02. September 2007 10

schlichter Glaube

Die Liste der Dinge die ich im Glauben noch erreichen möchte ist sicherlich sehr lang. Aber ganz oben steht seit Jahren zweierlei: in Gottes Gegenwart leben und schlichter Glaube. Für das eine habe ich immer viel gebetet, das andere ist mir mal mehr mal weniger bewusst. Es ist wohl immer ein Ziel, aber nicht immer eines das ich in Worte fassen konnte. Bei Smith Wigglesworth bin ich immer wieder darüber gestolpert: “simple faith” – um ehrlich zu sein hatte ich erst nicht einmal eine gute Übersetzung dafür; “einfacher Glaube”? “simpler Glaube?” hat alles nicht so gut geklungen. Ich nenne es jetzt einfach “schlichter Glaube. Gemeint ist ein Glaube, der nicht über den Verstand geht sondern über das Herz, im Grunde genommen also einfach “Glaube”.

Auf dem Freakstock kam beim Abbau eine junge Frau auf mich zu und sagte: “Hallo Storch, ich bin Rahel. Wahrscheinlich kennst Du mich nicht, aber ich habe ein Wort für Dich.” So etwas passiert mir nicht alle Tage. Meistens habe eher ich Worte für andere, bin aber selber nicht eben ein “Prophetiemagnet”. Also war ich ziemlich gespannt. Sie legte mir die Hand auf die Schulter (das macht das Prophezeien immer leichter) und sagte sinngemäss (leider hatte ich nichts zum Schreiben zur Hand): “Das Evangelium ist ganz einfach. Es ist in Ordnung Fragen zu stellen, aber vergiss darüber nicht, dass Gottes Liebe ganz einfach ist.”
Ich hatte in den letzten Jahren viel über Glauben gelesen und gelehrt. Es ist ein Bereich, in den ich mich noch immer bemühe weiter hineinzukommen. Dabei wusste ich immer eine Sache: wahrer Glaube ist einfach. Mehr noch: er ist unbewusst, keine Verstandessache die ich mache sondern etwas, das ich habe und lebe.
Das war nicht immer so. Bevor ich anfing das Thema “Glaube” systematisch zu erforschen, zu einer Zeit in der mir die Glaubensbewegung noch sehr suspekt vorkam, verband ich Glauben immer mit Leistung. Ich dachte, es sei Glaube wenn man die eigenen Zweifel weit von sich stösst und aus seinem Denken verbannt. Deshalb war Glaube nie eines meiner Lieblingsthemen – zu schwierig…
Mit der Zeit änderte sich das mehr und mehr und ich verstand, dass Glaube etwas ist, das jedes Kind kann. Im Grunde genommen etwas, das jedes Kind besser kann als ich. Ich habe es immer wieder gesagt und empfinde es nach wie vor sehr stark: meine grösste Stärke ist zugleich meine grösste Schwäche: ein analytischer Verstand. Früher war ich oft ein klein wenig stolz wenn mich jemand einen Intellektuellen nannte. Heute stöhne ich dabei eher innerlich etwas auf. Ich weiss, wie schwer es ist einfachen Glauben zu entwickeln wenn man alles analysiert, zu jedem Pro ein Contra weiss und immer auch die andere Seite sehen muss. Wahrscheinlich ist das mein härtester Kampf: zu werden wie ein Kind.

Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte und für sie betete. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab.
14 Doch Jesus sagte: Laßt die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich.
15 Dann legte er ihnen die Hände auf und zog weiter. (Matthäus 19,13-15 nach der Einheitsübersetzung)

Es ist viel darüber nachgedacht worden, was Kinder für Jesus so bedeutsam, oder hervorhebenswert gemacht hat. Zu Recht meine ich, denn Leute an denen der Meister etwas Besonderes gefunden hat, sollten auch für uns etwas Besonderes haben und sollten uns inspirieren. Ich glaube, dass ich selber im Laufe der Jahre verschiedene Antworten auf diese Frage erwogen habe. Heute würde ich sagen: “das Besondere an Kindern, speziell an kleinen, ist ihre Fähigkeit zu vertrauen. In ihrer Welt gibt es (zunächst) kein Misstrauen. Was man ihnen sagt das glauben sie, sie nehmen es für bare Münze.”
Später geht diese Fähigkeit Schritt für Schritt verloren. Man erlebt, dass ein gegebenes Wort gebrochen wird und entwickelt Misstrauen. Misstrauen ist genau das Gegenteil von schlichtem Glauben. Bezüglich meiner Fähigkeit Gottes Wort zu glauben will ich sein wie ein Kind. Ich will nicht einmal auf den Gedanken kommen, Gott könnte nicht tun, was er versprochen hat. Ich meine, dieser Gedanke ist lächerlich, und dennoch sitzen die meisten Christen ihm auf, wenn wir mal ganz ehrlich sind. Wir misstrauen Gott zutiefst. Wir glauben nicht, was sein  Wort sagt.

