12. Oktober 2009 12
Die drei geistlichen Lebensalter
Ich schreibe euch, ihr Kinder, daß euch durch seinen Namen die Sünden vergeben sind. 13 Ich schreibe euch, ihr Väter, daß ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, daß ihr den Bösen besiegt habt. 14 Ich schreibe euch, ihr Kinder, daß ihr den Vater erkannt habt. Ich schreibe euch, ihr Väter, daß ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, daß ihr stark seid, daß das Wort Gottes in euch bleibt und daß ihr den Bösen besiegt habt. (1.Johannes 2,12-14 nach der Einheitsübersetzung)
Johannes hat die Gemeinde an die er seinen ersten Brief geschrieben hat in drei geistliche Reifegrade eingeteilt und dafür Begriffe genommen, die uns allen bekannt sind: Kinder, junge Männer und Väter. Ich bin überzeugt davon, dass es nicht nur in dieser Gemeinde so war, sondern dass in jeder Gemeinde Christen in allen drei geistlichen Alterstufen anzutreffen sind.
Mehr noch: ich glaube, dass es Gottes Plan ist, dass jeder Christ, alle drei Stufen durchläuft und jedem Lebensabschnitt alles mitnimmt, was ihm der Vater im Himmel zu geben hat. Keine Phase ist unwichtig und wir sollten in jeder Phase so viel Zeit verbringen, wie es unserer geistlichen Entwicklung gut tut. Aber auch nicht mehr! Es ist alarmierend zu sehen, wie viele Christen niemals wirklich aus der ersten Phase herauskommen und ihr Leben als geistliche Kinder verbringen.
Geistliche Kinder
Ein Kind im Glauben hat eben erst, nach seiner Bekehrung, die Anfänge der christlichen Lehre und des geistlichen Lebens erkannt. Es hat begriffen, dass es einen Vater im Himmel, der sich um seine Kinder sorgt, sie schützt und zärtlich liebt.
Geistliche Kindschaft ist davon geprägt zu wissen, dass Dir alle Sünden durch seine Gnade vergeben sind. Das ist eine gewaltige Offenbarung!
Oft ist die Phase der Kinder geprägt von Schwankungen. Das Wort Gottes ist noch nicht bleibend in den Kindern. Das bedeutet, dass noch nicht ihr ganzes Leben von Gottes Wort durchdrungen ist und sie noch nicht fest und unverrückbar auf dem Fundament des Wortes stehen. Kinder haben auch den Bösen noch nicht überwunden und es kann viel Sünde in ihrem Leben geben. All das vergeht, worauf es in diesem Lebensabschnitt ankommt ist, dass Du den Vater im Himmel erkennst und eine übernatürliche Sicherheit in der Sündenvergebung bekommst. Hier wird ein Fundament fürs Leben gebaut. Wer diese Phase überspringt, der zweifelt sein ganzes Leben an Gottes Liebe und Vergebung. Oft kommt es dann im späteren Leben zu Problemen mit der Heilsgewissheit.
Es ist ein Vorrecht, Kind zu sein! Es ist eine große Gnade, unproduktiv und schwankend sein zu dürfen, Schritte in einem neuen Leben machen zu können. Deshalb ist diese Phase so wichtig. Mancher macht nie eine geistliche Kindesphase durch und lebt sein Leben lang mit falschen Bildern vom Vater.
Kein Wunder, dass so wenige Christen richtig reif werden, wenn sie versuchen, um die Kindesphase herumzukommen. Wenn wir nicht den Vater kennen lernen, werden wir niemals junge Männer und Frauen Gottes.
Junge Männer und Frauen
Nach der Kindheit kommt im Geistlichen die Phase, in der wir lernen, unser Leben zu meistern und auf die Reihe zu kriegen. Wir überwinden den Bösen, also den Teufel. Das bedeutet, dass wir die Einflüsse der dunklen Seite hinter uns lassen. Sünde hört auf ein Problem zu sein, Krankheit wird entweder geheilt oder kann unser Leben wenigstens nicht mehr dominieren. Anfechtungen erwischen uns nicht mehr so hart wie früher.
Alles das macht ein geistlich fittes Leben aus. Wir lernen in dieser Phase Disziplin und Hingabe an Jesus.
Anders als geistliche Kinder haben Erwachsene Gottes Wort bleibend in sich. Ihr Leben steht nicht mehr auf dem Fundament des Fleisches, sie sind nicht mehr in erster Linie von dem abhängig, was sie sehen und erleben. Ihr Glaube gründet sich auf das Wort Gottes.
Es ist meistens mit einigen Schwierigkeiten verbunden erwachsen zu werden. Der Schritt vom Kind zum Mann oder zur Frau geht bei manchen zwar wie von selbst vonstatten, wird den meisten aber nicht leicht gemacht. Auch hier stimmt die Analogie zum natürlichen Heranwachsen. Es kann schwierige Übergänge geben, die an eine Pubertät erinnern können. Zwei große Feinde gilt es hier zu besiegen: das Fleisch in dem wir schon seit so vielen Jahren gelebt haben und den Teufel. Wenn beide durch das Wort Gottes besiegt sind (vergleiche Lukas 4,1-13), leben wir in der Fülle des Geistes.
