07. September 2006 9

Heiligung

Eines der für mich am herausfordernsten Spannungsverhältnisse in der Bibel ist die Spannung zwischen Gerechtigkeit und Heiligkeit. In der Kirchengeschichte ist viel Schaden entstanden weil diese Begriffe nicht ihren biblischen Befunden folgend auseinanderdividiert wurden. So wurde oft Heiligkeit als Weg in den Himmel, die Gemeinde oder den Dienst gesehen und Gerechtigkeit war für die Christen vergangener Jahrhunderte eine nicht erreichbare Sache.

Auf der einen Seite steht Josua 3,5: Heiligt euch! Denn morgen wird der HERR in eurer Mitte Wunder tun. (Elberfelder) Auf der anderen Seite 2.Korinther 5,21: Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm. Die Spannung zwischen beiden biblischen Aussagen knistert zwischen den Polen „wer wir sind“ und „was wir tun“. Es ist die Spannung zwischen dem Sein und dem Handeln, von welcher die Theologie des 20.Jahrhunderts massgeblich geprägt war. In unserem Leben bedeutet diese Spannung, dass wir durch Christus gerecht und untadelig vor Gott stehen können und zur gleichen Zeit wissen, dass wir sündigen.
Heiligkeit ist nicht das, was uns in den Himmel bringt, sie ist das, was uns den Himmel hier erleben lässt. Der Zusammenhang ist immer das auf Erden sichtbare Gottesreich, dass wir erleben wenn Gott durch Heiligung ungehinderter durch uns fliessen kann. Wer also der Heiligung nacheifert ohne die niemand Gott sehen kann (Hebräer 12,14), der eifere nicht um Gott im Jenseits zu sehen, das ist schon geklärt; er eifere um Gott im Diesseits wirken zu sehen! Wir erkaufen uns nichts durch einen jesusmässigen Wandel, wir geben nur Gott bessere Möglichkeiten zu seiner Verherrlichung.

In neuerer (periodisch wieder aktuell werdender) Theologie geschieht die Identifizierung von Heiligkeit und Gerechtigkeit umgekehrt. Der gedankliche Kurzschluss ist, dass wir heilig sind, weil Gott in uns nur die Gerechtigkeit sieht, die vor ihm gilt. Diese Identifikation ist auf den ersten Blick sympathischer weil sie nicht in Gesetzlichkeit endet. Dafür endet sie immer in Gnosis. Wenn das Handeln zu weit hinter dem Sein zurückfällt verlieren die Nachfolgestellen der Bibel ihre Wirkung. Gerade das NT ist voll davon, dass wir aufgefordert werden uns so zu verhalten wie Jesus es von uns wünscht. Man kann wieder von beiden Seiten von der Strasse abkommen, der Graben auf der rechten Seite ist Gesetzlichkeit, auf der linken Seite ist es Gnosis.

Wir tun gut daran, die Spannungen die Gottes Wort aufbaut bestehen zu lassen und nicht zwanghaft zu versuchen sie aufzulösen, denn auch die Bibel löst sie an keiner Stelle auf.

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9 Kommentare

  1. schwieriges ding. kann man das wirklich so trennen… ich blick noch nicht ganz durch. spannung ist gut, und ich möchte die der bibel sicher nicht auflösen. aber kann man das so in zwei pole heiligung-gerechtigkeit trennen. was ist zum beispiel mit dem versen aus hebräer 12, 10-11?

    „Denn sie züchtigten uns zwar für wenige Tage nach ihrem Gutdünken, er aber zum Nutzen, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Alle Züchtigung scheint uns zwar für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; nachher aber gibt sie denen, die durch sie geübt sind, die friedvolle Frucht der Gerechtigkeit.“

    naja das ganze kapitel ist sehr spannungsgeladen, ein sehr schönes kapitel…

  2. hallo, könntest du mir in kurzen einfachen worten erklären, wie das mit der gnosis zu verstehen ist. ich habe bei wikipedia nachgelesen was darunter zu verstehen ist. aber ich habe, glaube ich, nicht ganz begriffen wie du es meinst.
    vielen dank! 🙂

  3. Hm,
    ich finde das nicht so kompliziert. Paulus sagt im Römerbrief: „Sollen wir noch weiter sündigen? Das sei ferne! Wir die wir der Sünde gestorben sind, wie sollten wir noch in ihr leben.“

    Er sagt das gerade aus diesem Bewußtsein des Gerechtseins auch die Handlung folgen muß. Nicht aus Druck, sondern in dem Bewußtsein, Sünde entspricht nicht meinem Lifestyle und deswegen lasse ich es.