Die Ursünde der Theologie

Wenn wir uns mit Glauben beschäftigen müssen wir verstehen, dass Glaube keine Sache des Verstandes ist. Es ist eine Sache des Herzens, des Geistes. Mit dem Herzen wird geglaubt, sagt Paulus im Römer 10. Hier bringen wir es oft durcheinander und denken, dass wir etwas glauben würden wenn wir es im Kopf haben und es einfach intellektuell bejahen. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein! Glaube kann vielleicht im Kopf beginnen, aber er darf nicht dort enden!
Deswegen heisst es in Sprüche 4,23:

Mehr als alles hüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.

Was macht das Herz zu einer Quelle des Lebens? Seine Fähigkeit zu glauben und durch den Glauben Gottes Schätze zu ergreifen. Das ist eine Kraft, die der Verstand nicht hat. Egal, wie ausgeprägt er sein mag, von ihm geht nicht die Quelle des Lebens aus. Wir ergreifen Gottes Zusagen nicht im Denken sondern im Glauben. Der Wandel im Licht und Geist kommt nicht aus einem Verstandeswissen sondern aus der Erkenntnis des Herzens.
Ich halte es für die Ursünde der Theologie wie sie an den Hochschulen gelehrt wird, dass sie den einfachen Glauben des Herzens verlassen und sich statt dessen auf das Denken konzentriert hat. Ob es uns gefällt oder nicht, aber das Christentum war nie auf das Denken ausgerichtet. Es ging nie um den Intellekt, an keiner Stelle fordert uns das Wort auf im Denken zu leben. Statt dessen sollen wir im Glauben und im Geist leben und wandeln. Das ist unsere Basis, nichts anderes. Dadurch, dass die Theologie sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr zu einer “Buchwissenschaft” entwickelt hat, hat sie uns unserer Wurzeln entfremdet. Das Buch ist wichtig für uns, ja, aber wir sind keine Buchreligion! Jesus sagte, dass seine Wort Geist und Leben sind (Johannes 6,63), daran muss die Theologie sich messen lassen. Wenn das, was sie hervorbringt nicht Geist und Leben ist, dann ist sie auf dem Holzweg.
Unser Problem ist, dass wir uns mehr um das Buch als um den Autor drehen. Ständig heisst es Exegese! HKM! Textkritik!, als hätte eines dieser Worte wirklich etwas zu bedeuten… Wir lernen das Buch besser kennen als den Gott von dem es handelt.
Das Wort “analysieren” kommt aus dem Griechischen und könnte als “zerschneiden” übersetzt werden. Wir zerschneiden das Wort und wundern uns dann, dass es tot ist. Das würde jedem so gehen, wenn man Mr.Universe in kleine Happen zerschneidet dann ist auch keine Kraft mehr in ihm. So kommt es dann, dass wir uns mit einer Form der Gottseligkeit zufrieden geben, ihre Kraft aber nicht haben. Das Wort ist nicht dazu da behandelt zu werden, es ist dazu da uns den Weg des Lebens zu zeigen. Wir sollen daran erstarken und es glaubend umsetzen.
An diesen Zeilen habe ich zu knabbern. Ich weiss, dass ich die Ursünde begangen habe und dass ich noch immer nicht ganz von ihr befreit lebe. Aber ich will frei sein von ihr und Gottes Wort mit schlichtem Herzen leben – bereit es zu glauben und ohne Zweifel an Gottes Integrität umzusetzen. the written word reveals the living word.

Eine Frage der Blickrichtung

Und nicht schwach im Glauben, sah er seinen eigenen, schon erstorbenen Leib an, da er fast hundert Jahre alt war, und das Absterben des Mutterleibes     der Sara
20 und zweifelte nicht durch Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde gestärkt im Glauben, weil er Gott die Ehre gab. (Römer 4,19-20 nach     der Elberfelder)

Eine der grössten Gefahren des Lebens im Glauben ist es, auf sich selbst und seine menschlichen Möglichkeiten zu sehen. Glaube kommt nicht aus uns selbst sondern aus Gott. Der Blick auf uns selbst tötet Glauben auf effektive Weise. Viele verlassen hier den Weg und gehen wieder zurück. Ich selbst hatte, und habe immer noch, hier die massivsten Kämpfe überhaupt. Es ist schwer für uns, von uns selbst wegzuschauen, hin auf den der uns etwas verheissen hat. Wie oft passiert es, dass wir ein Wort Gottes empfangen und uns voller Motivation auf den Weg machen, aber irgendwann anfangen auf uns selbst zu blicken und feststellen, dass wir das, was Gott möchte niemals erfüllen können? Das ist kein Zeichen dafür dass wir aufgeben sollten sondern dafür, dass wir die Blickrichtung ändern sollten!
Bei der Vermehrung des Brotes für die 5.000 schaute Jesus nicht auf das Brot, er schaute zum Himmel auf. Ich denke, dass das der grosse Unterschied war zwischen den Jüngern und Jesus, das war der Grund warum die Jünger in Panik gerieten während Jesus das Wunder tun konnte – sie schauten in unterschiedliche Richtungen; sie auf das Brot, er auf seinen Vater im Himmel. Wir werden unseren Auftrag niemals erfüllen können wenn wir auf uns und unsere Möglichkeiten schauen. Der Schlüssel zum Sieg liegt darin auf den Vater im Himmel zu blicken von dem die Lösung kommt und der die Antwort auf jede Frage schon hat bevor wir sie stellen könnten.

