mittlerweile macht mir das bloggen richtig spass. es ist tatsächlich möglich, gedanken in der bloggergemeinde zu testen und zu diskutieren. gerade franks letzter kommentar hat eine frage aufgeworfen, die ich mir auch schon gestellt habe, aber noch nicht 100%ig beantworten kann. wenn wir mit definition, dass erkenntnis immer etwas lebensspendendes hat an die sache herangehen, wie kommt es dann zu den unterschiedlichen wahrnehmungen?

ich stelle mir den menschen als strukturdeterminiert vor. man kann ihn mit keiner information von aussen gezielt verändern sondern er selbst bestimmt, wie er auf etwas reagiert. diese reaktion unterliegt aber nicht immer seinem bewussten freien willen, vielmehr ist er auch das produkt seiner eigenen geschichte und die schränkt seinen verhaltensspielraum ein. hier kommt das ganze erkenntnistheoretische zum tragen. warum verstehen wir die bibel, predigten, prophetie, umstände, herausforderungen usw. so, wie wir sie eben verstehen? die frage kann man am besten dadurch beantworten, dass man sich das leben eines menschen anschaut und seinen hintergrund analysiert.
aber auch dabei muss man sich sicher sein, dass man nichts mit völliger sicherheit voraussagen kann.

es wäre für uns ziemlich ideal, wenn der mensch von aussen gezielt verändert werden könnte. oder besser: wenn gott das könnte. er kann es aber nicht, weil er den menschen die freiheit des willens gelassen hat. strukturdeterminiert zu sein bedeutet nicht, dass alles vorherbestimmt ist wie etwa die calvinisten lehren. es bedeutet nur, dass der mensch frei sich zu entscheiden, dass diese entscheidungsfreiheit aber je nach entwicklung insofern eingeschränkt ist als er nihct frei ist, zu erkennen. vorprägungen können einen menschen z.b. dem evangelium gegenüber so sehr verhärten, dass es schwer ist, ihn zu erreichen. in solchen fällen kann natürlich immer noch ein wunder passieren um den menschen wieder empfänglich zu machen. was er dann daraus macht ist dann aber auch wieder seine sache. gott zwingt ihn nicht.

aus wenn weder gott noch andere menschen ihn gezielt beeinflussen können:“(es mag sein, dass man einen menschen unter bestimmten, ethisch verwerfenswerten bedingungen doch ändern kann. man kann durch gehirnwäsche, drogen, zwang, folter, usw. den willen brechen. schlimme situationen können einen menschen von grund auf ändern. aus einem positiv denkenden menschen kann so einer werden, der nichts gutes mehr wahrnehmen kann.
aber das sind extreme mittel und selbst diese bewirken oft nur eine oberflächliche veränderung, die wieder weg geht, wenn der mensch sich wieder in einem normalem, respektvollen umfeld befindet. alle diese mittel sind so destruktiv, dass sie den gesamten menschen schädigen. eine solche entwicklung ist nicht normal und wird deshalb hier nur am rande erwähnt.
leider gibtes auch theologien, die gott des gebrauches solcher mittel bezichtigen. so wird gesagt, dass gott durch krankheiten, todesfälle und schicksalsschläge mit uns redet. solcher theologien sind imho aber eher „diabologien“ und rufmord gegen gott.)“: , kann sich der mensch ändern. seine befindlichkeit ist kein schicksal, vielmehr kann er seine struktur völlig verändern. das schlüsselwort heisst hier „busse“, „umkehr“.
am deutlichsten zeigt sich das prinzip bei der wiedergeburt. der strukturelle eingriff, den ein mensch erfährt ist so stark, dass paulus ihn mit recht als eine neue schöpfung beschreibt: Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.(2.korinther 5,17 nach der einheitsübersetzung). das ist auch empirisch nachweisbar: wenn man beginnt mit jesus zu leben, ist für viele alles anders. bei manchen ist der effekt nicht so stark, aber viele sind auch überrascht darüber, wie leicht sie auf einmal gottes realität wahrnehmen und freude, friede und andere neue gefühle empfinden. dieser „strukturwandel“ gibt dem menschen ganz neue möglichkeiten mit gott zu leben.
der unterschied ist zwar nie mehr so gross wie bei der ersten umkehr, aber er ist auch später immer da. busse bewirkt eine wesensmässige änderung.

