Wer kennt nicht Deichmanns Schuhladenkette? Ich bin nicht sicher, ob ich da mal was gekauft habe, aber ich war selber ganz sicher schon das eine oder andere Mal in einer der tausend Filialen in Deutschland. Nun habe ich beim Einpacken für den Umzug ein kleines Büchlein von Herrn Deichmann gefunden: Christ und Unternehmer. Ich hatte es schon mal gelesen, denn es hatte einige Anstreichungen.
Wenn man den ganzen Tag Bücher aufnimmt und in Kartons verpackt, sehnen sich Geist und Finger nach etwas Schreibarbeit (zumindest meine) und so habe ich ein paar Zitate exzerpiert und gebe sich hiermit kommentiert zum Besten:

Es gibt kein christliches Unternehmen, es gibt keinen christlichen Staat. Wir sund hier auf der Erde.1

Da ich nicht viele „christliche“ Unternehmer kenne, höre ich natürlich bei denen von denen ich höre, genau hin. Ich finde es gut, dass Deichmann seine Läden nicht als christlich bezeichnet sondern sagt, dass es ihm darauf ankommt, sich im Geschäftsleben und am Arbeitsplatz christlich zu verhalten, d.h. sein Verhalten an christlichen Werten zu orientieren. Gerade bei Unternehmern finde ich das eine gute Sache und ich würde mit einem angenehmen Kontrast zu manch allzu kapitalistisch-übereifrigen Chef rechnen. Umso nachdenklicher stimmt es natürlich, dass laut Wikipedia auch Deichmann vorgeworfen wird in sweat-shops zu produzieren. Der Maßstab für gerechte Unternehmensführung ist längst nicht mehr wie man seine inländischen Angestellten behandelt sondern wie man mit südostasiatischen Zulieferern umgeht. Wie so oft ist es schwer genau festzustellen wer Recht hat, aber allein das Preisniveau bei Deichmann lässt kaum auf faire Handelsbedingungen schließen.

Es stimmt, dass es kein christliches Unternehmen gibt, aber Solidarität mit den Armen ist ein großer Wert in beiden Testamenten der Bibel und daran sollte sich eine christliche Unternehmensführung messen lassen.

Die Würde meiner Arbeit liegt nicht in meiner Stellung, sondern darin, wie ich meine Arbeit ausführe.2

Das sehe ich auch so. Wir sollen alles so tun, als täten wir es direkt für den Herrn. Letztlich dienen wir in letzter Konsequenz nicht Menschen (auch nicht unserem Chef) sondern Gott. Nach diesem Ethos handelt sicher nicht jeder Christ, aber es ist der biblische Maßstab, der in Epheser 6,5-6 sogar an Sklaven angelegt wird (und wer hätte ein größeres natürliches Recht zur Auflehnung als gerade Sklaven?).

Sein christlicher Glaube motiviert Deichmann nicht nur in der Führung seines Unternehmens sondern auch als Missionar und Evangelist. Im Grunde ist das ganze Büchlein ein Traktat für den christlichen Glauben. Deswegen schließe ich mit einem schönen Zitat zum Heil. Wer das Heil für sich in Anspruch genommen hat wird sein Botschafter, anders ist es für Herrn Deichmann nicht vorstellbar:

Das Heil ist nicht etwas, das nur als privates Heil an sich gerissen wird. Das Heil ist das, was sich ausbreitet.3

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  1. Deichmann, Dr Heinz-Horst (1996): Christ und Unternehmer. Nördlingen: C.H.Beck’sche Buchbinderei, S. 35 []
  2. Deichmann, Dr Heinz-Horst (1996): Christ und Unternehmer. Nördlingen: C.H.Beck’sche Buchbinderei, S. 55 []
  3. Deichmann, Dr Heinz-Horst (1996): Christ und Unternehmer. Nördlingen: C.H.Beck’sche Buchbinderei, S. 62 []

10 Kommentare

  1. deichmann ist schon ein guter. wir bekommen immer mal die zeitung von seinem missionswerk. der baut schulen die dafür sorgen das menschen lesen lernen, in ausbildung kommen ect. der hat sogar eine eigene krankenpflegeschule in indien aufgemacht. ich hatte mal schriftverkehr mit seinen leuten und was mich besonders faszinierte war, dass die vor ort fast ausschliesslich mit einheimischen arbeiten, also nicht der weisse mann geht hin und tut und macht, sondern es wird den leuten beigebracht, wie man es selber machen kann.
    spannend war auch ein interview im stern, andem er tatsächlich sagte, donnerstag abend arbeite er nicht, weil da hätte er bibelkreis. der sternreporter hat ihm sogar noch vorgerechnet, dass er viel viel reicher sein könnte, wenn er das „christliche“ weglassen würde. deichmann antwortete : und, was nehme ich davon mit. in seinem testament steht, dass die werke weitergeführt werden müssen usw.
    ich finde es total faszienierend, dass in den letzten jahren immer wieder christen vom stern zu den unternehmern des jahres gewählt werden. (deichmann, hipp, der typ von otto…) und zwar nicht, weil sie soviel kohle raffen, sondern weil die mitarbeiter zufrieden sind und viel geld in soziale projekte investiert wird. ist vielleicht ein schräges beispiel, aber seinen leuten nicht mehr fairen lohn zahlen zu können hat ja den merck (ratiopharm ) sogar in den selbstmord getrieben. und der hat immer sportler ruft sportler und neues leben unterstützt.
    vielleicht verdienen die leute die im ausland produzieren nur einen bruchtteil dessen, was man woanders verdient. trotzdem ist es, am lebenstandart und den örtlichen preisen gemessen, meist noch mehr als fair. gerade dann, wenn man noch schulen und krankenhäuser baut UND die menschen fachlich so weit bringt, dass sie in naher zeit ihre gerechtigkeit selbst einforden, weil sie das know how dazu haben. vielleicht hat er da eine große prophetische sicht, wie sich die gerechtigkeit gottes in der welt effektiv ausbreitet : durch gebildete, gläubige menschen, die sich nicht nur ihrer eigenen, sondern gottes gerechtigkeit global annehmen :-).

