Die Gemeinde tut sich generell schwer damit, eine Gesellschaft zu prägen. Teilweise kann das daran liegen, dass die Werkzeuge zum Prägen einer Gesellschaft nicht aus der Theologie kommen sondern aus der Soziologie, und dass daher Pastoren und geistliche Leiter nicht darauf eingestellt sind eine Gesellschaft zu verändern. In der Bibel taucht die Frage im Grunde nicht auf, weil das Alte Testament entweder von der Perspektive eines Gottesstaates her geschrieben ist oder man sich in der Gefangenschaft danach sehnte, diesen Gottesstaat wieder zu bekommen. Warum sollte sich eine Kultur mit dem geistlichen Prägen einer Gesellschaft befassen, wenn in ihrem Strafgesetzbuch Gott selbst spricht?
Im Neuen Testament ging es hauptsächlich um Gottes Reich, aber nicht um das Prägen einer Gesellschaft. Möglicherweise liegt es daran, dass die Jünger bis zuletzt doch noch hofften, dass Jesus den Gottesstaat Israel wieder aufrichten würde (Apostelgeschichte 1,6). Generell scheint es den Kirchen leichter zu fallen als den freien Gemeinden, gesellschaftlich zu denken. Politisches und soziales Engagement ist eher in Landeskirchen anzutreffen als in freien Gemeinden, aber das ist natürlich nur eine grobe Einschätzung.
Um zu verstehen, was ich mit dem Prägen einer Gesellschaft meine, schauen wir uns zwei Bewegungen der letzten hundert Jahre an, die das Gesicht unserer Gesellschaft nachhaltig verändert haben: Die Homosexuellenbewegung und die Bemühungen darum fair gehandelte Lebensmittel gesellschaftlich zu etablieren.1

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  1. Es gibt sicherlich noch mehr Beispiele, z.B. den Umweltschutz oder Streit um Frauenwahlrecht oder Menschenrechte in vergangenen Jahrhunderten. []

3 Kommentare

  1. Auch,wenn von Dir alsbald mehr Erklärungen kommen werden…
    a) ich finde es immer wieder gut, diese Themen zu besprechen, beschreiben, veröffentlichen…. deshalb: Danke!
    b)vielleicht hat Jesus mehr Gesellschaftsveränderung vor Augen gehabt, als es Seine Gemeinde dann konsequent gelebt hat.

  2. nein, auf dieses spezielle Thema komme ich nicht mehr zu sprechen. Ich finde die Frage auch schwer zu beantworten. Im engeren Sinne haben weder Jesus noch die Apostel über die Gesellschaft gesprochen und wollten diese wohl auch nicht verändern.
    Die andere Seite ist, dass Gottes Reich nicht in eine Stadt hereinbrachen kann ohne sie zu verändern. So gesehen hat Jesus immerhin indirekt über Gesellschaftsveränderung geredet, aber eben mittelbar.

  3. Ich wage mal zu behaupten, dass Jesus durchaus auf eine Gesellschaftsveränderung aus war, sie aber nicht so angegangen ist, wie wir es tun würden. Wir würden womöglich ein System entwerfen – Jesus hingegen hat zuerst auf die Veränderung des Herzens gezielt und damit eine viel wesentlichere Veränderung in Gang gesetzt. Er spricht von „Salz und Licht in der Welt“, Er fordert Seine Jünger auf, anders in der Gesellschaft zu leben („Ihr aber…“) – dabei malt Er kein etwas anderes Gesellschaftssystem vor Augen, sondern den Anbruch des Reiches in unserer Welt, verkörpert durch das, was Gott durch die Nachfolger Jesu tut.
    Vielleicht ist es sogar so, dass das alttestamentliche Königreich durch Jesus in eine universelle Ebene gehoben wurde und so angeführt, wie es ursprünglich gedacht war: nicht ein Mensch führt, sondern Gott Himself.

    Wie dem auch sei:
    Jesus hat das Wort „Gesellschaftsveränderung“ nicht in den Mund genommen, hat aber sehr viel dafür getan, dass es zu solchen Veränderungen kommt. Rein vom Ergebnis her müsste man sagen: Jesus wollte die Gesellschaftsveränderung.

    So long & Segen!

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