04. Februar 2008 8

Markus 10,17-27

Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.
Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.
Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.
Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen!
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?
Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich. (Markus 10,17-27 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 19,16-22 | Lukas 18,18-23

Die Geschichte vom reichen Jüngling ist eine der berühmtesten in den Evangelien. Lukas fügt noch hinzu, dass der Mann nicht nur reich war sondern auch Einfluss hatte. Er war einer der führenden Männer des Ortes.
Dieser Mann kam zu Jesus und hatte eine ernsthafte Frage. Keine dieser Scheinfragen, mit denen die Schriftgelehrten Jesus in unsinnige Streitigkeiten verwickeln oder ihm eine Falle stellen wollten. Dieser junge Mann hatte ein ernsthaftes Interesse an den Dingen Gottes und wollte das ewige Leben gewinnen.
Jesus beantwortete seine Frage nach dem ewigen Leben zunächst ziemlich standardmässig: “halte die Gebote!” Das wusste er, als Jude war er mit dem Gesetz aufgewachsen und hatte mit dem Alten Testament lesen gelernt. Er hätte keine bedeutende Stellung in der jüdischen Gesellschaft einnehmen können wenn er das Gesetz nicht gehalten hätte. Aber irgend etwas in ihm war nicht zufrieden, er spürte, dass es nicht reichte, nur dem Buchstaben des Gesetzes treu zu sein sondern dass da mehr sein musste.

Es heisst, dass Jesus den jungen Mann liebte und deswegen antwortete er ihm ehrlich und gab ihm die schwerste Antwort, die er ihm hätte geben können: verkaufe alles, verschenke es und folge mir nach. Man hat aus dieser Stelle Armutsideale abgeleitet und daraus gelesen, dass Christen keinen Besitz haben dürften. Das stimmt so nicht und widerspricht anderen Stellen der Bibel. Das, was dem Mann zur Seligkeit fehlte war nicht die Armut. Armut macht niemanden vor Gott gerecht. Man wird gerecht, indem man Jesus nachfolgt und auf keinem anderen Weg. Aber Jesus wusste, dass der Mann ihm nicht nachfolgen konnte so lange er noch am Geld hing. Er hatte zu viele menschliche Sicherheiten um Jesus ganz nach zu folgen und musste deshalb erst einmal seine Einstellung zum Geld ändern bevor er ein Jünger werden konnte.
Vorher im Markusevangelium sprach Jesus von dem gefährlichen Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer (Markus 8,14-21). Der Jüngling entwickelte bereits eine gesunde Skepsis gegenüber dem dem Sauerteig der Pharisäer, er glaubte nicht mehr, dass er gerecht würde indem er das Gesetz hält. Aber er lebte noch voll nach dem Sauerteig der Sadduzäer und verliess sich auf politische Macht und seinen Reichtum. Das musste er los werden, da führte kein Weg dran vorbei.
Als er die Antwort Jesu hörte wurde er traurig und folgte ihm nicht nach. Sein bisheriges Leben war ihm wichtiger als Gott zu gehorchen und den Weg Jesu zu gehen.

So wie der reiche Jüngling sind viele, sie haben eine grosse Sympathie für Jesus, glauben seinen Worten und wollen in ihren Träumen gerne seinem Vorbild folgen. Aber es fehlt ihnen die letzte Konsequenz den Weg Gottes zu beschreiten, alles hinter sich zu lassen und Jesus ganz nach zu folgen. Der Preis der Nachfolge schreckt sie ab und so verpassen sie den Sinn ihres Lebens. Jesus ging es nicht darum, den reichen Jüngling arm zu machen. Er hätte alles gewonnen auf seinem Weg mit Jesus, aber das konnte er noch nicht sehen und das Risiko war ihm zu hoch. Es stimmt, eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass jemand der sich auf Geld und irdische Sicherheiten verlässt konsequent mit Gott lebt.

Dieser Ausspruch Jesu ist oft missverstanden worden. Im Mittelalter kam eine Auslegung auf die sich bis heute hält und diesem Satz einen Teil seiner Schärfe nimmt. Man sagte, dass es in Jerusalem ein Tor gegeben hätte, dass man Nadelöhr nannte. Dieses Tor sei so niedrig gewesen, dass ein beladenes Kamel nur auf den Knien hindurch käme. In dieser Auslegung hiesse es, dass man Demut braucht um mit Gott ins Reine zu kommen. Man kommt nur auf den Knien in sein Reich.
Diese Interpretation klingt zwar schön, ist aber leider falsch. Die Tore Jerusalems sind alle in der Bibel namentlich aufgeführt und es ist kein Nadelöhrtor dabei. Kamele laufen auch nicht auf ihren Knien und es ergibt schlicht keinen Sinn, ein Stadttor so niedrig zu bauen, dass man nicht vernünftig rein und raus gehen kann.
Die Jünger haben es besser verstanden als spätere Bibelausleger. Sie waren entsetzt: dann kommt ja niemand in Gottes Reich. Sie sahen schon ihre Errettung gefährdet. Worauf Jesus hinaus wollte ist, dass die Errettung immer ein Wunder ist. Für Menschen ist es vollkommen unmöglich in den Himmel zu kommen und Teil von Gottes Reich zu werden. Man braucht Gott dazu, denn bei Gott ist nichts unmöglich.

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7 Kommentare

  1. Es gibt auch noch die Übersetzung, dass nicht ein Kamel gemeint ist, sondern ein Tau. Dann wäre die Geschichte etwas sinnvoller, weil man ja ein Tau schon in viele kleine Fäden zerlegen kann, es aber fast unmöglich ist.

  2. die auslegung habe ich auch mal gehört. aber ich kenne kein wörterbuch, dass „kamälos“ als tau übersetzt, da steht immer kamel. von daher habe ich keine ahnung, wieso dann ein kamel auf einmal ein tau sein sollte. ich weiss leider auch nicht, wo diese auslegung herkommt.

  3. Man glaubt, dass dies aus einem Kopier- bzw. Lesefehler stammt.
    Kamel und Tau gleichen sich sehr:
    k?????? – Tau
    ??????? – Kamel

  4. cool, danke. da hätte ich auch drauf kommen könnnen. gibt es denn wichtige manuskripte mit kamilos? könnte ich auch selber nachsehen, macht aber immer etwas mühe und wenn das gerade eh jemand weiss…. 🙂
    selbst wenn finde ich aber den zusammenhang deutlich. die jünger haben es nicht nur schwer gefunden, auch die antwort jesu klingt nicht nach schwer sondern nach unmöglich.

  5. Storch, hiermit werfe ich dir übelste Verdrehung des Wortes vor: „…nicht nur reich war sondern auch Einfuss hatte“

    Meiner Ansicht nach ist es aus dem Text nicht ersichtlich, dass der Mann nur ein Fuss hatte. Das erklärt auf der anderen Seite, warum er nicht mit Jesus kommen will: Wandern mit einem Fuss ist nicht so toll.

    Trotz dieses Faux-Pas: Ich hab deinen Artikel in „Vom Leben eben“ gelesen, den fand ich gut.

  6. hehe, lustige stilblüte. ich habe das trotzdem mal korrigiert. jetzt steht da wieder „einfLuss“. wobei ich das mit dem einen fuss auch irgendwie gut finde.

  7. aramäisch G-M-L-A gamla = Kamel
    gamala = Tau

Ein Pingback

  1. […] Gespräch Jesu mit dem reichen Jüngling (Markus 10,17-27) hat die Jünger nachhaltig beschäftigt. Wieder einmal war es Petrus, der das aussprach was […]

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