08. Februar 2006 14

schweigen – hiob 2,11-13

in einem kommentar hat haso schon einiges über hiob 2,3 geschrieben. da ich über den vers ohnehin nicht im blog schreiben wollte, empfehle ich interessierten, den kommentar zu lesen.

11 Die drei Freunde Ijobs hörten von all dem Bösen, das über ihn gekommen war. Und sie kamen, jeder aus seiner Heimat: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Sie vereinbarten hinzugehen, um ihm ihre Teilnahme zu bezeigen und um ihn zu trösten. 12 Als sie von fern aufblickten, erkannten sie ihn nicht; sie schrien auf und weinten. Jeder zerriß sein Gewand; sie streuten Asche über ihr Haupt gegen den Himmel. 13 Sie saßen bei ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte; keiner sprach ein Wort zu ihm. Denn sie sahen, daß sein Schmerz sehr groß war.
(Hiob 2,11-13 nach der Einheitsübersetzung)

der erste auftritt der freunde hiobs ist ein bewegendes zeugnis des mitleids. man denkt ja immer schnell schlecht über die „vier selbsternannten weisen“, aber zuerst einmal haben sich sehr menschlich verhalten.
angesichts des leids sind menschen immer schnell mit plattheiten dabei. ich bin buchhändler, ich muss das wissen denn ich habe in meinem leben hunderte ultraplatter beileidspostkarten verkauft… im grunde ist das der hauptgrund, warum ich hiob dieses mal durchstudiere, ich will einige der flachheiten mit denen nicht zuletzt die erkenntnis der wahrheit gottes aufgehalten wird, entlarven. – doch das muss warten, denn zunächst verhalten sie sich vorbildlich: sie schweigen angesichts des leides, setzen sich zu hiob und bleiben eine ganze woche da sitzen; unfähig etwas zu sagen, bleiben sie einfach bei ihm und helfen ihm durch ihre gegenwart.
das ist eine haltung des mit-leidens, die uns charismatisch geprägten christen leider oft fehlt. vielfach gehen wir eher lieblos mit kranken oder leidenden geschwistern um: ein schnelles gebet („und: wirkt es schon?“), eine phrase („schau auf den herrn!“) und damit hat sich die sache für uns oft schon erledigt. es fällt leichter für jemanden zu beten oder ihn zu beraten, als mit ihm auf dem boden zu sitzen und ihm zuzusehen, wie er leidet. dummerweise verlangt liebe oft, dass wir füreinander da sind und nicht nur füreinander beten oder einander zu predigen… wenn glaube durch liebe erst wirksam gemacht wird (galater 5,6), dann fehlt zu dem übernatürlichen wirken, das wir uns wünschen, vielleicht nur noch bereitschaft aus liebe mit den leidenden zu sitzen statt sie mit floskeln und schnellen gebeten abzuspeisen.

ich hatte vor jahren mal einen eindruck, der mir sehr lebendig im gedächtnis geblieben ist: in einem raum lag ein kranker. es war kein detailierter eindruck, eher einer von diesen träumen in denen man weiss, dass jemand krank ist. das zimmer, in dem er lag war weiss und kahl: ein bett, ein schrank, ein nachttisch. nebenan war die gemeinde und hat gebetet. durchaus inbrünstig, nicht ohne glauben. dennoch ist der kranke gestorben – ohne dass einer aus der betenden menge bei ihm gewesen wäre.
am glauben hat es in dem bild nicht gemangelt, aber an liebe und der bereitschaft mit dem kranken nebenan zu reden, zu beten und bei ihm zu sein. sicher wäre er glücklicher gestorben wenn nicht alle so intensiv mit beten beschäftigt gewesen wären.

mich berührt das bild immer noch und natürlich schreibe ich mit zehn fingern – ich habe keinen zeigfinger frei um ihn moralisch zu erheben. aber ist das nicht oft der zustand unserer gemeinden, dass wir im einen raum sind und beten, währen die welt in einem anderen zimmer liegt und uns vermisst?

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11 Kommentare

  1. uns nicht nur charismatisch geprägten, sondern auch noch wortorientierten christen ist in der tat oft nicht bewusst, welche bedeutung und wirkung unsere zugewandte ANWESENHEIT haben kann, wenn wir sie nicht durch vorschnelle worte neutralisieren.

