15. September 2006 19
Trichotomie oder Trinität
Nachdem es Bedauern ausgelöst hat, dass Flock beim Schreiben dieses Artikels abgestürzt ist, schreibe ich ihn einfach nochmal. Ich schreibe ohnehin gerade an den letzten Seiten eines Buches, in dem auch das Thema „biblisches Menschenbild“ eine Randbemerkung bekommt. Bevor ich meine eigenen Gedanken niederschreibe möchte ich aber noch auf einige ältere Posts und Diskussionen aufmerksam machen, die die Bloggosphäre eine Weile beschäftigt haben:
zunächst einmal Hasos Eintrag „ich bin eine schnittstelle“ und eine etwas ältere Diskussion bei Bernhard. Josha hat auch einige bemerkenswerte Posts zu dem Thema: 1 und 2. Wenn Ihr noch weitere kennt hinterlasst bitte einen Kommentar, ich bin an dem Thema eigentlich immer interessiert (zumindest immer wieder mal).
Das Kernproblem das ich mit der Trichotomie habe ist nicht, dass ich nicht glauben würde, dass der Mensch aus drei Teilen besteht. Ich glaube an die Dreiteilung nach Körper, Seele und Geist! Was mich wirklich stört ist, dass diese Dreiteilung in manchen theologischen Strömungen zu einer krassen Überbewertung des Geistes führt. Kenyon lehrte, schon vor den 1940ern, dass der Mensch ein Geist sei, eine Seele habe und in einem Körper lebe. Das sehe ich definitiv nicht so. „Ich“ ist kein Geist sondern eine Dreiheit aus Körper, Seele und Geist. Was mich also stört an der Trichotomie ist das „tomein“, schneiden. Sobald der Mensch in seine Teile zerschnitten wird ist er tot. Wenn der Körper „den Geist aufgibt“ gibt es keinen Menschen mehr. Das Bestimmende sind also nicht die Teile sondern der Zusammenhalt. Das, was den Menschen zum Menschen macht ist, dass alle drei Teile zu einer guten Einheit verwoben sind. Deshalb denke ich mir den Menschen als eine Trinität, ähnlich wie ja auch Gott eine Dreieinigkeit darstellt.
Man kann diese Teile nicht einmal theoretisch trennen, sie gehen ineinander über wie ein Farbverlauf. Ein Teil beeinflusst den anderen mehr als uns oft lieb ist. Kaum etwas kann einen so negativen Einfluss auf unser geistliches Leben haben wie simple Kopfschmerzen obwohl sie nicht geistlich sind.
Erst von der Perspektive der Ganzheitlichkeit her entfaltet sich das Evangelium. Das Evangelium an das ich glaube (und wohl auch der grösste Teil aller Leute, die hier mitdiskutieren) bezieht sich auf den ganzen Menschen. Gott ist nicht nur an unserem Geist interessiert, auch wenn er in der Regel mit dem Geist anfängt (bei der Wiedergeburt). Er will den ganzen Menschen heilen und fördern. Veränderung und Heilung sind eigentlich nur von der Ganzheit des Menschen zu verstehen!
toby schrieb am
15. September 2006 um 08:55Das sehe ich genauso und wenn man die Schöpfungsgeschichte und das alttestamentliche Verständnis von Seele (näfäsch – der Mensch ist eine Seele und nicht hat eine Seele) sieht, wird dies auch biblisch gestützt.
storch schrieb am
15. September 2006 um 09:18es wäre ohnehin mal interessant, die AT und NT-sicht nebeneinander zu stellen. dazu bin ich aber im AT nicht weit genug drin.
TrüLo schrieb am
15. September 2006 um 09:33In meinem Konkordanten Testament steht als Erklärung:
Die Seele ist der Mensch vom Standpunkt seiner Empfindungen aus gesehen. Den Satz hab ich mir gemerkt, den fand ich gut 🙂
andy schrieb am
15. September 2006 um 10:00Ich finde, das einfache Beispiel von Kapitän und Flugzeug ist gut zum Vergleich von Bewusstsein und Körper.
Der Kaptän entscheidet wo es hingeht, aber er kann nicht schneller als das Flugzeug fliegen, Bewusstsein ist also gebunden an Materie.
Gleichzeitig kann der Pilot seine Umgebung auch nur durch das Flugzeug richtig wahrnehmen (GPS, Radar etc.), so durchlaufen die Infos die wir bekommen erst mal unsere Gehirnwindungen (MAnche sagen in dieser Zeit schon ihre MEinung =;-)
Eine kniefieselige Sache ist die Frage, ob Bewusstsein ohne Körper existiert. Ich denke, Gott hat das für ERdenzeiten grundsätzlich verkettet. Wenn du mir eine überziehst lieg ich auf dem Boden und mir fällt nichts mehr ein =;-)
Gerade in systemischen Betrachtungsweisen ist es so, dass der unwichtigere Teil (Körper) der Begrenzende und grundlegende ist (Kleinstfaktor/Engpass).