    Im Epheser sagt er: „Laßt uns nun würdig dieser Berufung wandeln.“ Wieder dasselbe. Wir haben den Status der Heiligen von Gott geschenkt bekommen und verlieren ihn auch nicht!
    Es ist aber an uns, uns auch so zu verhalten und wir können es jetzt auch.
    Das eine ist der geistliche Stand, der uns ausmacht: Kinder Gottes. Das andere ist das, wie wir uns nach Außen hin geben.

    Mein Beispiel ist immer: Ein Koch ist Koch, auch wenn er nicht in der Küche steht. Nur weil ich auch mal koche, macht mich das nicht zu einem Koch.

    Genauso bleibe ich ein Heiliger, aus Gottes Gnade, auch wenn ich mich nach außen hin nicht so verhalte.

  4. Erkenntnis (Gnosis) zur Erlösung kann nur durch Gerechtigkeit und Heiligkeit durch Heiligung geschehen.
    Durch die Aufnahme gnostischer Gedanken in die christl.Botschaft kam es aber auch zu Irrlehren:Man bezog die Erlösung nur auf den guten Teil.
    (die Lichtseele) im Menschen und bestritt,daß Jesus an der verdorbenen Materie anteil habe,also einen Irdischen Leib besessen habe.
    Ich glaube es besteht immer die Gefahr „Gerechtigkeit und Heiligkeit“ nicht genügend wahrzunehmen.
    @Rabbi Lydia
    Ein Knecht des Herrn gezüchtigt geworden.
    Ein Halm geknickt,
    ist in Gegenwart nicht Freude sondern Traurigkeit.
    Dies siehst Du sicher richtig.
    In diesen Falle ist somit sicher „Heilung“ nicht Heiligung gemeint.
    Wenn ich mir im TV einen längeren Mehrteiler eines Gruselfilms reinziehe,
    wird vieles in mir dunkler.
    Du schriebst vor kurzem „gebrochenes Licht malt die schönsten Farben“.
    Richtig,also brauchen wir das Licht im dunkel.
    Somit bedarf ich“Gerechtigkeit,Heiligkeit und eben Heilung“.
    Diese Heiligkeit,Gerechtigkeit…kann wiederum nur von Gott kommen.
    Er ist das Licht der Welt.
    @Morti
    Ein Koch bleibt ein Koch.
    Ein Versicherunsmann ein Versicherungsmann.
    Ein Schlachter ein Schlachter.
    Eine Firma eine Firma.
    Und Musik bleibt Musik.
    Auch wenn es eine nicht gekannte Kultur sein mag.
    Musik bringt auch:
    Gerechtigkeit,Heiligung und Heilung..

  5. ich sehe das genauso wie morti, was mich durchaus froh macht.

  6. Das problem bei der sáche ist auch dieses: wenn man in diese gleich gültigkeit verfällt (wir müssen nichts tun) gibt es doch schon wieder zweifel an der gerechtigkeit, oder?
    diese sache damit, dass man bereit sein soll für Jesu Wiederkunft…und die sache, dass man, wenn man nicht bereit ist, auch keinen teil an gottes reich hat…Also nicht gerettet oder?
    Was ist auch damit, dass jesus immer wieder gesagt hat: sündige nicht mehr!

  7. Eine Definition von Sünde würde mich auch an dieser Stelle interessieren.
    Björn

  8. wer gutes zu tun weiß und tut es nicht das ist Sünde

  9. richtig, jakobus 4,17. wobei es noch andere definitionen gibt, vielleicht schreibe ich da noch was zu – vielleicht auch nicht.
    auf jeden fall: willkommen, skai!

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