26. Juni 2007 2
Piaget für Prediger 5
Als wären die pädagogischen Erwägungen beim predigen nicht schon schon schwierig genug stellt sich uns eine weitere Hürde. Diese ist sicherlich diejenige, die am schwersten zu nehmen ist. Allerdings haben wir schon einen guten Anlauf genommen wenn wir auf einer anschaulichen und erfahrbaren Ebene predigen.
Dir grösste Schwierigkeit liegt nun darin, dass wir geistliche Dinge weitergeben wollen, die sich dem Verstand verschliessen (s.1.Korinther 2). Hier müssen wir Piagets Modell verlassen oder aber sehr erweitern. In der Welt des Geistes kommt es nicht in erster Linie auf die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen an sondern auf seine Fähigkeit im Geiste eine Realität wahrzunehmen und zu erkennen, die sein Verstand nicht erkennen kann.
Hier kann uns weltliche Pädagogik nicht weiterhelfen, denn die Erkenntnis göttlicher Offenbarung ist schlichtweg nicht ihr Metier. Den Schlüssel zur biblischen Erkenntnis bieten einige Stellen aus dem 1.Korintherbrief[i]:
Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes. (1. Korinther 2,10-11)
Wir aber haben Christi Sinn. (1. Korinther 2,16 )
Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. (1.Korinther 6,17)
Die Basis dafür göttliche Offenbarung zu erkennen ist niemals der Verstand; es ist der Geist, der mit Gott in Kontakt steht – nicht der Verstand. Natürlich drückt der Geist sich sowohl im Verstand als auch in den Gefühlen aus, aber er ist weder mit dem einen noch mit den anderen gleichzusetzen.
Das Faszinierende ist, dass wir auf eine Weise mit Gottes Geist kommunizieren können, wie das mit nichts anderem auf der Welt möglich wäre: wir sind geistlich eins mit ihm. Das ist vielleicht die Erkenntnis, die am schwersten zu fassen ist. Dennoch ist es auch die Erkenntnis, die eine Tür zu jeder weiteren öffnet. Wir haben bereits alles Wissen über Gott in uns, wir können nur schlecht darauf zugreifen weil die wenigsten es gelernt haben ihren wiedergeborenen Geist wahrzunehmen und mit ihm in Kontakt zu treten.
Sobald es gelingt den eigenen Geist wahrzunehmen beginnt eine Form des Lebens mit Gott, dass die Konzepte der meisten Christen über den Haufen wirft. Es geht nicht mehr darum die Stimme Gottes zu hören als würde er von aussen mit uns reden. Es geht darum mit Gott in eine Einheit zu kommen, die über das hinausgeht was wir landläufig unter Kommunikation verstehen.
Für uns als Lehrer bringt das auch Nachteile mit sich denn nun stehen wir vor der Schwierigkeit nicht nur nach Piaget Abstraktes in Anschauliches umzuwandeln sondern vielmehr vor der noch grösseren Schwierigkeit geistliches in alltägliche Bilder und Formen zu giessen; oder: die grossen Scheine der Theologie in das Kleingeld des täglichen Lebens zu wechseln.
anjathered schrieb am
26. Juni 2007 um 11:51Storch, ich wollte dir nur eben für diese wichtigen Gedanken danken (kleiner Reim zum Dienstag 🙂 ). Ich werde mir die letzten Beiträge ausdrucken und nochmal in Ruhe drüber nachdenken (bin Printmensch, keine Bildschirm-Tante…)
Ich knabbere zurzeit an Fragen, die eng darum kreisen – weniger das „wie“ der Predigt über Lehrinhalte selbst jedoch, mehr die Frage, wie man „Leben“ predigen kann beschäftigt mich.
Großes Ding für mich, andere haben das schon durch, keine Frage, aber die Kluft zwischen einfach nur „real“ sein und dabei Leute am eigenen Leben teilhaben lassen einerseits und gesunder Abgrenzung und der Sättigung an Freunden, Bekannten, Gefährten, die irgendwann (persönlich, nicht auf Gemeindeebene) „Neuaufnahmen“ anstrengend werden lässt, andererseits, gibt mir derzeit zu denken.
Luhmann, McLuhan, Piaget, auch Derrida, Foucault, Baudrillard, Lyotard, Barthes und good old Eco… püh. (Bitte das namedropping entschuldigen, und sie gehören ja auch nicht alle in einen Topf, aber die Assoziationen überrollen mich gerade 🙂
Alte Bekannte, mannmannmann… was hab ich mich manchmal mit Dozenten gezofft, weil die Abstraktion beim Übertrag auf die Wirklichkeit zu teils idiotischen (sorry) Ergebnissen geführt hätte, hätte der Übertrag denn stattgefunden… an der Uni denkt es sich leicht, aber was anfangen mit einem Denken, das ohne Ergebnisse bleibt? (Danke. Hast mir gerade einen nostalgischen Moment beschert. Gruß an dieser Stelle an Hendrik und Andi aus Tübingen…)
Vielleicht sollte ich doch noch promovieren… hrm.
Übrigens fand ich den Zima einen guten Einstieg in das Thema, das hier gerade gar nicht aktuell ist. Ups.
Ine schrieb am
26. Juni 2007 um 23:33Echt schwere und steile Gedankengänge. Und trotzdem aus meiner Ecke – wie stets- ein och nö. Vor einiger Zeit hast Du noch darüber geschrieben, dass Herz und Hirn schwer in den gleichen Takt zu bringen. Die letzten Posts scheinen wieder ganz aus dem Kopf zu kommen.
Nur:
Wir hängen nicht einer Lehre oder Philosophie an.
Die Predigt ist nicht der wirkliche Mittelpunkt des Gottesdienstes.