20. Oktober 2007 8

betet unablässig

Noch ein Beitrag zu einem Thema, das wir schon vor kurzem diskutierten. Vor einigen Wochen habe ich über die betende Witwe in Lukas 18 gepredigt. dSdS berichtete. 1 / 2. Es ist eines meiner Lieblingsgleichnisse zum Thema Gebet überhaupt. Der Schlüsselvers ist Lukas 18,7:

Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? (nach der Einheitsübersetzung)

Gott verhilft seinen Leuten, die Tag und Nacht zu ihm beten zu ihrem Recht. Gebet ist einer der wichtigsten Faktoren im geistlichen Leben überhaupt – und leider auch einer der am häufigsten missverstandenen. Manche Christen die Lukas 18 lesen sagen: „Jesus hat es ja gesagt, man muss nicht viel beten um erhört zu werden.“ Aber das hat Jesus nicht gesagt, im Gegenteil; er sagte, dass anhaltendes Gebet ein wichtiger geistlicher Schlüssel ist.

Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, daß sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: … (Lukas 18,1 nach der Einheitsübersetzung)

Deshalb geht es heute nur um einen kleinen Vers aus dem 1.Thessalonicherbrief:

Betet ohne Unterlaß! (1.Thessalonicher 5,17 nach der Einheitsübersetzung)

Ich möchte über zwei Dinge schreiben die passieren, wenn wir unter Unterlass beten. Das erste ist, dass sich geistliche Sicht entwickelt, das zweite, dass geistliche Autorität zunimmt.

Gebet entwickelt geistliche Sicht

Damals lebte auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt;
nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten.
In diesem Augenblick nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. (Lukas 2,36-38 nach der Einheitsübersetzung)

Mich fasziniert diese Stelle immer wieder. Fast jedes Mal wenn ich über Prophetie spreche, taucht die Stelle auf und jedes Mal bin ich wieder beeindruckt. An dem kleinen Jesus war nichts besonderes, er war ein Kleinkind wie alle anderen auch. Als seine Eltern ihn in den Tempel brachten waren viele andere Babies auch da und doch haben Hanna und Simeon Jesus erkannt.
Wir stellen uns die Szene oft so vor wie wir sie aus mittelalterlichen Altarbildern kennen. Da hat Jesus dann einen Heiligenschein auf dem Kopf, macht irgendein komisches Zeichen mit den Fingern und man kann sehen, dass er der Messias ist. Natürlich war das nicht so. Mit den natürlichen Augen konnte man nichts Besonderes an ihm sehen.
Aber Hanna war auch nicht auf ihre natürlichen Augen angewiesen. Sie hatte ihre geistlichen Sinne im Gebet geschärft und sah mehr als die anderen sehen konnten. Sie sah die geistliche Wahrheit hinter Jesus und wusste, dass er der Messias ist.

Männer und Frauen des Gebets haben eine andere Perspektive auf die Dinge des Lebens als Menschen die nicht beten oder für die beten nur etwas ist, was man in Zeiten der Not tut. Mir fällt es immer wieder auf, dass ich mich um Dinge nicht sorge, die anderen brandgefährlich erscheinen und auf der anderen Seite Dinge wichtig finde, die niemand anders sieht. Gottes Geist kann eine andere Perspektive geben wenn wir uns ihm im Gebet aussetzen.

Ich bin mal gefragt worden, warum ich nicht einfach für meine Augen bete um dann keine Brille mehr zu brauchen. Um ehrlich zu sein, der Gedanke war mir bis dahin nie gekommen. Ich glaube zwar an Heilung, habe es aber nie empfunden, dass ich gegen meine Brille beten sollte. Ich finde Brillen auch chic und würde vielleicht sogar eine tragen wenn ich sie nicht bräuchte. Meistens bete ich nur für die Dinge, die mir Gottes Geist aufs Herz legt und da war die Brille nicht bei.
Menschlich hätte ich vielleicht mal dran gedacht, aber geistlich kam da nie was von Gott. Jesus selbst lebte auch nach diesem Prinzip und tat nur das, was er den Vater tun sah (Johannes 5,19) – eines seiner wichtigsten Geheimnisse war, dass er gelernt hatte geistlich zu sehen.

