07. Juli 2007 6
Die Gefahr der Tradition
Im Gespräch mit einigen Pharisäern spricht Jesus über etwas, das so mächtig ist, dass es sogar Gottes Wort ausser Kraft setzen kann. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, es gibt etwas, das ist so mächtig, dass es das Wort, das die Welt geschaffen hat, wirkungslos werden lässt.
Mose hat zum Beispiel gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter!, und: Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden. Ihr aber lehrt: Es ist erlaubt, daß einer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: Was ich dir schulde, ist Korbán, das heißt: eine Opfergabe. Damit hindert ihr ihn daran, noch etwas für Vater oder Mutter zu tun. So setzt ihr durch eure eigene Überlieferung Gottes Wort außer Kraft. Und ähnlich handelt ihr in vielen Fällen. (Markus 7,10-13, Einheitsübersetzung, Hervorhebung von mir)
Die Traditionen der Leute mit denen Jesus hier geredet hat waren so stark, dass sie es nicht mehr geschafft haben Gottes Wort einfach nur zu hören. Immer wenn sie in der Schrift gelesen haben, lasen sie nicht in erster Linie Gottes Wort an sie sondern sie lasen immer wieder ihre eigene Auslegungstradition. Ihre Traditionen wirkten wie ein Filter, durch den alles durchmusste was Gott sagte.
Obwohl es offensichtlich war, dass Gottes Wort sie herausforderte für ihre alten Eltern da zu sein und sie finanziell zu versorgen konnten sie sich dieser Verantwortung entziehen. Sie behaupteten einfach, dass sie das Geld als Opfergabe eingeplant hätten.
Tradition ist das einzige, wovon in der Bibel gesagt wird, dass es Gottes Wort wirkungslos macht. Tradition imprägniert uns, sie stellt einen wirksamen Schutz vor Gottes Reden dar, ihr Filter steht über allem. Wenn Gottes Wort seine Frische für uns verloren hat und uns über lange Zeit nicht mehr angesprochen hat, dann ist es gut möglich, dass sich Tradition eingeschlichen hat und es uns schwerfällt, Gottes Reden an uns wahrzunehmen. Wenn Du an diesem Punkt bist solltest Du unbedingt Buße tun. Wenn Gott keine Möglichkeit mehr hat seine Leute anzusprechen, dann ist es um das geistliche Weiterkommen geschehen. Ohne dass aus Logos Rhema wird und Gottes geschriebenes Wort in unser Leben spricht, ist es kaum möglich sich geistlich weiterzuentwickeln und dahin zu kommen wo uns Gott haben will.
Eine Geschichte aus dem vierten Buch Mose illustriert dieses geistliche Prinzip nachdrücklich:
Der Herr sprach zu Mose: Nimm deinen Stab; dann versammelt die Gemeinde, du und dein Bruder Aaron, und sagt vor ihren Augen zu dem Felsen, er solle sein Wasser fließen lassen. Auf diese Weise wirst du für sie Wasser aus dem Felsen fließen lassen und ihnen und ihrem Vieh zu trinken geben.
Mose holte den Stab von seinem Platz vor dem Herrn, wie der Herr ihm befohlen hatte. Mose und Aaron riefen die Versammlung vor dem Felsen zusammen, und Mose sagte zu ihnen: Hört, ihr Meuterer, können wir euch wohl aus diesem Felsen Wasser fließen lassen? Dann hob er seine Hand hoch und schlug mit seinem Stab zweimal auf den Felsen. Da kam Wasser heraus, viel Wasser, und die Gemeinde und ihr Vieh konnten trinken.
Der Herr aber sprach zu Mose und Aaron: Weil ihr mir nicht geglaubt habt und mich vor den Augen der Israeliten nicht als den Heiligen bezeugen wolltet, darum werdet ihr dieses Volk nicht in das Land hineinführen, das ich ihm geben will. (4.Mose 20,7-12)
Es war das zweite Mal, dass Mose in einer Situation wie dieser war. Beim ersten Mal war der Befehl Gottes: „schlag mit deinem Stab an den Felsen.“ (vgl. 2.Mose 17,6). Als Mose zum zweiten Mal vor einem Felsen stand aus dem Gott Wasser fliessen lassen wollte, stand seine Erfahrung zwischen ihm und Gottes Ansage. Statt auf Gottes Wort zu hören und einfach nur zu dem Felsen zu sprechen schlug er ihn – und offenbarte damit einen tiefen Unglauben.