  2. Herr Deichmann kommt im nächsten Monate zu einem Abend in unsere Gemeinde und ich bin schon sehr gespannt.
    Die Frage nach fairer Produktion habe ich mir bei den günstigen Preisen auch schon gestellt. Ich bin noch am überlegen, ob man Herrn Deichmann diese Frage im Rahmen eines solchen Abends (im Stil eines Interviews) stellen kann?

    @andichrist: Wenn es wirklich Sweatshops sind, in denen produziert wird, sind die Arbeitsbedingungen nicht fair. Auch nicht wenn nebenan Schulen und Krankenhäuser gebaut werden.

  3. hm, vielleicht wäre es wirklich am besten herrn deichmann selbst zu fragen. wenn du das machst, kannst du die antwort posten ?

  4. Da ich das Interview nicht führe, weiß ich nicht ob die Möglichkeit besteht, als Zuhörer Fragen zu stellen. Was aber in diesem Format oft der Fall ist. Wenn die Möglichkeit besteht und ich mich traue, poste ich hier die Antwort 🙂

  5. Die Frage wurde vor einiger Zeit mal kurz in den Medien diskutiert und natürlich kam auch die hämische Frage, wie man denn als Christ undsoweiter.
    In dem Zusammenhang kam meiner Erinnerung nach heraus, dass nicht etwa die Zulieferer von Deichmann, sondern eine oder mehrere Zulieferer der Zulieferer unkoschere Produktionsbedingungen hatten – also etwas mehr um drei Ecken, als es dann in den Medien den Eindruck machte. Natürlich sollte ein Unternehmer auch ein Auge darauf haben, woher seine Zulieferer ihre Rohwaren beziehen, aber wer sich zum Beispiel mal über die Produktion von Bekleidung informiert, stellt schnell fest, dass es da manchmal so verworrene Wege vom Feld in den Laden gibt, dass es sehr schwer ist, das wirklich zurückzuverfolgen.
    Möglicherweise ist das ja in anderen Branchen auch so.
    Ich würde da jetzt mal kein Urteil drüber fällen wollen, ob der Herr Deichmann unfair produziert oder nicht…

  6. @ nasumi:

    wenn es nicht in dem öffentlichen rahmen geht, dann ja vielleicht im anschluss an die veranstaltung? mich würde das schon sehr interessieren und da seine firma zu den vorwürfen stellung bezogen hat, wird er in der thematik bestimmt einigermaßen drin sein.

  7. @storch: hast du einen Link zur Stellungnahmen von Deichmann und den „Anschuldigungen“?

  8. leider nein, ich habe das aus dem wikipedia-artikel. vielleicht findet man da noch mehr wenn man etwas recherchiert. der wiki-stand ist 2008, da müsste noch was gekommen sein in der zwischenzeit.

  9. Ich habe zu dem Thema nochmals recherchiert und muss sagen, dass Deichmann als Unternehmen wirklich einiges unternimmt um gegen Missstände vorzugehen. Deichmann hat in 2001, als erste Vorwürfe aufkamen, einen Verhaltenskodex eingeführt und gehört der BSCI an, welche die Zulieferfirmen überprüft bzw. von zertifizierten Unternehmen prüfen lässt. Der Verhaltenskodex orientiert sich an Menschenrechtsbestimmungen der UNO und wird so -oder in ähnlicher Form- von verschiedenen Einzelhandelsfirmen verwendet.

    Wie Königstocher schon berichtet hat, sind im Fall Deichmann die Unternehmen, in denen die Zustände katastrophal waren, immer Dritt- oder Viertzulieferer gewesen. Aber selbst hier hat Deichmann wohl reagiert und Kontrollen ausgeführt.

    Aus meiner Sicht ist es so, dass es Deichmann sowohl in den Produktionsfirmen als auch in den eigenen Filialen wichtig ist, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Organisationen wie Inwent, terre de hommes oder auch Verdi(!) äußern sich lobend über Deichmann.
    Alles andere wäre ja auch schizophren. Auf der einen Seite mit wortundtat in Indien gegen Kinderarbeit zu kämpfen und dann für das eigene Unternehmen andere Maßstäbe anzusetzen.

  10. cool! das freut mich sehr zu lesen. Danke für die Recherche.

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