Noch ein Beispiel aus dem Alten Testament wie wichtig geistliches Sehvermögen ist. In 1.Samuel 16 schickt Gott den Priester Samuel los um einen neuen König über Israel zu salben. Gott nennt Samuel den Stamm und das Haus, aber nicht den Namen des neuen Königs. So steht er nun bei Isai und der lässt, dem Alter nach, einen seiner Söhne nach dem anderen an ihm vorbeiziehen.
Schon beim ersten ist Samuel sicher: „das ist der neue König.“ Er ist hoch gewachsen, fit, sieht gut aus. Alles in allem muss er dem alten König sehr geähnelt haben. Aber Gott sagt Samuel: „nein, das ist er nicht.“ Israel hätte den falschen König bekommen wenn Samuel nicht gelernt hätte, die Stimme Gottes zu hören und geistlich zu sehen. Er war ein Mann des Geistes und so konnte er weiter blicken als sein menschliches Auge reicht.
Nach einer Weile waren alle sieben Söhne Isais an ihm vorbei gezogen, aber den zukünftigen König hatte er immer noch nicht gesehen.

So ließ Isai sieben seiner Söhne vor Samuel treten, aber Samuel sagte zu Isai: Diese hat der Herr nicht erwählt.
Und er fragte Isai: Sind das alle deine Söhne? Er antwortete: Der jüngste fehlt noch, aber der hütet gerade die Schafe. Samuel sagte zu Isai: Schick jemand hin, und laß ihn holen; wir wollen uns nicht zum Mahl hinsetzen, bevor er hergekommen ist. (1.Samuel 16,10-11 nach der Einheitsübersetzung)

So etwas kann man nur sagen, wenn man geistliche Sicht entwickelt hat. Die meisten Leute die ich kenne würden nach dem letzten Sohn so nervös geworden sein, dass sie einfach einen anderen genommen hätten, den bei dem ihr Gefühl am besten war. Es gehört Sicherheit in Gott und trainierte geistliche Sinne dazu in einer solchen Situation weiter auf den Herrn zu hören.

Gebet entwickelt geistliche Autorität
In Matthäus 17 kommt Jesus mit drei seiner Jünger von Berg der Verklärung zurück. Sie hatten eine wunderbare Zeit, sahen Jesus so wie er wirklich ist, in all seiner göttlichen Herrlichkeit, trafen Mose und Elia und wären gerne geblieben.
Unten war wieder der harte Alltag einer Evangelistentruppe auf Fronteinsatz angesagt. Ein Mann hatte seinen schwer dämonisierten Sohn zu den Jüngern gebracht und die konnten ihn nicht austreiben.

Es ist der Alptraum eines jeden, der im Heilungsdienst steht: Du betest, und es wird erst einmal alles schlimmer. Die Jünger waren ja keine Atheisten und sie zweifelten auch nicht daran, dass Gott willens und in der Lage ist zu heilen. Im Gegenteil! Sie hatten Heilungen und Befreiungen en masse erlebt, nur dieses Mal hatte es nicht funktioniert.
Ich sehe die Jünger vor mir, wie sie voller Erwartung in die Situation gehen. Vielleicht etwas zu lässig und siegesgewiss weil sie denken, dass es ein einfacher Job wird. Sie legen dem Jungen die Hände auf, fangen an zu beten – und die Sache eskaliert auf einmal total. Der Junge fällt um, dreht die Augen auf links und hat Schaum vorm Mund. Er schreit nicht, sondern beißt die Zähne zusammen, was die Szene nur unheimlicher macht. Er rollt sich umher. Die Umstehenden sind entsetzt, sie springen aus dem Weg. Der Vater ist verzweifelt und die Jünger probieren hektisch ihre besten Gebete und aus senden unisono ein Stossgebet zum Himmel: „Wenn nur der Meister jetzt da wäre!“
Da betritt Jesus den Menschenauflauf. Er verdreht kurz die Augen zum Himmel (nachher wird er seine Jünger ein ungläubiges Geschlecht nennen), spricht kurz mit dem Vater und treibt den Geist aus. Der Junge ist ruhig und die Geschichte hat ein happyend.

