08. Dezember 2006 8

ich bin da mehr so derJude :-)

Heute habe ich beim Ausräumen der Spülmaschine einen Vers gehört der ein interessantes Licht auf unsere letzten Heilig-Geist-Diskussionen wirft:
Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. (1.Korinther 1,22)
Offenbar gab es zu Paulus´ Zeiten (zumindest in Korinth) zwei Gruppen mit unterschiedlichen Interessenlagen. Die Juden wollten was sehen und anfassen, die Griechen brauchten was zum Denken. Es muss Paulus schwergefallen sein beiden Gruppen in der Verkündigung des Evangeliums gerecht zu werden. Nun frage ich mich was erst passiert, wenn beide Gruppen zusammen kommen zum diskutieren. Vielleicht dasselbe wie bei uns? Die einen sagen: „Zeichen! Zeichen!“ die anderen: „Weisheit! Weisheit!“. Das erklärt mir schon etwas, wenn es mich auch wundert, denn ich hätte mich spontan als Griechen eingestuft.
Wenn man den Gedanken weiterspinnt wird es zwar spekulativ, aber hochinteressant. Das NT ist mehrheitlich von Juden an Juden geschrieben, Jesus selber war Jude und hat seinen Dienst an die verlorenen Schafe Israels gesehen. Konsequenterweise haben sowohl Jesus als auch die Apostel viel im übernatürlichen Bereich gedient. Für alle im NT war der Erweis des Gottesreiches die Kraft. So schreibt Paulus ein paar Kapitel später: Ich werde aber bald zu euch kommen, wenn der Herr will. Dann werde ich diese Wichtigtuer nicht auf ihre Worte prüfen, sondern auf ihre Kraft. Denn nicht in Worten erweist sich die Herrschaft Gottes, sondern in der Kraft. (1.Korinther 4,19-20)
Wie hätte die Verkündigung ausgesehen wenn Jesus Grieche gewesen wäre und die Zielgruppe mehrheitlich griechisch?
Das ist natürlich nur eine philosophische Frage ohne geistlichen oder sittlichen Nährwert.
Es drängt sich aber auch eine sehr praktische Frage auf: sind die Leute in unserem Land eher „griechisch“ oder eher „jüdisch“ drauf? Unsere Verkündigung ist eindeutig griechisch, aber was ist mit der „Zielgruppe“? ImMittelalter war diese Form der Verkündigung vielleicht zeitgemäss, die Intelligenzia entdeckte ohnehin gerade das Griechentum neu, die Mystiker fanden Gott mehr im Leiden als in der Heilung und mehr in Armut als Wohlstand. Heute scheint sich das Blatt aber wieder gewendet zu haben, das Pendel schlägt in die Gegenrichtung und die Menschen wollen etwas „sehen“, etwas „anfassen“ und nicht „nur glauben“.
Deshalb bleibe ich bei meiner unbedingten Sehnsucht nach mehr Heiligem Geist und mehr Wundern. Auch wenn der griechische Ansatz richtig sein mag ist doch der jüdische gefordert!

[Übrigens fährt Paulus fort und sagt, dass das Wort vom Kreuz für keinen Menschen genau das ist was er erwartet. Den Juden ist es ein Ärgernis, den Griechen Torheit (Vers 23). Auch wenn wir die Art unserer Verkündigung an die sozialen Gegebenheiten anpassen wird die Messag an sich Herausforderung bleiben.]

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7 Kommentare

  1. Amen! Jüdisch-christliche Erfahrungspädagogik oder so… 😉

    Ich bin ja sowieso schon immer mehr der Jude gewesen, aber jetzt noch ein bisschen mehr… 😀

    the Rabbi!

  2. Ich bleibe griechisch; kein Glaube ohne feste theologische Grundlage. Zeichen sind sehr schön aber man darf nicht vergessen, was Jesus zum Apostel Thomas gesagt hat, nachdem er seine Hand nicht in die Wunde gelegt hat.

