25. Juni 2012 17

Prophetie 1

Es ist eine seltsame Situation, zum Thema Prophetie eingeladen zu sein, denn eigentlich ist das keines meiner Hauptthemen. Meistens geht es bei mir entweder um theologische (=theoretische) Themen oder um Heilung. Dennoch ist Prophetie für mich kein ganz artfremdes Thema. Es klingt komisch, aber bei vielen Heilungsseminaren geht es am Ende fast ebenso sehr um Prophetie wie um Heilung, zumindest in den Aufrufen und Gebetszeiten. Also ist Prophetie wohl doch ein wichtiges Thema für mich und es scheint auch eines zu sein, dass irgendwie etwas mit Heilung zu tun hat.

Um einen Einstieg zu machen beginne ich damit zu definieren, worum es eigentlich geht, wenn ich über Prophetie spreche. Man kann das Thema sehr unterschiedlich angehen und wegen der Kürze der Zeit muss ich mich natürlich beschränken. Drei Aspekte sind mir besonders wichtig:

1 Prophetie vs. „Gott hören“
Wenn ich zu einem Seminar über die Gabe der Prophetie eingeladen bin, erwarte ich etwas in Richtung der Geistes- oder Dienstgabe über die im Neuen Testament gesprochen wird. Das kann mitunter sehr professionell klingen:

Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, 12 zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi, 13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi.(Epheser 4,11-13 nach der Elberfelder)

Es gibt also Leute deren Auftrag sich an die ganze Gemeinde richtet; sie sind Teil von Gottes Plan, die ganze Gemeinde in die Reife zu bringen. Das ist sicherlich ein großer Auftrag und keine Sache, die man nebenher erledigen kann. Offenbar ist auch Prophetie wichtig damit eine Gemeinde geistlich reif wird. So gibt es Propheten, die eigens dazu da sind, Christen beizubringen, wie man prophetisch dient oder prophezeit.
Daneben gibt es aber auch den Auftrag eines jeden Christen zu prophezeien und Gottes Stimme zu hören. Paulus bringt das sehr deutlich in der Gottesdienstordnung im 1.Korintherbrief rüber.

Von den Propheten aber sollen zwei oder drei reden, und die anderen sollen urteilen. 30 Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteil wird, so schweige der erste. 31 Denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen, damit alle lernen und alle getröstet werden. (1.Korinther 14,29-31 nach der Elberfelder)

Der Plan ist also, dass alle weissagen können, also im Gottesdienst Raum dafür ist, dass jeder, der einen prophetischen Eindruck hat, diesen auch loswerden kann. Daneben gibt es aber auch die Propheten (und das Wort ist ausdrücklich ein Hauptwort!), von denen nur zwei oder drei reden sollen.
Warum? Vermutlich, weil manche in der Gemeinde in Korinth so stark in der prophetischen Gabe waren, dass sie den ganzen Gottesdienst hätten schmeißen können und niemand anderes mehr dran gekommen wäre. Wenn zu viel von Profis gemacht wird, trauen sich die Laien irgendwann nicht mehr. Ich habe das selbst in Gemeinden erlebt, die im Prophetischen stark waren, dass einige dauernd Eindrücke hatten die sehr genau waren, während sich andere dann nicht mehr getraut haben, ihre paar kleinen göttlichen Gedanken ein zu bringen. Das kann dazu führen, dass sich Gemeinden selbst berauben, denn das Ziel des prophetischen Dienstes ist es ja eigentlich, dass alle daran herangeführt werden Gott zu hören.
Das führt direkt zu dem, was mir für dieses Wochenende vornehmlich wichtig ist: Die Fähigkeit zu verbessern, Gott zu hören. Jesus zeigt in Johannes 10, dass jeder Christ die Fähigkeit hat, Gott zu hören. Eigentlich klar; wir sind zur Gemeinschaft mit Gott geschaffen, da muss es ja möglich sein, mit ihm zu kommunizieren! Kommunikation ist aber keine Einbahnstraße. Wenn Gebet nur bedeutet, dass wir Gott unsere Sorgen und Wünsche mitteilen, hätte das zwar sicher einen Wert, aber es wäre wenig im Verglich zu der Möglichkeit, Gott auch zu hören. So sagt Jesus:

Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; (Johannes 10,27 nach der Elberfelder)

Es ist das Vorrecht der Gotteskinder, dass sie die Stimme ihres Herrn hören und ihm folgen können. Schafe sind gewiss nicht die klügsten Tiere auf Erden, aber sie haben eine gewisse Fähigkeit eine Beziehung zu ihrem Hirten aufzubauen. Sie können zwar nicht mit ihm darüber reden, wie er sein Geld anlegt, aber sie wissen, wo er hin will und wo es daher auch für sie hingeht. Die minimale Verheißung ist also, dass wir wissen, wo es mit Gott hingeht. Wenn Christen nicht wissen, wo ihr Leben hingeht, entspricht das nicht dem wie Gott sich unser Leben vorstellt.

2 Prophetie und Universalrolle
Prophetie geht allerdings weiter, als nur zu wissen, wo das eigene Leben hingeht. Die klassischen Geistesgaben von denen Paulus spricht, sind nicht nur für denjenigen, der sie ausübt selbst, sondern sie sind für andere und den Aufbau der Gemeinde gegeben. Das gilt insbesondere für die prophetische Rede.

Strebt nach der Liebe; eifert aber nach den geistlichen Gaben, besonders aber, daß ihr weissagt! 2 Denn wer in einer Sprache redet, redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht es, im Geist aber redet er Geheimnisse. 3 Wer aber weissagt, redet zu den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung. (1.Korinther 14,1-3 nach der Elberfelder)

Paulus sagt uns hier zwei Dinge über Prophetie. Zum einen, dass sie mehr zu begehren ist, als andere Gaben, besonders als die Gabe des Sprachenredens; zum anderen, warum das so ist. Während man nur sich selbst aufbaut, wenn man in Sprachen spricht, baut man andere auf, wenn man prophezeit.
Es geht an diesem Wochenende also um beides: Wir wollen sensibler werden für Gottes Stimme, um selbst mehr von ihm zu hören und besser geleitet zu sein. Wir wollen aber auch für andere hören und ihnen prophetisch etwas vom Heiligen Geist mitteilen.

