es wird ja immer sehr viel über „emerging churches“ geredet und ich verstehe immer weniger die ganze aufregung.
momentan lese ich kester brewins klassiker „the complex christ“. letzte woche habe ich dan kimball angefangen querzulesen („the emerging church“)und nach wenigen dutzend seiten gelangweilt weggelegt – eines der uninteressantesten bücher ever! ich bin unbedingt dafür, kirche neu zu erfinden und immer wieder zu demontieren und neu zusammenzusetzen. ich frage mich nur immer mehr, was an dem ansatz denn jetzt so bahnbrechend neu ist.
in der reformation, also sagen wir spätestens mitte der 17.jhd. gab es ein motto: „ecclesia reformata semper ecclesia reformanda“ – die kirche der reformation muss sich stets neu reformieren. natürlich hat diese kirche das nicht durchgehalten aber ist nicht der satz das credo der emerging churches?
natürlich wollen wir neue formen schaffen. was denn sonst? als ich mich bekehrt habe haben wir lobpreis mit akustikgitarre am feuer gemacht und fanden es toll – klar, denn wir waren alle (ex)kiffer. heute gruselt es mich bei dieser vorstellung. man kommt ja nun mal weiter und die formen ändern sich. also hat man heute einen beamer, weil der viel besser ist als ein overheadprojektor, man hat eine krachband, weil man eh gerne hardcore hört und denkt darüber nach, wie man strukturen so bauen kann, dass sie dem ziel dienen. alles dinge, die ich in der emergenten literatur auch lese. natürlich geht in der alternative worshipbewegung auch einiges, was ganz anders ist als alles, was ich kenne. aber das scheint mir eher eine frage der kreativität zu sein, keine von prinzipieller ablehnung oder annahme.
insgesamt freue ich mich natürlich darüber, dass es wieder mal eine bewegung gibt, die gemeindeformen in frage stellt und ich bin gespannt, was letzten endes dabei herauskommt, aber ich kann an den grundfragen nichts neues und spektakuläres finden.
dabei suche ich sogar danach. ich hätte gerne ein paar punkte an denen ich mich reiben könnte. schliesslich will ich mich ja weiterentwickeln. kann mir da jemand ein paar provokante thesen geben?

ich sehe bei diesen ganzen emerging diskussionen die grosse gefahr, dass etwas, das gut angefangen hat, nämlich als eine bewegung von menschen, die gute frage stellen, zu einer mode wird, die nur noch methoden vermittelt. mittlerweile wollen alle emergent sein und bald reicht es, räucherstäbchen und ein sofa zu haben um sich emergent zu fühlen. genau das gleiche war es mit den freaks. auf einmal wollten alle gemeinden dieses „geniale jugendarbeitskonzept“ übernehmen und es gab überall schlechte konzerte in rauchfreien gemeinderäumen. ihr erinnert euch: „rocking in the house of god“… dann kamen die jugendkreisleiter, die einen „jesus terror force“-pulli über ihrer krawatte trugen aber immer noch das gleiche taten/waren/dachten wie vorher.

eines, was brewin schreibt ist definitiv war: evolution geht über revolution. es werden viele kleine schritte nötig sein damit sich das denken der christen in deutschland so weit verändert dass wir wieder „relevant“ werden.

noch ein buchtipp: christian schwarz: die dritte reformation. ich würde ihn nicht der emerging church bewegung zurechnen, aber das buch vermittelt sehr ähnliche gedanken.
noch ein tipp für leute, die von den ständigen diskussionen mit den „modernen gemeinden“ genervt sind: Edwin A. Abbott: flächenland
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CD im Player:
– Anton Brucker: Sinfonie Nr.2 in C-Moll

