1. Der Nutzen der Schrift

Jede Schrift ist von Gottes Geist eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke ausgerüstet. – 2.Timotheus 3,16-17

Die Bibel ist nützlich. Sie ist uns von Gott mit einem klaren Ziel gegeben worden, nämlich um den Menschen Gottes zur Vollkommenheit zu bringen. Das ist natürlich ein hohes Ziel, und es ist fraglich, ob wir es überhaupt erreichen können, aber es gibt auf jeden Fall die Marschrichtung an. Unser Bibelstudium ist kein Selbstzweck, um uns weiterzubilden und die Zeit zu vertreiben, sondern es hat einen konkreten, von Gott in das Wort hineingelegten Nutzen. Wenn Jesaja sagt (55,11), dass Gottes Wort ausrichten wird, wozu er es gesandt hat, ist genau das gemeint: dass es uns aufbaut und in das Bild Jesu hinein verändert.
Natürlich kann man die Bibel auch anders studieren. Fast schon unendlich viele atheistische Bibelexperten legen davon beredtes Zeugnis ab. Aber das ist nicht das Ziel, das Gott mit der Bibel verfolgt. Gottes Wort soll nützlich sein.

Nützlichkeit ist aber (leider) nichts, was ein Ding an sich hat. Nützlich wird etwas erst in der Anwendung. Genauso ist es mit der Bibel. Sie wird nützlich, die Dinge Gottes zu tun, wenn sie von gläubigen Menschen gehandhabt wird, die mit ihr umzugehen wissen.
Aber es geht auch anders. Es gibt kein Buch, das so stark missbraucht worden ist wie die Bibel. Alle Arten von Bosheit, Grausamkeit und Dummheiten haben sich bereits auf die Bibel gestützt. Deshalb ist es wichtig, zu lernen, mit der Bibel umzugehen. Etwas, das gebraucht werden kann, kann auch missbraucht werden, und um etwas gut verwenden zu können, muss man wissen, wie es funktioniert.

Ein Messer beispielsweise ist äußerst nützlich, um Brote zu schmieren und Käse zu schneiden. Es kann aber auch zu einer gefährlichen Waffe werden. Um mit einem Messer umgehen zu können, muss man zwei Dingen wissen: wozu es da ist, und wie man es verwendet. Weiß man nicht, wozu es gut ist, richtet man es vielleicht auf Menschen und wird ein Messerstecher. Weiß man nicht, wie es funktioniert, fasst man es eventuell am falschen Ende an und verletzt sich.

Ebenso ist es mit der Bibel. Wozu sie gut ist, haben wir gerade geklärt. Ab hier geht es darum, wie man sie am nutzbringendsten einsetzen kann.
Auch die Bibel will „geschnitten sein“. Paulus schreibt an seinen Schüler Timotheus: Strebe danach, dich Gott bewährt zur Verfügung zu stellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneidet! – 2.Timotheus 2,15 (Elberfelder).
Genau darum geht es: lernen, Gottes Wort besser zu schneiden und zu verstehen. Klarer damit umzugehen und es nützlicher für das eigene Leben und den Gemeindebau einsetzen zu können.

Der Nutzen steigt mit der Tiefe.
tiefeDie meisten Hermeneutikbücher lehren einen sehr schwierigen Ansatz, mit der Bibel umzugehen, der sehr viel Lesen und theologische Weiterbildung erfordert. „Wir können gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, zu lesen und noch einmal zu lesen.“ (Fee/Stuart, Seite 52).
Grundsätzlich bin ich auch dieser Ansicht. Wer die Bibel nicht nur lesen, sondern studieren will, der muss einiges an Sorgfalt in sein Studium hineinlegen und wird um Mühe nicht herumkommen.
Allerdings weiß ich auch, dass nicht jeder dazu begabt ist. Mir persönlich macht das Forschen sehr viel Spaß. Ich lese und lerne gerne. So macht es mir nichts aus, mich stunden- und tagelang in theologische Probleme und biblische Fragen einzuarbeiten.
Früher hielt ich das für normal und dachte, jeder Christ könnte so die Bibel studieren, wenn er sich nur ein bisschen Mühe gibt. Im Laufe der Zeit habe ich diese Ansicht gründlich revidiert. Die wenigsten sind von Gott zu Forschern berufen. Die Gemeindearbeit zeigt mir, wie viele Geschwister Probleme haben, zu lesen. Das bedeutet nicht, dass sie dümmer sind als andere, es bedeutet einfach nur, dass ihr Leben andere Schwerpunkte hat und Gott etwas anderes in sie hineingelegt hat als in mich.

