Mal wieder ein altes Handout. Bald bin ich mit denen durch, aber ein paar habe ich noch 🙂

Im fünften Kapitel des Epheserbriefes stehen einige Ermahnungen und Hinweise in loser Reihenfolge. Unter einigen anderen auch ein Vers, der fast wie ein Wahlspruch unserer Zeit  klingt: und kauft die Zeit aus; denn es ist böse Zeit. (5,16) [nach Luther]1.

Solche Bibelverse sind die Ursache für manchen Burnout und Herzinfarkt. Verschwendete Zeit ist böse, und es liegt an uns, den Tag mit möglichst vielen sinnbringenden Aktivitäten zu füllen, um die Zeit, die wir haben, auszukaufen.

Wer nach einer solchen Theologie lebt, hat es schwer. Einfach mal die Seele baumeln zu lassen und etwas Schönes machen wird auf einmal zur Sünde. Wie können wir eigentlich ins Kino gehen, während „da draussen“ eine Welt verloren geht?!

Tatsächlich geht es dem Apostel Paulus hier nicht darum, uns das Leben zu erschweren sondern im Gegenteil darum, ein geistliches Prinzip zu erläutern, dessen Anwendung uns das Leben erleichtern wird. Jesu eigene Wort haben immer und für jeden Christen ihre Gültigkeit: mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht! (Matthäus 11,30), und Paulus hatte sicherlich nicht vor, diese Verheissung aufzulösen.

Es gibt „göttliche Zeitpunkte“

In der Sprache des Apostels Paulus gibt es mehrere Worte für Zeit. Das Wort, das er hier verwendete, bedeutet so viel wie „Zeitpunkt“. Also nicht einfach die Zeit der 24 Stunden am Tag, sondern ganz bestimmte, von Gott gesetzte Zeitpunkte.
Im Buch Prediger im Alten Testament heisst es, dass alles „seine Zeit“ hat:

Alles hat seine Zeit und jegliches Vornehmen unter dem Himmel seine Stunde.  Geborenwerden hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit; Pflanzen hat seine Zeit, und Gepflanztes ausreuten hat seine Zeit; Töten hat seine Zeit, und Heilen hat seine Zeit; Zerstören hat seine Zeit, und Bauen hat seine Zeit; Weinen hat seine Zeit, und Lachen hat seine Zeit; Klagen hat seine Zeit, und Tanzen hat seine Zeit; Steine schleudern hat seine Zeit, und Steine sammeln hat seine Zeit; Umarmen hat seine Zeit, und sich der Umarmung enthalten hat auch seine Zeit; Suchen hat seine Zeit, und Verlieren hat seine Zeit; Aufbewahren hat seine Zeit, und Wegwerfen hat seine Zeit; Zerreißen hat seine Zeit, und Flicken hat seine Zeit; Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit; Lieben hat seine Zeit, und Hassen hat seine Zeit; Krieg hat seine Zeit, und Friede hat seine Zeit. (Prediger 3,1-8)

Ebenso wie es im Natürlichen diese Zeiten gibt, gibt es sie auch im Geistlichen und im Leben mit Gott. Im Natürlichen fällt es uns oft leicht, die richtigen Zeiten zu erkennen, aber im Geist-lichen fällt es uns schwer.
Als Jesus wieder einmal mit Pharisäern stritt, verlangten sie von ihm ein Zeichen (Matthäus 16). Er antwortete ihnen, dass sie zwar am Himmel erkennen könnten, wie das Wetter am nächsten Tag sein wird, es aber überhaupt nicht draufhätten, die Zeichen der Zeit zu deuten, und ihn deshalb nicht erkennen würden.
Es führt also zu Blindheit gegenüber geistlichen Zusammenhängen, die Zeitpunkte Gottes nicht zu erkennen.

Ebenso, wie es im „normalen“ Leben bestimmte Zeitpunkte gibt, so auch im geistlichen. Es gibt Zeiten, in denen sich Gott uns ungewöhnlich offenbart und uns sehr nahe ist. Geistliches Wachstum fällt in solchen Zeiten sehr leicht.
Aber auch die Zeiten geistlicher Zähigkeit, in denen wenig Enthusiasmus da ist und das Leben auch mit Gott etwas zäher ist, sind normal.

