Wenn man, so wie ich derzeit, umzieht, fallen einem die verschiedensten Gegenstände wieder in die Hände, die man lange nicht gesehen hat. Bei mir sind das hauptsächlich Bücher. Ich nutze die Gunst der Stunde und nehme jedes Buch in unserem Hauhalt in Citavi auf (ca.3.600 bisher und es stehen noch einige Regale…). Dabei fiel mir auch ein kleines Büchlein von Eduard Schweizer in die Hände: „Heiliger Geist“, von 1978. Schweizers Thema ist natürlich durch den Titel der Arbeit bereits vorgegeben, er untersucht aber unter dem Oberthemen verschiedene Unterthemen. So kommt er schnell auf den Heiligen Geist und sein Verhältnis zur heiligen Schrift zu sprechen.

Schon Ursinus (1534-83) meint, Gott »erleuchte und regiere durch seinen Geist die Gedanken (der biblischen Schriftsteller), daß er sie in keinem Teil der Lehre irren lasse«, und Cocceius (1603-69) formuliert: »Wie sie nicht durch eigenen Willen, sondern getrieben vom Heiligen Geist, gesprochen haben, so haben sie auch geschrieben.« Eindeutig wird dann durch Voetius (1589-1676) festgelegt, die ganze Heilige Schrift sei im Sinne historischer Zuverlässigkeit echt, »irrtumslose und von Gott inspirierte Wahrheit, in allen und jedem einzelnen ihrer Teile ausgebreitet, so daß ihre Verfasser alle und jeden einzelnen ihrer Sätze der Sache und der Form nach nicht aus eigenem Antrieb und nach eigenem Gutdünken, sondern unter dem Diktat des Heiligen Geistes hervorgebracht haben«, was sich sogar auf die Punkte unter den hebräischen Buchstaben des Alten Testamentes bezieht. Das wird zum alleinigen Maßstab, an dem rechtes und falsches Glauben gemessen wird: »Wir anerkennen nicht die Kirche als Richter, sondern den Heiligen Geist, der zu uns in der Schrift spricht und seine Worte klar zu erkennen gibt«, erklärt Ursinus. Einen anderen Glauben oder gar Unglauben kann er sich darum nur als Handeln gegen das Gewissen und als Widerstand gegen den Heiligen Geist vorstellen.1

Interessante Beobachtung! Dass der Heilige Geist durch die Schrift wirkt ist klar. Sein Wirken allerdings mit der Schrift zu identifizieren halte ich für maßlos übertrieben. Jesus hat uns kein Buch hinterlassen als er zum Vater gegangen ist, sondern seinen Geist. Er spricht durch die Bibel, aber auch anders. Gottes Geist wählt viele Kanäle und Möglichkeiten sich mitzuteilen, auch wenn die Bibel sein prominentestes Mittel ist.
Ich bin ohnehin kein Fan der Verbalinspiration und auf Seite 11 steht ein sic! neben  der These der inspirierten Punkte der hebräischen Buchstaben. Nicht dass mir der Glaube fehlt, dass Gott ein Buch diktieren könnte. Ich meine nur, dass die These des göttlichen Diktates der Selbstoffenbarung der Bibel widerspricht: Einige Autoren beschreiben, wie sie zu ihren Texten kamen; keiner spricht von Diktat.
Nun fügt Schweizer eine interessante Beobachtung bei, dass nämlich die Lehre der Verbalinspiration zur Ablehnung des Geisteswirkens führt (zumindest führen kann). Das passt zur Beobachtung, dass Dispensationalismus und die Lehre der Verbalinspiration häufig Hand in Hand durch den geräumigen Park der Theologie schlendern. Der Gedanke ist zumindest logisch. Versteht man in 1.Korinther 13,10  das „Vollkommene“ als die Bibel ist das zwar falsch, es drängt sich aber der Folgefehler nahezu auf, dass damit das Wirken des Heiligen Geistes mindestens in der Art wie wir sie in der Apostelgeschichte sehen, zuende gekommen ist.
Natürlich muss man nicht jeden Gedanken zuende gehen. Man kann auch sagen, dass mit der Inspiration der Schrift ein Abschnitt des Wirkens des Geistes beendet ist, während die Gaben noch immer intakt sind. Der Zusammenhang zwischen beiden theologischen Strängen sollte allerdings eher dazu motivieren, sich die Frage nach der Inspiration der Bibel noch einmal zu stellen. Persönlich gehe ich von einer doppelten Inspiration aus: Gottes Geist war an der Schaffung des Wortes beteiligt, diese Beteiligung ist aber wesentlich komplexer als in der Verbalinspiration dargestellt; diese erste Inspiration kommt jedoch nicht ohne die zweite aus: Nicht nur der Schreiber muss inspiriert sein, sondern auch der Leser. Schließt uns Gott das Wort nicht auf, können wir nicht einmal erkennen, dass es sein Wort ist. Diese zweite Inspiration ist nicht auf die Bibel beschränkt, Gott spricht zu verschiedenen Menschen durch verschiedene Mittel und damit schließt sich der Kreis in diesem Post.

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  1. Schweizer, Eduard (1978): Heiliger Geist. 1. Aufl., (1.-7. Tsd.). Stuttgart: Kreuz-Verl. (Themen der TheologieErgänzungsband, 4), S. 11 []

4 Kommentare

  1. wirklich JEDES Buch?
    also, ich meine: auch die Lustigen Taschenbücher – alles?

    Das wird dann ein besonderer Umzug.
    Ein Jahrhunderterlebnis.
    Sowas macht man nicht alle paar Monate…

  2. wirklich jedes. natürlich gibt es ein paar reihen, die eine reihen-isbn haben und dann nur einmal in citavi auftauchen obwohl es 21 bände sind. da kommt insgesamt schon was zusammen….

  3. mittlerweile sind alle aufgenommen und es sind etwa 5000.

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