13 Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung.
14 Jeder wird von seiner eigenen Begierde, die ihn lockt und fängt, in Versuchung geführt.
15 Wenn die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt; ist die Sünde reif geworden, bringt sie den Tod hervor. (Jakobus 1,13-15 nach der Einheitsübersetzung)

Jetzt spricht Jakobus von der Versuchung zur Sünde. Es ist dasselbe Wort, wie er es bisher verwendet hat um ein Probe des Glaubens durch Verfolgung und Umstände zu beschreiben. Dennoch ist diese ständige Versuchung zum Lügen, schlecht Reden, Ehebruch usw. etwas anderes. Im Deutschen übersetzen wir manchmal dasselbe Wort auf zwei verschiedene Weisen: Anfechtung und Versuchung, das scheint mir konsequent, denn z.B. Abraham wurde nicht zur Sünde versucht, sein Glaube wurde geprüft (s.a.Jakobus 1,2-4). Dennoch ist dasselbe gefragt: durchhalten und nicht nachgeben. Es gibt allerdings einen Unterschied. Während in Glaubensprüfungen Geduld gefragt ist und wir „drunter bleiben“ sollen, ist in Bezug auf Sünde Absonderung gefragt. Dieser Versuchung sollte man mit ganz praktischen Schritten aus dem Weg gehen. Darüber redet Jakobus implizit als er sagt, wo die Versuchung her kommt: sie kommt aus unseren eigenen Begierden. Wenn uns unsere Begierde zum Saufen oder Ehebrechen verlockt liegt es nahe, ihr nicht nur zu widerstehen, sondern auch der Versuchung aus dem Weg zu gehen. Man treibt sich nicht in Swingerclubs herum, wenn man seinem Partner treu sein will.
Es klingt etwas seltsam, wenn Jakobus betont, dass nicht Gott es ist, der uns zur Sünde verführen will. Der Gedanke erscheint uns fremd, aber zur Zeit von Jesus gab es z.B. Juden die lehrten, dass es ein Scheidungsgrund ist, wenn Gott einem Mann Liebe für eine andere Frau ins Herz gibt. Es gibt und gab in der Kirchengeschichte immer wieder Bewegungen, die ihr Erleben Gottes so weit über Gottes Wort stellten, dass sie sündigten weil sie glaubten, den Impuls dazu von Gott bekommen zu haben. Dem tritt Jakobus entgegen. Es ist nie Gott, der zur Sünde verführt sondern immer unser eigenes Verlangen – für manchen vielleicht ein ernüchternder Gedanke.
Diese Erkenntnis ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Wenn die Möglichkeit besteht, dass Gott uns zur Sünde überreden will, wie soll man dann der Sünde widerstehen? Gerade wenn man ergriffen hat, dass nichts Schlechtes von Gott kommt wird man kaum etwas widerstehen, das von ihm kommt. Aus diesen beiden Gründen ist es keine Belanglosigkeit sondern eine wichtige Sache zu wissen, dass nicht Gott uns versucht.

[systematisch durch die Bibel]

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12 Kommentare

  1. Ich finde es durchaus legitim, zu sagen, dass auch das, was wir gemeinhin als Anfechtung übersetzen, nicht von Gott kommt. Das ist nämlich durchaus ein verbreiteter Gedanke unter Christen. „Gott schickt mir diese schreckliche Situation, um meinen Glauben zu prüfen (oder meinen Charakter zu stärken).“
    Ich glaube das nicht. Anfechtungen bringt einfach das Leben in dieser Welt mit sich. Und dass Gott solche Situationen manchmal zulässt, liegt einfach daran, dass er uns in dieser Welt lässt.

  2. Ein sehr schöner Gedanke – esist auch zutiefst Lehre unserer jüdischen Geschwister, dass es einen bösen/dunkeln Trieb in uns gibt, der uns vom Lebendigen HERRn abhalten will…
    …freilich… wie ordnest Du dabei die Bitte des VaterUnsers ein: „…und führe uns nicht in Versuchung…“?
    Wäre damit (auch vom Wortstamm her) gemeint, dass G-tt uns bzw. unseren Glauben nicht testen möge?

  3. @Physh:
    tut mir leid, ich muss die Antwort schuldig bleiben. Zu dieser Bitte des Vaterunsers habe ich mehr Fragen als Antworten. Irgendwann kommt garantiert eine Erkenntnis, aber bisher habe ich nichts dazu gehört.

