07. März 2009 8

Empirie und Geschichte

Hume hob hervor, es gebe keine zeitgenössischen Analogien zu solchen neutestamentlichen Wundern wie z.B. der Auferstehung, so dass der Leser des Neuen Testaments vollkommen auf das menschliche Zeugnis über solche Wunder vertrauen müsse. Aus Humes Sicht musste als Axiom gelten, dass – angesichts des Mangels an gegenwärtigen Analogien – ein menschliches Zeugnis ein angemessener Beweis für das Ereignis eines Wunders sein könne. Reimarus und Gotthold Ephraim Lessing bestritten, dass das menschliche Zeugnis über ein vergangenes Ereignis (wie über die Auferstehung) für seine Glaubwürdigkeit hinreichend sei, wenn ihm die gegenwärtige unmittelbare Erfahrung zu widersprechen scheine – unabhängig davon, wie gut das ursprüngliche Ereignis bezeugt gewesen sein mag. ((MacGrath, Alister E.; Wiese, Christian (1997): Der Weg der christlichen Theologie. Eine Einführung. München: Beck, S. 105))

Ich verstehe diesen Ansatz sehr gut. Umso deutlicher ist es, dass die Gemeinde Jesu sich der Welt in Kraft zeigt und nicht in leeren Worten. Kraftlosigkeit ist eine offene Wunde aus der wir seit Jahrhunderten bluten. Von wenigen glorreichen Ausnahme ist die Geschichte des Christentums in den letzten Jahrhunderten keine Geschichte der übernatürlichen Kraft. An dieser Stelle bieten wir der ungläubigen Philosophie ganz einfach zu viel Angriffsfläche!

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8 Kommentare

  1. Finde ich schon heftig, dass es den Leuten egal ist, wie gut das Ereignis belegt ist. Nur weil es dazu kein zeitgenössisches Pentant gibt.
    Wieviele geschichtliche Ereignisse wiederholen sich denn? Hoffentlich nicht allzu viel negative…

    Abgesehen davon, gab es ja immer wieder Totenauferweckungen. Fragt sich nur, wie gut das belegt sein muss, um dann wieder zu gelten. Da kann es wohl wiederum nicht stichfest genug belegt sein.

    Trotzdem bleibt es dabei: Es muss mehr Kraft in den Leib Christi!

  2. @Jocky:
    Ich glaube, auch die größten Atheisten werden durchaus zugestehen, dass es da mal eine Zeit gab, in der ein gewisser Jesus über diesen Planeten lief und Dinge tat, die die Menschen damals als „Wunder“ bezeichneten.

    Aber wenn diese Wunder eben nur noch in Form von Überlieferungen vorliegen – dann zieht der gemeine Atheist den Schluß, dass die Auffassung das seien Wunder gewesen schlichtweg an der fehlenden Aufklärung lag und wenn dann auch noch unter Christen selbst nichts von der Kraft zu spüren ist, von der die Bibel erzählt, dann wird der Atheist nicht ganz unberechtigt sagen (und der Agnostiker fühlen): „Gott ist tot.“

    Kurz nach meiner Bekehrung ist jemand, wie heisst es so schön, „vom Glauben abgefallen“, der sehr bibelfest war, ziemlich engagiert in der Gemeinde und auch sehr engagiert dabei, mir als ich Atheist war den Glauben an Gott näher zu bringen. Es war eine ziemlich komische Situation. Ich hatte mich gerade Gott zugewandt, weil ich eine intensive Gotteserfahrung gemacht hatte und ich nicht mehr anders konnte als zu sagen: „Gott ist real!“ und er begründete seinen Weggang damit, dass er Gott in all den Jahren nie erfahren oder gespürt hätte. Er habe einfach nur ein religiöses Programm abgespult um dazu zu gehören.

    Und ganz ehrlich: ich wäre sicher nicht immer noch Christ, wenn ich nicht immer wieder und wieder aufs Neue Gott erleben würde.

    Klar kann ein bisschen Bibel lesen, sich Zeugnisse und Predigten reinziehen und auch z.B. in diesem Blog stöbern manchmal durch schwere Zeiten helfen, aber je länger nichts krasses passiert ist in meinem Leben, desto härter wird es „Gott die Stange zu halten“.

    Ich hatte im übrigen letzte Woche so eine Situation. Ich war mit meinem agnostischen Gitarristen auf das ein oder andere Bier unterwegs und das Thema kam auf den Glauben und in der letzten Kneipe lernten wir eine Prostituierte kennen. Anfangs schien alles „normal“ zu sein und dann irgendwann fing sie an, uns ihr Herz auszuschütten – sie sagte, sie habe nur noch ein halbes Jahr zu leben und so weiter … Am Ende fiel mir nichts schlaueres ein, als ihr einfach die Hand auf die Stirn zu legen und im Namen Jesu zu segnen ( wie in diesen schlechten Ami-Videos, die ich so hasse 🙂 ) – sie brach unter Freudentränen zusammen und umarmte mich.