  2. stimmt, die wortorientierten habe ich vergessen. dabei bin ich selber extrem wortorientiert.

  3. Ich denke die Spannung von solchen Situationen mit Krankheit und Leid und Tod überhaupt aushalten zu können, ohne dass die eigenen emotionalen Grenzen überschritten werden und das persönliche Gottesbild daran in Frage gestellt wird, das können halt nicht viele Leute. Denn das bedarf einiger Reife und dass man solches Leid selbst erlebt hat, und sich dem gestellt hat, ohne es durch schnelle geistliche quickfixes zu verdrängen. Ich kenne leider wenig solche Leute, die aufgrund ihrer Erfahrungen soviel innere Stabilität haben, dass sie solche Fragen und Erlebnisse nicht überfordern.

  4. Ich kenne leider wenig solche Leute, die aufgrund ihrer Erfahrungen soviel innere Stabilität haben, dass sie solche Fragen und Erlebnisse nicht überfordern.

    was allerdings keine ausrede dafür sein sollte, sich solchen situationen erst gar nicht zu stellen. der mensch wächst mit seinen aufgaben.
    ich denke auch nicht, dass man jedes leid selbst erlebt haben muss um mit einem leidenden / kranken mitzufühlen. in meiner zeit als altenpfleger habe ich einen haufen menschen sterben sehen und konnte durchaus mit ihnen fühlen ohne jemals gestorben zu sein.

    … ich war krank und ihr habt mich besucht…, ist ja kein sahnehäubchen auf das leben als christ, sondern eine schlichte ( notwendige ) ermahnung.

    lernen als lang andauernde verhaltensänderung fängt ja damit an etwas zu tun.

    ich sehe das so : geduld ist eine frucht des geistes, die wächst, ebenso wie andere früchte auch, oder eben verkümmert, wenn sie wir nicht pflegen. es braucht eine menge geduld, krankheit auszuhalten, besonders dann, wenn schon jeder den wir kennen und sein haustier für den kranken gebetet haben.

  5. Zitat:
    „sie schweigen angesichts des leides, setzen sich zu hiob und bleiben eine ganze woche da sitzen; unfähig etwas zu sagen, bleiben sie einfach bei ihm und helfen ihm durch ihre gegenwart.
    das ist eine haltung des mit-leidens, die uns charismatisch geprägten christen leider oft fehlt. vielfach gehen wir eher lieblos mit kranken oder leidenden geschwistern um: ein schnelles gebet (“und: wirkt es schon?”), eine phrase (“schau auf den herrn!”) und damit hat sich die sache für uns oft schon erledigt. es fällt leichter für jemanden zu beten oder ihn zu beraten, als mit ihm auf dem boden zu sitzen und ihm zuzusehen, wie er leidet.“

    Danke Storch für diese Worte!
    Das ist grad Balsam für meine Seele. Ich hab zur Zeit so die Nase voll von dem „angepredigt-werden“, und dem „Ich-binde-erst-mal-den-Geist-der-Trauer-Bedrückung-über-dir-bevor-du-weiterredest.“ und ich hab auch die Nase voll von den „Glaubenslehre-Schnellkursen“, die man um die „Ohren geknallt kriegt“.
    Ging mir erst heute so mit einer netten Frau aus meiner Gemeinde. Ich vergebe, sie weiß nicht, was sie tut, aber es tut weh.
    Der Grund war:
    Ich bin mal wieder geistlich abgestürzt, weil ich den Vater und seine Liebe nicht mehr gefunden habe in der Bibel (ich hab halt mal was anderes gelesen außer meine Lieblingsbibelstellen – das ist immer gefährlich für mich – Römer 9 z.B. ist ein gefährliches Kapitel, aber es gibt noch viele andere – es ist eigentlich mehr der Gesamttonfall der Worte, der in meinem Kopf dann immer strenger klingt und immer verurteilender. Und wenn die Bibel einen strengen Tonfall annimmt, dann ist es bei mir aus – der Vater verschwindet dann, und der zornige Gott steigt auf und auch der liebevolle Jesus ist dann weg und in mir bleibt der „eiskalte Jesus“ zurück – der u.a. zu den 5 Jungfrauen und zu dem Mann ohne Hochzeitskleid sagt: „geht von mir hinaus- ich kenne euch nicht!“