Bücher neben dem Sessel:
– Brewin: the Complex Christ

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9 Kommentare

  1. Oh Storch, du sprichst mir aus der Seele.
    Ich bin mittlerweile echt genervt, wenn ich in einigen Blogs das Wort überhaupt nur lese, dann klick ich mich sofort weg. Emerging Church, hallo? Ist da jemand? Ich glaube ja auch an Konzepte, aber ich kann nur sagen, dass alles was an Konzept bei den Freaks am Anfang war, das wir eigentlich kein wirkliches Konzept hatten. Wir wollten sein wie wir sind, und wir waren verknallt in Jesus, das ist eigentlich alles. Später haben wir dann Seminare gegeben und so getan als ob der 12 Punkte Plan (oder sechs) so ein Konzept ist, nach dem wir „immer“ vorgehen. Raus aus dem Ghetto, Kopf sein und nicht Schwanz, etc.. Tatsächlich ist dieser Plan aber an einem verregneten Nachmittag an meinem Schreibtisch entstanden, als es Jesus Freaks schon lange gab. Es war eher so ein Rückblick, als ein Konzept, mehr aus dem Bauch raus, als aus dem Hirn. Bei dieser Emerging Church Sache hab ich genau das umgekehrte Gefühl. Aus dem Kopf wird versucht etwas neues zu konzepieren, etwas was eigentlich aus dem Herz, mindestens aber aus dem Bauch kommen muss, damit es dynamisch wird, wächst und funktioniert.

  2. danke für diesen eintrag und den kommentar von Martin. ich finde es geil, dass ihr so ehrlich zugebt, wie es mit den freaks entstanden ist.

  3. Leute, die emerging church als Konzept verstehen, disqualifizieren sich selbst als emerging churchler. Genau das ist es nämlich nicht…
    Weiterhin sollten auch wir Jesus Freaks die kritik der Emerging Church an unseren Gemeinden ernst nehmen. Ich glaube, dass die Jesus Freaks Bewegung in ihren Ursprüngen sehr viel mehr mit den Gedanken der emerging church zu tun hatte, wie es sich jetzt darstellt. Ist die Jesus Freaks Bewegung eine postmoderne Bewegung im „Freikirchenkorsett“ ?

  4. @ joscha:
    ja gerne, aber welche kritik denn? ich meine, ich habe bis dato tatsächlich *nichts* entdeckt, was mir kontrovers scheint. das meine ich nicht einmal polemisch. ich habe ja gar nichts gegen emerging church. im gegenteil: wir haben nächsten monat sogar ein seminra mit daniel ehniss im kultshockk. ich finde nur nicht das revolutionäre oder reformatorische an dem ansatz. bisher konnte ich alles abnicken, was ich gelesen und in gesprächen mitbekommen habe. da war nichts, was ich herausfordernd fand. deshalb meine frage nach den thesen.

  5. Die Kritik, die ich im Vergleich mit dem Gängigen in der Jesus Freaks Bewegung ausgehend vom Ansatz und den Gedanken der emerging church sehe, ist vor allem die Art und Weise wie wir verkündigen, sowie unsere Gottesdienste und Seminare gestalten, sowie, wie wir Leiterschaft verstehen und leben, als auch die Art und Weise, wie überwiegend Gemeinde strukturiert wird. Nimmt man den emerging church Gedanken ernst, dann birgt das viele Anfragen an uns als Jesus Freaks.

  6. gut, das wäre im groben und ganzen alles, was wir machen. aber es ist immer noch super-unkonkret. was ist die anfrage an die predigt? welche leitungskonzepte sollen anders sein?
    wenn es wirklich so grosse anfragen birgt, dann sollten die mal klar formuliert werden!

    ist übrigens lustich, so über blog zu labern.

  7. Ich glaube, dass es um eine gewisse einseitige Linearität geht. Wenn ich predige, dann gebe ich die AUSLEGUNG DER bIBEL VOR; SUCHE DAS tHEMA HERAUS UND GEBE DEN GEDANKENGANG VOr.
    Unsere Predigten sind im Allgemeinen so aufgebaut, dass wir Antworten geben auf Fragen, die niemand stellt. Also müssen wir in unserer Einleitung diese Frage fokussieren und behaupten, dass es sich lohnt, diese Frage zu stellen. Ich gehe also in meiner Predigt davon aus, dass diese Frage wichtig ist, vielleicht deswegen, weil ich diese predigt halte ;).
    Im weiteren sehe ich, dass die Aret von Lobpreis, die wir praktizieren und ebenso konsensual ist, wie unsere Predigten. Wir gehen davon aus, dass es jetzt für jeden im Gottesdienst dran ist, die und die Lieder zu singen. Klar: Wir sagen immer: Du kannst machen was Du willst in unserem Gottesdienst. Aber wir schaffen auch keine anderen Angebote.
    Ich glaube, wir brauchen mehr Räume in unseren Gemeinden, die eine reichhaltigere eigene Selektion möglich machen, dessen wie ich gerade in Kontakt mit Gott komme.
    Ok, man kann natürlich wie Martin sagen: Hauptsache man ist verknallt in Jesus! Aber zur Liebe gehört Beziehung und Kommunikation. Die sieht aber in bezug zu Jesus für jeden fast anders aus.
    Wir bieten einen Weg der Beziehungspflege im Gottesdienst an: Lineare predigt und konsensuale Anbetung. Das ist für viele schon der richtige Weg, für immer mehr aber nicht mehr.
    (Ich glaube ich poste mal auf meinem Blog, anstelle Deinen Commentbereich vollzuschreiben)