Letzten Endes bleibt, was Paulus sagt: die Zeit (oder genauer: die Tage) ist böse. Das Leben gleicht einer staubigen Strasse, auf der hin und wieder ein Diamant funkelt. Mitten in der bö-sen Zeit sind immer wieder Zeitpunkte Gottes eingestreut, die uns geistlich nach vorne bringen. Diese Zeiten gilt es auszunutzen.

Man könnte Epheser 5,16 auch so übersetzen, und ich finde, so kommt der eigentliche Sinn besser heraus:

„Nutzt die Zeitpunkte Gottes in diesen bösen Tagen.“

Gottes Zeitpunkte erkennen

Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Am Abend sagt ihr: Es wird schön; denn der Himmel ist rot;  und am Morgen: Heute kommt ein Ungewitter; denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler, das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber nicht! (Matthäus 16:2-3)

Das Problem ist nicht , ob Gott bestimmte gute Zeiten in unser Leben legt, denn das tut er. Das Problem liegt vielmehr darin, diese Zeiten zu erkennen und dann entsprechend auszunutzen.

Die Israeliten wussten in der Zeit ihrer Wüstenwanderung immer genau, wann sie weiterziehen mussten und wann es nicht an der Zeit war zu wandern und sie einfach rasten konnten. Im zweiten Buch Mose ist Gottes Führungsmethode beschrieben: bei Tag wurde sie von einer Rauchsäule geleitet, bei Nacht von einer Feuersäule. Wenn die Säule sich erhob, war es an der Zeit, die Sachen zu packen und weiterzuziehen. Es war ein sehr dynamisches Leben, und man konnte nie genau vorher wissen, wann es wieder weiterging.
Genauso ist auch das Glaubensleben dynamisch und in einem spannenden Sinne unberechenbar. Es mag Zeiten geben, in denen man es sich gerade in seinem Leben gemütlich gemacht hat, und auf einmal spürt man eine Unruhe des Geistes in sich, die einen weitertreibt.

Das, was früher die Wolken- oder Feuersäule war, ist nun der Heilige Geist. Man spürt, wenn es weitergeht. Auf einmal ist Unruhe, wo vorher Gemütlichkeit war. Geistliche Aufbruchstimmung – vielleicht weißt du nicht, wo es hingeht, aber du spürst es in den Knochen, es geht weiter.

Göttliche Zeitpunkte zeigen sich auch oft als Herausforderungen. Türen, die sich im Dienst und im Leben plötzlich öffnen und Chancen, die sich ergeben. Herausforderungen sind natürlich unbequem, und Chancen zu ergreifen, birgt immer ein Risiko in sich, aber letzten Endes sind das die Dinge, an denen wir als Menschen wachsen und durch die Gott unseren Charakter formen will.

Gottes Zeitpunkte nutzen

Wir Menschen sind von solchen göttlichen Zeitpunkten völlig abhängig. Christsein ist wie Segeln. Bei gutem Wind macht es richtig Spass und man kommt gut voran. Aber man kann den Wind eben nicht machen, nur ausnutzen.

Wenn kein Wind da ist, gibt es auch genug zu tun; ebenso geht es in Ruhephasen, in denen Gott uns nicht weiterbläst. Man kann solche Phasen nutzen, um tiefer zu kommen und Bestehendes zu festigen, aber es geht nicht wirklich weiter.
Für Manchen ist das ein Grund zum Verzweifeln und an Gottes Tempo irre zu werden. Wir Menschen scheinen von Natur aus nicht eben mit einem Übermass an Geduld gesegnet zu sein, aber sei gewiss: der Heilige Geist ist nicht langsam, er ist gründlich.
Bevor Mose die Israeliten aus Ägypten führte, hatten sie schon mehrere hundert Jahre zu Gott geschrien, aber erst mit Mose wurde ihr Schreien erhört. Göttliche Zeitpunkte lassen von unserer menschlichen Perspektive manchmal auf sich warten, aber Gott baut sein Reich und hat genug Weisheit zu wissen, wann was dran ist.

Erlaube mir einen etwas platten Vergleich: ich finde, das geistliche Leben ist wie ein Computerspiel.  Wir wachsen nicht geradlinig, wie es manchmal gefordert wird, sondern es geht wie auf einer Treppe nach oben.
Manchmal bleibt man ziemlich lange auf einem Level und wartet auf die grosse Herausforderung und den göttlichen Zeitpunkt, der einen weiterbringt. Wenn es dann so weit ist, macht man einen Satz nach vorne.

