17. April 2009 6

nicht mal drüber reden

3 Unzucht aber und alle Unreinheit oder Habsucht sollen nicht einmal unter euch genannt werden, wie es Heiligen geziemt;
4 auch Unanständigkeit und albernes Geschwätz und Witzelei, die sich nicht geziemen, statt dessen aber Danksagung.
5 Denn dies sollt ihr wissen und erkennen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – er ist ein Götzendiener – ein Erbteil hat in dem Reich Christi und Gottes. (Epheser 5,2-5 Elberfelder)

Wie man nicht über Sünde redet
Nachdem ich mich bekehrt habe, kamen auch einige andere zum Glauben. Zunächst waren es alte Freunde, danach auch Leute, die ich vorher nicht kannte. Einen habe ich z.B. beim Trampen getroffen.
Wir haben zu dieser Zeit sehr viel gebetet, gesungen und uns über Gott unterhalten. Es gab aber ein Gesprächsthema, das immer wieder auftauchte und das sehr ungesund war: das alte Leben. Je mehr wir uns vom Sex, Drugs and Rock’n’roll-Lebensstil entfernten, umso verklärter erschien die Zeit. Die Geschichten wurden immer lustiger. Sie entsprachen im Laufe der Zeit sicherlich auch immer weniger der reinen Wahrheit und enthielten immer mehr Anglerlatein. Irgendwann fiel uns auf, dass wir nicht mehr nur Christus transportierten sondern auch unsere Vergangenheit und dass es den jungen Leuten, die dazu kamen, schwerer fiel zwischen dem zu unterscheiden, was gut war und dem, was schlecht.
Unsere Erzählungen weckten eine ungesunde Sehnsucht danach bestimmte Dinge im Leben hinter sich zu haben oder sie eben noch zu erleben. Wir transportierten gleichzeitig eine Faszination der Sünde und das Leben mit dem Heiligen Geist.
So ging das nicht weiter! Seit dem bin ich sehr vorsichtig mit alten Geschichten und erzähle fast nie etwas. Es ist schlecht, wenn Sünde fasziniert und noch schlechter, wenn sie durch uns an Faszination gewinnt.

Nicht über Unzucht und Habsucht und derlei Dinge zu reden, heißt nicht, sie tot zu schweigen. Es bedeutet, sie nicht zum Gesprächsthema zu haben um sie zu verherrlichen und schlechte Sehnsüchte zu wecken. Natürlich sollen wir darüber reden und über Gottes Maßstäbe sprechen, aber wir sollen nicht Sünde als etwas nettes oder schönes darstellen. Wir sollen niemanden in Versuchung führen indem wir Sünde einen Platz einräumen, der ihr nicht gebührt.
Es gibt im Christentum einen Voyeurismus, der sich an Sünde erfreut. Wir würden verschiedene Sachen  niemals tun, aber wir kennen uns sehr gut damit aus. Unter einem dünnen Deckmäntelchen des Abscheus wissen wir alles über Ehebruch, Geiz und solche Sachen und hören auch immer mit einer großen Faszination hin, wenn jemand erzählt, was er vor seiner Bekehrung alles gemacht hat. Um ehrlich zu sein, habe ich die ganzen christlichen Zeugnisbücher, die ich über die Jahre bekommen habe, immer nur bis zur Bekehrung gelesen. Als Walter Heidenreich nicht mehr gekifft hat, oder Rocky nicht mehr auf der Reeperbahn hing, hat es mich nicht mehr interessiert.
Diese Beschäftigung ist gefährlich, denn sie weckt Sehnsüchte oder hält sie mindestens am Leben. Dinge, die wir nie tun wollen, fangen immer im Denken an und wir sollten vorsichtig damit sein was wir in unsere Gedanken lassen. Keith Moore erzählte mal die nette Geschichte wo er bei einem Autohändler war und sich schicke Sportwagen anschaute. Der Händler kam und fragte: „kann ich helfen?“ Keith antwortete: „nein danke, ich schaue nur.“ Worauf der Händler antwortete: „So fängt es immer an!“
Recht hat er, so fängt es immer an; mit einer Beschäftigung, nur mal schauen, ein wenig drüber nachdenken. Andrew Wommack sagte mal etwas sehr kluges: „Du kannst nicht zu etwas versucht  werden, was Du nicht denkst“. Das stimmt und deswegen ist es besser, darauf zu achten was Du in Dich hineinlässt und gleich einen Bogen um Themen zu machen, die Dir gefährlich sind.
Ich höre mir z.B. keine schmutzigen Witze an wenn ich es vermeiden kann. Ich gehe lieber weg und lade mir nicht noch etwas auf die Festplatte was ich nicht haben will. Man kann den Quatsch nachher nicht mehr löschen, deshalb lasse ich es lieber runter. Ich habe genug Unsinn im Kopf, da muss nichts mehr zu kommen. Ich schaue mir auch keine Handyvideos an, die mir geschickt werden. Außer wenn ich weiß, dass mir die entsprechende Person nichts schlüpfriges oder brutales schickt. Ich weiß, dass es da schlimme Sachen gibt und die will ich gar nicht sehen.

