03. Juni 2009 7
Walter Jens – Römerbrief 1 – Kapitel 1
Auch wenn es ungewöhnlich ist folge ich dem Ansatz, den Jens gewählt hat und gebe in den Zitaten keine Versangaben sondern Seitenzahlen an. Ich fand es sehr interessant, den Brief einmal nur nach Kapiteln und nicht Versen unterteilt zu lesen. Auch das ändert schon die Perspektive. Im ersten Kapitel seines Briefes schreibt Paulus über die gute Botschaft und
die große Macht, Menschen aller Völker
zum Gehorsam im Glauben zu führen1
Das Evangelium ist in der Tat eine Macht. Etwas kraftvolles, das in der Lage ist etwas auszurichten. Es kann sogar etwas ausrichten mit dem es völlig allein dasteht: einen Menschen vor Gott gerecht werden zu lassen und ihm eine Beziehung zu Gott selbst zu vermitteln. Wie beruhigend ist es, dass Paulus diese Macht nicht für sich selbst beansprucht und unumwunden zugibt, dass er diese Macht durch die Gnade Jesu hat. Die Macht liegt nicht in Menschen sondern in Gott und seiner guten Nachricht.
Das unterscheidet den christlichen Glauben von allen Formen religiöser Guru-Verehrung. Der Glaube ist unabhängig von Menschen und beruht auf Gottes Offenbarung und Gnade.Es geht auch nicht um den Gehorsam einem Menschen gegenüber sondern um den Gehorsam des Glaubens.
Der Weg des Glaubens und die Herrlichkeit Gottes sind schon immer offenbart gewesen.
Deutlich liegt es zu Tag.
Seitdem die Welt geschaffen worden ist,
leuchtet im Dunkel das Verborgene:
Gottes ewige Macht,
sichtbar für alle Menschen,
die bereit sind.2
Seit jeher gibt es dieses Verborgene, das im Dunkeln leuchtet. Zu allen Zeiten gab es die Möglichkeit Gott zu finden. Die Variable war niemals Gott sondern immer schon der Mensch. Gott ließ sich finden, aber nicht alle waren bereit ihn zu suchen. Der Weg des Glaubens ist immer eine Suche. Selbst wenn wir Gott gefunden haben gibt es noch so viel zu entdecken, dass wir niemals alles verstehen und haben werden. Die Menschen die bereit sind für (mehr von) Gott sind diejenigen, die ihn suchen und nicht nachlassen, bis sie ihn gefunden haben.
Was ist mit den anderen, denen die das Verborgene nicht im Dunkel leuchten sahen?
(sie sind) dem Geschaffenen dienend
und nicht, in Ehrfurcht, dem Schöpfer,
der gepriesen sei für alle Zeiten.3
Man kann nur einem dienen, entweder der Schöpfung oder dem Schöpfer. Der Sinn des Lebens ist es, durch die geschaffene Welt wie durch einen Vorhang durch zu schauen und dem Schöpfer zu begegnen. Leider fällt das vielen schwer und sie bleiben in dieser Welt hängen. Das Geschaffene ist vieles: Musik, Macht, Sex, Spaß, Geld, Erfolg, Karriere, Rebellion, Auflehung – was auch immer. Was uns den Blick auf das Eigentliche, Echte versperrt ist das Geschaffene, durch das wir hindurchschauen müssen um dem einen Gott zu begegnen.
Natürlich hat es Auswirkungen so zu leben. Ein Leben ohne Gott kann nicht ohne Konsequenzen in Zeit und Ewigkeit sein. So schreibt Paulus, dass durch diese Unabhängigkeit von Gott alles mögliche schlechte in den Menschen und die Welt kommt. Wir werden womit wir uns beschäftigen: „göttlich“ durch das Leben mit Gott, „weltlich“ durch das Leben in der Welt. So kann Paulus die Menschen ohne Gott am Ende so charakterisieren:
(Sie sind) ohne Herz und Verstand in all ihren Taten.