Problem: Hab keine Ahnung, wie sich dieses Beispiel auf Geist, Bewusstsein, Wille, Intellekt usw. bezieht. Weiß auch net, wie die zusammenhängen. Ich würde Willen eher dem Geist und Intellekt recht deutlich der Seele zuschreiben. Aber ich weiß net….
Schlussendlich will ich noch betonen, dass ich den Geist trotzdem für eine abgeschlossene Einheit halte und dieser geistliche Impulse (Gottes Sprechen, Gebet, Fasten…) braucht und nicht nur intellektuelle, die natürlich auch geistlich sein können
Bernhard schrieb am
15. September 2006 um 10:15Mann mann mann, Storch – wir sind uns schon wieder mal einig… Lass und mal wieder kontroverser werden… wie wärs mit Taufe – :o)
Nein! Also, sehr geil! Das hilft mir sehr weiter auch wie du es formulierst. Danke! AT hab ich einiges gemacht. Vielleicht wär das wirklich mal spannend. Ich sag ja eh immer laut, dass der Thess- Vers sowas von Platons Handschrift trägt… Aber ich seh schon die Steine fliegen. In Deckung! Grüße!
Rabbi.lydia :-) schrieb am
15. September 2006 um 10:25Ich verstehe auch den Menschen als Einheit von Körper, Seele und Geist. Wenn dem nicht so wäre, würden wir wohl auch kaum einen neuen Körper brauchen, wenn wir dann am Ende angelangt sind… es würde ja reichen wenn Geist udn Seele in Gottes Sphäre rumschwirren…aber nein, wir bekommen einen neuen Körper, weil wir nur dann ganz oder heil sind und ins ewige Friedensreich hineingehen!!! Im übrigen bedeutet das hebräische Shalom nicht nur Frieden sondern auch ganz und heil sein… ups, ich schweife ab…
Micha/JF Chemnitz schrieb am
15. September 2006 um 10:34na ja.
ich habe lediglich ein Prob mit einer UNterscheidung von Geist und Seele.
Für mich ist der mensch ne Zwei-Einheit bzw. ne zweikommafünf-Einheit.
Körper (der Fleischbatzen. Hardware) und Geist/Seele (der Lebenshauch. die Software)
dass das ganze sowieso ziemlich miteinander verwoben ist so dass mans eh schlecht voneinander trennen kann, da stimm ich drüber ein.
Welche Unterschiede gibts zwischen Geist und Seele? Kann man da welche ausmachen? (was sowieso schwierig wird, weil in der Bibel die beiden Begriffe bzw. ihre hebräischen oder griechischen Entsprechungen gerne mal synonym verwendet werden)
TrüLo schrieb am
15. September 2006 um 10:53Micha schrieb:
Körper (der Fleischbatzen. Hardware) und Geist/Seele (der Lebenshauch. die Software)
Ich probier mal:
Der Körper -> Hardware
Der Geist -> Software
Die Seele -> das, was auf den Monitor kommt, das fühlbare Ergebnis der Kombination Körper / Geist.
andy schrieb am
15. September 2006 um 11:49kurze Anmerkung: Ich rutsche ja deutlich ins philosophische ab.
Ich verbiete mir selber aber Rückschlüsse von „christlicher Philosophie“ auf Lehre.
Hat was mit Metatheologie zu tun denke ich. Sonst kann man alles „beweisen“.
Eine philosophie sollte als solche kenntlich gemacht werden.
Noch was: Ich schreib manchmal Ironisches und merke später erst, dass ich damit ungewollt jemanden verarsche, der was in die Richtung gesagt hat, weil ich zugegeben nie alles durchlese
lagalug schrieb am
15. September 2006 um 11:58Darf ich nun auch hier ein wenig Werbung machen? Sara (mein Frau und co-Bloggerin) hat dazu mal was geschrieben:
http://diskutabel.wordpress.com/2006/08/03/bin-ich-1-2-oder-3-und-was-bleibt-fur-die-ewigkeit/
Chrisse schrieb am
15. September 2006 um 13:42Also ich bin eher der Vertreter der These, dass der Mensch, wenn diese Dreiteilung überhaupt genau so besteht, so etwas wie ein zentrales Organ hat. Denn alles kommt ja irgendwie an einem wahrnehmenden Punkt an. Ich spüre den Schmerz in meinen Finger ja nicht nur direkt im Finger, sondern in so einer Art zentralem Bewußtsein. Vielleicht ist das der Geist. Auf der anderen Seiten ist alles eins und eben mit verschwommenen Grenzen. Ich bin alle drei Teile. Das ist natürlich gar nicht biblisch argumentiert, aber so denke ich das.