Das klärt auch die Frage, was passiert, wenn wir einen göttlichen Zeitpunkt verpassen und nicht so nutzen, wie es eigentlich sein sollte. Dann kommen wir eben nicht weiter und bleiben noch eine Weile auf dem gleichen Level. Das kann dann natürlich wirklich ätzend sein. Wahrscheinlich gibt es wenig Frustrierenderes als ein Leben der verpassten
Möglichkeiten. Wenn man am Ende auf ein Leben zurückblickt, mit dem man viel hätte machen können, das viele gute Möglichkeiten gehabt hätte, und man doch immer am gleichen Punkt geblieben ist und sich um Chancen nur gedreht hat, statt sie zu nutzen – das muss schlimm sein.

Zeiten der Flaute, in denen es nicht weitergeht, sind normal und gar nichts Schlimmes. Gott richtet uns nach unserer Erkenntnis und unseren Möglichkeiten, nicht nach unseren eigenen Idealen. Wenn Christen in Flautenzeiten zerbrechen, dann zerbrechen sie gewöhnlich daran, dass sie eigene Ideale zu wichtig nehmen, und denken, dass sie in Gottes Augen versagt haben, wenn sie in ihren eigenen Augen nicht schnell genug vorankommen.
Aber es ist Gott, der das Wachstum schenkt.
Die grösste Herausforderung ist, in Flautenzeiten Gott zu vertrauen, dass er schon wissen wird, was er tut. Es liegt Weisheit darin, um die Zeiten des Lebens zu wissen und mit ihnen leben zu können.

Wenn du spürst, dass Gottes Geist dich weitertreibt, dass beten, Gemeinschaft, Dienst etc. auf einmal viel leichter fallen, als sonst und dass du eine Zeit der Gnade erlebst, in der geistliches Wachstum leicht fällt, dann versuch so weit zu kommen wie irgend möglich. Konzentriere dich auf Gott und eure Beziehung, koste die Zeit voll aus.

Wenn es anders ist, lebe dein Leben in Treue und freue dich darauf, dass irgendwann wieder ein göttlicher Zeitpunkt eintreten wird.

Zusammenfassung:

?    Es gibt Zeitpunkte in unserem Leben, die Gott uns schenkt, damit wir  weiter-kommen und uns nicht im Kreis um uns selber drehen. Diese Zeitpunkte sind göttliche Chancen.
?    Diese Zeitpunkte spüren wir entweder oder sie zeigen sich als Herausforde-rungen. In jedem Fall werden wir von ihnen weitergetrieben.
?    Auch Zeiten des „normalen“ Lebens sind gut, und es ist weise, Gott nicht nur in den schnellen Tagen zu vertrauen, sondern auch in den langsamen.
?    Ein göttlicher Zeitpunkt sollte genutzt werden, und wir sollten aus den Zeiten göttlicher Gnade so viel für uns herausholen wie möglich.

Zum Selbststudium:

Dieser Teil ist für das Verständnis dieses Handouts nicht wichtig, kann aber weiter in die Tiefe führen.
Die Worte, zwischen denen sich Paulus entscheiden konnte, sind chronos (cro,noj) für die allgemeine Zeit und kairos (kairo.j) für den Zeitpunkt. Um die Bedeutung eines Wortes möglichst tief zu verstehen, ist es immer cool, mal ein Wortstudium zu machen, also alle (zumindest mehrere) Bibelstellen, in denen das  jeweilige Wort vorkommt, nebeneinander zu halten.
Hier sind alle neutestamentlichen Stellen mit kairos zum Selbststudium:
Matthäus 8,29/ 11,25/ 12,1/ 13,30/ 14,1/ 16,3/ 21,34; 41/ 24,45/ 26,18/
Markus 1,15/ 10,30/ 11,13/ 12,2/ 13,33/
Lukas 1,20/ 4,13/ 8,13/ 12,42; 56/ 13,1/ 18,30/ 19,44/ 20,10/ 21,8; 24; 36/
Johannes 7,6; 8/
Apostelgeschichte 1,7/ 3,20/ 7,20/ 12,1/ 13,11/ 14,17/ 17,26/ 19,23/ 24,25/
Römer 3,26/ 5,6/ 8,18/ 9,9/ 11,5/ 13,11/
1.Korinther 4,5/ 7,5; 29/ 2.Korinther 6,2/ 8,14/
Galater 4,10/ 6,9f/
Epheser 1,10/ 2,12/ 5,16/ 6,18/
Kolosser 4,5/
1.Thessalonicher 2,17/ 5,1/ 2.Thessalonicher 2,6/
1.Timotheus 2,6/ 4,1/ 6,15/ 2.Timotheus 3,1/ 4,3; 6/
Titus. 1,3/
Hebräer 9,9f/ 11,11; 15/
1.Petrus 1,5; 11/ 4,17/ 5,6/
Offenbarung 1,3/ 11,18/ 12,12; 14/ 22,10