Kein Schuldbewusstsein,
keine Verantwortung für andere Menschen.4
- Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 7 [↩]
- Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 10 [↩]
- Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 11 [↩]
- Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 12 [↩]
5 Kommentare
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[…] arbeitet in seinem Blog gerade diesen Brief durch und fast jeden Tag kommt ein Kapitel hinzu. Für jeden der diesen Brief durcharbeiten will ist […]
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[…] ist und sie Gut und Böse verwechseln. Das kommt daher, dass sie ihr Leben nicht Gott unterstellt haben. Jesus war anders. Er starb nicht für eine gute Sache. Nicht einmal für einen Gerechten. Er starb […]
Arkadius schrieb am
3. Juni 2009 um 10:06Du hättest in die Reihe Musik über Sex bis Auflehnung noch die Bibel hinzufügen müssen, diese scheint mir im christlich-bildungsbürgerlichen Buchregal ein ähnlicher Fetisch zu sein, wie alles andere was da steht. Nein, es macht tatsächlich keinen Sinn immer nur vor dem Großen, Erhabenen, Genialen zu knien ohne selbst Schöpfer zu werden. Aber anstatt die gesamte Menschheit über einen Kamm zu scheren, sollte man akzeptieren, daß der Weg zum Schöpfer eigentlich nur ein höchst individueller sein kann. So manch einer kann im Sex ein solches Evangelium entdecken, daß es ihn sich selbst finden läßt, ihm eine unglaubliche Inspiration gibt. Ein anderer verehrt die Bibel und ihr Gesetz und wird dadurch ein „genialer“ Prediger und der nächste erkennt in der Musik die Schönheit kosmischer Harmonie und wird Komponist.
Ja, das Geschaffene, der Fetisch ist etwas zutiefst ambivalentes. Es gibt aber den Weg, der mich vom Fetisch befreit: Rebellion und Auflehnung!
Arkadius schrieb am
3. Juni 2009 um 10:40Die Formulierung mit der kosmischen Harmonie war nicht ganz richtig. Es ist das kosmische Wechselspiel von Dissonanz und Harmonie, Krieg und Frieden.
Quincy schrieb am
3. Juni 2009 um 14:53Hmm – ist es nicht eher so, dass die Verlockungen der Welt einfach verhindern, dass der Same auf fruchtbaren Boden fällt. Es ist einfach leichter diesen Verlockungen nachzugeben, als sich dem Gehorsam im Glauben zu unterwerfen.
Dass man Gott auf ganz indivduellen Weg finden kann (und er sich auch finden lässt), können denke ich tausende von Christen bestätigen. Für fast jeden war der Weg ein anderer und genau auf ihn zugeschnitten.
Nur ob man das Angebot dann annimmt oder lieber auf der breiten Straße weitergeht, dass ist die Entscheidung die man treffen muss. Verlockungen der Welt gegen Evangelium – für die meisten eine leichte, wenn auch falsche Entscheidung.
Arkadius schrieb am
3. Juni 2009 um 15:15Das Wort Verlockung ist in einer solchen Gegenüberstellung fehl am Platz. In dem, was ihr Christen Evangelium nennt, liegt auch eine Verlockung, und zwar das ganze als Antidepressivum zu nehmen indem man meint, da sei ein lieber Jesus, der mich liebt wie ich bin, obwohl ich zu faul bin mich zum Schöpferischen aufzuraffen. Antidepressiva machen abhängig, auch wenn die Leute, die sie verschreiben das Gegenteil behaupten.
Das Christentum ist die breiteste Straße die’s je gab.
Wolfgang Molzahn schrieb am
10. Mai 2014 um 19:47Danke für diesen gelungenen und klaren Artikel. Das Wechselspiel zwischen Ihren Ausführungen und der etwas anderen Übersetzung ist einfach nur schön zu lesen und es freut mich, dass Sie beim WORT bleiben.