26. Februar 2008 7
Markus 12,13-17
Einige Pharisäer und einige Anhänger des Herodes wurden zu Jesus geschickt, um ihn mit einer Frage in eine Falle zu locken.
Sie kamen zu ihm und sagten: Meister, wir wissen, daß du immer die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf die Person, sondern lehrst wirklich den Weg Gottes. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen?
Er aber durchschaute ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: Warum stellt ihr mir eine Falle? Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen.
Man brachte ihm einen. Da fragte er sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers.
Da sagte Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Und sie waren sehr erstaunt über ihn. (Markus 12,13-17 nach der Einheitsübersetzung)
parallel: Matthäus 22,15-22 | Lukas 20,20-26
Nachdem sie schon auf verschiedene Weise erfolglos versucht hatten, Jesus eine Falle zu stellen versuchten die Pharisäer nun, ihn mit dem Gesetz in Konflikt zu bringen. Bei den Anhängern des Herodes wird es sich wahrscheinlich um Sadduzäer gehandelt haben, eine andere wichtige jüdische Partei, die mit der römischen Besatzungsmacht zusammen arbeitete. Es ist bezeichnend, dass die beiden verfeindeten Parteien zusammen arbeiteten, um Jesus los zu werden. So beliebt er beim Volk war, so wenig konnten die frommen Autoritätspersonen Jesus leiden.
Nachdem sie Jesus etwas eingeseift hatten stellten sie ihm die Fangfrage: “ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen?†Das war damals eine schwierige Frage. Es gab immer Revolutionäre, die sich mit der römischen Herrschaft nicht abfinden mochten. Im Grunde seines Herzens träumte jeder Jude davon, dass es wieder einen eigenen Staat Israel geben sollte und die Steuern nicht in ein anderes Land wandern sollten. Steuern an den römischen Kaiser zu geben stand somit nicht besonders hoch im Kurs. Die Steuereintreiber, Zöllner, wie sie meist genannt werden betrachtete man als sozialen Bodensatz und Ausgestossene, eine Situation, die nicht unbedingt dadurch verbessert wurde, dass sie oft korrupt waren und auch in die eigene Tasche wirtschafteten.
Vor diesem Hintergrund war die Frage natürlich genial: entweder sagte Jesus “Steuern zahlen ist super,†dann hätte er es sich mit dem Volk verdorben, dass sich dieser Meinung sicher nicht anschliessen konnte. Oder er sagte: “Steuern zahlen geht gar nichtâ€, dann hätte ihm die Regierung das als Verhetzung auslegen können.
Jesus löste das Dilemma gut aus. Er liess sich eine Münze geben (scheinbar hatte er selber keine) und fragte: “wessen Kopf ist da drauf?†Es war der Kopf des Kaisers, vermutlich des Tiberius. Münzen waren zu dieser Zeit ein wichtiges Symbol der Macht. Wenn ein König ein anderes Land einnahm, veränderte er sofort die Währung und liess alles Geld mit seinem Gesicht prägen. Das Geld gehörte dann ihn, es waren seine Münzen.
Jesus antwortete also, dass die Münzen ohnehin dem Kaiser gehören und dass auch jeder, der mit dem Geld des Kaisers bezahlt, sich der Herrschaft des Kaisers unterordnete. Wenn sie schon das Geld des Kaisers verwandten, dann konnten sie auch die Steuer des Kaisers bezahlen.
Dann machte er aber noch eine Schwenk und brachte auch Gottes Königreich ins Spiel. Wir leben als Gläubige in zwei Welten. Wir sind Teil dieser Welt und als Bürger den Gesetzen unseres Lands untertan. Wir sind aber auch Bürger in Gottes Reich und sind Gott noch mehr untertan als den Menschen.
Dagegen konnte niemand mehr etwas sagen und alle schwiegen erstaunt.
Jordanus schrieb am
26. Februar 2008 um 23:27Auch interessant: Die anderen haben eine Münze mit dem Götzenbild dabei, Jesus nicht.
Schon dadurch, dass sie Geld dabei haben, verraten sie, wem sie eigentlich dienen.
storch schrieb am
27. Februar 2008 um 19:09das kann gut stimmen. wobei ich gerade an die reisekasse dachte, die judas verwaltete. vermutlich hätte jesus sich auch von ihm eine münze geben lassen können.
