21. August 2006 3

Krankheit als Funktion 2

Ein unreiner Geist, der einen Menschen verlassen hat, wandert durch die Wüste und sucht einen Ort, wo er bleiben kann. Wenn er aber keinen findet, dann sagt er: Ich will in mein Haus zurückkehren, das ich verlassen habe. Und wenn er es bei seiner Rückkehr leer antrifft, sauber und geschmückt, dann geht er und holt sieben andere Geister, die noch schlimmer sind als er selbst. Sie ziehen dort ein und lassen sich nieder. So wird es mit diesem Menschen am Ende schlimmer werden als vorher. (Matthäus 12,43-45
Befreiung ist möglich! Das ist schon mal eine ermutigende Tatsache. Jesus hat einen vollmächtigen Befreiungsdienst vorgelebt, die Evangelien sind voll von Menschen, denen irgendwas ausgefahren ist; es gehörte zum festen Programm in Jesu Versammlungen, dass übernatürliche Dinge und eben auch Befreiungen geschehen sind. Da heute wir als Gemeinde der Leib Christi sind sollten wir das leben, was Jesus uns vorgelebt hat und Befreiungen und Heilungen sollten in unseren Gottesdiensten so normal sein wie in denen von Jesus.
Dabei sind Befreiungen theologisch und seelsorgerlich schwierige Dinger. Es gibt viele Fragen, die sich nur mit Mühe beantworten lassen: gibt es Besessenheit (die Bibel spricht nur von „Dämonisierten“), können Christen belastet sein, nutzen Befreiungen bei körperlichen Krankheiten? usw. Da will ich gar nicht drauf eingehen, ich habe zu allen Punkten eine Meinung, aber die geht am Thema dieser Reihe vorbei. Am schwierigsten finde ich die Frage, ob es sich um geistliche oder seelische Phänomene handelt – je nach Theologie und Fallbeispiel kann man beides argumentieren. Deshalb schreibe ich hier über „böse Geister“ in der umfassendst möglichen Form: so, wie es in der Literatur (und auch in der weltlichen) manchmal vorkommt, als „etwas“ das den Menschen quält. Man redet von einem „Dämon der Sucht“ als etwas, was stark ist und was je nach theologischer Erkenntnis und Gegebenheiten des Belasteten personal sein kann oder auch nicht. In jedem Fall ist es was, wovon der Mensch befreit werden muss.

Bei der Befreiung stehen uns unsere eigenen Bilder oft im Weg. Handelt es sich um geistliche Ursachen, hat man oft den Hollywood-Exorzismus vor Augen. Tatsache ist, dass sich Befreiungsdienste in der Regel recht unspektakulär gestalten: ein kleines Gebet mit grosser Wirkung. In meiner eigenen Erfahrung ist es oft so gewesen, dass niemand irgendwas gemerkt hat, dass aber in den nächsten Tagen immer klarer wurde, dass „etwas fehlt“: das Problem, die Angst, was auch immer, war einfach weg. Bei rein seelischen Problemen ist der Weg zur Befreiung oft noch länger: man redet und betet, Heilung geschieht häppchenweise und man merkt wie die betreffende Person von Sitzung zu Sitzung immer freier wird bis das Problem dann auch fort ist.
Warum es mal so und mal so ist weiss ich auch nicht. Wir können es uns nicht aussuchen; wenn wir es könnten würde Befreiung natürlich immer von jetzt auf gleich gehen. Da wir es nicht können gibt es manchmal einen langen Vorlauf. Viele sind nicht bereit den Weg zu gehen wenn es nicht schnell geht. „Wenn Gott mich frei machen will, kann er es sofort tun“, denken sie und verzweifeln wenn Jesus sie nicht spontan befreit. Ich frage mich immer, was denn die Alternative ist. Wenn es nicht schnell geht, würde ich immer den langsamen Weg zur Freiheit wählen. Auf das Ziel kommt es an, wenn das Ziel die Freiheit ist, dann ist jeder Weg recht!

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3 Kommentare

  1. Hm. Ich glaube, dieses Thema ist noch lange nicht ausgeschöpft. Und ich hoffe, daß da von Deiner Seite noch weitere Gedanken kommen werden. Ich tüftele gerade z.B. daran, welche Varianten da noch möglich sind und wie man das konkret in Symptom und Ursache aufteilen kann. Spricht diese Bibelstelle also davon, daß der Mensch vom „Symptom Dämon“ befreit wird, aber die „Ursache leerer Raum“ bestehen bleibt? Und vorallem: gibt es da noch andere Bibelstellen, wo der leere Raum vom heiligen Geist gefüllt wird und so automatisch den „Dämon“ und damit auch das Symptom „verdrängt“?!? Oder ist diese Variante gar nicht biblisch? Bzw. wahrscheinlich muß man für diese Betrachtung „Symptom“ und „Dämon“ noch differenzieren.

    Und steht im Grunde der biblische Begriff „Dämon“ für all das, was man heute „psychische Krankheit“, „Suchterkrankung“ etc… nennt? Es ist manchmal gerade dieser Begriffswust, der für „den Christen von heute“ ja meist eine Mischung aus biblischen und säkulären Ausdrücken ist, der mich ganz durcheinander bringt.

  2. Mich bringt er weiß Gott auch durcheinander!!!!! In diesem modernen Gestrüb an an Heilungstheologieangebot findet man nur selbst wieder verwirrung. Will aber anmerken das das Thema hier bis jetzt sehr besonnen angegangen ist. Weiter so 🙂 .
    Das Thema „Freiheit nach Gottes Geschwindigkeit“ das am schluss angesprochen wurde ist in dieser Frage auch elementar. Nicht in der Theorie, aber mit Blick auf die Praxis, schon, grade wenn man sich die Charismatische Ecke mit ihren Irrungen und Wirrungen anschaut.
    Ich will Frei sein, und wenns mal eben länger dauert, dann dauerts eben länger.

  3. da sind die grenzen vermutlich fliessend, deshalb versuche ich den „dämon“ etwas weiter zu definieren als es in der charismatischen szene üblich ist. ich vermute, dass ich auch in den weiteren posts zu dem thema da sehr vorsichtig mit definitionen sein werde.

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