in diesem post geht es darum, wie und warum sich aus dem strom göttlicher offenbarung einzelne systeme und denominationen ausbilden. im letzten post hatte ich schon meine skepsis dagegen geäussert, dass systeme an sich überhaupt reformierbar sind. wenn man dazu nimmt, dass jemand, oder eine gruppe aber etwas von gott empfangen haben, ergibt sich daraus ein doppelter auftrag: bewahrung und mission.

manchmal sind die dinge, die wir von gott empfangen eher kleinigkeiten. oft wollen wir sie nicht einmal anderen erzählen, weil sie dafür zu persönlich sind. ein leises „ich liebe dich“, beim spazierengehen, eine antwort auf ein gebet, das wir längst vergessen, das plötzliche begreifen einer bibelstelle, die wir nie verstanden haben. aber manchmal sagt gott uns wirklich wichtige dinge, die wir weitersagen müssen. manchmal, ganz selten, habe ich in gebetszeiten eindrücke für andere und ich weiss, „das ist jetzt nicht zum beten, das muss ich der person sagen.“ dann ist es klar, dass man treu sein will und die sachen auch wirklich ausrichtet, die gott aufgetragen hat.
so in etwa muss es martin luther gegangen sein, als er endlich den „genitiv der gnade“ kapiert hatte. jahrelang litt er unter der „gerechtigkeit gottes“, denn er dachte, dass es seine eigene gerechtigkeit wäre, die so vollkommen sein müsste, wie die von gott selber. wer einmal versucht hat aus eigener menschlicher kraft so gut und gerecht zu sein wie gott selber, der weiss, wie schwer es ist. nein, es ist nicht nur schwer, es ist auf eine aufreibende weise unmöglich. luther verstand blitzartig, dass es nicht seine gerechtigkeit war, die vollkommen werden sollte sondern gottes gerechtigkeit, die dieser ihm in christus geben wollte. welch eine epochale offenbarung! für uns heutige, die wir 2.korinther 5,21 auswendig können, ist das vielleicht keine grosse offenbarung, aber damals erschütterte es die welt.

vielleicht könnten wir es mit der geschichte von noah im AT vergleichen. stell dir vor, gott sagt dir, dass ein gericht über die welt kommen wird und dass keiner es überleben kann. du siehst vor deinem inneren auge, wie das wasser steigt und unzählige menschen ersaufen, du weisst, dass es für niemanden einen ausweg geben kann. und dann zeigt dir gott den einen weg, auf dem es doch rettung gibt. du bist mit diesen beiden informationen allein: du kennst den zustand der welt aus gottes augen, du siehst das kommende gericht und hast den einen ausweg. was würdest du tun?

das, was alle christen schon seit anbeginn unseres glaubens tun:

    1.du würdest es allen sagen
    das wissen um eine offenbarung verpflichtet zum weitersagen. ist doch logisch, wer weiss, dass ein schreckliches gericht kommt und es keinem weitersagt, der handelt verantwortungslos. gott hat es ja nicht noah und luther und parham und all den anderen gesagt, damit sie allein das wissen haben. er wollte sie durch das wissen zu sprachrohren machen.
    diesen teil versteht jeder christ, denn wir alle haben diese beiden informationen noahs, wir alle haben den missionsbefehl jesu und wir alle sehnen uns danach, möglichst viele menschen zu jüngern zu machen. aber du würdest noch mehr machen.

    2.du würdest dafür sorgen, dass das wissen bewahrt bleibt
    eine grosse und wichtige offenbarung gottes darf nicht wieder verloren gehen. vielleicht hast du am anfang noch gedacht, dass alle das annehmen werden, was dir gott gezeigt hat. mit der zeit wirst du aber feststellen, dass dem nicht so ist. bestehende systeme sind nicht reformierbar. das ist eine schmerzhafte lektion, die jeder lernen muss, der ein brennendes herz hat. man versucht erst einmal, andere christen anzustecken, gemeinden zu ändern usw. dann stellt man fest, dass das nicht geht und beginnt auf einfache und effektive weise, den fortbestand der eigenen offenbarung zu sichern: man gründet eine gemeinde oder ein werk. man schreibt bücher und predigt, sammelt leute, die von der offenbarung begeistert sind und baut eine struktur auf, die den fortbestand der offenbarung sichert.