Jordanus schrieb am
28. Februar 2008 um 00:20kleine literaturempfehlung dazu:
ethelbert stauffer: christus und die caesaren
der mann war theologe und numismatiker. es ist eine sehr gute aufsatzsammlung.
storch schrieb am
28. Februar 2008 um 00:28hast du das gelesen?! das ist ja mal abgefahren, ich erstarre in ehrfurcht. hast du was in der richtung studiert, oder stehst du auf so was?
Jordanus schrieb am
28. Februar 2008 um 23:10es ist mir zufällig in die finger geraten. wirklich unglaublich, was der alles mit münzen erklärt und wie geistlich hilfreich das buch dabei ist. da kann man sich die ganze antike neu erschließen.
Ich zitiere mal aus der Auslegung über diese Stelle:
„Sie lassen ihn stehen. Denn er ist weder Pharisäer noch Herodianer, weder Zelot noch Sadduzäer. Es gibt keine Gruppe und Gruppendoktrin, in die man ihn einordnen könnte. Warum?
Weil er der Christus ist! Das Wort von Gott und Kaiser ist keine allgemein menschliche Weisheitslehre … Jesu Wort ist eine messianische Proklamation, mit messianischer Vollmacht erlassen in der messianischen Stunde der Allgeschichte, ausgesprochen in der Stadt des Messias, gerichtet an das Volk des Messias, auf daß die Via dei in Wahrheit offenbar werden (Markus 12, 14), der Weg Gottes mit seinem Messias, seinem Bundesvolk und seiner Kirche. Was sagt diese Messiasproklamation? Sie sagt: Das Imperium Caesaris ist der Weg,
das Imperium Dei ist das Ziel der Geschichte.
Hier enthüllt sich zuvorderst etwas vom paradoxen Mysterium des Christusweges selbst. Am Anfang dieses Weges steht die große Messiasversuchung (Markus 1, 13). Damals hat der Christus Gottes auf den Weg des Imperiums verzichtet, weil dieser Weg durch die Anbetung der Macht hindurchführt (Matthäus 4,9).
Heute ist die Versuchung in neuer Gestalt an ihn herangetreten …
Der Christus hat sie aufs neue überwunden mit seinem Wort von der doppelten Gehorsamspflicht gegen den Weg und das Ziel der Gottesgeschichte, gegen Weltreich und Gottesreich. Markus 12,17 ist ein Christuswort, gesprochen in conspectu mortis, im Blick auf das messianische Sterben.
Und die Passionswoche ist die messianische Existentialexegese zu diesem Wort: Unterwerfung unter die Herrschaft des Kaisers, Unterwerfung unter die Herrschaft Gottes – beides vereint in der Bejahung jenes ungeheuerlichen Justizmordes, mit dem des Kaisers elendeste Kreatur sub contrario das Werk Gottes treibt (Matthäus 26,52ff; Johannes 19,11).
Der Christus geht die Via Dei und ruft seinem Volk zu: Folge mir nach. Denn er weiß es: Dieses Volk ist bestimmt, das Joch des Weltreiches zu tragen, bis die Stunde des Himmelreiches da ist. Aber Jesus ruft umsonst. Sie staunen – und lassen ihn und gehen davon. Sie wollen nicht erkennen an diesem ihren Tag, was zu ihrem Frieden dient, und gehen den selbstgewählten Weg, ungehorsam gegen ihre geschichtliche Sendung, gegen Gott und Kaiser zugleich, den Weg, der in die Katastrophe führt (Lukas 19, 42ff).
Man läßt Jesus allein mit seinen Jüngern. Wer folgt dem Christus auf der Via Dei? Die Kirche! Ihr ist das Wort vom Kaiserreich und Gottesreich zum Regulativ geworden für alle Zeit – im Leben und im Sterben.“
Und dann verweist er auf Römer 13,7.
Ich hoffe, das war jetzt nicht abschreckend. Ich wollte nur mal zeigen, wie und was der schreibt.
storch schrieb am
29. Februar 2008 um 00:00danke schön. das ist ja „richtige“ theologie, nicht einfach nur numismatik. wohl jemand, der aus seinem beruf noch was für seinen glauben ziehen kann. voll cool so was, auch gar nciht abschreckend. ich würde mir das buch nicht kaufen, habe aber mal gespeichert, dass es existiert.
Jordanus schrieb am
29. Februar 2008 um 00:10gibt es auch nur antiquarisch, glaube ich. bei zvab oder amazon für fünf euro, inklusive versand. aber bei bedarf vielleicht auch inner stadtbibliothek oder so.