    Jesus droht ja öfter mal ganz knallhart mit der Hölle. Ich weiß nie, ob er nicht doch mich meint damit – und dann zieht mir das geistlich den Boden der Liebe des Vaters unter meinen Füßen weg. Ich verliere dann jeden Halt – mein Schönes Haus der Liebe Gottes bricht zusammen (für mich zumindest – weil ich mit solchen Hammerharten-Bibelstellen nicht umgehen kann)
    Und wenn mein geistlicher Zusammenbruch äußere Brüche nach sich zieht – z.B. eine Konferenz, zu der ich mich angemeldet hatte, dann keinen Sinn mehr macht weil ich inmitten meines geistlichen Trümmerhaufens sitze. Dann wäre es ein echter Trost, wen jemand einfach nur mit mir in diesem Trümmerhaufen sitzen würde. Aber weiß du, was sie dann sagen? „Na, wie lannge willst du dich noch bemitleiden?“ oder „Machst du wieder deine Self-Pity-Party?“ – wie hasse ich diese Sätze. Aber ich hatte nie einen Beleg aus der Bibel, dass Trauer angemessen ist. Vielleicht gibt es da einen Unterschied zwischen Trauer und Selbstmitleid. Diesen Unterschied herauszuarbeiten, dass würde jetzt zu weit führen in diesem Rahmen. Aber ich hab jetzt eine Bibelstelle, wo ich mir selber sagen kann – was die Freunde da machen, das ist Liebe und Mitgefühl. Und es ist völlig gesund und richtig zu trauern, wenn das innere oder äußere Lebenselement oder Lebensgebäude zusammenbricht.
    Ein Anhänger der Glaubensleere wäre in der Situation von Hiob wohl aufgestanden und hätte lauthals verkündet – „meine Söhne und Töchter sind nicht gestorben! Meine Haut ist völlig gesund. Ich weise den Teufel zurück! Und überhaupt, ich lass das einfach gar nicht zu!“

    Aber der Hiob hatte wahrscheinlich noch nie ein Wort-des-Glaubens-Buch in der Hand gehabt. Und zum Glück hatte auch keiner eins dabei. Ich glaube, er wäre durchgedreht in der Situation. Oder?

    Naja, vielleicht hätte er den Teufel ja tatsächlich loswerden können. Aber hätte er die Kraft gehabt für diesen Glaubensakt des Proklammierens und Stehens? Ich kann es mir nicht vorstellen.

    @Sascha: ehe ich genauso – ich konnte die Panik bei meiner Gemeinde-Schwester förmlich fühlen: „es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Also Keule raus und immer drauf!!! Sonst würde ja ihr eigenes Glaubenslehre-Weltbild wackeln. Lieber gibt sie dann mir die Schuld an meinem Trümmerhaufen, als dass sie sich hinsetzt und damit Gefahr läuft ihre eigenes krampfhaft zusammengehaltenes Glaubensgebäude einstürzen zu lassen.

    Aber ich hab das auch schon so gemacht. Aber irgendwie nie lange durchgehalten…

    Grüße vom Vater-Sucher

  6. lieber vater-sucher,

    vielen dank für deine offenen worte. da wird bald noch ein hiob-eintrag kommen, der dir gefallen wird, nämlich zu Hiob 6,28. Das Ganze entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn im Grunde bin ich theologisch sehr nahe an der Glaubensbewgung. Sicher, einige Sachen sehe ich anders als die Herren Kenyon, Hagin und wie sie alle heissen, aber in der Sache gehen wir konform: was die Bibel sagt, das stimmt, auch wenn es meiner Alltagserfahrung widersprechen mag.

    Dennoch muss man sich auch die Glaubenslehre nur als einen Ausschnitt der ganzen Wahrheit denken. Sie ist nicht alles, da ist viel mehr. Insbesondere gibt es Phasen im Leben und in jeder neuen Phase muss sich der Glauben neu erfinden. Johannes schreibt sehr eindrücklich darüber in 1.Johannes 2,14: Ich schreibe euch, ihr Kinder, daß ihr den Vater erkannt habt. Ich schreibe euch, ihr Väter, daß ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, daß ihr stark seid, daß das Wort Gottes in euch bleibt und daß ihr den Bösen besiegt habt.
    Wir wollen alle stark sein wie die jungen Männer, den Satan überwunden haben und das Wort Gottes bleibend in uns tragen. Zuvor ist es aber wichtig, den Vater erkannt zu haben. Das ist ein Aspekt, den die Glaubenslehre gern übersieht: der Sieg basiert auf der Erkenntnis des Vaters; Proklamation muss in der Erkenntnis von Gottes Liebe und Wohlwollen verwurzelt sein sonst ist es nur eine religiöse Übung.
    Von daher bist du auf einem guten Weg, wenn du den Vater suchst. Wenn Du ihn fest in Dein Fundament gebaut hast, ist der Rest viel einfacher und der Glaube beginnt auf einmal Sinn zu machen, weil er durch Liebe wirksam wurde (Galater 5,6).

