Ich habe Edgar Allan Poe (1809-1849) als Jugendlicher schätzen gelernt. Das untenstehende Gedicht stammt aus einem Buch, das ich mit sechzehn Gekauft habe. Der Walter-Verlag hat zu dieser Zeit eine sehr schöne vierbändige Gesamtausgabe der Schriften Poes herausgebracht. Das waren die ersten Bücher, für die ich richtig gespart habe (sie haben ca.86DM/Band gekostet). Leider war ein Band bereits nicht mehr lieferbar als ich das Geld zusammen hatte und ich habe ihn erst Jahre später in einem Antiquariat in München(?) erworben.
Wie auch immer. In den düsteren Jahren habe ich Poe geliebt und Baudelaire. Die ganze Riege. Am bekanntesten von Poes düsterer Poesie ist „the raven“, zurecht, denn es ist meiner Ansicht nach eines der besten englischen Gedichte überhaupt.
Hier kommt die zweite Strophe von

a dream within a dream

i stand amid the roar
of a surf-tormented shore,
and i hold within my hand
grains of the golden sand –
how few! yet how they creep
through my fingers to the deep,
while i weep – while i weep!
o god! can i not grasp
them with a tighter clasp?
o god! can i not save
one from the pitiless wave?
is all that we see or seem
but a dream within a dream?

Es gab einige Situationen in meinem Leben, in denen ich mich genauso gefühlt habe. Das Leben (mit Jesus) und der Gemeindebau bringt es manchmal mit sich, dass man sich einfach nur ohnmächtig fühlt. Wie oft kümmert man sich um ein „Sandkorn“ nur um es wieder an das „reulose Meer“ zu verlieren?
Aber anyway, das ist kein grund zur Verzweiflung. So lange die Dunkelheit draussen bleibt, passt es schon. Die Wüste breitet sich aus; weh dem, der Wüsten in sich birgt. (schon wieder Nietzsche…)

Mit Poe geht es mir wie mit Nietzsche: ein Regalmeter, da kann ich schlecht was empfehlen. Auch das Internet ist voll von ihm. Was seine Gedichte angeht denke ich, dass es keine Übersetzung gibt, die der Qualität der Originale nahe kommt. Und das, obwohl alle Gedichte von Arno Schmidt und Hans Wollschläger übersetzt wurden.
Aber das ist ja das Dilemma mit der Poesie: sie lebt nur in einer Sprache und stirbt unweigerlich durch Übersetzung.
Um ein Beispiel zu nennen folgt die dritte Strophe des Raben in englisch und deutsch:

Ah, distinctly I remember it was in the bleak December,
And each separate dying ember wrought its ghost upon the floor.
Eagerly I wished the morrow; – vainly I had sought to borrow
From my books surcease of sorrow – sorrow for the lost Lenore –
For the rare and radiant maiden whom the angels named Lenore –
Nameless here for evermore.

Ah, ich kann´s genau bestimmen: im Dezember war´s, dem grimmen,
und der Kohlen matt Verglimmen schuf ein Geisterlicht so leer.
Brünstig wünscht ich mir den Morgen; – hatt´ umsonst versucht zu borgen
von den Büchern Trost dem Sorgen, ob Lenor´ wohl selig wär´-
ob Lenor´, die ich verloren, bei den Engeln selig wär´-
bei den Engeln – hier nicht mehr.

In den Sechzigern hat sich Roger Corman Poe´s angenommen und einige sehr sehenswerte, wenn auch freie, Verfilmungen produziert. Unter anderem mit so genialen Schauspielern wie Vincent Price, Peter Lorre, Boris Karloff und Jack Nicholson.
Hm, ich mag alte Gruselfilme.
————-

CD im Player:
– Gustav Mahler: Sinfonie Nr.6

Be Sociable, Share!

Ein Pingback

  1. […] so geheimnisvoller wird er mir. Was gut daran ist, ist dass mit jeder vorschnellen Antwort, die mir wie Sand durch die Finger rinnt, mein Vertrauen in den grossen, unfassbaren Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, wächst. Je […]

Schreibe einen Kommentar

Diese HTML-Tags und Attribute sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>