Das Reich nicht erben
Paulus verbindet Sünde hier wieder einmal mit einer drastischen Warnung. In Römer 6,23 hatte er schon davor gewarnt, dass Sünde den Tod bringt. Jetzt sagt er, dass Menschen, die in Habsucht oder Unzucht leben, Gottes Reich nicht erben werden. Das interessiert mich sehr, denn ich will Gottes Reich erben.
Ich war immer schon der Ansicht, dass es sich hier nicht um den Himmel handeln kann, denn der Himmel hat nichts mit Lebensstil sondern mit dem Glauben an Jesus Christus zu tun. Alles andere hieße, dass man sich den Himmel verdienen kann. George Eldon Ladd hat ein sehr interessantes und wichtiges Licht auf die Auslegung dieser Stelle geworfen. In „the Gospel of the Kingdom“ schreibt er:

The primary meaning of both the hebrew word malkuth in the Old Testament and of the greek word basileia in the New Testament is the rank, authority and sovereignity exercised by a king. A basileia may indeed be a ream over which a sovereign exercises his authority; and it may be the people who belong to this realm and over whom authority is exercised; but these are secondary and derived meanings. First of all, a kingdom is the authority to rule, the sovereignty of the king.1

In dieser Stelle geht es um die Fähigkeit, Gottes Regentschaft in unserem Leben und Dienst umzusetzen. Das ist Gottes Königreich heute. Wir können Kinder Gottes sein und dennoch ist unser Leben ein einziges Chaos: die Ehe läuft schlecht, Finanzen gehen drunter und drüber, wir leben von einer Katastrophe zur nächsten. So sollt es nicht sein!
Der Gedanke der Königsherrschaft ohne ein Reich wird vermutlich einigen als sehr abstrakt erscheinen. Ist er aber eigentlich nicht. Wir glauben alle, dass Gott der höchste König der Welt ist. Dennoch gibt es offensichtlich Gebiete in der Welt, in denen er nicht regiert. Das geht soweit, dass Paulus den Teufel als Gott dieser Welt bezeichnet (2.Korinther 4,4). Man kann also König sein, ohne zu regieren. Es ist dasselbe bei Lehrern. Sie studieren, machen ihren Abschluss und am Ende das Referendariat. Danach sind sie Lehrer, haben aber keine Garantie einen Job zu kriegen. Einen Lehrer macht es nicht aus, dass er eine Klasse hat. Aber weil er ein Lehrer ist, hat er die Fähigkeit eine Klasse zu haben.
Ein Grund dafür, dass wir nicht die Fähigkeit haben, Gottes Autorität in unserem Leben und unserer Umgebung umzusetzen ist, dass wir eine zu liberale Einstellung der Sünde gegenüber haben. Wir beschäftigen uns zuviel und zu positiv mit ihr, geben ihr zuviel Raum in unserem Leben. Man kommt nicht in göttliche Kraft und Autorität hinein wenn man sich um die Welt und ihre Versuchungen dreht. Das ist ein sehr großes Gegengewicht zu einem Leben in Gottes Geist.
Erben
Der Zusammenhang zwischen einem Erben des Reiches, also dem Leben in Kraft, und einer sauberen Einstellung gegenüber der Welt und der Sünde ist Reife. Paulus schreibt an anderer Stelle folgendes über das Erben:

Ich sage aber: solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in nichts von einem Sklaven, obwohl er Herr über alles ist; (Galater 4,1 nach der Elberfelder)