Nachher kommen seine Jünger zu Jesus und stellen ihm eine berechtigte Frage:

Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben? (Matthäus 17,19 nach der Einheitsübersetzung)

Jesus antwortete:

Er aber spricht zu ihnen: Wegen eures Unglaubens; denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berge sagen: Werde versetzt von hier dorthin! und er wird versetzt werden; und nichts wird euch unmöglich sein.
Diese Art aber fährt nicht aus, als nur durch Gebet und Fasten. (Matthäus 17,20-21 nach der unrevidierten Elberfelder)

Das interessante an der Antwort Jesu ist, dass er selber eben den Geist ausgetrieben hatte ohne zu fasten zu beten.
Das kann einen schon stutzig machen. Wir wissen, dass die Jünger Jesu nicht fasteten:

Da kamen die Jünger des Johannes zu ihm und sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während wir und die Pharisäer fasten?
Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; dann werden sie fasten. (Matthäus 9,14-15 nach der Einheitsübersetzung)

Fasten ist kein Hungerstreik. Es bedeutet nicht, dass wir Gott mit harten Bandagen angehen um ihn dazu zu zwingen, uns endlich etwas Gutes zu tun. Die Antwort Jesu an die Jünger des Johannes zeigt vielmehr, dass Fasten etwas mit Gottes Gegenwart und der Sehnsucht nach dem Reich zu tun hat.
Fasten bedeutet, Gott so intensiv zu suchen, dass man alles andere abstellt – auch das Essen. Deshalb ziehe ich es in Zweifel, dass es einem biblischen Fasten entspricht, wenn man einfach nur nichts isst und ansonsten seinem Tagesgeschäft nachgeht, aber nicht dabei betet. Natürlich kann es auch sinnvoll sein, auf etwas zu verzichten und Verzicht kann zu einer starken Waffe im geistlichen Kampf werden. Aber die Hauptabsicht hinter dem Fasten ist es den unsichtbaren Gott zu suchen.

Die Antwort Jesu zeigt, dass wir Gebet oft ganz falsch verstehen. Für Jesus war Gebet nicht ein Mittel der Krisenintervention. Es war ein Lebensstil. Der folgende Punkt ist mir so wichtig, dass ich ihn extra ans Ende gesetzt habe um ihm besonderes Gewicht zu geben.
Wir benutzen Gebet oft so, wie jedes andere Volk und jede Religion auf diesem Planeten auch. Wir leben unser Leben und versuchen unsere Probleme mit allen Mitteln zu lösen, die uns zur Verfügung stehen. Wenn wir dabei irgendwann an unsere Grenzen kommen beten wir.
Diese Art von Gebet kennen wir aus allen Religionen, man bittet seinen Gott etwas zu tun. Je nachdem wo man herkommt zündet man vielleicht noch eine Kerze an oder ein Räucherstäbchen, opfert etwas, fastet oder macht sonst etwas.
So zu beten ist ein Zeichen dafür, dass wir eines der absoluten Grundanliegen des Glaubens nicht verstanden haben. Wir nutzen nicht göttliche Kraft um menschliche Anliegen durch zu bekommen. Wir beten nicht um unser menschliches Reich zu bauen. Wir sind keine Leute, die auf dieser Welt mit Kräften des Himmels leben. Jesus hat genau anders herum gelebt. Er kam vom Himmel und brachte den Willen Gottes zu den Menschen.

Unser Basisauftrag hier auf der Welt ist „wie im Himmel so auf Erden,“ wir bringen sein Reich und bauen es mit göttlichen und menschlichen Ressourcen. So kann Gebet nicht nur angewandt werden wenn wir göttliche Kraft brauchen um unsere Zeile zu verwirklichen. Gebet ist die Beziehung zu unserem himmlischen Vater. Durch Gebet beginnen wir, umgekehrt zu leben, nämlich vom Himmel zur Erde. Unser ganzer Ausgangspunkt ändert sich. Wir helfen Gott, sein Reich zu bauen, unabhängig von Krisen, die wir wahrnehmen.

Jesus musste in dem Moment nicht fasten, er hatte seine Zeit mit Gott bereits verbracht und war nun fit, dem Feind gegenüber zu treten.

Ich glaube, dass viel Übel im Leib Christi daher kommt, dass wir viel zu wenig Zeit mit unserem Gott verbringen und dass die Dinge schon einmal ganz anders aussehen würden, wenn das Volk Gottes es gelernt hätte, Zeit in der Gegenwart des Herrn zu verbringen.

