Evangelisation ist ein theologisches Thema. Das Neue Testament ist voller Aufforderungen zum Predigen der guten Nachricht und liefert auch einige Tipps, wie wir Gottes Evangelium so verkünden können, dass Menschen es annehmen.

Ich würde es niemals wagen, von dem zu reden, was ich getan habe, wenn nicht Christus durch mich gewirkt hätte, damit Menschen aus den nichtjüdischen Völkern das Evangelium annehmen. Er hat durch das gewirkt, was ich sagte und tat, und hat es durch machtvolle Wunder und außergewöhnliche Dinge und durch die Kraft des Geistes Gottes bestätigt. Auf diese Weise ist es mir möglich gewesen, von Jerusalem aus in dem ganzen Gebiet bis hin nach Illyrien meinen Auftrag zu erfüllen und das Evangelium von Christus bekannt zu machen. (Römer 15,17-18 nach der NGÜ)

In dieser Passage nennt Paulus nennt drei Wege um das Evangelium zu verkünden:

1. durch Wort

Als Deutsche leben wir im „Land der Dichter und Denker“. Es fällt uns daher verhältnismäßig leicht, das Evangelium in Worten weiter zu geben. Spricht man über Evangelisation, hören die meisten „Rausgehen“ und meinen damit Aktionen auf der Straße. Dahinter steht die Erfahrung, dass auch die beste evangelistische Predigt in der Gemeinde nichts nutzt wenn kein Ungläubiger kommt.
Das ist schon mal ein Fortschritt, denn in der Vergangenheit hatte Evangelisation oft den Beigeschmack, dass Christen anderen Christen erzählen wie man Christ wird. Da ist es schon besser, wenn Gottes Wort in Form von Predigten, Zeugnissen und Flugblättern in die Fußgängerzonen kommt.
Ich bin selber Prediger und habe so alles Mögliche ausprobiert um das Evangelium mit Worten zu verkündigen. Daran ist beileibe nichts falsch und ich will auch weiterhin jede Bühne nutzen die Gott mir gibt, um das Evangelium in Worten zu verkünden. Ich habe allerdings nicht nur gute Erfahrungen damit gemacht, die Gute Nachricht allein mit Worten zu verkünden und meine, dass es zu kurz greift, nur Worte zu haben.
Im Englischen gibt es die Redensart „talk is cheap“, was auf deutsch „reden ist billig“ bedeutet. Das stimmt. Wer nur Worte hat um jemand anderem Gottes Liebe rüberzubringen, der hat auf Dauer zu wenig. Die Welt hat viele Fragen, die man nicht verbal beantworten kann. Deshalb hat Paulus Evangelisation nicht auf reden beschränkt sondern hat noch zwei weitere Möglichkeiten genannt.

2. durch Tat

In dieser Dreierreihe ist das Wort Tat das am schwierigsten auszulegende. Andere Übersetzungen sagen „Werk“, was aber auch nicht hilfreicher ist. Sowohl das Deutsche als auch das Griechische Wort Werk haben sehr vielschichtige Bedeutzungen und da Paulus hier nicht ins Detail geht, woraus seine Werke oder Taten bestanden haben, müssen wir etwas interpretieren. Als Schlüssel nehme ich Apostelgeschichte 9,36:

In Joppe lebte eine Jüngerin ́Jesu` namens Tabita. (Tabita – oder Dorkas, wie ihr Name auf Griechisch lautete – bedeutet »Gazelle«.) 20 Tabita tat viel Gutes und half den Bedürftigen, wo sie nur konnte. (nach der NGÜ)

Das Gute, das Tabita an den Armen tat, würde man heute als Sozialarbeit bezeichnen. Die Bibel ist voller Aufforderungen für die Armen zu sorgen und sich auch praktisch mit der Not der Menschen auseinander zu setzen. Gott ist nicht nur an unserer Ewigkeit interessiert sondern will uns auch in diesem Leben segnen. Besonders der Jakobusbrief macht es sehr deutlich, dass Christentum mehr ist als reden.

