So langsam scheint es ein zu reißen mit den Auftragspredigten. Früher hielt ich nie welche weil davon nie viel hielt. Nun ist es bereits die zweite im noch jungen Jahr. Au weia, nicht, dass wir demnächst Briefkästen haben, in die man seinen Predigtwunsch werfen kann!
Wir hatten neulich ein Treffen unserer Anbetungsmusiker und Techniker. Natürlich waren nicht alle da, aber ein rundes Dutzend war es schon. Es ging darum, den Anbetungsbereich in der Gemeinde zu stärken. Traditionell ist das nicht unser stärkster Bereich. Wir haben zwar viele Bands und Musikanten und auch geistlich macht vieles einen guten Eindruck, dennoch gibt es in jedem Gottesdienst eine erschreckend hohe Zahl von Leuten, die rausgeht und Gott nicht anbetet. Das kann an vielem liegen und wir haben auch über ein größeres Maßnahmenbündel gesprochen. Eine Maßnahme ist natürlich, darüber zu predigen oder Seminare zu veranstalten.

In Johannes 4 ist Jesus am Jakobsbrunnen. Er trifft zur Mittagszeit dort ein, die Sonne brannte und er setzte sich müde, schwitzend und durstig auf den Brunnenrand. Die Jünger gingen Dorf um etwas Essbares zu erwerben. Da kommt eine Frau vorbei, eine Samariterin. Es ist kein besonders gutes Zeichen, dass sie ausgerechnet zur Mittagszeit und allein kommt. Normalerweise kamen die Frauen in größeren Gruppen und abends, wenn es kühler ist. Die Frau lebte anders als die anderen Damen ihres Dorfes, sie lebte mit einem Mann zusammen mit dem sie nicht verheiratet war und war deshalb eine Ausgestoßene.
Jesus geht zu ihr und spricht sie an: „Gib mir etwas zu trinken“. Über das Schöpfen des Wassers entspannt sich ein Gespräch, das rasch an Tiefe gewinnt und nach kurzer Zeit reden die beiden über Anbetung:

Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, daß du ein Prophet bist.
Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muß.
Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden.
Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden.
Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, daß der Messias kommt, das ist: der Gesalbte (Christus). Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht. (Johannes 4,19-26 nach der Einheitsübersetzung)

Wo beten wir an?
Zwischen den Juden und den Samaritern gab es einen Konflikt. Die einen sagten, dass man Gott im Tempel in Jerusalem anbeten muss. Die anderen hielten es eher mit einem Hügel in Samaria. Für die Frau scheint es eine dringende Frage zu sein, aber Jesus geht im Grunde nicht darauf ein. „Es kommt eine Zeit, in der niemand mehr darüber reden wird, WO man Gott anbeten soll, weil es nur noch darum gehen wird, WIE man ihn anbeten soll.“
Der Tempel muss ein tolles Gebäude gewesen sein, das wahrscheinlich eine Stimmung hatte wie ein großer Dom – Säulenhallen, Gold, Weihrauch, eine sehr „heilige“ Atmosphäre. Viele Menschen fühlen sich auch heute noch Gott in Kirchen näher als anderswo und meinen, dass man da besonders gut anbeten kann. Dabei ist der Raum egal. Was Jesus im Grunde genommen sagt ist, dass es nicht auf Äußerlichkeiten in der Anbetung ankommt sondern auf die Einstellung. Anbetung ist eine innere Haltung, keine äußere.
Bei uns würde keiner mehr eine Diskussion darüber anfangen an welchem Ort man anbeten muss. Dennoch sind Äußerlichkeiten für uns genauso wichtig wie für die Menschen damals. Unsere Äußerlichkeiten sind nicht mehr die Räume, dafür aber Stile. Die einen wollen auf keinen Fall mit einer Akustikgitarre Lobpreis machen, weil sie das an alte Jugendzeiten erinnert an die sie nicht mehr erinnert werden wollen. Für sie muss Lobpreis laut und schnell und dreckig sein – mindestens Punkrock, besser Deathmetal. Die nächsten kriegen die Krise wenn mal wieder rapid rascals spielen, für sie ist nichts über 160bpm und 100dB noch Lobpreis.
Im Grunde sind das Äußerlichkeiten. Natürlich kann man sich als Mensch von so was nicht ganz frei machen. Dafür macht man ja auch musikalische Anbetung, um es Leuten leicht zu machen Gott zu begegnen, aber ich bin sicher, wenn Jesus ein Gespräch über Stile im Lobpreis kommentieren würde, dann würde er was ähnliches sagen wie zur der Frau am Brunnen: „es kommt die Stunde an der man sich nicht mehr fragt, welche Band spielt und die Musiker cool ist oder nicht, sondern in der die Christen Gott anbeten im Geist und in der Wahrheit, denn solche sucht der Vater!“