Ich finde das schwierig, dass so viel über den Geist (des Menschen) gelehrt wird, aber da gar nicht die Grundlagen geklärt sind. Wir haben ja auch gemerkt, dass jeder das anders sieht.
das Jan schrieb am
15. September 2006 um 14:58Hm. So habe ich das noch nie betrachtet. Für mich ist Körper im Grunde nur irgendein austauschbares, beliebiges Ding, was halt an meinem Geist dranklebt und die Seele ist eigentlich meist das absurde Gebilde, was dem Geist meistens noch mehr im Weg steht, als der Körper. Ist natürlich nur persönliches Empfinden -> und eben jenes vermaledeite Empfinden hat vermutlich seinen Ursprung in der Seele, weswegen diese Sicht jetzt ebenso falsch wie richtig sein kann 😉
storch schrieb am
15. September 2006 um 15:27chrisse: um deine frage in dem thread über „geist oder geist“ zu beantworten: im grunde hat kenyon es so gesehen wie jan: der geist ist per wiedergeburt vollkommen und muss nun beginnen den rest zu dominieren. dabei steht die seele im weg herum um muss deshalb im sinne der bibel verändert werden.
DAS sehe ich dann wiederum genauso…
chrisse schrieb am
15. September 2006 um 15:38ich och
sara schrieb am
15. September 2006 um 16:28Mir ist eine neue Variante eingefallen: man könnte sich ja auch die Zweiteilung Geist – Körper vorstellen, wobei die Seele (als reine Gefühlswelt gedacht) zum Körper gerechnet würde. Sie Seele wäre dann sozusagen in die Gehirnwelt integriert (und der Wissenschaft somit genüge getan), während der Geist etwas mit dem Körper verbundenes, jedoch materiell unabhängiges darstellte.
Kann mich aber selbst nicht ganz überzeugen von dieser kleinen Theorie.
(Für meinen Post zum Thema ist ja schon Werbung gemacht worden….)
georgos schrieb am
19. September 2006 um 00:09vielleicht kann man sich auch auf eine 2 1/2-lehre einigen. wie wäre hierzu der griechische fachbegriff? 😉
wind es witzig und auch spannend, darüber zu „theologisieren“ bzw. „philosophieren“. ich selbst kann hasos meinung einiges abgewinnen. aber wie auch schon zu seinem post angemerkt, frag ich mich ganz einfach nach der praktischen bedeutung für meinen alltag. in wie fern hat dicho- oder trichotomie auswirkung auf meine spiritualität, mein gebet, meinen lebensstil, usw.?
ich denke, es ist hilfreich, sich eine der beiden brillen aufzuziehen und dadurch ein paar bibelstellen zu betrachten … aber lebensentscheidend ist das nicht, ob ich eine rot oder blau-getönte sonnenbrille trage …
storch schrieb am
20. September 2006 um 12:06hi georgos und sara,
willkommen in der schönheit des komplexen!
diese lehre hat einiges mit dir zu tun, georgos: spiritualität ist ein ausdruck deines geistes, nicht deiner seele. das ändert alles. wir müssen in der beziehung zu jesus nichts mehr machen, wir lassen etwas fliessen.
georgos schrieb am
20. September 2006 um 12:51durch die brille der trichotomie gesehen stimmt das (die ich übrigens auch trage). mir ging es aber nicht so sehr um die frage, wie was funktioniert (was dann wieder ansichtssache ist). „wir müssen in der beziehung zu jesus nichts mehr machen, wir lassen etwas fliessen“ überzeugt mich nicht als ergebnisunterschied zwischen dicho- und trichotomie. ein dichotomist könnte gleiches behaupten.
mal anders gefragt: wärst du heute ein anderer storch, wenn du der dichotomie anhängen würdest?
andy schrieb am
20. September 2006 um 17:37Noch mal überlegt, was ich oben geschrieben habe (Infos durchlaufen Gehirn/Nerven etc. bevor sie im Bewusstsein auftauchen).
Aber: Wenn ich im Geist (und der Wahrheit) bete oder so -nicht nur in Zungen-, dann denke ich, dass der Geist Gottes zu meinem Geist direkt spricht (das Gehirn/Intellekt hat dann die Aufgabe der Abspeicherung und intellektuellen Verwurstung =;-)