22. Juni 2007 3

Piaget für Prediger 1

Piaget unterschied in seiner Entwicklungspädagogik vier Ebenen der kognitiven Entwicklung. Die höchste Ebene ist die des abstrakten Denkens. Was abstraktes Denken genau ist ist schwer zu definieren, es hat mit einem Denken in Codes, Symbolen und Theorien zu tun, damit Theorien aufeinander anzuwenden ohne wieder in die Ebene des konkret anschaulichen zu verfallen. Oerter und Montana definieren so:

„Fähigkeit zur Abstraktion. Abstraktionen können in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen verstanden und generiert werden. Zum Beispiel:Begriffliche Abstraktionen, Erfassen von Sinnstrukturen im Kontext gesellschaftlicher, sozialer, ideeller Sachverhalte (bezogen auf Politik, Wirtschaft, Moral, Ethik, etc).“ (die Definition habe ich von Martin, Danke!).

Man kann sich vorstellen, dass Statistiken in diesem Bereich sehr unterschiedlich ausfallen, aber es gibt Autoren die sagen, dass nur etwa 15% aller Menschen diese Ebene des abstrakten Denkens je erreichen und sich in ihr wohlfühlen (andere sprechen von bis zu 60% bei UniversitätsstudentInnen. Die anderen 40-85% sind auf Veranschaulichungen angewiesen um einen Zusammenhang zu verstehen.

Wenn Du nicht sicher bist, ob Du abstrakt denken kannst empfehle ich dir Luhmanns soziale Systeme zu lesen, oder Kants Kritiken. Wenn Du Dich am Ende der Lektüre bereichert fühlst kannst Du abstrakt denken, hehehe.

Das gibt natürlich jedem Bibellehrer Hausaufgaben auf. Kann es sein, dass wir die Bibel auf eine Weise lehren, die den meisten Menschen den Zugang zur göttlichen Wahrheit unnötig erschwert? Gerade von Universitätstheologen kann man wohl annehmen, dass das abstrakte Denken genau ihr Metier ist, was wiederum erklärt, warum viele Predigten so kopflastig und für die Mehrheit der Zuhörer scheinbar schwer verständlich sind.

Wenn wir die Dinge Gottes rüberzubringen versuchen sollten wir uns bemühen, sie von der abstrakten Ebene herunterzubringen auf eine anschauliche Ebene; die grossen Scheine der Theologie in das Hartgeld des Alltags zu wechseln. Nur dann können wir erwarten, dass unsere Zuhörer mit dem, was wir sagen etwas anfangen können.

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3 Kommentare

  1. als right-brainer stimme ich natürlich voll zu.
    die gegenwärtige tendenz – schon in teilen der charismatischen bewegung und nun in der „emerging conversation“ – to „prefer narrative presentations drawn from their own experiences and biblical narratives over propositional, bible exposition“ (wikipedia) zeigt, was für ein bedarf an nicht-abstrakter verkündigung vorliegt.
    auch darin gebe ich dir recht, dass die gängige, besonders die universitäre, homiletik ihren beitrag geleistet hat, die relevanz des christlichen glaubens hierzulande zu senken.
    wir haben einen glauben zu bekennen und wir haben eine geschichte zu erzählen.

  2. AMEN dazu!

    Manchesmal geht´s mir auf Deinem und Haso´s Blog ja auch so – mein Intellekt reicht für die einen oder anderen Ausführungen nicht so recht. Aber zum Glück zählt im Reich Gottes ja nicht Intellekt, sondern Herz – Hallelujah!

    Hier noch einer meiner neuesten Lieblingsverse:
    Lk 10,21: „Zu der Stunde freute sich Jesus im heiligen Geist und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater, so hat es dir wohlgefallen.“

  3. danke für deine gedanken…. relevant!!

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