Gott sucht Anbeter
Ich habe viele Predigten gehört, in denen es darum ging, dass Gott Anbetung sucht. Komischerweise kamen solche Predigten oft gerade von Anbetungsleitern. Der Tenor ist dann meistens: Gott ist es wert, angebetet zu werden, also beten wir ihn an. Autsch, da hat jemand nicht richtig gelesen. Gott sucht keine Anbetung, er sucht Anbeter.
Viele von uns stellen sich Gott so vor, dass er auf seinem Thron sitzt und unsicher ist, ob er noch beliebt ist. Der arme Gott braucht Anbetung und „Lobopfer“ um sein Selbstbewusstsein auf zu bauen. Wenn keiner mehr Lieder darüber singt, was er für ein toller Gott ist, dann kann ihn das auch mal in eine Krise stürzen und er wird depressiv.
Deshalb gehen seine Kinder in die Kirche und singen Lieder als würden sie den alten Opa besuchen. Einmal in der Woche hört man sich eine Stunde lang die immer selben Kriegsgeschichten an, dann hat man es wieder hinter sich – zum Glück, mehr hätte man auch echt nicht geschafft. Wenn Lobpreis bedeutet Lieder zu singen, weil Gott das so angeordnet hat, kommen die Dinge in eine gewisse Schräglage. Was ist von jemandem zu halten, der von anderen verlangt, ihn an zu beten?!
Fichte schrieb:

In diesem System wird Gott ohne Unterlass gelobt und gepriesen, wie kein rechtlicher Mensch sich selbst möchte preisen lassen. (FF von Unruh, Fichte. Eine Textsammlung, 1935, Seite 50)

Zum Glück ist Gott nicht neurotisch und er sucht auch keine Anbetung. Er sucht Anbeter. Leute, die erkannt haben, wer er ist und die nicht anders können, als sich darüber zu freuen. Man kann Anbeten ohne ein Anbeter zu sein, aber es ist unmöglich ein Anbeter zu sein ohne an zu beten. Wer Gott erkannt hat und weiß, wer der liebende Vater im Himmel ist, der wird sich entsprechend verhalten und Gottes Gegenwart suchen wo es nur möglich ist.

Im Geist
Wahre Anbetung Gottes geschieht im Geist. Hier geht es um die Wiedergeburt. Gott ist Geist und der Mensch hat einen Geist. Der Aspekt ist mir heute nicht sehr wichtig, deswegen streife ich ihn nur kurz. Als Jesus mit der Frau sprach gab es noch keine Wiedergeburt wie wir sie heute kennen, deswegen suchte Gott mit einem lebendigen Geist, die ihn anbeten. In allen Ländern und Religionen gibt es Menschen, die Gott anbeten, aber sie haben im Vergleich zu den Christen eins nicht: einen wiedergeborenen Geist, denn den bekommt man nur durch Jesus.
Jesus sagte von sich, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Niemand kommt zum Vater als durch ihn, weil es ohne ihn keine Wiedergeburt gibt. Es ist gut, dass Gott überall angebetet wird, aber Er sucht nach wiedergeborenen Menschen, die ihn anbeten.