  7. Lieber storch,

    ich bin hoch erfreut über deine Antwort!!! Das tut mir richtig gut, was du schreibst.

    Zitat
    „Dennoch muss man sich auch die Glaubenslehre nur als einen Ausschnitt der ganzen Wahrheit denken. Sie ist nicht alles, da ist viel mehr. Insbesondere gibt es Phasen im Leben und in jeder neuen Phase muss sich der Glauben neu erfinden. Johannes schreibt sehr eindrücklich darüber in 1.Johannes 2,14: Ich schreibe euch, ihr Kinder, daß ihr den Vater erkannt habt. Ich schreibe euch, ihr Väter, daß ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, daß ihr stark seid, daß das Wort Gottes in euch bleibt und daß ihr den Bösen besiegt habt.
    „Wir wollen alle stark sein wie die jungen Männer, den Satan überwunden haben und das Wort Gottes bleibend in uns tragen. Zuvor ist es aber wichtig, den Vater erkannt zu haben. Das ist ein Aspekt, den die Glaubenslehre gern übersieht:“

    Genau!!! Sie haben den Vater übersehen und das ist tragisch! Viele geistliche Babys hätten den Vater dringend gebraucht – aber sie mußten ja schon von Anfang an kämpfen wie die jungen Männer – wie starke, junge Glaubenshelden, die einen gewaltigen Sieg gegen den Teufel durchfechten…
    Das konnte ja gar nicht gehen. Ein Baby kann ja noch nicht mal eine Rüstung tragen, wie soll es denn dann das Schwert festhalten und damit kämpfen? Noch dazu gegen den Teufel?! Aber das Problem war, dass es einfach nicht offenbart war. Leider. Deswegen sind heute noch viele so verletzt von der Glaubenslehre. Ich kenn einige…

    Die Glaubenslehre hat ja in Deutschland nie richtig „abgehoben“ – sie blieb quasi in den „Kinderschuhen“ stecken. Eben weil sie mit den geistlichen Babys völlig überfordert war – sowohl lehrmäßig als auch seelsorgerlich …und nebenbei wurden eher verletzte Christen und Anti-Charismatiker hervorgebracht, als wirkliche Glaubenshelden – oder wo sind die dt. Glaubenshelden im Format eines Kenneth Hagin – gibt´s da welche??
    Also ich kenne eigentlich keinen, der die Glaubenslehre wirklich überzeugend in die Praxis umgesetzt hat. Ich kenn einige, die es probiert haben, ich war damals ja noch ziemlich jung – aber ich hab einiges mitbekommen, was da so gelaufen ist und meistens in die „Hose ging“ Und ich hab später selber „mitgeglaubt“ und „mitgeboten“ und mit dem „Schwert gefuchtelt“ und mich mit dem Teufel angelegt – eigentlich Wahnsinn. Wahnsinn, weil ich so ungeschützt war – ich saß nicht wie Jesus auf dem Schoß des Vaters. Ich hatte nicht das „JA“ des Vaters über mir, dieses „Du bist mein geliebter Sohn….“ Mt 3,17 + Mt 17,5 + Mk 1,11 + Mk 9,7 + Lk 3,22
    Das war die Grundlage von Jesus, das war seine IDENTITÄT! Es ist verrückt, sich mit dem Teufel anzulegen, wenn die eigene Identität nicht in der Liebe des Vaters ruht. Und genau das haben wir gemacht. Also ich weiß, wie es bei mir war: geistliche Glaubenshöhenflüge (und Gott war ja da drin, ich hatte so einen intensiven Drang nach Anbetung und Fürbitte – dass ich gar nicht anders konnte 🙂 ) aber ich hatte keine Vater-Erkenntnis und von daher überhaupt keine Identität – die Folgen waren und sind heftigste Abstürze! Vielleicht war und ist es bei mir besonders extrem, weil ich halt voll rein gehen wollte, geistlich sehr sensibel bin usw. aber weder im Geistlichen eine Identität hatte noch im Natürlichen. Also quasi doppelt ungeschützt.