  3. Beides ist wichtig!
    Lasst uns Paulus als Vorbild nehmen, er war den Griechen ein Grieche und den Juden ein Jude, …, damit viele errettet werden!
    Er war theologisch super fit und konnte der Glauben systematisch darstellten, hat aber auch mächtig mit Zeichen und Wundern gerockt.
    In Erweckungszeiten ist es ja meistens so, dass viele Wunder am Start sind und viel zum Glauben kommen. Dann ist es aber auch wichtig, dass sie ein gutes biblischen Fundament bekommen.
    Hier sind wir jetzt wieder bei Paulus, der bei seinen ersten Besuchen der Gemeinden oft schwach, war und in „schnörkellosen“ Worten das Kreuz gepredigt hat, aber seine Predigt war von Zeichen und Wundern begleitet, dann später in den Briefen kam die Lehre.
    Ich habe Sehnsucht nach mehr Zeichen und Wunder und denke wir brauchen auch immer mehr Gottes übernatürlichens Wirkeln. Ich glaube auch, dass in einer postchristlichen und postmodernen Welt, die Menschen mehr mit dem Bauch und mit den Augen denken, als mit dem Kopf und Zeichen und Wunder als Bestätigung für das gesagte immer wichtiger werden. Aber dabei ist es wichtig zu wissen auf was sich der Glaube Gründet.

  4. ich bin dem juden [storch] ein jude und suche zeichen und wunder. wir sind dabei in guter gesellschaft:

    „Streck deine Hand aus, damit Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus.“ (Apostelgeschichte 4,30)

    dieses gebet dürfte übrigens auch von dem apostel thomas mitgebetet worden sein 😉

  5. Joah soweit stimm ich zu. Nur: die Praxis der Gemeinde in Korinth vor allem Zungenrede und Weissagung sind ja erstmal Praktiken, die es vor allem stark im griechischen Heidentum gab- das deutet Paulus ja am Anfang von 1.Kor.12 an.
    Überhaupt würde ich sagen, charismatische Spiritualität tendiert ja mehr zum Griechischen. Nicht wegen der Betonung der Weisheit- das war ja eher ein Phänomen der griechischen Oberschichte- sondern wegen der Tendenz zum Dualismus. Das man das Leben 2teilt in geistliches und irdisches. Und dann gabs ja auch die gefährliche Vermischung von Christentum und Platonismus, dem Gnostizismus. Und der geht ja davon aus, dass jeder Mensch ein geheimes persönliches Wissen- Offenbahrungserkenntnis – haben muss und dass das übernatürliche und das natürliche strikt getrennt sind. Das jüdische Weltbild sieht eine Verzahnung von Himmel und Erde, die man nur schlecht voneinander trennen kann. Je nachdem ob man eine griechische oder jüdische Kosmlogie hat, wird man ganz unterschiedlich bewerten, was überhaupt ein Wunder ist. Griechen haben eben sehr stark das Sehen im Vordergrund; sie wollen die Ewigkeit schauen (überhaupt haben sie Sehnsucht nach der Ewigkeit) – eine Parallele zur gängigen Lobpreispraxis? Für Juden ist nicht die Ewigkeit das Ziel, sondern dass der Himmel auf die Erde kommt. Das Jahwe sein Volk auf dieser Erde sammelt. Deswegen ist der Fokus „ganzheitlicher“. Außerdem ist nicht das Sehen der Ewigkeit das Ziel sondern das Tun des Willen Gottes. Barmherzigkeit anstatt Ekstase könnte man das Zuspitzen. Aber wenn ich nochmal drüber nachdenke: man sollte es vielleicht ganz lassen falsche Gegensätze aufzubauen und lieber „sowohl-als auch“ denken (als auch) tun.

  6. ich hätt gern beides…

  7. Eine postmoderne und postchristliche Welt…
    Den Griechen ein Grieche und den Juden ein Jude…
    JP BRINGT´S AUF DEN PUNKT!
    Sehen uns „next week“ Samstag JP!
    Freue mich schon auf die Party!
    Björn 🙂

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  1. […] ist vermutlich eine individuelle Sache. Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. (1.Korinther 1,22 nach der […]

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