In der Wahrheit
Das griechische Wort ALHQEIA bedeutet nichts zu verheimlichen, unverhüllt zu sein, wahr, ehrlich, echt zu sein. Das bedeutet natürlich nicht, in der Anbetung nackt zu sein, das wäre ja wieder nur eine Äußerlichkeit. Es bedeutet, so zu Gott zu kommen wie man wirklich ist und nicht, wie man meint, dass man sein sollte.
In jeder Gemeinde gibt es Konformitätsdruck, der dafür sorgt, dass man Gott eher so begegnet, wie die jeweilige Kultur es vorgibt, als wie man selber ist. Das ist schade, denn echte Beziehung kann man nur so pflegen, wie man tatsächlich ist und nicht wie man sich verhalten soll.
Wenn man genervt von der Arbeit nach Hause kommt und zu seinem Partner sagt, dass alles super ist, baut das keine Beziehung. Wer seinen Freunden gegenüber immer ein gutes Gesicht aufbaut, der hat bald keine echten Freunde mehr, weil er niemanden an sich ranlässt. So ist es auch mit Gott. Anbetung ist eine Zeit mit unserem himmlischen Vater und wenn wir dann die ganze rumschauen und uns so geben, wie man es von uns erwartet, dann wird keine Beziehung gebaut. Anbetung hat damit zu tun, Gott sein Herz zu zeigen und ehrlich zu sein.
Das kann bedeuten, dass man als einziger steht oder sitzt, dass man sich anders verhält als alle anderen. In diesem Fall ist es gut, dem Konformitätsdruck zu widerstehen.
In den meisten modernen Gemeinden ist coolness ein echter Anbetungskiller. Man kann nicht gleichzeitig versuchen vor den anderen gut da zu stehen und in Gottes Gegenwart zu kommen. Wenn nur eines von beidem geht, wofür entscheidest Du Dich? Leider entscheiden sich die meisten für die Menschen und gegen Gott.

Wenn ich mir das alles so durchlese, fordert es mich selbst heraus. Ich kann verstehen, dass Gott diese Anbeter noch immer mit der Lupe sucht!

[hier noch die Audiopredigt dazu]

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12 Kommentare

  1. Schöner Beitrag das! Zitat: Deshalb gehen seine Kinder in die Kirche und singen Lieder als würden sie den alten Opa besuchen. Einmal in der Woche hört man sich eine Stunde lang die immer selben Kriegsgeschichten an, dann hat man es wieder hinter sich – zum Glück, mehr hätte man auch echt nicht geschafft. – seeehr lustig und auch wahr! Und im Prinzip tumbe Religion. Wie gut, dass dieser Jesus wirklich lebt und wirkt. Anbetung entspringt eben aus der gegenwärtigen Beziehung und der aktuellen Erfahrung, ansonsten wird sie schnell historisch und schal… (womit ich nicht einem geschichtslosen, gefühlsduseligen Bild des Glaubens das Wort reden möchte. Ohne AT kein NT, ohne NT kein wegbegleiter, sondern nur ein armer Schlumpf auf der Suche…)

  2. Wenn bei »Auftragspredigten« solch gute und hilfreiche Texte entstehen, solltest Du unbedingt »Auftragsprediger« werden.

    🙂

    Danke für diesen (und viele andere) wirklich lesens- und befolgenswerten Beitrag.

  3. hehe. immerhin kann man mich ja mieten und beauftragen.
    danke für die netten kommentare.

  4. ich finde immer wichtig das es eie gute anbetungsstimmung gibt, sicher auch ein konformitätsdruck, ich wünsche mir für unsere gemeinden das wir anbeter sind, halt so wie hans peter wünsch allen viel spaß dabei

  5. wer ist denn hans peter wünsch? den kenne ich nicht.

  6. Hey Storch…

    Sry, das ich dir hier ein Kommentar schreibe, was vieleciht gar nicht zu dem post passt, aber ich wusste jetzt nicht, wie ich dich anders erreichen sollte.
    Ich hab zur Zeit eine Frage auf dem Herzen, wo ich denke das du mir die eventuell beantworten kannst.