Geistliche Eltern
Diesen Lebensabschnitt erreicht man erst am Ende einer Entwicklung. Es ist der letzte Abschnitt des christlichen Reifeweges. Um ein geistlicher Vater oder eine geistliche Mutter zu sein, musst Du den erkannt haben, der von Anfang an war. Natürlich meint der Apostel hier Gott selber.
Gott war von Anfang an dabei: bei der Schaffung der Gemeinde, der Erwählung Israels, der Erlösung durch Christus, der Gründung der Gemeinde und in jedem geistlichen Leben. Dieses Wissen schafft die Ruhe und Gelassenheit die nötig ist, um anderen zu helfen, sich geistlich weiterzuentwickeln. Das ist die Aufgabe von geistlichen Eltern: wie Eltern ihre Kinder im Natürlichen unterstützen und auf alle Weise in sie hineininvestieren, so investieren geistliche Eltern in das gesunde Wachstum der Kinder und der jungen Leute.
Das ist eine große Aufgabe die ein schweres Opfer erfordert: sich selbst zurück zu nehmen und den Stab weiter zu geben. Die Reife ist erst dann abgeschlossen, wenn wir das getan haben: wenn wir in die nächste Generation investiert haben und geistliche Kinder heranwachsen sehen. Wenn Du ein alter Jünger bist, vernachlässige nicht diesen Dienst, den der Herr Jesus Dir gegeben hat. Die Kinder brauchen niemand, der sie gängelt und bremst. Sie brauchen einen, der ihnen weiterhilft.
Diese Entwicklung kann parallel zur normalen älter werden stattfinden. Muss es aber nicht. Wer mit vierzig zum Glauben kommt, ist eben in dem Alter ein geistliches Kind und es kann sein, dass achtzehnjährige ihm weit voraus sind. Das kann in einer Gemeinde zu Spannungen führen, wenn man unter Umständen gehalten ist die Autorität eines Jüngeren anzuerkennen. An solchen Stellen sind Demut und Sensibilität gefragt.
Onkel Toby schrieb am
12. Oktober 2009 um 10:34Also,
so lesenswert und inspirierend ich Deinen Blog auch finde – manchmal wünschte ich mir doch, dass Du Dich sprachlich ein wenig dem 21. Jhd näheren würdest. 🙂 ‚Fundment des Fleisches‘, wow. Das versteht man wahrscheinlich auch nur, wenn man seit mindestens 20 Jahren die Lutherbibel liest.
Ich halte Paulus‘ Modell übrigens doch eher für unterkomplex (was Modelle natürlich immer sein müssen). In Fowler’s Modell der verschiedenen Stufen des Glaubens (zuletzt von Kester Brewin in ‚The Cpmplex Christ‘ aufgegriffen) finde ich mich da eher wieder, auch, weil der den Focus etwas erweitert.
Martin Dreyer schrieb am
12. Oktober 2009 um 11:08… ich könnte Dir ja Deinen Blog vervolxbibeln …;+)
storch schrieb am
12. Oktober 2009 um 11:17haha, ein gutes Angebot.
Sam K. schrieb am
12. Oktober 2009 um 11:19Vielen Dank für diese Auslegung des Textes aus dem Johannesbrief. Allerdings würde ich mich meinem Vorredner Onkel Toby anschließen. Fowler stellt das Gleiche noch etwas differenzierter dar, wenn ich in meinem Studium richtig aufgepasst habe. Trotzdem kennen viele Christen noch nicht einmal diese drei Stufen. Das ist schade und schwierig, vor allem in der Gemeindearbeit, wenn man mit vielen geistlichen Kindern zu tun hat, die deutlich älter als man selbst sind. Auch da erfordert es viel Demut und Sensibilität, die mir an vielen Stellen noch fehlt.
Über die Stelle muss ich mal eine „einfühlsame“ Predigt schreiben. Da bietet dieser Post schonmal eine gute Grundlage zum Weiterdenken.
storch schrieb am
12. Oktober 2009 um 11:29herzlich willkommen, samuel,
ich gebe dir und OT recht darin, dass es komplexere und bessere ansätze gibt um geistliches wachstum in stufen zu unterteilen. aber da es mir mehr um bibel ging als um wachstumsstufen habe ich die natürlich nicht berücksichtigt.
optimizer schrieb am
12. Oktober 2009 um 12:29wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…(Witz)
von der Wiege bis zur Bahre-Kommentare,Kommentare…
soenke schrieb am
12. Oktober 2009 um 16:31ich wage es ja kaum zu schreiben 😉
..aber wo kommt bloß diese auslegung her??
