15. April 2009 4
seid nichts schuldig
Die Bibel ist oft sehr genau und praktisch wenn es darum geht, wie wir uns verhalten sollen. Ich muss gestehen, dass das nicht meine größte Stärke als Prediger ist. Ich neige eher zur Theorie als dazu, genaue Beispiele zu geben und predige nicht gerne über allgemeingültige Moral. Im Prinzip ist es so, dass mir die Liebe Gottes so wichtig ist, dass ich nur ungern über etwas anderes predige und es mir ohnehin am Wichtigsten ist, dass Menschen Jesus kennen lernen und er sie dann in seinem Sinne verändert.
Als ich letztens von der Baustelle nach Hause fuhr, oder von zur Hause zur Baustelle, was ja im Moment der ewige Kreislauf ist, hatte ich einen sehr starken Eindruck Gottes. Im Moment höre ich wenig von Gott, weil ich zu beschäftigt bin und so habe ich sehr genau zugehört. Es ging um eine bestimmte Sünde, aber auch um ein allgemeines Prinzip: „wir können nicht die Sünde klein machen ohne das Evangelium klein zu machen.“ Wenn die Sünde kein starker Feind ist und es eigentlich egal ist, was wir tun, dann war es unnötig, dass Jesus gekommen ist um für die Erlösung zu sterben. Je bedeutungsloser der Feind ist umso bedeutungsloser ist letztlich auch der Sieg über ihn.
Man kann solche Eindrücke immer nur schlecht wiedergeben, denn es schwingt immer mehr mit als man in Worte fassen kann. In eine Sekunde göttlicher Erkenntnis gehen so viele Informationen hinein wie in ein ganzes Schuljahr. Deswegen sagt Petrus, dass vor Gott ein Tag wie tausend Tage ist (2.Petrus 3,8) – einen ganzen Tag voller göttlicher downloads könnte kein Mensch ertragen.
Mir war ganz plötzlich klar, warum es so wichtig ist, Moral zu predigen: weil die Menschen Gottes Maßstäbe kennen müssen. Und sei es nur um zu verstehen, dass sie einen Retter brauchen. Wenn wir lasche Moral vorleben wird Gott nicht interessant sein; einen Gott, dem sowieso völlig egal ist wie wir leben braucht kein Mensch. Ein solches zahnloses Evangelium wird niemandem provozieren oder zu unserem Gott bringen.
Interessanterweise sind die größten Erweckungen auch mit der größten Heiligkeit einhergegangen. Man kann nicht das eine ohne das andere predigen.
Auch für uns persönlich ist es wichtig, Gottes Maßstäbe zu kennen und zu wissen, was in seinen Augen Sünde ist. Denn Sünde ist nichts, womit zu spaßen wäre sondern eine brandgefährliche Sache:
Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. (Römer 6,23 Elberfelder)
Es ging ja letzte Woche schon darum, wie Sünde immer den Tod hervorbringt und das ist ein Thema, das uns nicht kalt lassen darf. Wir bauen als Christen oft auf zwei Baustellen gleichzeitig. Auf der einen Seite holen wir uns Leben herein indem wir beten, Gottesdienste besuchen, Bibel lesen usw. aber auf der anderen Seite füllen wir unser Leben auch mit vielem, was schlecht ist. Dann wundern wir uns darüber, warum wir so wenig Sieg haben oder Gott so wenig erleben. Es liegt daran, dass man nie Weiß bekommt wenn man schwarze und weiße Farbe zusammenschüttet. Es wird immer ein gebrochener Ton entstehen. So ist es auch im geistlichen Leben: wir erleben Gott, hören seine Stimme, haben die Vergebung usw. kommen aber dennoch nicht da an wo wir hinwollen, wenn wir an beiden Seiten gleichzeitig arbeiten.