Besonders interessant ist es, sich einmal anzuschauen, wie sehr Jesus sich seiner Zeiten bewusst war und auch sein Umfeld (Johannes der Täufer und die Jünger).
Auch in der Eschatologie (der Lehre von den letzten Dingen – Endzeitlehre) ist viel von solchen Zeitpunkten die Rede, die über die ganze Welt kommen. Also nicht nur über den Einzelnen.

Das interessanteste Bibelbuch zum Thema ist aber sicherlich der Prediger, am besten mit der Entwicklung der Liebesbeziehung im Hohenlied zusammen gelesen. Beide Bücher enthalten viel Weisheit über den Umgang mit göttlichen Zeitpunkten und können über manche falsche Unruhe hinweghelfen.

Copyright, Impressum usw.

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@_verantwortlich für den Inhalt: storch. Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
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?_zu diesem Handout gibt es eine Predigtkassette. Auch als mp3 im Internet

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  1. das ist eine wichtige Stelle für mich, über die es einige Einträge in diesem Blog gibt. []

17 Kommentare

  1. Danke für dies tolle Handout!
    Shake Hands.
    Björn 🙂

  2. sehr gern mein lieber. du findest alle handouts unter „medien“. im laufe der zeit setze ich natürlich alle handouts auf den blog.

  3. Die Volxbibel hat Epheser 5, 16 so übersetzt: „16 Nutzt jede Minute eures Lebens voll aus, denn wir leben in einer üblen Zeit. “ Kommt doch deiner Auslegen sehr nahe, oder?

  4. Mit Storch sind wir in gottes sicherem Boot!
    Yeah!
    „Vater,verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel:
    Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen.“
    (Johannes 12, 28 – Martin Luther)

  5. @ martin:
    nein, das ist tatsächlich das genaue gegenteil 🙂

  6. Wär ja seltsam, wenn ich da nicht auch meinen Senf dazutun müsste 😉 😀
    Hab sogar die Glotze nochmal angeschmissen deswegen…

    Das ist ja so ein Thema, dass mich auch nicht so richtig loslässt – woanders hab ich da ja auch schon was zu geschrieben. Ich glaube auch nicht, dass es „nicht wirklich weiter“ geht, wie gesagt, Wachstum spielt sich eben auf einer anderen Dimension ab – wenn ich dranbleibe und mich nicht total geistlich hängen lasse, weil mir eben grad mal nicht alles so zufliegt wie noch vor ein paar Wochen.

    Ich glaube auch, dass man mehr machen kann als „sein Leben in Treue zu leben“ und darauf zu warten, dass Gott irgendwann wieder einen göttlichen Zeitpunkt schenkt.
    Als ich eben da so drüber nachdachte fiel mir dazu David ein. Er hatte total auf dem Herzen, Gott einen Tempel zu bauen, aber Gott sagte ihm, dass erst sein Sohn das einmal tun würde – der richtige „Zeitpunkt“ lag also ein ganzes Stückweit in der Zukunft.
    Was David daraufhin tat, finde ich sehr interessant: Er legte nicht die Hände in den Schoß und wartete ab, wie Salomo den Zeitpunkt Gottes ausnutzen würde, sondern er fertigte („durch den Geist“) detaillierte Pläne für den Tempel an, er stellte Baumaterial in Massen bereit, von Hölzern und Steinen bis hin zu Gold und Silber, er schloss Handelsabkommen mit einem benachbarten König über Baumaterial und Arbeiter, er spendete reichlich von seinem persönlichen Vermögen und sammelte weitere Spenden, die vom Volk reinkamen. Kurz gesagt, tat er eigentlich alles, was nötig war, um sofort loslegen zu können mit dem Bau. Sein Sohn brauchte sich, als dann die Zeit gekommen war, praktisch um nichts Organisatorisches mehr zu kümmern.