Mir ist absolut klar, dass jemand, der mit Mühe jeden Tag ein paar Verse aus der „Hoffnung für Alle“ liest, mit theologischer Weiterbildung nicht viel anfangen kann. Ich denke, das ist in Ordnung so. Anders als andere Hermeneutiklehrer glaube ich nicht, dass man zu jedem Buch der Bibel und zu jedem Vers eine Exegese machen muss, um zu verstehen, was der Heilige Geist sagen will.

Und so bitte ich, dieses Handout zu verstehen: wenn Du über etwas stolperst, was Du nicht verstehst, wende die Prinzipien an, die ich hier erläutere, und benutz die Werkzeuge, von denen die Rede ist. Wenn Du meinst, Du verstehst den Text auch so, ist das um so besser. Dann freu Dich daran und wundere Dich, warum es Leute gibt, denen es anders geht.
Der Prozess der Bibelauslegung sollte mit Fragen beginnen. Wenn Du etwas nicht verstehst, geh tiefer in den Text und versuch rauszufinden, was gemeint ist.

Es ist wie bei dem Kämmerer in der Apostelgeschichte 8. Er fährt auf einem Wagen und liest Jesaja. Philippus steigt (vom Heiligen Geist getrieben) auf und es kommt zu einem theologischen Gespräch.
Philippus: „Verstehst Du auch, was Du da liest?“
Kämmerer: „Nein, wie denn auch, wenn es mir niemand erklärt.“
Philippus: „Was liest Du?“
Kämmerer: „Jesaja 53,7 Da er misshandelt ward, beugte er sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das vor seinem Scherer verstummt und seinen Mund nicht auftut.
8 Infolge von Drangsal und Gericht wurde er weggenommen; wer bedachte aber zu seiner Zeit, dass er aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, wegen der Übertretung meines Volkes geschlagen ward? Wen meint der Prophet?“

Und Philippus erklärt ihm den Text.
Der Prozess, der uns tiefer in das Verständnis der Bibel bringt, fängt mit Fragen an.

Wenn Du ein richtiger Forscher bist, wende die Prinzipien auf alles in der Bibel an. Nimm das Wort Gottes auseinander und bau es wieder zusammen, lerne Griechisch und Hebräisch, lies, was das Zeug hält, und stopf Dich mit theologischem Wissen voll.
Es gibt keine Langeweile im Studium der Bibel. Der Punkt, an dem man alles begriffen hat und das Wort Gottes uns einfach nur kalt lässt und langweilt, wird nie kommen. Man kann immer noch tiefer kommen.

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2 Kommentare

  1. das beispiel mit dem messer ist ja noch näher dran als von dir beschrieben. „das wort gottes…“ ist ja sogar „schärfer denn ein 2schneidig schwert und dringt durch, bis dass es scheidet seele und geist, auch mark und bein und ist ein richter der gedanken und sinne des herzens“ (hebr 4,12). da kann man sich schon weh tun…

  2. stimmt, die hätte ich gut als Parallele angeben können. Vielleicht kommt sie auch nicht – ich weiss das leider auch nicht mehr, ist recht lange her, dass ich die Sachen geschrieben habe.
    Aber wenn nicht, dann kommt sie in zukünftige Ausgaben hinein; danke für den Hinweis!

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