    Ich glaube, Jesus hat immer vom Schoß des Vaters aus gekämpft. Er selber war gar nicht Glaubens- sondern Vater-Fixiert!!! Oder? Glaube heißt ja letzendes nichts anderes als Vertrauen. Und Vertrauen kann man nur einer Person. Ich hatte manchmal das Gefühl Glauben sei für die Glaubensbewegung schon so eine Art höherer Wert an sich – es war so losgelöst aus der Beziehung. Du mußtest nur „Glauben“ haben – dann war alles möglich. Gott spielte dann eigentlich gar keine Rolle mehr, notfalls hat man Gott halt mit seinem Glauben förmlich erpreßt. Er mußte einfach das tun, was geschrieben steht, ob wollte oder nicht.
    Also für mich sieht das sehr nach griech. Denken aus. Ich hab irgendwie auch Glaube nie richig verstanden – mir wurde es erst klar was Glaube überhaupt ist, als ich nicht mehr abstrakt sondern beziehungsorientiert gedacht habe – eben eher so wie ein Jude denkt. Glaube ist Vertrauen zum Vater. Glaube ist Beziehung.
    Scheint so, als hätte da mal wieder unsere griech- philosoph. Prägung eine neue Stilblüte hervorgebracht. Platon hat Gott ja auch nicht als Person gedacht sondern als bloßes „höheres Seins-Prinzip“, oder als Kraft, als irgendwas hochkompliziert-Abstraktes – aber es durfte nur nicht nach Person und Beziehung aussehen – das wäre zu einfach und zu persönlich gewesen…

    Die Glaubenslehre konnte ohne den Vater auch nie ihr Potenzial entfalten. Also ich mein, wo sind die großen Wunder passiert? Die großen Heilungswunder, Versorgungswunder etc. – in den Gemeinden, die ich kenne, wurde viel davon geredet, gelehrt, gelesen und geboten, aber passiert ist so gut wie nix!!! Und selbst in Bad Gandersheim – schien mir das oft mehr Schall und Rauch zu sein, oder?

    Also ich glaub, da haben die FCJG und ihr als Freaks wohl noch am meisten erlebt. Aber beide Gruppen betonen ja interessanterweise auch eher die Beziehung. Die Beziehung untereinander und zu Gott steht im Zentrum, also das würde ich jetzt mal so intuitiv einschätzen.
    Interessant in dem Zusammenhang ist auch, dass die Gemeinde „Wort des Glaubens“ in München inzwischen den Namen gewechselt hat – ich weiß nicht wann, aber ich kann mir denken warum…. *gg*

    Ich mußte mir jedenfalls nach einigen bitteren Jahren Väter suchen bzw. Leute, die mir vom Vater erzählen und auf der Reise bin ich immer noch. Eigentlich hab ich heute immer noch die Nachwirkung der Glaubensbewegung in meinem eigenen Leben und in der Gemeinde, weil meine Gemeinde legt leider den Schwerpukt immer noch eher auf den Glauben und das richtige Denken und Proklamieren usw. anstatt endlich mal den Fokus auf den Vater zu richten.
    Und da schließt sich der Kreis, denn das ist der Grund, warum ich plötzlich hier auftauche. Ich suche Leute, die auch auf dem Weg zum Vater sind, so wie ich. Und weil ich in den Gemeinden meiner Stadt niemand finde, der irgendwie in diese Richtung geht, bin ich inzwischen an dem Punkt, dass ich im „Netz“ nach diesen Beziehungen suche, obwohl ich eigentlich lieber lokal und face-to-face denke.
    Aber es hat sich ja auch schon gelohnt. 😉

    Übrigens noch ein was zu dem thema Lehre und Offenbarung:
    Ed Piorek schreibt in seinem Buch „Nahe am Vaterherz“ sogar, dass es damals als er mit dem Vater anfing, so gut wie keine Lehre gab über den Vater. Es gab massig Literatur über Jesus, auch einiges schon über den Heiligen Geist. Aber der VATER war lehrmäßig gar kein Thema. Und von daher kann man da auch niemand den Vorwurf machen. Die Frage ist eher, warum hat Gott das nicht schon vorher offenbart. Aber das ist ein anderes Thema 😉

    ich muß dich noch mal zitieren, weil ich das so toll finde:

    „der Sieg basiert auf der Erkenntnis des Vaters; Proklamation muss in der Erkenntnis von Gottes Liebe und Wohlwollen verwurzelt sein sonst ist es nur eine religiöse Übung.
    Von daher bist du auf einem guten Weg, wenn du den Vater suchst. Wenn Du ihn fest in Dein Fundament gebaut hast, ist der Rest viel einfacher und der Glaube beginnt auf einmal Sinn zu machen, weil er durch Liebe wirksam wurde (Galater 5,6).

    etwas süfisant gesagt: der Glaube beginnt „auf einmal Sinn zu machen“ *gg*- aber es stimmt. Er machte nämlich vorher gar keinen Sinn!! – er war losgelöst vom Vater und schwebte als abstraktes Wirkungsprinzip irgendwo zwischen Himmel und Erde…

    Sehr schön auch die Erwähnung v. Gal 5,6 – gehört mit zu meinen Lieblingsbibelstellen 🙂

    okay, ich glaub es ist wieder zu lang geworden – aber es hat mir so gut getan – ich verstehe langsam meine Vergangenheit. Und irgendwie ist das heilsam, wenn man versteht, was damals schief gelaufen ist und warum.

    Gruß
    Vater-Sucher

  8. Lieber Vater-Sucher,

    du hast den 1000. Kommentar geschrieben, damit steht Dir ein Geschenk zu. Ich hatte mir vorgenommen, dem Schreiber des 1000. Kommentars eine VOLXBIBEL zu schenken. Aber Dir würde ich als Alternative auch „Vater“ von Gerri Keller anbieten. Ein Buch, dass mir Rudi Pinke, der auch ein echter Vater-Freak ist, empfohlen hat. Wenn Du es willst (oder doch lieber die VOLXBIBEL?) schreib mir eine mail mit Deiner Adresse: storch (at) kultshockk.de.

    Ich finde in unserer Korrespondenz einen „missing link“ wieder. Ich hatte neulich für einen Post ein Zitat von Brennan Manning nachgeschlagen und hatte mich darüber gewundert, wie zwei so verschiedene theologische Strömungen wie Manning (In dem Masse. wie ich nichts davon wissen will, dass ich ein Bettler bin, wende ich mich von Gott ab, von der Gemeinschaft und auch von mir selbst.) und E.W.Kenyon (everything is ours) mich gleichermassen segnen und weiterbringen konnten. Jetzt verstehe ich es: beide bauen aufeinander auf.

    Was Du über die Freaks schreibst hat mich sehr berührt. Ich denke, dass es stimmt, dass bei uns die Beziehung zu Gott im Vordergrund steht. So sehr ich an Heilung und das Übernatürliche glaube, so sehr weiss ich auch, dass nichts die Beziehung zum Vater ersetzen kann. Alles, was nicht aus der Beziehung (und damit der Abhängigkeit) erwächst ist letztlich Religion. Ich hatte früher eine ähnliche Haltung der Glaubensbewegung gegenüber wie Du heute. Mir kam es irgendwie wie „weisse Magie“ vor, Glaube nihct mehr als Vertrauen sondern als Zauberformel. Ich habe heute einen anderen Eindruck gewonnen nachdem ich die Schriften der GB intensiv studiert habe und sehe, dass die Leitautoren tief in Jesus verwurzelt waren. Gerade bei Smith Wigglesworth finde ich das sehr deutlich und krass.
    Allerdings scheint das nicht bei allen angekommen zu sein. Viele plappern nur die Formeln nach, lassen aber den Hintergrund vermissen was die Bewegung in Verruf bringt.
    Persönlich glaube ich, dass eine Begegung mit dem Vater uns mehr voranbringt als alles andere und dass diese Grundlage nicht fehlen DARF. Jesus Freaks sind ja schon sehr durch vineyard geprägt, bei uns gab es hunderte Vater-Gottes-Predigten. Ed Piorek war denn auch Pflichtlektüre bei unserem letzten FLT (FreakLeiterTraining).
    Ich selbst habe mich dem lange verweigert und wollte einen Bogen um dieses Thema machen weil es mir unterm Strich zu emotional war. Aber irgendwann hat Gott mir dann doch den Auftrag gegeben, das Vater-Thema mehr zu erforschen und darüber zu predigen. Falls es Sich interessiert, hier sind schon mal zwei mp3s, keine Ahnung, was mit den anderen ist:
    http://www.jfrs.de/theologie/mp3/mp3/040723/index.php
    http://www.jfrs.de/theologie/mp3/mp3/040806/index.php