Erbe hat im biblischen Zusammenhang mehr mit Reife zu tun als mit dem Tod des Erblassers. Das ist auch gut so, denn es ist mit Sicherheit nicht davon auszugehen, dass Gott stirbt und uns sein Reich hinterlässt. Da wir ja nun verstanden haben, dass es sich bei seinem Reich auch nicht notwendigerweise um einen geographischen Herrschaftsraum handelt, würde das ja auch gar keinen Sinn ergeben. Ein solches Königtum erbt man nicht so wie wir uns das vorstellen.
Solange der Erbe noch zu jung oder unreif ist, erbt er nichts. Man würde über Rechtsgeschäfte mit ihm genauso wenig reden wie mit der Küchenhilfe oder dem Gärtner. Erst die Reife macht ihn mündig und zu jemandem, dem man etwas anvertrauen kann.
Diese Reife zeigt sich offensichtlich zumindest teilweise im Umgang mit Sünde und der Erkenntnis, dass sie nichts ist mit dem man spielen kann und dass es auch brandgefährlich ist, sie zu verherrlichen.

Über dieses Thema hätte ich noch viel zu sagen und zu schreiben. In mir wächst immer mehr der Gedanke, mal ein Seminar zum Thema Sünde zu erarbeiten und zu halten. Wir reden zu wenig darüber und kennen unseren Feind nicht gut genug um ihn besiegen zu können.

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  1. Ladd, George Eldon (1959): The gospel of the kingdom. Scriptural studies in the kingdom of God. Grand Rapids Mich.: Eerdmans, S. 19 []

6 Kommentare

  1. Hm. Der Feind die Sünde!!!!? Mir fällt da als Beispiel u.a. gerade spontan
    Joe Cocker am Woodstock, ende der 60er Jahre ein… Bob Dylan, Simon&G. u.a. gehörten da ebenfalls in diese Sparten… Ich denke Stars u. Rock Größen
    ihrer Zeit, (wo man ja mega viele aufzählen kann), waren gerade im Sex, Drugs, & Rockn Roll Sumpf stark versackt… Einige sind sogar daran gestorben… Ich denke dies ist was du im post auch ansprichst, oder??
    Andere haben ihr Leben aber wieder auf die Reihe gekriegt… 😉
    Wenn Joe Cocker seinerzeit 2 Fl. Whiskey trank, sich sämtlichen
    DrogenPartys ergab, sind viele dieser Leute aber wieder auf nen
    guten Weg gekommen… Und diese Leute bewundwere ich auch… 🙂
    Ich finde es einfach geil wenn jemand wieder zu Gott findet und seine ‚Sünden‘ und den ganzen Mist den er vergeigt hat abgeben kann.
    Und Jesus vergibt die Schuld. Jesus nahm die Schuld für unsere Sünde auf sich. Damit wir krass leben können. Ewiges Leben haben. Und einmal bei ihm
    im Himmel sein werden… Dafür lohnt sich ein Leben für den Herrn.
    Yes Lord! You are My King! Praise the Lord! ***jesus-rocks***
    (Dies schrieb ich gerade im Inet Café am Hauptbahnhof in Cologne.
    Habe Alex eben noch ne mail geschickt. Komme jetzt erstmal nicht mehr
    ins Inet. Habe gleich eine Stadtführung von Bee.
    Sehen uns dann heute Abend.
    Bis denne Björne 🙂

  2. haha.. stimmt, dass man bei leuten mit krasser vergangenheit oder so schon gern zugehört hat wenn sie die aufregenden sachen erzählen aus ihrer zeit als rocker oder so…. und beim rockybuch war tatsächlich der erste teil besonders spannend…. genauso wie „das kreuz und die messerhelden“ oder „flieh kleiner flieh“ am meisten zum lesen verlocken, wo noch die harten gang-sachen vorkommen und nicht später wo alle heulend buße tun…
    auf der anderen seite ist es natürlich wichtig im richtigen rahmen über sachen reden zu können, austausch usw., nicht zum glorifizieren aber um sich z.b. gegenseitig zu helfen oder manchmal alleine schon damit man nicht denkt, man ist damit alleine und nicht in selbstverdammnis ersäuft

  3. Jau, bei dem Post muss ich mir ja mal richtig an die eigene Nase fassen: ich hab ja so einen Hang dazu, mich eher „schlechter“ darzustellen, als ich es eigentlich bin. Find ich aber wirklich schwierig da den „richtigen Dreh“ rauszukriegen. Zum einen kann ich durch meine Art sehr oft Bindeglied sein für extreme Atheisten oder sonstwelche abgedrehten Spezis – auf der anderen Seite hab ich auch automatisch ein schlechtes Gewissen, wenn sich mal jüngeres Christenvolk in der Gemeinde versammelt, dahingehend, dass ich denke: nicht dass die mich noch als Vorbild nehmen und meinen, man MÜSSTE den ganzen Scheiß durchmachen.