Ich denke dabei immer an meinen Lieblingsurlaubsort: Norderney. Die Insel ist ein bekannter Luftkurort und es gibt mehrere Lungenkliniken. An einer kommt man fast jeden Tag vorbei weil sie sehr zentral liegt. Ich bin immer überrascht, zu jeder Tageszeit eine ganze Menge Raucher in Trainingsanzügen davor zu sehen. Das ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie man an zwei entgegen gesetzten Projekten gleichzeitig arbeiten kann: auf der einen Seite tun sie etwas für ihre Lungen, auf der anderen Seite tun sie etwas gegen ihre Lungen und beides quasi gleichzeitig. Sie sind wie Bauarbeiter, die morgens ein Loch graben, das sie in der Mittagspause wieder zuschütten…
Schulden
Mir liegt seit letzter Woche ein Vers auf dem Herzen, mit dem ich das Ganze praktischer machen will. Ich habe den Eindruck, dass Gott einigen etwas sagen will und ich weiß natürlich auch, dass wir einige hier haben, die das sehr betrifft:
Seid niemand irgend etwas schuldig, als nur einander zu lieben! Denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. (Römer 13,8 Elberfelder)
Die Briefe des Paulus geben leider immer sehr viel Einblick in seinen stream of consciousness – er kommt von Hölzchen auf Stöckchen und es ist schwer, einen Zusammenhang festzustellen. Es geht aber im dreizehnten Kapitel des Römerbriefes um die Obrigkeit und auch darum, dass sie sich über Steuern finanziert. Als groben Zusammenhang kann man also durchaus Finanzen gelten lassen und auch das griechische Wort, das Paulus verwendet kann finanzielle Schuld bedeuten.
Der Apostel redet als davon, dass wir bei niemandem Schulden haben sollten.
Als ich jung war und gerade meinen Führerschein hatte, fuhr eigentlich jeder, den ich kannte, eine alte Rostlaube. Man hatte kein Geld und wenn man ein Auto hatte, dann war es bestimmt kein Neuwagen. Ich selbst hatte einen uralten Suzukibus bei dem man vor jeder Fahrt die Bremsen entlüften musste. Heute wüsste ich noch nicht mal wo man das macht, aber damals habe ich das jeden Tag getan. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass das saugefährlich war und man auf keinen Fall mit einem Auto fahren sollte, das nicht richtig bremst.
Ein Bekannter von mir kam dann irgendwann mit einem neuen Opel an. Ein schickes Auto. Natürlich waren alle ganz beeindruckt und wollten wissen, wo er die Karre her hatte. Sie war auf Kredit gekauft. Heute ist das leider ganz normal, aber damals war es außergewöhnlich. Ich kannte niemanden, der so etwas gemacht hatte.
Im Grunde sah das echt cool aus: er hatte sein Auto und musste jeden Monat eine überschaubare Rate bezahlen. Das Dumme war nur, dass er den Wagen nach zwei Monaten zu Schrott fuhr: Totalschaden. Natürlich hatte er auch keine Kaskoversicherung abgeschlossen, denn dafür reichte das Geld wegen der Raten nicht mehr. Also zahlte er die nächsten fünfzehn Jahre Tilgungen und Zinsen für ein Auto, dass er nur ein paar Wochen gefahren war. Auf einmal beneidete ihn keiner mehr…
Wir haben in Deutschland eine Kultur des Schuldenmachens entwickelt die einige von uns teuer zu stehen kommt!
bender schrieb am
15. April 2009 um 12:04hm…kommt vielleicht auch drauf an wofür.. bafög oder stundentenkredit sind z.b. auch „schulden“ aber ohne die könnte ein grossteil sich kein studium leisten… auch haben sicher die wenigsten das geld einen wagen oder ein haus sofort zu bezahlen…
sicher kann man aber auch kredite für dinge aufnehmen die nicht sein müssen… das ist ja wohl auch das was in den USA u.a. zum kollaps geführt hat… nur noch auf kredit zu leben…
sönke schrieb am
15. April 2009 um 12:21ich denke auch nicht dass christsein ohne moral auskommt aber nach meinem gefühl kommt die gefahr heute von der anderen seite:
wo ich hinkucke entdecke ich ein „moralisches christentum“, jedenfalls im evangelikalen bereich (charismatisches und jf ausdrücklich eingeschlossen).
