02. März 2008 5
Markus 12,28-34
Ein Schriftgelehrter hatte ihrem Streit zugehört; und da er bemerkt hatte, wie treffend Jesus ihnen antwortete, ging er zu ihm hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?
Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.
Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.
Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.
Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm,
und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.
Jesus sah, daß er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen. (Markus 12,28-34 nach der Einheitsübersetzung)
parallel: Matthäus 22,34-40 | Lukas 10,25-28
Im letzten Absatz hatte Jesus die Sadduzäer widerlegt. Nun waren wieder die Pharisäer an der Reihe. Ein Pharisäer kam und stellte ihm eine Frage. Es ist eine der wenigen Stellen, in denen ein Pharisäer gut wegkommt. Am Ende sieht Jesus, dass er verständig ist und macht ihm ein Kompliment: “Du bist nicht weit von Gottes Reich entfernt.†Dieser Mann war offenbar anders als andere Pharisäer, ihm ging es wirklich um Gott und nicht um die Tradition.
Wieso ist das Gebot Gott zu lieben, das grösste Gebot? Weil es dazu führt, dass wir alle anderen Gebote auch halten. Wer Gott wirklich liebt, der wird nicht sündigen. Jesus sagt hier, dass alle Gebote einzuhalten wären, wenn die Menschen sich nur mehr um Gott drehen würden. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es zu Zeiten des Alten Testamentes, ohne den Heiligen Geist möglich war, Sünde ganz zu überwinden, aber der Gedanke ist dennoch vollkommen logisch.
Und dann gibt es noch das zweite Gebot: liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Es ist kaum möglich, Gott zu lieben ohne den Nächsten zu lieben. Beides gehört im Neuen Testament zusammen. Die Liebe zu Gott wäre nichts weiter als blosse Theorie wenn sie nicht dazu führen würde, dass wir die Menschen um uns herum lieben. Die Liebe zu Gott findet ihren Ausdruck in der Liebe zu anderen Menschen.
Nicht zuletzt ist darin auch eine gesunde Liebe zu uns selbst enthalten. Wenn wir andere so lieben sollen wie uns selbst, dann müssen wir zunächst einmal uns lieben. Selbsthass, falsche Demut und Minderwertigkeitsgefühle sind nichts was von Gott kommt oder was Gott gut findet. Gott liebt uns und er möchte, dass wir uns auch lieben können. Das bedeutet nicht, dass wir selbstverliebt sein sollen, es heisst nur, dass wir erkennen sollen, dass wir Menschen sind, die Gott liebt.
Wenn wir diese drei Ebenen der Liebe haben, zu Gott, unseren Mitmenschen und zu uns selbst, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Matthäus schreibt: “an diesen Dingen hängt das ganze Gesetzâ€. Es ist wie ein Faden, der etwas hoch hält. Wer in vollkommener Liebe lebt, der muss nicht gesetzlich sein.
Das ist eine enorm wichtige Lektion. Viele Christen leben sehr gesetzlich, sie bemühen sich Gebote zu halten und denken, dass es im Christentum darauf ankommt Gesetze zu beachten. Sie haben eine Gott der Regeln. Das sollte nicht so sein. Heiligkeit ist zwar eine wichtige Sache, aber niemand wird heilig leben indem er Gesetze beachtet. Jesus ist nicht dafür gestorben, dass wir ein Gesetzbuch haben sondern damit wir eine Beziehung mit Gott haben können.
Wir müssen uns nicht um einzelne Regeln und Gesetze bemühen sondern um eine Beziehung zu unserem himmlischen Vater. Je mehr wir in der Liebe wachsen, desto mehr werden wir automatisch auch einen moralischen Lebensstil führen.
3 Kommentare
2 Pingbacks
-
[…] meinte Jesus nicht buchstäblich jeden Pharisäer, wir hatten schon einen der ganz okay war (Markus 12,28-34), aber es gab definitiv welche, die nur Heuchler waren und gesellschaftlichen Gewinn aus ihrer […]
-
[…] dem einen Wort zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! [3.Mose 19,18 | Markus 12,30-31] 15 Wenn ihr einander beißt und verschlingt, dann gebt acht, daß ihr euch nicht gegenseitig […]
Bento schrieb am
2. März 2008 um 11:09Amen!
Peter schrieb am
3. März 2008 um 02:00Sehr schöne Stelle! Interessant finde ich, dass aus den zwei Geboten häufig drei gemacht werden: liebe Gott, liebe die anderen, liebe dich. Eigentlich sind es aber nur zwei Gebote: liebe Gott, liebe die anderen; und eine Festellung: du liebst dich selbst. Denn Jesus sagt eben nicht: „Liebe erstmal dich selbst und dann kannst du auch die anderen Lieben“. Er sagt: „Liebe die anderen so wie du dich selbst liebst“. Der Fuchs könnte jetzt natürlich sagen: „Wunderbar, ich finde mich selbst scheiße, also kann ich auch ruhig alle anderen scheiße finden“ Das steht im Wiederspruch zum Kontext und anderen Ausagen von Jesus.
Nimmt man also „so wie dich selbst“ als Festellung sagt Jesus: jeder liebt sich selbest. Nun könnte man sagen, es gibt doch so viele Menschen die sich selbst doof finden. Stimmt wohl. Interessant ist nur, dass die Menschen die sich selbst doof finden, meistens recht unglücklich darüber sind (dass sie sich selbst doof finden). Wenn sie aber sich wirklich doof finden würden, würden sie dies nicht doof finden (dass sie sich selbst doof finden). Sie finden es nur doof, sich selbst doof zu finden, weil sie sich selbst lieben und sich gerne super finden würden. Ändert nichts an der Auslegung aber eventuell die gern genutzte seelsorgeliche Bedeutung und die Sichtweise auf das Selbst des Menschen.
storch schrieb am
3. März 2008 um 11:10erst einmal herzlich willkommen, peter.
das ist eine interessante auslegung / ansicht. muss ich mal drüber nachdenken. binsher dachte ich immer: „wenn sich einer doof findet und nicht liebt, dann ist das eben so und man versucht zu helfen, dass die person sich lieben kann. aber im grunde stimmt es wohl, dass man sich nicht selbst hasst.
wäre interessant zu wissen, wie jesus damit umgegangen ist wenn ihm dann mal jemand gesagt hat: „ich liebe mich gar nicht“.
vielleicht geht es aber auch gar nicht um das gefühl „liebe“ sonder jesus will sagen, dass sich jeder für sich das beste wünscht – liebe also als wohlwollen. dann würde es auch wieder viel sinn ergeben.