14 Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? 15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot
16 und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das? (Jakobus 2,14- 16)

Gerade in der etwas charismatisch orientierten Glaubensecke haben wir oft die Tendenz, nur für Leute zu beten, aber weiter nichts zu tun. Ich vermute ehrlich gesagt, dass wir es uns damit oft sehr leicht machen, aber nicht den Gott vorstellen, der sich um den ganzen Menschen sorgt und sich ihm liebevoll zuwendet. Wir sollten nicht alle Sozialarbeit dem Staat überlassen, denn dadurch würde uns eine gewaltige Chance entgehen Gottes Liebe rüberzubringen.
Natürlich geht es nicht, dass jede Gemeinde Suppenküchen und Krankenhäuser baut, aber es sollte ein normaler Teil von Gemeinde und christlichem Leben sein, sich sozial zu engagieren. Wenn die Gemeinde selbst dazu keine Möglichkeiten hat, gibt es noch immer das ehrenamtliche Engagement bei städtischen oder anderen Trägern wie der Tafel.
In den letzten Jahren hat eine neue Theologie um sich gegriffen, die vom „sozialen Evangelium“ redet und für die Jesus eine Art Gutmensch war, der gelehrt hat, dass wir uns alle ethisch verhalten sollen. Diese Theologie kennt kein rettendes Evangelium; man glaubt nicht mehr an die Ewigkeit und Himmel und Hölle. Entsprechend ist das Evangelium rein auf den sozialen Aspekt der Barmherzigkeit reduziert. Davon ist hier natürlich nicht die Rede; auch wenn Gott Menschen in diesem Leben segnen will ist die Ewigkeit entscheidender als dieses kurze Leben. Es geht nicht darum, das eine auf Kosten des anderen zu tun sondern darum, beides zu leben. Wir müssen uns nicht zwischen zwei guten Herangehensweisen entscheiden, Paulus hat auch alle Wege genutzt damit die Völker das Evangelium annehmen.

3. durch Kraft

Der dritte Weg ist ziemlich selbsterklärend: Wir verkündigen das Evangelium in der Kraft von Zeichen und Wunder. So hat es zumindest Paulus getan, wie die Apostelgeschichte an einigen Stellen zeigt. Zeichen und Wunder sind in der Evangelisation an Bedeutung nicht zu unterschätzen.
Ich kann jeden verstehen, der unseren Worten nicht glaubt, wenn Gott nicht einmal kräftig „Amen!“ dazu sagt. In der Fußgängerzone steht unser kleiner Büchertisch neben einem Stand der Mormonen, neben einem Handyverkäufer, neben einer Partei die ihr politisches Evangelium anpreist, neben…. Wie soll man sich da auskennen?
Für mich war einer der schwierigsten Ansprüche des Christentums eben sein Wahrheitsanspruch. Wer wollte mir beweisen, dass nicht der Islam oder der Buddhismus Recht hat? Letztlich hat Gott mich so berührt, dass ich ihn nicht mehr wegdiskutieren konnte, aber Menschen hätten das nicht gekonnt. Ich bin davon überzeugt, das bei den meisten Quereinsteigern ein übernatürliches Element bei ihrer Bekehrung ist, dass sie von Gott überzeugte. Wir können es uns als Christen kaum leisten, das zu vernachlässigen. Vielmehr sollten wir es begehren, dass Gott sich zu unserer Botschaft stellt und uns als seine Botschafter ausweist.
Kommen alle diese drei Strategien zusammen, hat das Gesamtpaket echte Sprengkraft. Wir brauchen in Deutschland Gemeinden, die auf diese Weise ausgewogen und ganzheitlich sind!

[hier noch eine Predigt zu der Bibelstelle]

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4 Kommentare

  1. Ich will ja keine Haare spalten, aber ist das, was Tabita gemacht hat, wirklich die heutige Sozialarbeit? Dann hätten wir „Die Tat“ wieder bequemerweise in ein Berufsfeld ausgegliedert und es können sich Leute darum kümmern, die dafür bezahlt werden.

  2. Fröhlichen Tag!
    Storch, deine Ausführungen sind immer schön zu lesen. Du hast eine Breite Sicht der Dinge und bist begabt den „teppich“ zu legen.

    Deiner Lehre jedoch muss ich widersprechen.

    "drei Wege um das Evangelium zu verkünden"
    und "Onkel Toby schrieb am
    14. Juni 2011 um 10:55
    Ich will ja keine Haare spalten, aber ist das, was Tabita gemacht hat, wirklich die heutige Sozialarbeit? Dann hätten wir “Die Tat” wieder bequemerweise in ein Berufsfeld ausgegliedert und es können sich Leute darum kümmern, die dafür bezahlt werden."

    Genau hier möchte ich ansetzen. OnkelToby hat es treffend erkannt und benannt.
    Ich sage so:
    Wie Traurig die Überschrift. Und,..

    Fast 100 Worte in der NGÜ-Schriftstelle Rö 15,17-18
    Knapp 40 Worte in Luther.

