07. Dezember 2006 10
Sünde und Beichte
Wieder mal ein harmloser Post :-). Ein letztes Bonhoefferzitat aus dem gemeinsamen Leben:
Die grösste psychologische Eunsicht, Begabung, Erfahrung vermag ja das eine nicht zu begreifen: was Sünde ist. Sie weiss von Not, von Schwachheit und Versagen, aber sie kennt die Gottlosigkeit des Menschen nicht. Daum weiss sie auch nicht, dass der Mensch allein an seiner Sünde zugrunde geht und allein durch Vergebung heil werden kann. Das weiss nur der Christ. Vor dem Psychologen darf ich nur krank sein, vor dem christlichen Bruder darf ich Sünder sein.(…) [eigentlich geht es um Beichte und darum, dass es einen Bruder braucht um beichten zu können. Nach ein paar Sätzen fährt DB fort:] Es ist nicht Mangel an psychologischen Kenntnissen, sondern Mangel an Liebe zu dem gekreuzigten Jesus Christus, wenn wir so armselig und untauglich sind für die brüderliche Beichte.
Ich glaube, dass wir als Protestanten oft die Bedeutung eines einfachen Sündenbekenntnisses vor dem Bruder/ der Schwester unterschätzen. Wir kennen die Beichte nicht mehr und sind so oft allein mit unserer Sünde (und dem Teufel). Die Beichte liefert etwas, was Seelsorge in all ihrer psychologischen Ausgebufftheit nicht leisten kann. Wir tun uns keinen Gefallen wenn wir unsere Probleme immer nur als „Krankheit“ sehen und nicht die geistliche Dimension verstehen. Es liegt etwas ausserordentlich heilsames in der Demütigung voreinander, das uns keine Psychologie der Welt zu geben vermag.
andichrist schrieb am
7. Dezember 2006 um 10:20ist halt schwer. ich stimme dir zu, mit dem was du schreibst, aber ich denke, der weg zur beichte besonders zur sündenerkenntnis ist bei manchen kranken menschen sehr lang und schwer. habe letztens ein zitat gehört, welches lautete :“ selbstverletzendes verhalten ist eine verhöhnung des opfertodes christi “ ergo sünde. ich stimme dem zu, würde es aber als plakatives heilungsplakat nicht in den wind hängen.
vielleicht haben wir in unserer psychologisierten kultur vergessen, was schuld und sünde ist und können deswegen nicht mehr beichten.
storch schrieb am
7. Dezember 2006 um 10:55als antwort zitiere ich aus dem gedächtnis c.p.wagner: „öffentliches bekenntnis kann selber krank werden“. recht hat er. wie immer: mitte ist golden, rand weniger.
andichrist schrieb am
7. Dezember 2006 um 12:02ich mag hier zwei bücher empfehlen ( hoffe ich darf das )
cornelia faulde : wenn frühe wunden schmerzen
grünewald verlag
“ faulde ist katholische theologin und setzt sich mit dem thema, schuld, opfer-täter und vergebung-beichte ausseinander. ein sehr intensives buch. passt zum thema “
charles e. poole : ist das leben fair
brunnen verlag
“ er setzt sich in seinem buch mit dem thema was wir tun und was wir verdient haben ausseinander und spricht auch die vergebung und beichte an. leicht zu lesen und sehr hilfreich „
storch schrieb am
7. Dezember 2006 um 12:11selbstverständlich darfst du das.
chrisse schrieb am
7. Dezember 2006 um 15:24Amen zu diesem Post! Es ist ja nicht nur, dass wir wieder erkennen müssen, dass ein Christ sündigt und das nicht verdecken soll, sondern, dass er die Sünde auch aus seinem Leben so herauskriegt!
C.Stimming schrieb am
7. Dezember 2006 um 17:12Äh… das c.p.wagner-Zitat hab ich nicht verstanden. Macht ein *öffentliches* Bekenntnis zusätzlich krank?
Ansonsten fand ich in dem Zusammenhang bei Bonhoeffer das andere Zitat noch viel deutlicher, wo er über die Beichte sinngemäß sagt, dass das Aussprechen/Bekennen/Beichten der Sünde ihr die Macht über mich raubt. Volle Zustimmung zum ursprünglichen Post – wir Charismatiker und Evangelikalen verpassen da was, weil wir die Beichte nicht mehr als tägliche Notwendigkeit hochhalten.
Onkel Toby schrieb am
7. Dezember 2006 um 17:47Darüber habe ich in den letzten beiden Jahren oft nachgedacht. Auch, wenn ich in einer recht aktiven Gemeinde lebe – ich könnte mir kaum vorstellen, dort jemandem zu beichten, und einen „Termin beim Pastor“ würde ich auch nicht wollen, das wäre mir zu formal. Dabei weiss ich genau, wie wichtig so etwas wäre… Und der Gesprächsstoff würde mir so schnell nicht ausgehen… 🙂
storch schrieb am
7. Dezember 2006 um 18:48wagner hatte ja eine weile dieses ding mit dem öffentlichen (und teilweise stellvertretenden) sündenbekenntnis und dabei stellte es sich dann wohl heraus, dass das etwas ist, das auch profilneurotiker anziehen kann. die sache an sich macht sicher nicht krank, aber sie kann ungesund sein. das trifft dann wohl auf jede beichte zu.
fono schrieb am
7. Dezember 2006 um 22:41@Toby
>ich könnte mir kaum vorstellen, dort jemandem zu beichten, und einen “Termin beim Pastor” würde ich auch nicht wollen,
Such dir doch eine katolische Gemeinde in deiner Umgebung heraus und geh dort zur Beichte. Der Priester sieht und kennt dich nicht und du kannst feste erzählen. Sag ihm daß du nicht katholisch bist, weshalb er dir afaik nicht die Absolution erteilen kann aber ich schätze mal, daß dir das nicht so wichtig ist.
Martin.D schrieb am
10. Dezember 2006 um 19:37Ich habe es als eine riesen große Befreiung erlebt, einmal alle meine Sünden die in der Wüste so angefallen sind, einem geistlichen Pastor zu bekennen. Es war eine der besten und realsten Erfahrungen mit Jesus, dort wegzugehen, und das Gefühl zu haben, wieder sauber und weißer als Schnee zu sein. Alle die mich kennen haben die Veränderung die ich da in zwei Gebeten erfahren hab, spürbar an mir wahrnehmen können. Ich kann das nur jedem empfehlen, der ein Sündenproblem hat.