    Was ich daraus schließe, ist, dass es durchaus etwas gibt, was ich tun sollte, wenn grade mal kein göttlicher Zeitpunkt in Sicht ist: Ich kann mich so vorbereiten, dass es, wenn der Zeitpunkt da ist, sofort losgehen kann und ich die Welle möglichst „effektiv“ ausnutzen kann.

    Was ich glaube, was auch nicht verkehrt ist – solche Zeitpunkte herbeizusehnen und zu -beten; suchen, ob es in meiner Macht steht, Steine aus dem Weg zu räumen (solche Zeitpunkte gibt es ja nicht deswegen, weil Gott zu anderen Zeiten keine Lust hätte, was zu machen – es gibt ja Gründe dafür, das jetzt was geht und morgen wieder nicht…); mich immer wieder der Veränderung durch den Heiligen Geist hingeben, um die Zeit zur charakterlichen Reifung zu nutzen – vielleicht erfordert die nächste Stufe ein höheres Maß an Reife, als ich grade vorzuweisen habe…

  7. Auf bibleserver.com kann man schön die Vergleiche der verschiedenen Übersetzungen anschauen.

    Die deutschen Übersetzungen (und ebenso die lateinische Vulgata) schreiben „Zeit“ und nicht „Zeitpunkt“. Ausnahme ist die „Neue Leben“-Übersetzung: „Nutzt jede Gelegenheit …“ Genauso die englische NIV-Übersetzung: „making the most of every opportunity …“ Die beiden gehen mehr in die Richtung von Storchs Interpretation.

    Griechisch kann ich leider nicht. Aber wenn schon griechisch, dann würde mich auch das Verb interessieren, das dabeisteht. Im Lateinischen steht da „redimentes tempus“ (redimere = erkaufen, erlösen), also wortwörtlich steht da „die Zeit erkaufend“. Dann hat das schon was damit zu tun, etwas zu investieren (vermutlich „Mühe“) und nicht einfach nur passiv irgendwelche Zeitpunkte abzuwarten und zu erkennen.
    Selbst wenn man also die Variante mit den Zeitpunkten bevorzugt, dann heißt das – denke ich – weniger sowas wie „Nutzt die Zeitpunkte“, sondern eher „Schafft euch die Zeitpunkte“, bemüht euch und kämpft darum, dass ihr Gelegenheiten bekommt.

    Was mir ein bisschen komisch aufstößt, ist der letzte Satz „so viel für uns herausholen wie möglich.“ Ich denke, im Leben mit Gott geht es nie darum, viel für sich rauszuholen. Das Segensprinzip funktioniert nämlich umgekehrt: „Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20,35)

  8. das verb ist „EXAGORAZOMENOI“ und heisst „set free; midd. make the most of, make good use of“ – bibleworks hat nur engliche wörterbücher und ich mag gerade nicht bei kittel nachschlagen, dann verzettel ich mich nur.
    also vpm sinn her tatsächich „ausnutzen“ und nicht schaffen. „erkaufen, erlösen“ geht imho in dieselbe richtung: es bietet sich eine gelegenheit zum kaufen oder auslösen und man ergreift diese. aktiv ist dabei einzig das suchen nach gelegenheiten.

    der letzte satz ist nur dann missverständlich wenn man sein leben nicht unter der prämisse sieht so viel segen zu sein wie möglich. da ich das aber tue ist klar, dass aller segen, den ich habe auch andere wieder segnet und ich nicht etwas für mich selbst ausnutze. (wobei gottlob einiges auch für mich abfällt).

  9. @ köto:
    das ist eine sichtweise, die ich durchaus teile. über das herbeiführen von kairoi habe ich hier schon mal was geschrieben:
    http://www.jfrs.de/storch/blog/wordpress/2006/11/04/kairoi-herbeifuhren/
    vorbereitet sollte man immer sein. mein lieblingsziat von sunzi: „in zeiten des krieges bereite dich auf den frieden vor; in zeiten des friedens bereite dich auf krieg vor“. (irgendwo so ähnlich in der „kunst des krieges“.

