30. Januar 2008 10
Markus 10,2-12
Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen? Damit wollten sie ihm eine Falle stellen.
Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben?
Sie sagten: Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und (die Frau) aus der Ehe zu entlassen.
Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben.
Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen.
Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen,
und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.
Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.
Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber.
Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entläßt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch.
Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entläßt und einen anderen heiratet. (Markus 10,2-12 nach der Einheitsübersetzung)
parallel: Matthäus 19,3-12 | Lukas 16,8
Die Ehe galt in Israel als heilig. Die Familie war die kleinste Zelle der Gesellschaft und als solche absolut schützenswert. Dennoch hatte das Gesetz des Mose einen Notnagel eingerichtet: den Scheidebrief. Der Scheidebrief geht auf 5.Mose 24 zurück und wurde einer Frau in die Hand gegeben, an der ihr Mann “etwas Anstössiges gefunden hatte”. Wenn eine Frau einen Scheidebrief bekam war sie frei wieder zu heiraten. Ohne Scheidebrief hätte jeder Ehebruch begangen, der sie heiratete.
Der Scheidebrief war also ein Gesetz zur Schutz der Frau, das es Frauen ermöglichte ihren Stand in der Gesellschaft zu bewahren und wieder zu heiraten nachdem sie eine Scheidung hinter sich hatten.
Gott hatte an anderen Stellen im Alten Testament seine Haltung zur Ehe und zur Verbindlichkeit der Ehe klar gemacht. Es war deutlich, dass der Scheidebrief nur ein absoluter Notnagel war, ein letztes Mittel wenn es gar nicht mehr anders ging als die Ehe auf zu lösen, aber dass es Gottes Ideal ist, dass Ehen eine Leben lang halten.
Genau dieses Ideal geriet im Laufe der Jahrhunderte immer mehr in den Hintergrund. Wie es nicht anders sein konnte suchten die Menschen Auswege aus der Verbindlichkeit der Ehe und dabei half ihnen die Gummibandformulierung im 5.Mose. Zur Zeit Jesu gab es eine rabbinische Schule die lehrte, dass “etwas Schändliches” schon sein konnte, dass eine Frau die Suppe versalzen hatte oder im Streit so laut redete, dass die Nachbarn es hörten. Für Anhänger dieser Denkweise galt die Ehe wenig und der Scheidebrief, der eigentlich etwas Gutes für die Frau sein sollte wurde zur ständigen Bedrohung etwas zu tun, das der Mann als schändlich empfinden könne.
Glücklicherweise gab es auch andere Lehrauffassungen und so gab es auch Schulen, die dafür einstanden, dass die Ehe heilig ist und Scheidung nach Möglichkeit gar nicht vorkommen sollte.
Die Pharisäer wollten ihm mit der Frage eine Falle stellen, was entweder bedeuten kann, dass sie in den Streit der verschiedenen Lehrmeinungen auf eine Seite ziehen wollten oder dass sie ihn gegen König Herodes stellen wollten, der sich von seiner Frau getrennt und eine andere geheiratet hatte. Schon Johannes der Täufer hatte seine offenen Predigten zu diesem Thema mit dem Leben bezahlt (Markus 6,17-29), das konnte auch noch einmal klappen.
In seiner Antwort zeigt Jesus den Pharisäern ein noch höheres Prinzip als das Gesetz des Mose. In der Schöpfung sehen wir, wie Gott sich das Leben der Menschen ursprünglich gedacht hat. Als das Gesetz kam waren die Dinge schon nicht mehr im Lot und Gott betrieb nur noch Schadensbegrenzung. Eigentlich war es so gedacht: ein Mann und eine Frau, ein ganzes Leben. Nur die Härte der Herzen führte dazu, dass man sich einander nicht mehr öffnen konnte und sich trennen musste.
Wer es schafft, ein Leben lang seinem Partner gegenüber offen zu sein und ihn zu lieben, der wird sich nicht scheiden lassen. So stellt Gott sich das Zusammenleben der Menschen vor.
Wer eine Frau entlässt um eine andere zu heiraten begeht seiner Frau gegenüber Ehebruch.
Jesus stellt hier nicht nur die ursprüngliche Ordnung der Dinge wieder her und spricht gegen die sehr liberale Auslegung der Gesetze durch einige Pharisäer. Er stellt sich auch sehr auf die Seite der Frauen. In einer Gesellschaftsordnung wie sie diese Pharisäer gerne hätten würden Frauen nur weiter gereicht und hätten wenige Rechte. Jesus gibt der Frau ihre Stellung zurück, die sie eigentlich haben sollte.
Im Matthäusevangelium kommt dieser Aspekt noch besser heraus, denn da sagen sich die Jünger am Ende: “wenn das so ist, ist es besser für einen Mann nicht zu heiraten”. Mich hat diese Haltung Jesu zu den Frauen immer schon begeistert. Er stand immer auf der Seite der Menschen und der Menschlichkeit, auch gegen gesellschaftliche Konventionen und egoistische Auslegung der Bibel.
