27. Januar 2006 4
profil und einheit
eigentlich hatte ich nur vor, die stellungnahme zu posten, aber natürlich stellt sich das thema komplexer dar, als man in einem post schreiben könnte. die möglichkeit der pluralität muss geschützt werden. zum einen durch ein paradoxes nicht tolerieren der intoleranz, zum anderen aber auch (und das ist wichtiger!) dadurch, dass pluralität auf einer wertebasis steht. darum ging es im zweiten post. die wertebasis der jesus freaks ist natürlich grösser als ein glaubensbekenntnis, aber ich will nicht alles posten, was uns ausmacht. wenn es euch interessiert, lest es bitte auf unserer website nach. ich muss gestehen, dass ich etwas geschmunzelt habe, als ich das glaubensbekenntnis mal wieder gelesen habe. es ist definitiv das bekenntnis einer fischerbewegung, nicht einer theologischen vereinigung. da ist auf bundesebene nur das allernötigste geregelt und der rest bleibt frei. – wenn er frei bleibt, genau darum geht es in diesem post.
der weitgehenden theologischen unbegrenztheit der bewegung steht das theologische profil der gemeinden gegenüber. während eine bewegung mit starkem theologischen profil einengend wirkt, wird eine gemeinde ohne starkes profil unscharf. auf gemeindeebene ist die „einheit des glaubens“ nach epheser 4,13 eine sehr wichtige sache. das führt manchmal zu paradoxen situationen, denn während ich für meine gemeinde eine betsimmte theologie richtig finde, ist es für den bund wichtig, an denselben stellen freiheit zu haben. also kann ich ebenso für eine bestimmte theologische position kämpfen, wie ich für das recht einer anderen gemeinde einstehe, das gegenteil zu praktizieren.
an dieser stelle kommt oft das paradebeispiel: taufe. persönlich kann ich auch nach langen nachforschungen kein argument für die kindertaufe finden. wir haben das vor ein paar jahren in remscheid intensiv besprochen, ich habe bücher aus vielen richtungen gelesen und mit vielen leuten geredet. das resultat: wir erkennen die KT nicht an. wenn du bei uns mitglied werden willst, musst du glaubensgetauft sein.
gleichzeitig ist es mir wichtig, dass andere gemeinden es anders handhaben können. manche gemeinden, mit deren leitern ich befreundet bin, erkennen KT an. das kann ich zwar nicht verstehen, aber sie müssen das recht einfach haben. die souveränität der ortsgemeinde ist ein hohes gut.
natürlich steht dieser toleranz in manchen bereichen eine starke lehrmeinung der meisten bei uns entgegen. z.b. was die gaben und den heiligen geist angeht, oder das recht der frauen zu leiten und zu predigen. auch wenn diese einstellungen nicht irgendwo verschriftlich sind, werden sie so stark vorgelebt, dass es undenkbar wäre dass JFI jemals eine dispensationalistischen theologie vertritt. im prinzip ist es möglich, jesus freak und anticharismatisch zu sein, aber in der praxis wird sich die position kaum durchziehen lassen weil wir einfach charismatisch:“(im sinne von: an gaben glaubend und diese auslebend. nicht zwingend im sinne charismatischer kultur)“: sind.
hier kommt ein weiterer wichtiger begriff der pluralität ins spiel: das prägen. es ist besser und effektiver, positiv vorzuleben und zu lehren als zu verbieten. vielfach wird theologie hauptsächlich negativ verstanden im sinne einer abgrenzung. so versucht man dann auch einheit über grenze herzustellen statt über mitte. ich habe da schon einmal drüber gepostet. das finde ich schlecht. es ist besser positiv zu formulieren was man will, als negativ, was man nicht will!
Hufi schrieb am
27. Januar 2006 um 14:07Danke Storch, du beschreibst gut, was Jesus Freaks ausmacht bzw. was ich an Jesus Freaks gut finde.
Die Unterscheidung zwischen Gemeinde und Bewegung finde ich wichtig, wobei ich finde, dass auch vor Ort unterschiedliche theologische Meinungen (auch zu Taufe) gut zu leben sind.
Kerstin schrieb am
28. Januar 2006 um 02:45Ich liebe die Fußnote. 🙂
(nicht, dass der Rest vom Text schlecht wäre 😉 )
Frank schrieb am
28. Januar 2006 um 03:09ja und amen! lieber vorleben als vorschreiben! ich glaube auch, solange eine gesunde offenheit für neue lehre in einer gemeinde herrscht , kann sie vom rest der bewegung geprägt werden. nach dem motto: die lehre, die am meisten frucht bringt, setzt sich durch. mit einer dispensationalistischen theologie wirst du es in einer gemeindegründung halt einfach schwerer haben, weil du nicht auf das gesamte potenzial aller gemeindemitglieder zurückgreifen kannst…
stan schrieb am
28. Januar 2006 um 09:28Tach Storch … ich finds gut und richtig was du schreibst. Schwierig wird die von dir beschriebene Pluralitaet allerdings meistens in Einzelfaellen, dort wo individuelle Meinungen und Auffassungen aneinander geraten und moeglicherweise nicht durch die von dir beschrieben Offenheit gedaempft werden. Ich denke aber, dass man derartige Dinge in Kauf nehmen muss, wenn man die Pluralitaet als Gut bewahren will. Sie gehoeren dazu und wir (ich auch) muessen lernen damit umzugehen. Ich glaube, dass es anders – also mit Einschraenkungen und bewegungsweiten Definitionen einer Theologie – auch nicht funktionieren wuerde. Was ich an uns (den Freaks) so wichtig finde ist diese Breite an Ideen und Vorstellung die uns trotzdem auf der selben Basis stehen und leben laesst. Wuerden wir das aufgegeben, waere meiner Meinung nach die Idee der Freaks gestorben.