Gloria Patri et Filio et Spiritui sancto,
Sicut erat principio et (est) nunc et (erit) semper
et in saecula saeculorum!1

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  1. Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. []

9 Kommentare

  1. Danke für den Buchtipp! Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man sich die Barthschen Werke laut vorliest anstatt nur leise (sowieso eine Entwicklung des Mittelalters, das leise Lesen), dann ist er gar nicht sooo heftig. Man kommt rein in seinen Duktus und dann ist er sehr bereichernd.

  2. ah cool, ich habe mit evangelichen theologen etwas probleme, oder eher mit den leuten die total auf barth stehen. gute möglickeit mich mal mit ihm zu beschäftigen.

  3. @ wegbegleiter:
    ich lese ungern laut. augustinus wunderte sich in seinen berkenntnissen über ambrosius(? ich habe mir das leider nicht rausgeschrieben) der auch leise las – es scheint uns also immer gegeben zu haben. komischerweise lese ich weniger intensiv wenn ich laut lese.
    ebenso klappt es auch nicht, mir vorzustellen, wie barth es wohl gesprochen hat. ich kann mir das dann zwar vorstellen, verstehe es aber besser, wenn ich es „nur“ lese.

    @ norbi: solchen könntest du den eigenen barth vorhalten:
    Meine Herren, da gibt´s Leute, die sich Barthianer nennen. Wenn sie einen von denen treffen, sagen sie einen schönen Gruss von mir: ich wäre keiner!
    (Dembowski, Hermann (2004): Barth Bultmann Bonhoeffer. eine Einführung in ihr Lebenswerk und ihre Bedeutung für die gegenwärtige Theologie. Rheinbach: CMZ, S. 25)

  4. Muss ja auch nicht… den Barthschen Akzent nachzumachen – nee, das wäre auch anstrengend und nicht erquicklich. Bin ich Schweizer? Nö. Mir hilft beim Lautlesen, dass es langsamer geht… dass mehr Sinne beteiligt sind. Aber wie sagt der Rheinländer: jeder Jeck ist anders!

  5. hast Du Barth mal gehört? Gibt es audios von ihm? das wäre ja mal interessant.

  6. ich werde es mir mal merken,danke!

  7. Jo, es gibt die Gefängnispredigten als Tonaufnahmen – haben wir in der Ausbildung mal gehört. „Mut in der Angst. 2 CDs. Zwei Gottesdienste im Basler Gefängnis“ – ist gerade vergriffen, aber vielleicht kriegt man das ja antiquarisch?

  8. Hallo Storch,
    hier gibt es ein nettes Audio von einem kurzen Radiovortrag Barths zu Calvin: NZZ: Ein Wasserfall, ein Urwald…
    Mir wäre das „rrrr“ auf Dauer zu anstrengend – ich lese Barth auch lieber leise… 🙂

  9. Hallo Alex,

    danke für den Tipp. Ist echt gewöhnungsbedürftig, halt ganz schön „schweizerisch“… ich glaube, ich würde ihn dennoch gerne mehr hören. vielleicht besorge ich mir mal die basler gefängnispredigten.
    übrigens: ambitioniertes projekt, die KD in einem jahr zu schaffen. 🙂

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