[hier eine audio-Predigt dazu]

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8 Kommentare

  1. Also ich lebe ja nun nicht grade inmitten der christl. Szene, aber ist es wirklich sooo schlimm…??
    Sehr wichtig finde ich deinen Hinweis von Gott her zu beten und nicht immer zu ihm hin… („…was mir Gottes Geist aufs Herz legt“). Es liegt wohl viel an unserem Bewusstsein über die Tatsache, dass Gott „nicht fern von uns ist“ sondern eben in uns wohnt – das hat einfach weitreichende Konsequenzen!

  2. Ähem…..also das mit dem Fasten, das ist so eine Sache:

    Jesus meinte hier nicht akutes Fasten…jetzt sofort…um die Geister auszutreiben,
    sondern da ist schon eine Art vorbereitende „Übung“ oder „Training“ oder gar „Ausbildung“ gemeint! (Ich finde da irgendwie noch nicht die passenden Worte dazu!!)

    Ich denke das ist auch der Punkt warum er sich über seine Jünger und ihren „Unglauben“ so aufregt!

    Doch man sollte nicht vergessen, zu was sie dann geworden sind!
    Ja schon in der Zeit mit Jesus: denkt an die Offenbarung des Petrus ohne die er sein Messias-Bekenntnis nicht ablegen konnte!

    Jesus hatte es ihm ja bestätigt!

    Man könnte also sagen: lauter Happy-Ends im geistlichen Sinne!

    (auch wenn die meisten dann umgebracht worden sind, gerade wegen ihres unerschütterlichen Glaubens!)

  3. @ bento: ich fürchte schon…

  4. @ Storch:

    liege ich richtig oder falsch ?!
    (Ich erwarte ja gar nicht immer eine Antwort drauf!)
    Doch wenn hier so gut wie gar kein Feedback mehr kommt oder ihr lieber vorzieht nur unter Eueresgleichen kommunizieren zu müssen, also vielmehr doch eine Art „geschlossene Gesellschaft“ darstellt, dann kann ichs auch lassen weiterhier Komments abzugeben!

    No Problem!
    Denn dann habe ich christliche Werte oder etwas in der Art wirklich und wahrhaftig mißverstanden!

  5. natürich hast du recht, das habe ich in dem post ja auch geschrieben.

    einen kommentar zu schreiben ist keine garantie, eine antwort zu bekommen. das hat auch nichts mit werten zu tun.

  6. Zunächst mal Danke fürs Antworten!

    Eine Garantie habe ich auch nicht erwartet! (wie ich auch zuvor erwähnt hatte).

    Doch in den letzten Posts habe ich davon wenig mitbekommen!

    Es hatte leider den Anschein , als tauschen sich hier Einige nur „intern“ aus!

    Ich bin leider viel zu weit weg um in Eueren Sessions physisch dabeizusein!

    Was das Recht haben betrifft, ist mir in der Erkenntnis um die Bibel zu wachsen viel wichtiger!
    Das schließt auch die Möglichkeit einmal falsch zu liegen nicht aus!

  7. ich kann dir garantieren, dass hier niemand zusammensitzt. von den leuten die hier kommentieren kenne ich ein paar, aber aus meinem näheren umfeld (gemeinde) ist gerade mal ein regelmäsiger kommentator. kann sein, dass ich 10% persönlich kenne.
    also fühl dich nicht ausgeschlossen.

  8. @ Storch

    Vielen Dank für die Information!

    Generell fühle ich mich auch nicht ausgeschlossen, doch manchmal kommt es mir schon wie eine „Drahtseil-Balance“ vor!

    Vielleicht muß ich mit einigen Standpunkten, die ich auslote, etwas vorsichtiger sein?!
    Ich kann nicht so „einfach glauben“ und wenns auch so mal in der Bibel geschrieben steht! Ich suche nach mehr! (und wer weiß?! vielleicht sollte ich das nicht?!)

    Ich hab eben so manche „Bekanntschaft“ mit „geschlossenen Gesellschaften“ gemacht!! (auch bei Jesus Freaks!!)

    Freut mich, daß es hier nicht so ist!!

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