3 Prophetie bedeutet „für Gott sprechen“
Mit Prophetie anzufangen ist ganz einfach. Das Wort kommt aus dem Griechischen und ist ein Kompositum aus der Vorsilbe „pro“ und dem Verb „phemi“. Pro bedeutet für, phemi sprechen. Prophetie ist also „für jemanden sprechen“. Dabei denkt man natürlich an Gott, so dass prophetisch reden bedeutet „für Gott zu reden“. Wir sagen also etwas, das wir von Gott empfangen haben oder wissen.
Wir wissen, dass unsere Wort Kraft haben. Es sind nicht einfach nur Schwingungen in der Luft, sondern etwas Mächtiges. „Tod und Leben sind in der Gewalt der Zunge.“ (Sprüche 18,21 nach der Elberfelder). Je nachdem, was wir sagen sprechen wir Leben oder Tod über Menschen aus – das ist eine gewissen Verantwortung. Man kann das übrigens sehr leicht im Experiment nachvollziehen oder sich auch einfach nur vorstellen.
Ich habe beispielsweise mal von einem Experiment gehört, das wir auch gerne mal machen können. Aus einer Gruppe verlässt eine Person für eine kurze Zeit den Raum. Die andere bleiben und reden eine Weile nur negativ über diese Person. Alles, was ihnen einfällt kübeln sie aus. Ohne dass die Person etwas von dem gehört hat, was über sie gesagt wurde, wird sie eine negative Atmosphäre spüren wenn sie den Raum wieder betritt. So etwas ist schwer erklärbar, aber mindestens jeder Prediger kennt das. Es gibt Veranstaltungen wo sich jeder auf den Prediger freut, dann ist es extrem einfach sein Bestes zu geben und sogar über sich hinaus zu wachsen. Es gibt aber auch sehr reservierte Veranstaltungen, in denen fast gar nichts geht.
Unsere Worte können also Atmosphären verändern. Will man eine göttliche Atmosphäre haben ist es mehr als sinnvoll, göttlich zu reden: Wahrheiten auszusprechen schafft Raum für den Heiligen Geist. Was mit Atmosphären, die ja in sich keine Wesen darstellen, geht, das geht umso besser mit Menschen. Menschen über denen immer negatives ausgesprochen wurde, werden das irgendwann glauben und negative Früchte ernten. Menschen, die immer gefördert wurden und in deren Leben viel Positives gesprochen wurde, werden sich auch entsprechend verändern.
Prophetisch zu reden – oder gar einen prophetischen Lebensstil zu pflegen – bedeutet also, dass wir göttliche Wahrheiten über Menschen aussprechen mit denen wir in Kontakt sind. Das kann man üben und es hilft, wenn man sich einfach dafür entscheidet. Jeder von uns weiß etwas von Gottes Willen. Wir kennen seinen Plan mit Menschen, wir lesen in der Bibel etwas darüber, wie unsere Identität in Christus aussieht, und das können wir über andere aussprechen. Prophetie bedeutet zunächst, den anderen mit Gottes Augen sehen und entsprechend zu reden.
Das fühlt sich nicht immer „übernatürlich“ an, ist es aber. Die Quelle können Eindrücke oder Gefühle sein, müssen es aber nicht. Es reicht auch, göttliche Wahrheiten auszusprechen, die wir kennen. Dabei wird sich ein Effekt einstellen: Je mehr wir Gottes Wahrheit aussprechen, umso mehr werden wir Menschen mit Gottes Augen sehen. Irgendwann kommen von allein Punkte an denen wir uns wundern, „woher wir das gewusst haben.“
Der Umkehrschluss ist, dass es falsch ist darauf zu warten, dass Eindrücke, Träume, Flammenschriften usw. kommen. Ein Grundprinzip des Lebens im Geist ist es ja, dass wir mehr bekommen wenn wir einsetzen, was wir haben. Wenn wir in dem Licht leben und dienen, das wir haben, wird mehr dazu kommen.
Nebenher entsteht eine Atmosphäre, in der es gut möglich ist, geistlich zu wachsen. Glaube und Gaben gedeihen am besten in einer Atmosphäre der Wertschätzung und Ermutigung. Wenn wir Menschen so sehen, wie Gott sie sieht, entsteht eine solche Atmosphäre nebenbei.
Im zweiten Teil, also morgen Abend, wird es darum gehen, wie wir das praktisch umsetzen und darin wachsen können.

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17 Kommentare

  1. Sehr schön. Der Gedanke mit dem Verändern der Atmosphäre durch das Aussprechen von göttlichen Wahrheiten gefällt mir besonders gut.

  2. Gefällt mir gut der Beitrag. Bäume gefallen mir auch.

  3. hi masp,

    schön, dass Du diesen Blog immer noch liest, auch wenn er ja nicht mehr so lebendig ist wie früher.

    herzlich willkommen, Katrin!

    • Hallo storch, ja ich lese Deinen blog immer noch sehr gerne. Gelegentlich auch mal die älteren Sachen. Vielen Dank für die Arbeit die Du investierst.
      Amüsant war es früher schon auch, gerade wenn hier kontrovers diskutiert wurde, gerade bei den Heilig Geist Themen.

  4. Obwohl der Gedanke, uns bekannte göttliche Wahrheiten auszusprechen, um in der Gabe der Prophetie zu wachsen, naheliegend ist, habe ich ihn bisher noch nie gedacht. Danke!

    • sehr gerne. ist echt ein anfang und nachher wird es leichter, weil die atmosphäre verändert wird.

      • Ich tue mich immer schwer dabei, die Frage zu beantworten, wie ich für mich Bilder, Eindrücke oder Worte der Erkenntnis als solche „identifiziere“. Daher empfinde ich den Gedanken als guten Rat, sich auf diese Weise in prophetischem Reden zu üben und dann irgendwann zu merken, dass da mehr kommt.

  5. Das Aussprechen von göttlichen Warheiten ist ein guter Einstieg in die Prophetie, ich kann nur dazu ermutigen
    es einfach zu probieren.Ich erfahre so etwas in tiefster
    Anbetung, wenn wir im Geist(Gott und ich) verbunden sind
    ist es ein unglaubliches Gefühl, zu erfahren wie Gott in seinem Geist durch mich spricht. Diese Worte oder Zusage
    spreche ich laut aus ohne das ich es mit meinem Verstand
    begreifen kann. Es sind Worte oder Zusagen für Menschen
    denen ich im Gebet begegne oder über die ich mit Gott spreche. Danke für den Artikel Prophetie, er ist sehr gut
    geschieben.