    17Darum kann ich mich rühmen in Jesus Christo, daß ich Gott diene.

    18Denn ich wollte nicht wagen, etwas zu reden, wo dasselbe Christus nicht durch mich wirkte, die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk

    So, jetzt zum Punkt!
    es sind nicht „drei Wege um das Evangelium zu verkünden“

    es ist nicht !! Wort, Tat, Kraft
    __________________________________

    Der Entscheidene Punkt auch in der NGÜ-Schrift:

    wenn nicht Christus durch mich gewirkt hätte

    Er hat durch das gewirkt,

    durch die Kraft des Geistes Gottes bestätigt. Auf diese Weise ist es mir möglich gewesen
    Und leider hast du Römer 15,14 ausgespart. Dort beginnt der Ansatz zur Frage: „Wie evangelisiert man“

    16 daß ich soll sein ein Diener Christi unter den Heiden, priesterlich zu warten des Evangeliums Gottes

    Richtig aufgeführt hast du:

    14 Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? 15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot
    16 und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das? (Jakobus 2,14- 16)

    Schonmal etwas von Fresh expressions gehört?
    Stichwort: Fresh expressions sind gekennzeichnet durch fehlendes formales Festhalten an traditionellen Mustern des kirchlichen Lebens, der Sprache und an Orten der Begegnung.

    Lesetipp: John Thornley Finney, Finding Faith Today: How Does It Happen? 1992, ISBN 0-564-08475-1.
    Das Buch gibts wohl auch in Deutsch.

    Finney war einer der Redner auf der Gründungsveranstaltung des „Zentrums Mission in der Region“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 8. Juni 2010 im Kloster Volkenroda in Thüringen, und er zeigte auf, dass man in dem Leben muss, und das lieben muss, was man verändern will.
    Oder hier ein kleiner Ausschnitt aus 14. Juni2011 Johannes Reimer, Missionologe:
    http://data6.blog.de/media/663/5647663_7f18cd79d2_a.wma
    geschw. Gruß. elli

  3. OT: Stoß Dich nicht an dem Begriff „Sozialarbeit“, ich habe versucht einen neutralen Begriff dazu finden und wollte gerne Ausdrücke wie „Barmherzigkeitsdienst“ oder so vermeiden. „Sozialarbeit“ hat für mich als Begriff zwei Vorteile: zum einen ist er nicht konfessionell geprägt und zum anderen weist er in die Richtung, dass wir nicht die ganze Sorge um den Menschen beim Staat lassen sollten.
    Um Professionalisierung geht es mir aber nicht. Das ist ja gerade die Aussage, dass Christen alles drei leben sollten und Gemeinde umso mehr. Ebenso wenig wie jeder seinen Glauben bezeugen und für Kranke beten sollte, ohne das den „Evangelisten“ oder „Heilern“ zu überlassen, sollte auch jeder bereit zur praktischen Hilfe sein.

  4. @ Elli: auch Dir einen fröhlichen Tag!

    Wenn ich Dich recht verstehe, gefällt Dir an dieser Stelle die NGÜ nicht, oder? Ich nehme sich manchmal ganz gern zum predigen weil sie recht gut verständlich ist. Wörter habe ich allerdings nie gezählt, war mir auch nie wichtig, welcher Text knapper ist.

    Dennoch sind es tatsächlich drei Punkte. Im griechischen NT steht ein Komma zwischen Vers 18 und 19. Sehr genau übersetzt es das Münchner NT:

    Denn nicht werde ich wagen, etwas zu reden, was nicht bewirkte Christos durch mich zu Gehorsam (der) Heiden, durch Wort und Werk, 19 in Kraft von Zeichen und Wundern, in Kraft (des) Geistes [Gottes]; so daß ich von Jerusalem (an) und im Umkreis bis Illyrikon erfüllt habe das Evangelium des Christos, (Rom 15:18 MNT)

    Ich nehme allerdings das MNT nicht zum predigen, da könnte ich ja auch gleich den griechischen Text vorlesen 🙂

    Dass ich nicht früher angefangen habe liegt am Thema. Es ging ja in dem Seminar nicht um Evangelisation sondern um Gesellschaftsveränderung. Da nahm Römer 15 nur einen sehr kleinen Raum ein. Außerdem hatte ich im letzten Seminar in der Gemeinde schon sehr ausführlich über die Stelle geredet. Eine Predigt dazu findest Du wenn Du dem Link am Ende folgst. Ich schätze, dass es da auch um das Prinzip geht, dass wie neuen Boden urbar machen müssen.

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