    Das Problem ist: ich habe jede Menge scheiße durch – und kann auch einfach schlecht ausklammern, dass dem nicht so war. Auf der anderen Seite versuche ich schon immer klar herauszustellen, wo der Hase mittlerweile langläuft.

    Ich halte es mittlerweile so: es ist „verbal“ quasi „alles erlaubt“, wenn am Ende dabei herauskommt, dass Jesus die absolute Nummer Eins und das Beste, was mir je passierte, ist. Denn ich glaube, damit ist man am glaubwürdigsten, wenn man erstmal darstellt, was für „pseudo“-coole Kacke man alles durchhat, um dann dazu überzugehen, darzulegen, was wirklich das tatsächlich „coole“ ist.

    Aber ich kenne es natürlich auch anders und ich krieg jedesmal das Kotzen, wenn ich morgens aufwache und mein erster Gedanke ist: „Warum hast Du Vollidiot nicht am Ende von Gespräch X auf Jesus verwiesen?“

    Glücklicherweise kommt das immer seltener vor und die meisten „lockeren Runden“ enden dann doch damit, dass ich den Leuten einen von Jesus vorschwärme.

    Wenn das dann mal nicht der Fall war gibt es noch ein anderes „schlechtes Gefühl“ [eben nicht nur das schlechte Gewissen], durch welches Gott einem den Weg weist: ich schäme mich zutiefst.

    Und solange ich nicht mit jeder Faser meiner Existenz Gott verherrliche, werde ich mich weiter schämen. Klar sind wir gerettet, aber man sollte auch nicht vergessen, dass es darum geht Menschenleben zu retten – das ist unsere Verantwortung, unser Job als Christen.

    Es geht nicht darum regelmäßig „Vereinstreffen“ [abfällig für „Gottesdienst“] beizuwohnen, sich gesund zu ernähren, nur mit der eigenen Frau zu schlafen und auf keine Fliege zu treten, sondern es geht um Leben und Tod – und zwar im absoluten Sinne.

  4. Ja, dass stimmt.

    (So nebenbei: Ich stelle fest, dass ich so lange Post nicht mehr bis zum Ende lesen kann. Nach 3/4 folge ich schon nicht mehr oder lese quer. Nur so als Info, vielleicht geht es ja anderen auch so.)

    Aber ich denke auch, dass es wieder dran ist, über das Thema Sünde zu predigen und zu reden, zu schreiben und zu lesen.
    Im Grunde sehnen sich viele Menschen dannach, dass mal jemand sagt, was scheiße ist (und was nicht). Gerade die heutige Generation. Man spürt das irgendwo, auch wenn man ohne Moral aufgewachsen ist, dass einiges was läuft nicht gut ist.

  5. Ja, dass stimmt.

    Aber ich denke auch, dass es wieder dran ist, über das Thema Sünde zu predigen und zu reden, zu schreiben und zu lesen.
    Im Grunde sehnen sich viele Menschen dannach, dass mal jemand sagt, was scheiße ist (und was nicht). Gerade die heutige Generation. Man spürt das irgendwo, auch wenn man ohne Moral aufgewachsen ist, dass einiges was läuft nicht gut ist.

    (So nebenbei: Ich stelle fest, dass ich so lange Post nicht mehr bis zum Ende lesen kann. Nach 3/4 folge ich schon nicht mehr oder lese quer. Nur so als Info, vielleicht geht es ja anderen auch so.)

  6. ich gebe zu, dass das immer recht lange posts sind. ich nutze halt einen synergieeffekt: wenn ich schon eine predigt vorbereiten muss, kann ich mich ja zwingen, sie zu schreiben (echt schwer für mich) und habe dann einen blogpost gewonnen. aber sie dann noch zu kürzen ist mir zu stressig.

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