beide schritte sind logisch unvermeidlich. leider setzen sie den zug auf die schienen, die unweigerlich in die erstarrung führen. ein studium der kirchengeschichte führt zu einem erschreckenden ergebnis: die gemeinden und bewegungen, die erweckungen am stärksten bekämpfen und kritisieren, waren früher einmal selber erweckungsbewegungen. auch die gemeinden, die heute am totesten und spiessigsten sind, waren einmal lebendig, progressiv und am puls der zeit. (falls sich jemand nach diesem satz fragt, ob eine gemeinde wirklich „toter“ sein kann als tot: ja, sie kann.) jede bewegung hat irgendwann einmal vor der notwendigkeit gestanden, ihre offenbarung zu bewahren und weiterzugeben. und im kampf darum ist sie „gestorben“.
was passiert ist, dass sich eine denkfalle einschleicht: „gottes offenbarung hört mit unserer offenbarung auf“. am deutlichsten sieht man das bei religionsgemeinschaften wie den amish-people, die heute noch versuchen so zu leben wie im 16.jhd. scheinbar ist es für uns menschen nicht möglich, konsequent zwischen form und inhalt zu unterscheiden, so dass in systemen nicht nur der inhalt der göttlichen offenbarung bewahrt, sondern auch etwas von der form der gründer konserviert wird.
eine glaubensgemeinschaft, die sich um eine spezielle offenbarung versammelt, bildet imemr auch formen aus. gott wird angebetet, es wird gefeiert, gepredigt, gewählt usw. nach relativ kurzer zeit entsteht ein geflecht aus der botschaft und den formen der gemeinchaft, das nicht mehr zu entwirren ist.

an dieser stelle sei mir ein vorgriff gestattet. es wird zwar erst später um den austausch von systemen gehen, aber ich möchte hier schon etwas anmerken. dass es den meisten christen so schwerfällt, das meist aus den verschiedenen bekenntnisrichtungen zu holen liegt an der identifikation von form und inhalt. sicherlich ist kaum jemand gegen den heiligen geist oder gegen geistesgaben. dennoch sind viele der charismatischen bewegung spinnefeind. und das nicht selten wegen der form in welcher der inhalt präsentiert wird. gottesdienste mit opferpredigten, ekstatischen leuten und stundenlangem lobpreis stossen viele ab und versperren ihnen den blick auf den eigentlichen theologischen inhalt.

wenn form und inhalt gleichermassen weitergegeben werden, wird eine gemeinschaft irgendwann skuril. die zeit überholt die form und der inhalt verstaubt ungesehen. mich erinnert das an indiana jones und der letzte kreuzzug. die szene in der indiana jones endlich den gral gefunden hat und dieser von zwei kreuzrittern bewacht wird, die schon seit jahrhunderten in der höhle sitzen und auf den schatz aufpassen. draussen hat sich die welt – von ihnen unbemerkt – weitergedreht, während sie in mittelalterlichen rüstungen und schwertern dasitzen und den heiligen gral bewachen haben menschen flugzeuge gebaut usw.

gibt es eine möglichkeit diese erstarrung zu vermeiden? ich vermute nicht. zumindest habe ich noch nie davon gehört, dass es gelungen ist. sobald man anfängt offenbarung zu tradieren verliert sie etwas von ihrem leben.
aber vielleicht können wir immerhin verhindern, dass uns das gleiche schicksal ereilt. wir haben uns in remscheid schon verschiedentlich darüber gedanken gemacht, ob es nicht sinnvoll wäre, eine klausel in unsere satzung aufzunehmen, die den verein in 50 jahren auflöst, wenn nicht gute gründe für sein fortbestehen zu finden sind. erstarrung ist eigentlich nur dann vermeidbar, wenn man dem zahn der zeit keine gelegenheit gibt, zu lange zu nagen.

auf jeden fall sollten wir uns angewöhnen, systeme und selbst denominationen zunächst einmal als container anzusehen, die eine göttliche offenbarung beinhalten. diese offenbarung kann man bekommen, wenn es gelingt, sie aus dem ganzen drumherum herauszuschälen.

Be Sociable, Share!

Ein Kommentar

  1. 50 Jahre sind dann aber schon lange… 10 Jahre klingt noch spannender find ich. Das ist dann so wie der Gemeinde-TÜV oder so…

Schreibe einen Kommentar

Diese HTML-Tags und Attribute sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>