die frage ist jetzt: wie spricht uns gott an? nach römer 10 durch sein wort. nach anderen stellen durch seinen geist. immer aber durch den verstand. gott erreicht unser herz durch den verstand. der verstand ist der filter, durch den alles erst einmal hindurch muss, was uns prägen will. der verstand ist die instanz, die erst einmal alles bewertet und das unschädliche und positive durchlässt. das ist der idealzustand, tatsächlich unterliegt der verstand allen prägenden einflüssen, die wir schon erwähnt hatten. somit geht also gottes offenbarung erst an unseren verstand. der schaut, ob etwas schlüssig ist und reagiert dann mit glaube, busse, ablehnung usw. genauso, wie im letzten post beschrieben wurde.
der grund, warum franks adventist keine schweine isst, ist dass sein verstand, aufgrund seiner theologischen vorprägung gottes wort in alten testament so verstanden hat. wenn ich dieselben stelle lese, reagiere ich ganz anders darauf. (z.b. habe ich gerade ein leckeres mettbrötchen verzehrt).
trotzdem handelt es sich bei ihm um eine erkenntnis, denn das, was er als wahr versteht hat sein leben verändert.

dass erkenntnis aber nicht mit wissen gleichzusetzen ist, zeigen 1000 beispiele. am deutlichsten ist vielleicht vergebung. viele christen wissen, dass jesus ihre sünden vergeben hat, haben es aber nie wirklich erkannt. sie glauben es nicht und leiden deshalb noch immer unter schlechtem gewissen und verdammnis. erst wenn sie es richtig erkannt haben, hört das auf und sie machen sich keine selbstvorwürfe mehr. wissen allein reicht da nicht.

erkenntnistheorie lässt sich darauf anwenden wie wir das wort gottes verstehen, aber die eigentlich erkenntnis geht dahin, wie wir gottes wort umsetzen. dann wird leben daraus. je mehr wir uns jetzt verändern, umso leichter fällt es uns, gott zu hören und zu erkennen. in der konsequenz werden wir uns schneller und besser verändern. es gibt einige christliche ausdrücke, die das beschreiben: „wir werden offener“, „unser herz wird weicher“, „wir entwickeln gehorsam gegenüber dem wort“. usw.

wichtige randbemerkung:
so wie ich erkenntnis definiere, beschreiben es auch viele in der welt. man hört immer wieder, dass etwa das zusammentreffen mit dem marxismus (oder faschismus oder was auch immer), eine „offenbarung“ für jemanden war, die sein leben völlig verändert hat. jeder von uns hat schon schreckliche bilder aus afrikanischen ländern gesehen, in denen menschen verhungern. intellektuell wissen wir das alle und wir finden es alle scheisse. aber bei manchen verändern diese bilder alles und sie setzen ihr leben daran, spenden zu sammeln und not zu lindern. im falle der meisten hat das blosse zur-kenntnis-nehmen nihcts bewirken. bei ein paar hat es das leben verändert.
die innermenschlichen vorgänge sind, behaupte ich, dieselben wie bei geistlichen wahrnehmungen. was geistliche dinge von natürlich trennt ist in dem zusammenhang nur der sender.
gottes wort ist gottes wort, weil es von gott kommt. und deshalb ist gottes offenbarung und unsere erkenntnis gottesoffenbarung und gotteserkenntnis, weil sie von ihm kommt.