9 Kommentare
Ein Pingback
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[…] Welt wenig. Auf der anderen Seite hatte Jesus aber gerade noch über den Wert der Familie geredet (Markus 10,2-12) und er hatte ihnen schon einmal Gottes Reich anhand eines Kindes erklärt (Markus 9,33-37). Jesus […]
Günter J. Matthia schrieb am
30. Januar 2008 um 11:37»Im Matthäusevangelium kommt dieser Aspekt noch besser heraus, denn da sagen sich die Jünger am Ende: “wenn das so ist, ist es besser für einen Mann nicht zu heiraten”.«
Das spricht ja auch, nebenbei bemerkt, Bände bezüglich der Einstellung der Jünger. Nach dem Motto: »Wenn ich meine Frau so schwer oder gar nicht wieder loswerde, dann lass ich’s lieber gleich bleiben.«
Na ja, wenigstens Herr Petrus war ja verheiratet.
storch schrieb am
30. Januar 2008 um 11:53das stimmt. dennoch sagen sie es ja genauso:
die einheitsübersetzung bringt das hier gut rüber, mit der formulierung „wenn das die stellung des mannes ist“. ich kann mir vorstellen, dass petrus entweder einer anderen schule zuneigte oder sich eben die scheidebriefoption auch vorbehielt, das würde gut zusammenpassen. oder er hat ausnahmsweise mal nichts gesagt, was ich mir kaum vorstellen kann 😉
Günter J. Matthia schrieb am
30. Januar 2008 um 12:09…oder das, was er gesagt hat, wurde nicht notiert. Manchmal siegt eben die Höflichkeit auch beim Chronisten.
🙂
Immerhin reiste er, Herr Petrus, ja mit Frau (oder Frauen) umher, wie Herr Paulus anmerkte, während Herr Paulus solo blieb. Ein großer Ehefreund war letzterer ja sowieso wohl nicht.
storch schrieb am
30. Januar 2008 um 12:20frauen? meinst du, er hatte mehrere?
Günter J. Matthia schrieb am
30. Januar 2008 um 12:43…könnte sein, war ja damals noch nicht verboten. Paulus ordnete allerdings an, dass die Amtsinhaber in der Gemeinde Mann einer Frau sein sollten.
Es gibt aber Hinweise darauf, dass Petrus nicht der einzige war, der dann doch der holden Weiblichkeit anheimgefallen ist:
»Haben wir etwa kein Recht, eine Schwester als Frau mitzunehmen wie die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?«, fragt Paulus die Korinther.
storch schrieb am
30. Januar 2008 um 12:52aber im judentum war es doch so, dass man nur eine frau hatte. timotheusbrief ging ja an griechischstämmige gemeinden, da kann ich es mit eher vorstellen, dass leute mehr als eine frau hatten. aber bei petrus nicht.
ich vermute, dass die ansage jesu schon eine herausforderung für die verheirateten unter ihnen war. aber was sollten sie machen?
Günter J. Matthia schrieb am
30. Januar 2008 um 13:02na ganz einfach: lieb zu ihren (jeweiligen) frauen sein und selbige achten. hat ja noch keinem mann geschadet…
storch schrieb am
30. Januar 2008 um 13:11amen. das klappt bis heute.
Ine schrieb am
1. Februar 2008 um 02:15Naja, das mit den Frauen der Apostel ist ähnlich wie mit den Brüdern bei Jesus. So genau weiß man das nicht, weil zwar „adelphós“ (gr.) Bruder meint, aber die Römer dieses Wort auch häufig auf besondere Freunde anwendeten. und im Aramäischen wird zwischen Bruder und Vettern kein Unterschied gemacht, Jesus muss also nicht unbedingt Geschwister gehabt haben. Dass er seine Mutter am Kreuz Johannes anvertraut, spricht eigentlich gegen Geschwister, die Maria ja hätten zu sich nehmen können. Zwar hatte Petrus eine Schwiegermutter, aber seine Frau wird nicht erwähnt, sondern seine Schwiegermutter nimmt die Rolle der Hausfrau ein. Ziemlich wahrscheinlich, dass er Witwer war. Was die anderen elf angeht ist eigentlich nur bei Johannes sicher, dass er nie verheiratet war. Die Tradition geht davon aus, dass er fast noch ein Kind war, also nicht im „heiratsfähigem Alter“. Es hängt alles von der Frage ab, für wie wahrscheinlich man es hält, dass Ehefrauen es einfach so hinnehmen, wenn ihre Männer einfach alles hinschmeißen. Dass auch Frauen mit Jesus und den Jüngern unterwegs waren, ob es auch Ehefrauen der Apostel waren, weiß man nicht. Es wird nur wird über Mütter und Väter der Apostel berichtet, aber über Ehefrauen schweigen sich die Evangelisten aus. Entweder es war für die Evangelisten so selbstverständlich, dass die Ehefrauen mitkamen oder es gab keine.