  8. ja, gerne. mach das mal, dann können wir da weiter diskutieren.
    ürbrigens stimme ich dir selbst da noch zu. die frage ist eher: wie schafft man denn andere angebote? wir hatten mal die idee einer disko auf mehreren ebenen, dann könnte man in verschiedenen räumen verschiedenen lobpreis machen und vielleicht die predigt zusammen hören. oder vielleicht könnte man wie ein pornokino verschiedene kabinen haben, in denen man sich verschiedene predigten ansehen kann.
    oder meine lieblingsidee: drive-in-service: ein autokino, in dem man sich den ganzen tag ber verschiedene godies anschauen kann. das ganze würde man natürlich weithin sehen, der werbeeffekt wäre gewaltig.
    alle diese ideen scheitern an der nötigen infrastruktur, nicht an der motivation so was zu machen.

  9. Also ich wollte auch mal meinen Senf dazugeben – rückblickend, wie es aus meiner Sicht in Darmstadt losging.
    Wir haben mit Freaks angefangen, weil Gott grünes Licht gab und weil sich Türen auftaten. Und nach anfänglichen Schwierigkeiten wuchs sie Gruppe auch. Mit dem Wachsen der Gruppe entstanden auch Strukturen. Nach 9 Monaten gab es ein Leitungsteam, nach 2 Jahren einen „Mitarbeiterkreis“. Das ist von der Gruppe aus gewachsen, aber halt auch aus der Leitung, bzw. aus ner Not heraus, weil wir damals in der Leitung unmöglich alles managen konnten. So ähnlich wie das mit den Diakonen in der Apostelgeschichte war ;-). Es fanden sich zB Leute, die den Lobpreis machten, oder Leute, die sich um unsere Räume kümmerten. Naja, inwieweit diese Aufgaben dann auch wahrgenommen wurden, ist wieder ne andere Sache *grins*, aber defakto wurde erst gehandelt, als es Handlungsbedarf gab.
    Wenn ich heute von „Konzepten“ höre, dann frage ich mich, wozu, bzw. ich denke mir, daß man sich ein Konzept in die Schublade für den „Ernstfall“ legen kann, um dann im „Ernstfall“ (zB wenn sich 3000 Leute an einem Tag bekehren) ein Konzept (Struktur für eben diese Menschenmasen) zu haben. Was damals die Apostel getan bzw. nicht getan haben, kann man ja in Apg 2 nachlesen *grins*.
    Ich höre ziemlich oft „emerging church“ und weiß ehrlichgesagt nicht so viel damit anzufangen, außer, daß man mir irgendwo in die Schuhe schiebt, Gemeinde nach dem Emerging-Church-Konzept bauen zu wollen.
    Ich habe vor 2 Jahren vom Sven Pluta eine Predigt über „Gemeindebau“ gehört, der das so schön in „Church-Planting“ dekonstruiert hat. Also, Gemeinde wächst und was gewachsen ist, kann man irgendwo in „trockene Tücher“ wickeln, aber nicht zu arg, damit man es im Bedarfsfall wieder dekontruieren kann :).
    Konkret für Darmstadt: Wir haben ein Leitungsteam, wir haben einen Mitarbeiterkreis, wir haben sogar ein Leitbild, das von der ganzen Gruppe abgesegnet wurde. Meine Frage: brauchen wir mehr?

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