    Gottes Segen Dir. Bis bald,

    Storch

  9. Lieber Storch,

    das David-Buch ist angekommen – Herzlichen Dank noch mal – auch für die Widmung!

    Deine Vater-Predigten find ich gut – falls du die anderen noch findest, lass es mich wissen.

    Kennst du eigentlich das Buch „The forgotten father“ von Thomas Smail?

  10. lieber vater-sucher,
    das freut mich. smail kenne ich aber leider nicht. nie von ihm gehört.

  11. Storch ich bin dankbar, das Du diese Art Eindruck bekommen hast. Ich würde mir wünschen das diese Art der Eindrücke solange unsere Häuser beregnen würden, bis wir uns von unserer „Ich-Bezogen-Heit“ abwenden und wirklich das tun, was Jesus vorgelebt hat.
    Jesus angagierte sich für die Menschen und es war total egal ob sie ungewaschen waren oder nicht.
    Wie oft muss ich in mir eine Angst vor zu viel Nähe und vor unangenehmen Schmutz wahrnehmen? Wie aber überwinde ich diese Angst? Was löst in mir den Mut aus, wirklich ohne Furcht zu den Menschen zu gehen die grade um Hilfe schreien?
    Heute habe ich mit einer Krebskranken Frau telefoniert. Sie ist in einer Gemeinde fest integriert und als ich sie fragte, ob schon einige vorbeigekommen sind, verneinte sie. Es hat mich sehr traurig gemacht. Aber auch das ich erst jetzt auf die Idee kam sie zu besuchen.
    Aber in mir ein Drängen … ein sanftes zartes liebevolles Drängen … besuch Rita und biete ihr an ihr Predigten aufzunehmen.
    Sie hat sich riesig über das Angebot gefreut und jetzt muss ich sie nur noch vorbeibringen.
    Es kann so einfach sein. Aber ohne Gottes sanfte drängende Liebe wär ich nie darauf gekommen.
    Lass uns beten, das Gottes Liebe uns treibt zu den Menschen zu gehen und die „Ich-Bezogen-Heit“ in unseren Rieten zu verlieren.
    Toller Lobpreis, tolle Gottesdienste, Gebetsnächte oder einfach schöne Abende mit Freunden … all das ist eine feine Sache, aber womit verbringen wir mehr Zeit? Für Dinge wo wir uns berieseln lassen oder für die persönliche Zeit mit Hilfe Suchenden und Kranken!? Haben wir wirklich vergessen, wofür Gott uns Autorität und Kraft gegeben hat? Es ist Zeit zu lieben, weil Er uns liebte …

3 Pingbacks

  1. […] Briefe zu genau umrissenen Problemen der damaligen Gemeinden. — Zwei weitere Einträge dazu: 1|2 Tags: Galater […]

  2. […] Ich finde, dass der Vers nicht ganz logisch in den Zusammenhang dessen passt, was Paulus hier schrieb. Wenn Du mal die anderen Briefe von Paulus gelesen hast wird Dir aufgefallen sein, dass so etwas öfter vorkommt. Gerade die längeren Briefe sind voller Vor- und Rückgriffe, Paulus hatte sie offensichtlich nicht geplant sondern sie entwickelten sich beim schreiben. Wir müssen es uns so vorstellen, dass der Apostel unter der Führung des Heiligen Geistes schrieb und ihm dann immer wieder kleine Anmerkungen und Erklärungen zu dem einfielen, was er gerade schrieb. Würde es diese logischen Brüche nicht geben würde uns sehr viel von Gottes Offenbarung fehlen, dann hätten wir nur ein paar Briefe zu genau umrissenen Problemen der damaligen Gemeinden. — Zwei weitere Einträge dazu: 1|2 […]

  3. Schweigen « sagt:

    […] [Originalpost] […]

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