Oft zeigt sich erst in Krisenzeiten wie sehr wir Gott wirklich vertrauen und sein Reden suchen. Es ist immer leichter in herausfordernden Zeiten auf alte Gewohnheiten zurückzufallen statt Gottes aktuelle Weisung zu suchen. Tradition kann leicht an die Stelle eines vitalen Glaubens treten – und das wird uns einiges kosten. Für Mose bedeutete sein Unvertrauen, dass er letztlich sein grösstes Ziel im Leben nicht erreicht hat. Er hat das gelobte Land von ferne gesehen, aber er ist nicht hineingekommen. Er sah das Erbe das Gott für ihn und das ganze Volk bereitgestellt hatte, aber er kam nicht in den Genuss in diesem Land zu leben.
Der Grund dafür war nicht eine Tat sondern die Haltung die der Tat zugrunde lag. Was wir tun wird uns nicht aus dem Land unserer Verheissung fernhalten, wohl aber unser Unglaube. Unsere Fähigkeit unser Leben in allen Situationen von Gottes Geist führen zu lassen hängt letztlich maßgeblich von unserer Fähigkeit ab frei von Traditionen zu leben. Nur der wird immer wieder von Gottes Wort überführt, der in seinem Herzen genügend Freiraum dafür lässt. Bei wem sich schon alle theologischen Übrzeugungen fest einzementiert haben, den wird nicht einmal mehr Gottes Wort ansprechen und verändern können.
Günter schrieb am
7. Juli 2007 um 09:00Darf ich, lieber Storch, den Text auf Glaube.de als Artikel bringen? Ich finde keine Copyrights bei Dir, geschweige denn welche, die so hübsch wären wie Hasos und meins…
Christoph schrieb am
7. Juli 2007 um 14:22danke für den text, is sehr geil, vorallem das mit mose hatte/hätte ich überlesen.
dave schrieb am
7. Juli 2007 um 15:04danke für den beitrag, sehr gut beobachtet und herausgearbeitet, kann ich nur bestätigen mit dem „traditionsfilter“.
~grüßle, dave 🙂
Frank schrieb am
7. Juli 2007 um 16:32Ohne die Hl. Tradition (nicht irgendeine) ist man entwurzelt wie die Sauerländer Wälder nach Kyrill. Keine Wurzeln – keine Zukunft.
storch schrieb am
10. Juli 2007 um 09:11hi günther,
das darfst du selbstverständlich und auch sehr gerne. copyright ist the right to copy – also tu das. ich schreib dir das auch noch mal per mail, vielleicht schuast du hier ja nicht so oft herein.
@ frank:
keine traditionen in dem sinne zu haben von dem jesus hier redet heisst nicht entwurzelt zu sein. da haben unsere theologische formen natürlich auch unterschiedliche definitionen von tradition. (womit ich nicht sagen möchte, dass ich mit dem katholischen traditionsbegriff gut anfreunden kann).
aber da wo tradition erst mal nur eine bewahrung von vergangenem gutem ist möchte ich nicht viel dagegen sagen. erst wenn sie uns beim führen einer dynamischen gottesbeziehung im wege steht wird es schwierig.
@ dave: herzlich willkommen auf meinem blog!
dave schrieb am
11. Juli 2007 um 02:04hallo!
@storch:
danke für die grüße 😉
deine letzten artikel hier haben mich sehr angesprochen – danke dafür!
noch vor einiger zeit haben mir viele der frommen deutschen blogs nicht soviel gegeben, doch ich bin da in einen denk- und lernprozeß gekommen, wofür ich dankbar bin! wegen der technik (mache selbst webservice) und weil es mich interessiert, habe ich schon länger „experimentell“ gebloggt, bei mir geht’s aber in kürze auch „richtig“ los 😉
hab erstmal deinen blog abonniert :-)))
~man liest sich, dave 🙂