11. September 2007 5

Zuversicht – Daniel 9,18-19

… Nicht im Vertrauen auf unsere guten Taten legen wir dir unsere Bitten vor, sondern im Vertrauen auf dein großes Erbarmen. Herr, erhöre! Herr, verzeih! Herr, vernimm das Gebet, und handle! Mein Gott, auch um deiner selbst willen zögere nicht! Dein Name ist doch über deiner Stadt und deinem Volk ausgerufen. (Daniel 9,18-19)

Eine wichtige Frage in der Religion ist immer, wie man (s)einem Gott gegenübertritt. Ich scheue mich normalerweise etwas, den Begriff „Religion“ auf den christlichen Glauben anzuwenden, weil wir nicht ein Regelwerk für wahr halten sondern eine Beziehung zu dem einen lebendigen Gott führen. Dennoch benutze ich das Wort jetzt, weil es um ein Kennzeichen des religiösen (Menschen) geht.
Von den Religionen die ich kenne ist der christliche Glaube der einzige, in dem Gott die Leistung bringt und der Mensch sie nur dankbar im Glauben entegegen nehmen kann. Ich bin kein Experte in vergleichender Religionswissenschaft und beschäftige mich – wenn überhaupt – nur oberflächlich mit den anderen Religionen, aber das zumindest ist mir aufgefallen, dass sie mit Leistung zu tun haben. Dieses religiöse Leistungsdenke ist so tief im Menschen drin, dass es vielen sehr schwer fällt, Gottes Weg zu gehen. Sie denken immer: „da muss doch noch ein Haken sein.“
Der Weg der Gerechtigkeit ganz aus Glauben ist bekämpft worden seit ihn Christen gehen – teilweise blutig, manchmal auch nur polemisch – und ist dennoch der einzige Weg der im wahrsten Wortsinne „christlich“ ist. Sich etwas verdienen zu wollen, was an Gnade bereits verfügbar ist, ist niemals christlich, es ist zutiefst heidnisch und ein Zweifel an der Vollkommenheit des Opfers Christi. Selbstvervollkommnung sagt immer nur das eine: „ich kann nicht glauben, dass das Opfer genug ist.“ – Das ist, entschuldigt das hart Wort, Blasphemie.

Ein Problem des Christentums unserer (und wahrscheinlich aller Zeiten) ist, dass religiöse Menschen – Jesus hätte sie wohl „Pharisäer“ genannt – in unsere Reihen Einzug gehalten haben. Sie verwässern den Glauben an das Evangelium indem sie „im Vetrauen auf ihre guten Taten“ zu Gott kommen. Es ist ihnen unbegreiflich, dass Gott etwa die Gebete eines Punks erhören könnte oder eines anderen, der durch ihr Heiligkeitsraster fällt.
Der religiöse Mensch hat einen Gott, der ihnen nach ihrem Wandel begegnet und der ihnen nach dem gegenübertritt wie sie sich verhalten. Er begegnet ihnen, wie Andrew Wommack es schwer übersetzbar ausdrückt, „based on their performance“.

Nun bin ich einer der letzten, der gegen ein heiliges Leben schreiben und argumentieren würde. Heiligkeit ist ein Faktor, aber nicht so wie manche von uns denken. Heiligkeit ist insbesondere keine Leistung die Gott motiviert „seinen mächtigen Arm für uns zu bewegen“. Egal wie heilig wir sind, sollten wir nie vergessen, dass wir uns aus Gottes Gnade zu ihm nahen dürfen – nur aus seiner Gnade und wirklich egal, wie wir leben.
Ich sehe mich nicht als Sünder sondern als Gerechten, ich habe aber auch keine Probleme damit, mich als Sünder bezeichnen zu lassen – beides lässt sich argumentieren und kann im Leben mit Gott seinen Platz haben. [Ich glaube, dass manche meiner Freunde ihre Theologie an dem Punkt entspannen würden, wenn sie eine vis-a-vis-Begegnung mit der Heiligkeit Gottes hätten…]. Aber ich weiss eines: egal wo ich stehe, ich kann mich Gott nur aus Gnade nähern – immer. Egal, was ich an „Leistungen“ vorzuweisen habe, aller Segen hat nichts mit dem zu tun was ich getan habe, sondern immer nur mit dem, was Christus getan hat.