deswegen finde ich für heute (2009!) die höchste priorität nicht „moral zu predigen“, weil das ohnehin fast überall passiert – ich würde eher mal vorne anfangen, nämlich bei der beziehung zu god.
liest man etwa die berühmte stelle röm. 1, 18ff. dann sieht man sehr deutlich dass die BEZIEHUNGSPROBLEME am anfang stehen („…wollten ihn nicht anerkennen und ihm nicht danken“, v.21).
die später aufgezählten moralischen schwierigkeiten ergeben sich daraus.
wenn man nun aber ständig letztere thematisiert oder anprangert (sexuelle sünden, homosexualität, abtreibung etc.), zäumt man das pferd wirklich von hinten auf.
sünder verhalten sich wie sünder, daran lässt das NT wenig zweifel.
und natürlich bringt sünde den tod, aber das vor allem deshalb weil sie eine ungetrübte freundschaft zu jesus verunmöglicht (pädagogenwort!!!).
ich fürchte dass durch die christliche predigt der letzten mehreren hundert jahre (gerade auch mitgeprägt durch pietismus und erweckungsbewegung) die welt ziemlich eindeutig zu dem schluss gelangt sein könnte dass es gott vor allem um moral geht..aber das ist doch einfach nicht wahr oder??
erlebt ihr das so??!
wenn das aber gewissermaßen die überschrift ist, finde ich es nicht einmal besonders hilfreich, „gottes maßstäbe zu kennen“, weil so sein eigentlicher maßstab, nämlich eine beziehung in freiheit und liebe – auf der grundlage eines unverletzten gewissens! – nicht wirklich klar wird.
ich glaube nicht dass es zufall ist wenn moralische fragen in den paulusbriefen überwiegend im zweiten teil zur sprache kommen: IMMER kommt das neue leben („in christus“!!) zuerst, DANN kann man sich auch über die auswirkungen und alles andere unterhalten!
ich würde vermuten dass das auch heute noch nicht anders ist.
mit diesem kommentar will ich übrigens nicht behaupten dass du das unbedingt anders siehst oder gar ein übler moralist wärst 😉 aber es war mir doch mal wichtig das zu betonen.
Frollein Friede schrieb am
15. April 2009 um 14:55Hm. Würde aber schon sagen, Storch, dass Du durchaus auch moralische Inhalte vermittelst. Ich kann mich noch an diese WWF Geschichte erinnern – das fand ich richtig klasse. Gut, da dachte ich schon: na davon könnte noch mehr kommen.
Aber es ist halt schwierig, wenn man allgemeingültig über Moral predigen will, dann gibt’s ja da nicht so viel, da insbesondere die Ethik im neuen Testament fast ausschließlich über „Liebe“ und die im alten Testament über „Gehorsam Gott gegenüber“ funktioniert.
Und wenn man es weniger allgemein, sondern konkrekter machen will, dann kommt schnell eine politische Komponente mit hinein.
Hatte ja auch hier mal jemand bemängelt, dass von Deiner Seite nix zur Wirtschaftskrise kam – da dachte ich auch: na, wäre ja vielleicht nett was darüber zu lesen; aber im Grunde wüsste ich auch nicht, ob sowas tatsächlich Dein Job ist. Es kann eben nicht jeder Mensch alles. Auch ein Prediger nicht.
storch schrieb am
16. April 2009 um 14:17über die wirtschaftskrise weiss ich zuwenig, da will ich nichts schreiben.
@sönke: tja, die evangelikalen… das nervt mich natürlich auch. wenn es nur noch darum geht, was man alles nicht darf ist das scheisse. da vermisse ich oft evangelium. aber das gegenteil, was wir bei JF eigentlich gemacht haben geht auch nicht. ohne sünde kein evangelium. wenn man den feind nicht sieht ist der sieg klein. ich meine, dass wir uns nicht genug darüber im klaren sind wie gefährlich die sünde und wie gross der sieg ist.