    Warum hat Gott uns Menschen geschaffen? Ich weis, das er sich ein Ebenbild erschaffen wollte und so weiter, aber warum hat Gott uns Menschen erschaffen, wenn er schon wusste das wir von Grund auf böse sind. Oder warum hat Gott den Baum der Erkenntnis in den Garten Eden gepflanzt. Er hat uns damit ja sozusagen eine Möglichkeit gegeben Sünde zubegehen. Hätte er diesen Baum für uns unzugänglich gemacht, wären wir doch immer noch bei Gott. Das sind so die Sachen wo ich gerade viel darüber nachdenke.
    Ich weis das Gott uns liebt, aber warum gab er uns die Möglichkeit uns gegen ihn zu entscheiden?? Wollte er, das wir es nicht aus zwang tun, sondern weil wir ihn lieben?

    Wäre schön, wenn du antwortest. Danke

    Phil

  7. ich wünsche allen viel spaß beim anbeten oder besser anbeter sein, auf unserer toilette war mal ein aufkleber , mit einer gottesanbeterin und ein spruch, „gott sucht anbeter“ und mit kuli darunter geschrieben „und auch hanspeter“. Also gott sucht anbeter und auch hanspeter. Hans Peter Wünsch ist mir allerdings auch fremd.

  8. Hi Phil,

    Keine Ahnung ob man dir schon geantwortet hat, aber ich versuchs trotzdem. Die Antwort auf deine Frage hast du dir ja schon selber gegeben: Warum hat Gott den Menschen geschaffen? Aus Liebe! Wieso hat Gott den Baum der Erkenntnis gepflanzt? Weil Liebe nur freiwillig und aus Überzeugung geschehen kann, mit der Möglichkeit sich dagegen zu entscheiden. Liebe beinhaltet keinen Zwang. Anders wäre der Mensch nur eine funktionierende Marionette.
    Gott hat die Tatsache das viele Menschen sich gegen ihn entscheiden bewusst in Kauf genommen wegen der Menschen die sich für ihn entscheiden werden.
    Gott wusste das der Mensch sündigen wird, aber er hat sich trotzdem dafür entschieden den Menschen zu erschaffen weil der Mensch durch Jesus auch wieder zu Gott umkehren kann.

    wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe. Er hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst durch Jesus Christus, nach dem Wohlgefallen seines Willens,
    Epheser 1,4.5

  9. Krass, da beschäftigt den Storch mal eben ein Thema und es springt (in Minuten?) eine ganze Predigt bei raus. Und so Gehaltvoll.

  10. hey phil,

    reicht dir die antwort von patrick? ich sehe es genauso wie er und würde letztlich nur seine antwort mit anderen worten wiedergeben.

  11. Hi Phil,

    hier noch ne Antwort mit anderen Worten, im Wesentlichen das selbe wie bei Patrick:

    Gott hat den Menschen erschaffen, damit er ein Gegenüber hat. Der Mensch ist zur „Gemeinschaft mit Gott“ geschaffen worden. Und Gott möchte, dass wir ihn lieben, so wie er uns liebt. Aber er erzwingt die Liebe nicht. Weil er uns liebt möchte er uns nicht bevormunden, sondern lässt uns eine Entscheidung offen.

    Wenn wir dazu gezwungen wären … was wäre das dann für eine Liebe? Deshalb haben wir ein kurzes Leben, in dem wir uns entscheiden können. Und dann können wir in Ewigkeit glücklich sein.

    Ein großes Problem bei uns Menschen ist, dass wir den kurzen Aufenthalt auf der Erde immer völlig überbewerten. Dabei ist unser Leben ein Mückenschiss im Vergleich zur Ewigkeit. Aus Gottes Perspektive (von Ewigkeit zu Ewigkeit) sieht alles völlig anders aus.

    Philip

  12. Hey…

    Vielen Dank für die vielen Antworten, ihr habt mir echt weitergeholfen.

    Ich Versuche gerade Gott zuverstehen und will einfach seinen ganzen Charakter verstehen. Ihr habt mi echt geholfen.

    Danke noch mal 😉

    Phil

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