    Ich habe beim Nachhausegehen meinen Gitarristen schlichtweg gefragt, wie er jetzt all das nach seiner Logik erklären wolle; und ihm fiel nicht viel schlaues ein. Er stammelte eigentlich nur: „das war echt krass, was Du da gerade gemacht hast. Ich glaube, Du hast der echt geholfen.“ –

    Aber auch so etwas wird vermutlich weder ihn noch sie direkt zu Gläubigen machen. Ich habe letztens selbst noch darüber sinniert, wieviele Indizien sich bei mir bereits angesammelt hatten für die Realität Gottes und wie lange es sich hingezogen hat, bis ich diese Indiziensammlung als Beweis akzeptiert habe.

    Wenn Jesus in einer von Mythen und Magie durchzogenen Kultur große Wunder vollbrachte und trotzdem nicht auch den Letzten für sich einnehmen konnte, wieviel Wunder mehr brauchen wir dann wohl heute in unserer aufgeklärten, wissenschaftlich geprägten Welt, um auch nur einen Einzigen zu retten?

  3. @ frollein friede
    cooles Zeugnis. Einer verzweifelten Frau mal eben die Hand aufzulegen bedeutet doch soviel Gottvertrauen zu besitzen, dass er eingreift, was er ja auch getan hat. Diese Frau kann zumindest nicht mehr behaupten, sie wäre Gott und der Welt egal.

  4. hallo.
    was ich mich frage, ist warum jesus so oft seine jünger und auch geheilte anhielt, nicht über die wunder zu sprechen. ist es da nicht oft so, dass hinter dem wunsch nach mehr übernatürlichen unser verlangen steht, dass Gott sich so zeigt, wie wir ihn uns wünschen und vorstellen (wie WIR ihn gern hätten) – in etwa wie petrus in mk 8, 31ff? in etwa wie die juden damals, die sich ihren messias eher als einen superheld gewünscht hätten, der z.b. mal den römern zeigt wo’s langgeht? stattdessen erzählt Jesus allen etwas von kreuz auf sich nehmen, demut, usw.
    sicherlich, das muss sich ja nicht gegenseitig ausschließen. gut fand ich auch, was du, storch, im zusammenhang mit heilung mal erzählt/geschrieben hast. dass Gott doch gutes für uns will, warum sollte er uns das verwehren..
    naja, das sind meine fragen in dem zusammenhang. mal sehen, was die kommentare hergeben.
    gruesze

  5. hi jens,

    nachfolge ist natürlich immer der kontext in dem alles steht. auch heilung usw. in der apostelgeschichte ist es ja ganz offensichtlich, dass mehr kraft und herrlichkeit nicht immer mehr an (äusserlicher) lebensqualität mit sich bringt. es kann auch mehr leiden, gefängnis usw. nach sich ziehen.
    ich denke, dass jesus manchmal um schweigen bat weil er sich sonst gar nicht mehr in der öffentlichkeit zeigen konnte. erinnert mich an eine geschichte von reinhard bonnke, wo er auf einer evangelisation nicht predigen konnte, weil zu viele menschen da waren und es ein sicherheitsrisiko gewesen wäre.

    @ FF: wow.

    @ jocky: wenn dir 300 leute sagen würden, dass ihnen vor zwei wochen eine sprechende ente shakespearesonette aufgesagt hätte, würdest du es nicht glauben, oder? obwohl das ein gut dokumentiertes ereignis wäre und die leute vielleicht sogar fotos von der ente hätten würdest du sagen, dass enten eben nicht sprechen können – egal, wer das behauptet.

  6. Der Ansatz der Analogie in der historisch-kritischen Theologie ist sehr schwierig und wird zum Glück auch immer mehr in Frage gestellt. Man kann diesen Ansatz sicher auf naturwissenschaftliche Fächer anwenden, wenn man z.B. die Gravitation nachweisen möchte.

    Aber ansonsten kann es nicht funktionieren. Besondere Ereignisse und Erfolge kann man nicht wiederholen. Wenn man Leonardo DaVinci den Auftrag geben würde, dass er Mona Lisa noch mal nachmalen sollte, würde sicher nicht ein identisches Bild entstehen.
    NT. Wright macht es in seinen Bücher auf eine herrliche Art deutlich (z.B. ‚Surprised by Hope‘)

  7. hallo rudi,

    herzlich willkommen hier! leider habe ich das von ntw (noch) nicht gelesen, aber ich vermute, dass es einen wissenschaftlich denkenden menschen nicht überzeugen wird (schon deshalb weil er keine theologischen bücher lesen wird). ich finde den schluss: „wenn es derzeit keine wunder gibt, dann gab es auch nie welche“ sehr logisch.

  8. Tja, leider denken viele Leute, die sich für rational halten, im Kreis – es gibt heute keine Wunder, weil es keine Wunder gibt, und daher hat es auch nie welche gegeben…

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