Es ist befremdlich, dass es oft die alttestamentlichen Heiligen sind die tiefere Erkenntnisse gelebt haben als viele wiedergeborene, geisterfüllte Christen heute, die das ganze Wort Gottes haben. Möge sich das bitte ändern!

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5 Kommentare

  1. Ich denke das tut es bereits, doch eben nur in einer Art „individuellen“ Weise!

    Nicht gerade so als ob das die gesamte Umgebung durch ein „Event“ mitbekommt!

    Ich spüre auch oft den geistigen Spagat, den man machen muß, um einerseits diese tieferen Erkenntnisse zu leben und erleben und dennoch holt uns auch wieder die „alltägliche Gewohnheit“ ein!

  2. hallo storch
    frage: wie kannst du einige blogg-einträge weiter unten schreiben, es ist notwendig, sich nicht nur immer wieder heilen zu lassen sondern auch „gesund“ zu leben und hier lese ich eigentlich das gegenteil, heiligkeit ist nicht so wichtig.
    habe ich da einen gedankenfehler?

  3. hi michael,
    willkommen hier!

    ich sage nicht, dass heiligkeit nicht wichtig ist. im gegenteil, da sünde immer tod hervorbringt (röm 6,23) ist ein heiliges leben absolut wichtig. aber heiligkeit ist kein mittel gott zu zwingen etwas für uns zu tun. er tut es freiwillig, aus gnade. heiligkeit ist natürlich ein faktor wenn wir mehr von gott in unserem leben wollen, aber sie bewirkt nicht, dass gott etwas tut, was er nicht will.

    überdies: das leben ist widersprüchlich und die bibel mag widersprüchlich erscheinen in ihrem versuch uns in allen widersprüchlichkeiten zu begegnen. natürlich sage ich nicht immer dasselbe, es kommt ja auch darauf an, wem ich was sage. ich halte eine theologie, die 100% in sich geschlossen ist nicht für möglich, auch nicht für wünschenswert.
    wobei das nur noch mal so gesagt ist. die beiden posts widersprechen sich nicht, sie behandeln nur unterschiedliche themen.

  4. ich bin zutiefst dankbar, das gott mich liebt wie ich bin, er es aber für mich, als sein königskind nicht einsieht, warum ich so bleiben sollte wie nun einmal bin (ich meine natürlich als sünder !). wir können durch die früchte des heiligen geistes (gal 5,22) zu ihm hin verändert werden. aus mir heraus ist dies unmöglich. daher lasse ich mich durch gott verändern ! . preiset den herrn. und dieser glaube ,das es durch gnade vom herrn aus geschieht, verändert mein leben.

  5. Mal eben: wofür ich Gott wirklich dankbar bin — das ist meine Einsicht in die Gegensätze — dass sie eben keine Gegensätze sind. Ich bin immer überrascht, wenn ich hier so Dinge lese wie „Wie kann X sein, wenn Du doch letztens Y gesagt hast?“ … Aber EBEN DAS ist es ja … Y wurde gesagt und NICHT X und ich werde mein Lebtag nicht begreifen, warum alle Menschen X schließen müssen, wenn man Y sagt, nur weil sie meinen, dass man in einem begrenzten logischen System ohne weiteres von Y auf X schließen könnte…
    Ich hab sicher keinen analytischen Verstand wie Du Storch, aber immerhin einen sehr emotionalen, sehr Nuancen-wahrnehmenden Verstand. Und da bin ich echt froh.
    Danke für Deine Arbeit! Ich krieg echt die Krise, dass ich so selten im GoDi bin…

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