    • Herzlich willkommen, Reiner.

      Wie sagt man denn etwas laut ohne dass man es mit dem Verstand begreifen zu können? Sprichst Du dann in Sprachen?

  6. Hallo Storch,
    „bittet und ihr werdet empfangen“, ja, wir sollen nach der Gabe der Prophetie streben und ich habe mich gefragt, wie das gehen soll, wo es doch auf der anderen Seite heißt, das Prophetie eine Geistesgabe ist, die durch den Geist gewirkt ist. Mir ist beim Lesen bewusst geworden, dass Gott mich ja herausfordern will. Als Wiedergeborene habe ich Anteil an der Göttlicher Wahrheit und es liegt in meiner Veantwortung davon zu erzählen. Erst dann kann Gott uns mit mehr beauftragen. Das dort schon Prophetie anfängt, war mir bis jetzt noch gar nicht so klar.

    Gruß, Kerstin

    • Hallo Kerstin,

      herzlich willkommen! Nach einem Geschenk zu eifern ist kein Widerspruch. Im Glauben hat doch vieles mit der Sehnsucht nach etwas zu tun, was man nicht machen – sondern nur empfangen – kann.

  7. Hallo Storch,
    das Thema Prophetie hat mich im vergangenen Jahr auch beschäftigt – eine der Basic-Gaben, die heute leider meist völlig unterbelichtet sind. Ich denke auch die Übergewichtung vom Hirtendienst geht auf Kosten der Propheten in den Gemeinden – beide „Mißstände“ sehe ich in Korrelation zueinander…

    Ja, die Bloggerszene hat sich eindeutig verändert und auf facebook ist es oft noch schwieriger, ein gewisses Niveau bei den Diskussionen zu erreichen bzw. zu halten, da immer wieder irgendjemand hereinstolpert und den Laden aufmischt mit immer wieder gleichen Argumenten wie z.B. „wir sollen doch nicht richten“, sobald man etwas geistlich beurteilt usw. – auch die Hemmschwelle, jmd. persönlich anzugreifen, der andere Ansichten vertritt, ist zieml. gering – das nervt echt…

    Bei mir hat sich eine gewisse Diskussionsmüdigkeit breit gemacht. Allerdings müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht wegen solcher Sachen zurückziehen, wenn wir denn einen Auftrag auch über das Netz haben.

    Du hattest mal (noch im alten Kultschokk) ein prophetisches Wort über mir gesprochen, dass ich zu hunderten von Leuten reden werde – erst vor Kurzem würde mir bewusst, dass das im Netz längst stattfindet…

    Schön, dass du dein Blog wieder mehr aktivierst mein Lieber!
    Gruß + Segen

  8. Kann ich verstehen, eine Weile war ich auch sehr diskussionsmüde (bin es noch). Bei FB habe ich gar keinen Bock, etwas zu schreiben. mal sehen, wie sich das noch weiter entwickelt.

  9. „Prophetisch zu reden – oder gar einen prophetischen Lebensstil zu pflegen – bedeutet also, dass wir göttliche Wahrheiten über Menschen aussprechen mit denen wir in Kontakt sind.“

    Wow – ich habe das irgendwie immer anders begriffen. Ehrlich gesagt war Prophetie immer etwas, dass ich für mich selbst außer Reichweite gesehen habe. Vermutlich infiziert von irgendwelchen Büchern oder Filmen, die den Sprecher der Prophetie als „hirnloses“ Werkzeug (Sprachrohr) darstellen.

    Vielen Dank für diese Darstellung der Prophetie! Mache mich gleich an Prophetie 2 😉 und natürlich ans üben!

    Liebe Grüße und Gottes Segen!

  10. Hall Pilgerer,

    Sprachrohr bestimmt nicht, immerhin sind „die Geister der Propheten den Propheten untertan.“ (1.Korinther)

  11. „Sprachrohr bestimmt nicht“

    Jo – das hast mir ja jetzt klar gemacht! Danke! Ich hatte einfach eine vollkommen andere Vorstellung – jetzt ist das viel klarer geworden!

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