ich finde es ziemlich eindeutig, dass der schreiber hier eine (!) geistliche wirkichkeit beschreibt, von der er etwas den kindern, etwas den jungen männern und etwas den vätern zuspricht.
mit geistlichen stufen hat das überhaupt nichts zu tun:
„den zu erkennen, der von anfang an ist“ ist nicht nur sachlich das selbe wie „den vater erkennen“, es ist vor allem bestimmt keine „höhere stufe“:
gott zu erkennen beschreibt den anfang des christseins!
aber wer hier unbedingt ein stufenmodell erkennen möchte, wird sich vermutlich nicht stören lassen..
sönke schrieb am
12. Oktober 2009 um 16:32oh..bitte die adresse entfernen, vielen dank!!
storch schrieb am
12. Oktober 2009 um 20:13gerne
Helmut schrieb am
12. Oktober 2009 um 22:10Ich finde den Artikel gut..:-)
Lese siet 30 Jahren die Elberfelde(Vielleicht sinds auch nur 28 Jahre)
Habe wohl in meiner Babyzeit, als ich das Böse noch nicht überwunden habe noch die Lutherübersetzung gelesen 🙂
Zwischen dem Vater, und dem der von Anfang an ist kann man, wenn man will schon einen Unterschied sehen.
Daß man Gott als Vater sehen kann, ist, denke ich, auch erst seit Jesus so richtig bekannt.
Kind sein sehe ich auch nicht unbedingt als niedrige Stufe an.
Praktisch kenne ich alle 3 Stufen, aber bei jeder Stufe müßen noch einige Erfahrungen nachgehohlt werden.
Aber wie gesagt mir gefällt der Artikel.
jansalleine schrieb am
12. Oktober 2009 um 23:22Ich finde es ist ein nettes Bild, aber inwiefern es wirklich hilfreich ist es auf „geistliche Entwicklung“ zu beziehen ist fraglich. Entwicklung im allgemeinen ist ja selten bis nie linear. In den letzten Jahren komme ich auch immer mehr davon ab, den Mensch als einzelnes Individuum zu betrachten. Mir scheint die Qualität des geistlichen Lebens doch sehr von Gemeinschaft und Interaktion abzuhängen. Geistliche Tiefe bildet sich immer irgendwie abstrakt, über-individuell aus. Es ist irgendwie nichts, was der Einzelne wirklich besitzen und festhalten kann. Ob wir Kind, Jüngling oder Vater sind lässt sich vermutlich gar nicht eindeutig raumzeitlich bestimmen, sondern entscheidet sich immer wieder neu in der Interaktion mit anderen.
Ich zumindest kenne keinen Menschen, von dem ich sagen würde, er wäre mir gänzlich geistlich vorraus, genauso wenig wie einen, von dem ich sagen würde, er läge geistlich gänzlich hinter mir zurück.
Machen wir uns nichts vor: wir verändern uns zwar im Laufe unseres Leben stetig, aber dennoch sind uns charakterliche Grenzen gesetzt. Und würde sich jemand in vielerlei Hinsichten als „Vater“ sehen, so gäbe es eben doch mindestens eine Sache, in welcher jemand, den man in jenen Hinsichten als „Kind“ einsortieren und der einen anderen Charakter besäße dem ersten der „Vater“ wäre – „unaufholbar“.
Ich würde gar so weit gehen provokant zu formulieren: das, was wir als unser „persönliches, geistliches Leben“ empfinden ist reine Illusion. Außerhalb des Gesamtleibes gibt es gar kein „geistliches Leben“; vermutlich nicht einmal Geist.
Ich glaube, wir heute (mich eingeschlossen) denken viel zu oft in den Schranken unserer individualisierten Sozialisation, um das wahre Ausmaß und die Größe des Gleichnisses von der Gemeinde als lebendigen Leib und Christus als Haupt desselben wirklich zu begreifen.
Stephan Zöllner schrieb am
6. April 2010 um 15:15Zitat: „Johannes hat die Gemeinde an die er seinen ersten Brief geschrieben hat in drei geistliche Reifegrade eingeteilt und dafür Begriffe genommen, die uns allen bekannt sind: Kinder, junge Männer und Väter.“
Das halte ich durchaus für „etwas gewagt“ und ist meiner Meinung nach mehr in den Text hinein-interpretiert (eis-egese) als EX-egese.
Wir müssen zuerst einmal davon ausgehen, daß Johannes hier die ganz wörtlich zu verstehenden Altergruppen in der Angeschriebenen Gemeinde oder Gruppe ganzheitlich angesprochen wissen will.
Allein weil am Beginn des Birefes die sonst übliche Anrede an die Empfänger fehlt kann man durchaus davon ausgehen, dass Johannes das in den genannten Versen „nachholt“ und das bewußt thematisch mit einbindet …
Dass Johannes nur auf drei Stufen differenziert wäre – bei allem Respekt – ein Armutszeugnis für seine Lebenserfahrung oder eigene geistliceh Reife zu bewerten.
maranatha Stephan