09. März 2006 1

Bultmann und die Ordnung

Rudolf Bultmann hat als grosser Gelehrter am Neuen Testament gearbeitet. Seine Schlüsse mögen uns, als bibelgläubigen Christen, zuweilen bizarr erscheinen aber das ändert nichts an der Tatsache. Jedenfalls hat er auch versucht, das Johannesevangelium in eine eigene Ordnung zu bringen. Nach einem erkenntnistheoretischen Witz ist dies nun ein theologischer:

Bultmann erkennt einige Quellen, die der Autor der Evangeliums verarbeitet hat, und gibt eine eigenständige Lösung des Problems, das durch die oft disparate Anordung des Evangeliums sich ergibt: bei der Schlussredaktion des Buches seien einige Blätter durcheinander geraten! Hier versucht Bultmann eine neue, einsichtigere Ordnung. Daraufhin erzählt man sich in amerikanischen Theologenkreisen: Als ein Windstoss dem Johannes seine Papyrusblätter durcheinanderweht und er sie eifrig wieder ordnen will, flüstert ihm der Inspirationsengel zu: „Macht nichts, da gibt´s jemand in Marburg, der bringt das schon wieder in Ordnung!“ (Dembowski, Herrmann: Barth Bultmann Bonhoeffer, Rheinbach 2004, Seite 63)

Diesen schrägen Hang zur Neusortierung teilt er ausgerechnet mit einem der Lieblingsübersetzer der Glaubensbewegung: James Moffatt hat mich einmal das Schwitzen gelehrt weil ich einfach ein Kapitel des Johannesevangeliums nicht gefunden habe: auf 13 folgt 15, 14 kommt erst nach 16. Nicht, dass mich das besonders stören würde, ich verstehe nur den Sinn nicht.
Dass die Auslegung des Wortes Gottes oft seltsam, missverständlich und völlig zweifelhaft ist, daran habe ich mich gewöhnt. Aber dass auch die Reihenfolge diskutiert wird ist komisch.

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Ein Kommentar

  1. ganz so abwegig ist das aber nun auch wieder nicht. Es gab Autoren, denen war die chronolog. Abfolge nicht das wichtigste, sondern ein thematischer Erzählstrang. So kann es z.B. sein, dass bestimmte Ereignisse in 1. Sam 16 und 17 in anderer Reihenfolge abgelaufen sind..

    und fast zur Verzweiflung hatte mcih Esra 4,6-23 gebracht… dieser Einschub handelt ca. 100 Jahre nach den Ereignissen in Esra 1-4,5 und 4,24 – kap. 6
    (nämlich: hä? xerxes? xerxes is jemand anderes als Darius..)

    Zu Johannes: zumindest Vers 14,31b passt gut vor 17,1

    wie begründet james moffatt die Umstellungen?

    na ja.
    wenn ein Scvhreiber anhand von ereignissen/themen sortiert und nur nachrangig chronologisch, kanns owas schon mal sein. das ist kein problem.

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