    • es wurde einfach falsch übersetzt: Es müsste heissen:“…und führe uns in der Versuchung!“

      • Hi Maier Georg,

        herzlich willkommen hier. Der Text ist richtig übersetzt, zumindest nach allen Fragmenten, die mir bekannt sind. Für die wichtigen Grundtexte, besonders NA trifft das sowieso zu. Die Übersetzung stimmt, da lässt sich nichts machen.
        Liebe Grüße,

        Storch

        • Hallo Storch… Die Übersetzung stimmt eben nicht… Meine liebe Frau Prof. Ruth Lapide hat das schonmal deutlich und ausführlich bei „Bibel TV“ erklärt…“Und führe uns IN der Versuchung“….sollte und muss das heißen…Selbst bei den „stockkonservativen Katholiken“ hat es jetzt begonnen das zu ändern..Die Katholiken in Frankreich haben damit bereits angefangen… und selbst der Papst fängt an „umzudenken“… https://www.rundschau-online.de/politik/-fuehre-uns-nicht-in-versuchung–papst-franziskus-startet-debatte-ueber-das-vaterunser-29263886 und weiter : Es ist nicht einfach, den griechischen Ausdruck, der so viel bedeutet wie „laß uns nicht in Versuchung geraten“ [Vgl. Mt 26,41] oder „laß uns ihr nicht erliegen“ in einem Wort wiederzugeben. „Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung“ (Jak 1,13); <3 😀

  4. Ich glaube, dass wir im „Vater unser“ mit dem Satz „..und führe uns nicht in Versuchung…“ darum bitten, dass unser Glauben nicht einer Prüfung unterzogen wird.
    Wir werden nicht etwa von Gott versucht (vgl. Jak 1, 13-14) sondern ggf. geprüft. Weil jeder Mensch so eine Prüfung fürchten muss, bitten wir Gott gnädig zu sein und darauf zu verzichten.

  5. Hallo,
    ich bin neu hier. Das „Vater unser“ ist für mich „das Gebet“.
    ..und führe uns nicht in Versuchung…”
    das soll ein Übersetzungsfehler sein, richtig soll es heißen
    … und führe uns in der Versuchung…

    Was meint ihr dazu?

  6. Hallo MacBethXL und Corina,

    herzlich willkommen hier. Die Übersetzung ist schon richtig. Im Griechischen ist die Präposition EIS (- führe uns nicht in die Versuchung hinein). Das gilt sowohl für Matthäus als auch für Lukas.
    Vermutlich ist das einfach ein rhetorisches Mittel. Es geht nicht darum zu sagen, dass Gott in Versuchung führen kann/wird, sondern ist eine Bitte um Bewahrung. Der theologische Rattenschwanz entsteht beim modernen Leser.

  7. Ich habe mal in der Genfer und in der John McArthur Studienbibel nachgeschlagen. In beiden ist die Auslegung so ziemlich dieselbe. Hier aus der Genfer Studienbibel:

    Wer Vergebung erfahren hat, betet diese Bitte, weil er Gott vertraut und sich selbst misstraut. Der Vater prüft uns vielleicht:

    Darauf wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er vom Teufel versucht würde. Mt 4,1

    Und du sollst an den ganzen Weg gedenken, durch den uns der HERR, dein Gott, dich geführt hat diese 40 Jahre lang in der Wüste, um zu demütigen, um dich zu prüfen, damit offenbar würde, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. 5. Mo 8,2

    Aber er wird nicht zulassen, dass wir über unser Vermögen versucht werden:

    Es hat euch bisher nur menschliche Versuchung getroffen. Gott aber ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern er wird zugleich mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen, so dass ihr sie ertragen könnt. 1. Ko 10,13

    Hier auch die Auslegung aus der John McArthur Studienbibel:

    Gott versucht den Menschen nicht, aber er setzt ihn zuweilen den Angriffen Satans aus, wie es bei Hiob oder Petrus der Fall war:

    Und als er an den Ort gekommen war, sprach er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung kommt! Lk 22,40

    Niemand sage wenn er veruscht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht auch niemand; sondern jede Einzelne Person wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde gereizt wird und gelockt wird. Jak 1,18

    Diese Bitte drückt den Wunsch des Gläubigen aus, die Gefahren der Sünde überhaupt zu meiden. Gott kennt unsere Bedürfnisse, bevor wir ihn bitten und er verheisst, dass er uns nie über Vermögen versuchen wird. Er verheisst auch einen Ausweg aus der Versuchung, der häufig mit Ausharren besteht:

    Es hat euch bisher nur menschliche Versuchung betroffen. Gott aber ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern er wird zugleich mit der Versuchung auch den Ausweg schaffen, sodass ihr sie ertragen könnt. 1 Kor 10,13

    Für mich erschliesst sich daraus dass Gott uns auf jeden Fall prüft. In einer solchen Prüfung neigt der Mensch nunmal dazu in Versuchungen zu geraten. Damit sind nicht allzu alltägliche Dinge gemeint, sondern eher sehr schwierige Situationen die sich möglicherweise über einen längeren Zeitraum erstrecken, wie bei Jesus in der Wüste. Das bedeutet wir beten darum nicht zu stark geprüft zu werden, da in einer solchen Prüfung unser Fleisch oder Satan verführt. Doch alle Dinge dienen dem Gläubigen zum Besten. Wir können somit verborgene Dinge in unserem Herzen besser erkennen und auch Busse tun. Unser Glauben wird geläutert, denn der Herr verheisst uns auch einen Ausweg. Denn wir lesen ja auch wie Christus aus der Wüste zurückkehrte:

    Danach kehrte Jesus, von der Kraft des Heiligen Geistes erfüllt, nach Galiläa zurück. Lk 4,14

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