ich habe mir überlegt, mal eine keline Reihe über „Metatheologie“ zu machen. ich wollte da immer schon mal drüber schreiben und der blog scheint mir eine gute möglichkeit zu sein, die ideen „zu testen“, bevor vielleicht irgendwann mal ein buch daraus wird.
den titel leite ich aus der kommunikationstheorie ab, wo metakommunikation das reden über die kommunikation ist („du, wie hast du das gemeint, du?“). metatheologie ist also das nachdenken über theologie; genauer: darüber, wie theologie entsteht. ich hatte auch schon überlegt, das ganze als „theologischen konstruktivismus“ zu bezeichnen, weil viele gedanken eindeutig konstruktivistisch sind, aber das kam mir zu sehr als vorwegnahme des inhalts vor und überhaupt: konstruktivistisch ist nur ein teil. zur begrifflichkeit empfehle ich des überblicks halber den wikipedia-artikel zum radikalen konstruktivismus.

die bibel ist gottes wort für jeden, nicht für alle

eine naheliegende frage ist, warum gibt es so viele unterschiedliche ansichten über glaubensfragen, wenn wir doch alle dieselbe bibel lesen? im grunde genommen, wird sich fast alles, was ich hier schreibe mit dieser frage und der logisch anschliessenden „was fange ich mit den vielen unterschiedlichen antworten an?“ beschäftigen. aber ich möchte zunächst einmal eine grundlegende sache feststellen: wir sindals christen immer sehr schnell damit zu sagen, dass die bibel gottes wort ist. je nach theologischer meinung gibt es natürlich auch christen, die sagen, dass die bibel gottes enthält, aber das ist unter umständen nur ein streit um worte.
mit dieser grundannahme stimme ich vollkommen überein: die bibel ist gottes wort.

aber gleich danach kommt ein meist unausgesprochener schluss, der nicht stimmt. nämlich, dass sie gottes wortes für alle (=die gesamte menschheit oder der komplette leib christi ist). ich glaube nicht, dass gott zu einer pauschalen menschenmenge spricht sondern dass er zu einzelnen individuen spricht. gott spricht zu jedem und je nach situation in der sich ein mensch befindet versteht und interpretiert er das reden gottes. so passiert es, dass alle dieselbe bibel lesen und den deselben heiligen geist haben, aber dennoch in manchen punkten zu unterschiedlichen ergebnissen kommen.
wenndie bibel das wort gottes sich an alle wäre, dann wären solche lehrunterschiede nicht denkbar oder anders formuliert: es wäre ziemlich einfach, zwischen richtiger und falscher lehre zu unterscheiden. in manchen bereichen ist es auch einfach zu entscheiden, aber es gibt viele theologische bereiche, in denen gottes offenbarung sehr unklar ist und verschiedenen richtungen verschiedene erkenntnisse haben. das ist vollkommen in ordnung und wir sollten vorsichtig damit sein, die meinungen anderer zu kritisieren oder als völlig falsch darzustellen.

damit menschen etwas von gott empfangen und wissen sind zwei dinge nötig:
1. gott muss etwas sagen oder zeigen => er muss sich offenbaren
2. der mensch muss die offenbarung annehmen => er muss erkennen

offenbarung und erkenntnis bilden so ein wortpaar, dass untrennbar zusammenhängt. und genau das erklärt all die unterschiede zwischen den theologischen wahrnehmungen. gott kann sich zwar vollkommen offenbaren, aber der mensch kann nicht vollkommen erkennen. alles, was wir wissen geht immer vorher durch einen filter, der aus prägungen, lebensumständen usw. aufgebaut ist. den filter merkt man in jedem gespräch. wenn man etwas metakommunikation betreibt wird schnell klar, dass der gesprächspartner immer wieder dinge anders versteht, als sie gemeint waren.
genauso ist es auch mit dem theologishen erkenntnisprozess: wie wir die bibel verstehen ist nicht nur davon abhängig, dass uns der heilige geist etwas offenbart sondern in sehr starkem masse davon abhängig, wie wir drauf sind und deshalb die offenbarung verstehen. ich glaube tatsächlich, dass zwei menschen den gleichen vers unterschiedlich auslegen können und dennoch beide „recht“ haben und beide für sich eine offenbarung gottes in anspruch nehmen können.

das sind vermutlich für den ein oder anderen, der in einem festgefügten theologischen system denkt, häretische gedanken. im grunde genommen sage ich damit ja, dass keiner ganz recht hat oder es zumindest kein theologisches system gibt, das immer recht hat. genau. unsere erkenntnis ist stückwerk und nur in der bezuiehung zu jesus denkbar. in dem masse in dem sich unsere beziehung zu jesus ändert, ändert sich unsere erkenntnis. das bedeutet es, zu wachsen. heute habe ich ganz andere ansichten als noch vor fünf jahren. aber auch vor fünf jahren war nicht alles falsch.
was ich aber nicht sage, ist das alles willkürlich ist. ich will keinem liberalismus das wort reden, der sagt, dass alles, was wir zu erkennen meinen richtig ist und man keine erkenntnis beurteilen kann. man kann – und darüber wird der artikel für morgen handeln.

Be Sociable, Share!

6 Kommentare

  1. hi storch, hab den reply auf deine frage in michas blog in einem unbedachten moment dort gepostet, haette es dir auch zukommen lassen koennen … lies mal dort nach, es wuerd mich interessieren was du dazu denkst… ansonsten einfach gruesse und entschuldige dass ich hier die kommentar-funktion nutze, ne mailadresse von dir hab ich nicht finden koennen.

    ok,denn gruesse aus sarajevo, stan

  2. Hi!
    Spannende Gedanken hast du da formuliert. Erwarte mit „Spannung“ die Fortsetzung….

    Greetings aus Basel. Mike

  3. ok.
    Jetzt hab ich ma Zeit,

    deine metatheologie-Serie durchzuackern.

    Meine Meinung hierzu:

    was du hier beschreibst,
    ist lediglich das, worum es im fachgebiet (biblische) hermeneutik geht.

    Meine Meinung hierzu in kurz.

    Die Bibel ist erstma Menschenwort.
    Hat ja ein mensch aufgeschrieben.
    Doch zugleich sind die jeweiligen texte Gottes Wort. (Gottes Wort sehe ich nicht als „nur enthalten in den Texten“, sondern komplett..)

    Doch sie sind zunächst nur „Gottes Wort für den jeweiligen Adressaten“.
    Doch hinter jedem text steckt irgend eine göttliche Wahrheit, welche dann für mich Gottes Wort ist.

    na ja.. der sogenannte hermeneutische zirkel halt.. usw..usf..

  4. wobei ich aber nicht den eindruck habe, dass dieser gedanke verstanden und umgesetzt wird. vielmehr ist das beharren auf der eigenen offenbarung als „gottes autorisierter auslegung“ gang und gäbe. egal, in welches glaubenssystem man schaut.
    alle haben *die* theologie und ich habe noch niemanden einen individuellen ansatz lehren hören. natürlich lasse ich mich gerne eines besseren belehren. gibt es literatur über diese frage und die sich anschliessende frage: welche faktoren führen dazu, dass sich theologie entwickelt?

  5. ..so habbich das aber an der Bibelschule in „Hermeneutik“ gelernt.. bzw.. wenigstens das mir dort Gelehrte verstanden..

    der hermeneutik-lehrer war übrigens HGWünch ..

  6. habe mir neulich ein hebräischbuch von herrn wünch gekauft. hehehe

Schreibe einen Kommentar

Diese HTML-Tags und Attribute sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>