  10. Wow, schnelle Antwort.
    Ich denke schon, dass „erlösen“ so gemeint ist, dass man irgendwas abgeben muss, um etwas anderes zu erhalten.
    „Erlösen“ war ja auch das, was Jesus am Kreuz für uns getan hat und das war sicher mit viel Kosten verbunden, nämlich sein Blut.
    Auf Latein ist das genau der selbe Ausdruck (redimere) und deshalb interessiert mich das einfach, ob das im griechischen Text auch so ist.

    Das ist nämlich auch genau meine Erfahrung, dass man die Zeit mit und für Gott immer wieder aufs Neue kaufen muss, indem man sich dagegen entscheidet, das Leben auf eigene Verantwortung zu leben, sondern Gott immer wieder und in jeder Situation mit ins Boot nimmt. Und manchmal fällt das einfach so saumäßig schwer, vor allem, wenn die Segnung nicht sofort spürbar wird und es auf kurze Sicht Verlust und Entbehrung bedeutet.

  11. ja, ich sitze gerade mal vorm rechner und bin deswegen schnell mit antworten. also im griechischen ist es nicht dasselbe wort (das aus eph 5 musste ich abschreiben, weil es mir so wenig geläufig ist).

    trotzdem sehe ich es auch so, dass man was einsetzen muss – auf jeden fall. aber in eph 5,16 geht es imho um zeiten in denen der eigene einsatz ziemlich gering ist weil alles von gott her vorbereitet ist. ich stelle mir das so vor, dass hinter den kulissen alles arrangiert wurde und es deswegen leicht ist, in das ein zu treten, was jesus schon vorbereitet hat.

  12. @storch und philip:

    ex-agorazo kenne ich als heraus-kaufen. wird auch in Galater 3,13 und 4,5 verwendet, wo es darum geht, das Jesus uns erlöst hat (eben heraus-gekauft) von Fluch und Gesetz.
    partizip präsens medium = ich tue es aus mir heraus, bin also die „zeit ausnutzende“, wobei es eben auch den durativen aspekt gibt:
    sei die zeit-auskaufende…

    natürlich müssen wir offen sein für die zeitpunkte gottes. klar ist aber auch, dass wir aktiv gefragt sind, denn es ist eindeutig nicht die zeit zu schlummern und auf göttlich bedienung zu warten. manchmal heißt es, auf gott zu warten, aber auch das warten auf gott, kann etwas ganz aktives sein…

  13. der Heilige Geist ist nicht langsam, er ist gründlich.

    Ein herrlich treffender Satz! 🙂

  14. Wow, ich breche gerade in Jubel aus….!!!

    Echt phantastisch… ich grüble solange darüber nach, wie ich einen Artikel über die Zeitpunkte Gottes verfasse, aber es stockte einfach…

    Weißt Du was?
    Du hast mit diesem Thema, voll einen Zeitpunkt Gottes erwischt!
    Ist echt dran das zu vermitteln…

    Und da steckt so viel drin in dem Text… wahnsinn… und echt genial….

    Leutz! Gebt dieses Handout weiter!!!!
    Ist so wichtig, sich mit Gottes Zeitpunkten zu beschäftigen.

    Hihi.. nein ich bin nicht immer soooo schnell zu begeistern, aber Du hast mir aus tiefstem Herzen gesprochen und da war so viel drin von dem, wie Gott seit langem zu mir redet…

    Neulich las ich die Bibelstelle, wo Jesus von dem Bauer und seiner Saat spricht ganz neu.
    Der Bauer geht hin, sät und braucht nur zu warten, bis die Ernte reif ist.
    Er weiß einfach, dass der Zeitpunkt kommen wird, dass er ernten kann.

    Das meint Jesus auch mit dem Reich Gottes, dass es wie ein kleines Samenkorn ist; es stirbt und langsam reift und wächst es heran und wird schließlich ein großer Baum, wo die Vögel sich im Schatten bergen.

    Es braucht die Gewissheit, dass es in unserem Leben reift und gedeiht.
    Manchmal ist Stillstand, aber es wird immer wieder neu der Zeitpunkt der Ernte kommen.

    Danke Storch!
    freu

  15. das freut mich, talitakum. du kannst dich auch gerne für deinen eigenen artikel bedienen.

  16. joa… mal sehen. Ich glaube, dass letztlich die Erfahrung den Kreis schließen wird. Dann wird’s fließen…

  17. Ach… und danke für das Angebot! 🙂

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