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11 Kommentare

  1. Hallo Storch!
    Also ich will jetzt mal da noch etwas zu dem Post schreiben.
    Es ist das Thema des freien Willens und dass Gott nie in uns selbst eingreift. Storch thematisiert das zu beginn.
    Ich finde, dass das so ein Thema ist, bei dem man schnell etwas behauptet, ohne zu bedenken, dass es vielleicht gar nicht so leicht ist. Ich persönlich bin ähnlicher Meinung wie Storch, dass es eben durch Prägung und Erziehung usw. unterschiedliche Startvorausetzungen für verschiedene Menschen gibt, jedoch der Mensch nicht komplett dadurch eingeschränkt ist.
    Ich denke auch, dass es Bibelstellen gibt, die man so sehen könnte, das Gott in den Willen der Menschen eingreift (Phil 2,13). Dass auch Luther kein Fan des freien Willens war, ist ja bekannt (obwohl ich da auch nicht seine Ansicht teile).
    Ich denke, wenn man dem Menschen zu viel Willensfreiheit und immer vorhandene Willenskraft zuspricht, kommt es zu „Augen-zu-und-durch“-Theologien, die ungefähr das sagen: Jeder hat ja seinen Willen und sein Schicksal komplett in der Hand, also Leute, legt los und wenn es nicht klappt, dann liegt es an dir.
    Ich finde „freier Wille oder nicht“ ist ein spannendes Thema, dass sicherlich nicht ganz so leicht zu klären ist. Ich hoffe man konnte so ein bisschen verstehen was ich sagen will, auch wenn es jetzt direkt um das Thema „Erkenntnis“ ging. Ich weiß auch nicht, was die Lösung ist, weiß aber, dass ich da schon ein paar mal falsch darüber gedacht habe.
    Also, was meint ihr, ich bin für jede Korrektur (und Erkenntnis 😉 ) offen.
    Viele Grüße!
    Christian

  2. Die Betonung der Rolle des Verstandes scheint mir etwas übergewichtet.

  3. hi josha,
    wieso meinst du? kann natürlich sein, aber ich verstehe es nicht ganz. wäre für eine erläuterung dankbar.
    storch

    bin gerade zu müde um auf christian zu antworten. morgen dann…

  4. Ups, ich habe aber auch manchmal verpeilt geschrieben, sorry dafür!
    Christian

  5. Für deckt sich die Aussage, dass Gott uns immer durch den Verstand anspricht, nicht mit meinen eigenen Erfahrungen. Es sei denn Du meinst mit diesem Ansprechen, das „Bewußtwerden“ dieses Ansprechens. Viele Dinge erreichen unser Herz direkt, ohne Verstand, so zumindest meine Erfahrung. Klar, viele Dinge werden mir dann hinterher bewußt, und dieser Prozess spielt sich so zu sagen in meinem Verstand ab.

  6. hallo christian,

    ich habe das thema des freien willen kurz in meinem post über axiome skizziert. der post wäre ohnehin noch gekommen und ich habe ihn lieber vorgezogen (und damit die logische kette der mt-posts vollends zerrissen), als hier in den kommentaren zu posten. danke für die anmerkung!

  7. @josha:

    da bin ich nicht deiner meinung, wobei ich auch noch nicht 100% festgelegt bin. selbst wenn gott direkt das herz erreichen könnte (wovon ich nicht überzeugt bin, was aber möglicherweise von einer definition des wortes „herz“ abhängt), wäre doch eine verstandesentscheidung nötig, um das, was er sagt in den menschen durchzuwinken.
    gott überfällt uns ja nicht und ändert uns ohne ein „ja“ von unserer seite. natürlich ist es möglich, dass uns gott direkt emotional anspricht, aber der verstand entscheidet, wie es mit dem sngesprochensein weitergeht.
    deshalb glaube ich, sagen zu können, dass der verstand der türhüter zum menschen ist.

  8. Verbunden mit Deiner Ausgangsperspektive des „freien Willens“ würde ich Dir zustimmen.

  9. für einen völligen determinismus könnte ich das gar nicht durchdenken. aber das würde da auch keinen sinn ergeben, weil es nicht sinnvoll ist, wesen, die keine entscheidungsmöglichkeit haben, entscheidungen vorzulegen…

    gehst du von einem unfreien willen aus?

  10. „Der Mensch ist frei und überall liegt er in Ketten!“ (Rousseau)
    Das trifft das Ergebnis meines Nachdenkens sehr gut. Korrespondiert für mich auch sehr gut mit Luhmann (Autonom aber nicht autark) Theologisch gesehen ist für mich diese vielleicht sogar Reziprozität durchaus denkbar.

  11. ich halte es da eher mit goethe: „der mensch ist frei und wär er in ketten geboren“.wobei ich ja auch nicht an 100%ige freiheit glaube. wäre interessant, bei gelegenheit mal die grenzen der freiheit auszuloten…

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