Die grösste Herausforderung für Abraham war es, den Blick ständig auf Gott gerichtet zu halten. Als er es dann einmal nicht tat gab es gleich eine Katastrophe und er versuchte, die Verheissung selbst zu erfüllen mit der Magd Hagar. Er hätte sich und seiner Familie viel Leid ersparen können wenn er den Blick nicht von Gott genommen hätte und ihm weiterhin vertraut hätte, dass er es gut machen würde.
So geht es uns allen. Unsere Herausforderung ist es die Augen auf Jesus gerichtet zu lassen und nicht unseren göttlichen Auftrag mit menschlichen Mitteln zu erfüllen. Das geht immer schief, denn Gottes Reich kann nur mit seiner Kraft gebaut werden. Meine Erfahrung ist, dass es mich nie weiter gebracht hat mich mit mir selbst zu beschäftigen. Im Gegenteil, je mehr ich auf mich selber sehe umso mehr ermatte ich. Es ist besser auf Gott zu schauen als auf sich selbst!

Darum, heilige Brüder, die ihr an der himmlischen Berufung teilhabt, schaut auf den Apostel und Hohenpriester, dem unser Bekenntnis gilt: auf Jesus.    (Hebräer 3,1 nach der Einheitsübersetzung)

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7 Kommentare

  1. Wow. Das dürfte für mich wohl das blogposting des Jahres sein. Merci vielmals.

  2. Da kann man ja nur AMEN sagen! 🙂 Werde einfach mal einen Link auf meinen Blog setzen.

  3. starke lebendige Worte, die das Herz bewegen… !
    Danke !

  4. sehr gerne!
    willkommen, barabara!

  5. Yeah… Wieder mal was, was mich derzeit viel beschäftigt. Im Grunde auch wegen Deiner Heilungsserie [die ich im übrigen dann doch größtenteils lese]… und auch wegen Martins „Geburtstag“ … und weil ich ja eben dieses neue Stück geschrieben habe, was so ein bisschen „Gossenromantik“ ausstrahlt – aber eben auch das Thema „schlichter Glaube“ streift… weil ich versuche, diesen Geist aufzufangen, den ich gespürt habe, bei allen möglichen Banjo bezogenen Videos — da geht es natürlich auch viel um frühen Country und Blues… Jesus – der Gott für die schlichten Menschen.

    Und letztens im Philosophieunterricht, da kam die Frage auf: „Was passiert mit uns nach dem Tod?“ und ich rief reflexmäßig heraus: „Ich weiß, ich komme in den Himmel.“ – und ich war selbst überrascht, wie das aus meinem Innersten heraussprudelte, weil ich ja ein Mensch bin, der so weit wie möglich versucht christliches „Phrasendresching“ in nichtchristlichen Kreisen zu vermeiden. Aber hier war dies eben keine Phrase, sondern ein schlichter Glaube, der aus mir sprach und ich glaube, die Leute waren einfach ziemlich Baff für einen Moment.

    Ein schlichtes „Ich weiß, dass Jesus mich liebt“ scheint also oft viel wertvoller zu sein, als alle Theologie…

    Graf-0

  6. Ich finde wirklich immer mehr gefallen an Remscheid und Umland…
    Voll schöner neuer Song Jan…
    Voll kelasse was da so am Start ist…

    thanx for this beautiful inspiration…

    der Björn 🙂

  7. Danke!
    Du hast einige Dinge auf den Punkt gebracht, über die ich schon länger nachdenke. Erfrischend einfach…

3 Pingbacks

  1. […] hätte ichs vergessen: “Schlichter Glaube” von Storch. Erbehandelt das Thema zwar aus einer anderen Perspektive, aber auf den Satz Das […]

  2. […] nun schon einige Tage verfolgt ist „Das Evangelium ist ganz einfach“. Ich habe ihn in einem Beitrag auf storch’s Blog […]

  3. […] – Heilung XXIV – ein theologisches Detail – Heilung XXV – ein biographisches Detail – schlichter Glaube – wie geht es Smith Wigglesworth? – ein weiteres Zitat – Der Geist und die Kritik – ein […]

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