Hundertprozentlügen
Mal wieder gibt es einen Vers, der mir in dem Kapitel heraussticht, ohne für den Rest repräsentativ zu sein. Ich kann sagen, dass ich mich zunehmend darauf freue, den Römerbrief Vers für Vers auseinander zu nehmen – es gibt noch viele solcher Kleinode.

Nicht alle freilich,
haben der Heilslehre gehorcht: […]
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Paulus schreibt das bezüglich Israel und des Evangeliums. Obwohl es ihnen gepredigt wurde, haben nicht alle das Evangelium angenommen; einige haben sich auch abgewandt und haben der Botschaft nicht geglaubt. Das ist eine ernste Sache, denn im Glauben geht es um alles – in Zeit und Ewigkeit. Kein Christ würde ernstlich fordern, dass das Evangelium nicht mehr gepredigt werden sollte weil es nicht alle annehmen, denn Gott „will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.“ (1.Timotheus 2,4 nach der Einheitsübersetzung). Davon geht auch der Römerbrief aus, denn die Botschaft steht im Mittelpunkt. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt von Römer 10. Sie ist viel bedeutender als die Vorherbestimmung aus Römer 9.
Trotzdem die Botschaft der Errettung an alle Menschen hinausgeht, sagt Jesus selbst, dass „viele berufen, aber wenige erwählt sind“ (Matthäus 22,14). In dem Zusammenhang ist es wichtig fest zu stellen, dass die nicht-erwählten aus eigenen Stücken nicht erwählt sind. Das Gleichnis zeigt nicht Gott als Richter sondern es zeigt Menschen, die ihrer Selbstgerechtigkeit mehr vertrauten als Gottes Angebot. (Ich stelle beim Schreiben fest, dass mich das Thema der Vorherbestimmung nicht loslässt…)
Paulus leitet den Auftrag zum Predigen von Jesaja her ab. Der Auftrag ist unabhängig von Erfolg oder Versagen. Es tut erst einmal nichts zur Sache, ob wir Erfolg haben oder nicht. Wenn keine Frucht da ist, bedeutet das nicht, dass wir die Botschaft vernachlässigen dürften. Frucht lässt nicht auf Sendung schließen.

Ich gehe darauf so genau ein, weil es eine Analogie zu Heilung und jeder Facette des übernatürlichen Dienstes ist. Es gibt in allem, was uns Gott aufträgt 100%-Lügen. Diese besagen, dass etwas immer klappen muss, wenn es wirklich von Gott ist. Es kann ja nicht sein, dass Gott etwas aufträgt, das nicht immer funktioniert. Doch, kann es. Die Variable in der Gleichung ist nicht Gottes Auftrag sondern der Mensch. Das Evangelium bleibt intakt, auch wenn niemand es annimmt.
Anders als beim Predigen des Evangeliums neigen wir dazu, den Heilungsauftrag zu vernachlässigen oder weg zu relativieren wenn es mal nicht klappt. Wie oft habe ich schon gehört, dass Gott ja jeden heilen könnte wenn er wollte? Daraus, dass nicht jeder geheilt wird leitet man dann die Theologie ab, dass es eben nicht immer Gottes Wille sein kann. An dem Punkt gibt es leicht einen Dominoeffekt: wenn es nicht (immer) Gottes Wille zu sein scheint und offenbar nicht meine Gabe ist, dann lasse ich es ganz sein für Kranke zu beten.
Nun, wir haben schon gesehen, dass etwas Gottes Wille sein kann und dennoch nicht immer funktioniert. Es ist unlogisch, dieses Prinzip auf die Heilsbotschaft anzuwenden, aber nicht auf den Heilungsauftrag. Wir sollten bei beidem einsehen, dass Erfolg und Auftrag nicht dasselbe sind, und den Auftrag Jesu unabhängig von Erfolg und Versagen leben!

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  1. Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 53 []

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