Man hört oft, dass das Christentum viele Anleihen bei anderen Religionen und Kulten gemacht hat. Die Taufe, Jungfrauengeburt, Auferstehung und viele andere tragende Elemente des christlichen Glaubens, seien aus anderen Religionen übernommen und somit geschichtlich nicht wahr. Ich gebe zu, dass es manchmal ganz schön erschütternd wirkt, wenn man hört, dass auch andere Religionen die Auferstehung der Toten oder die Jungfrauengeburt kennen. Da kann man schon darüber ins Zweifeln kommen, ob das alles so stimmt, was wir glauben. Glücklicherweise beschäftigen sich Apologeten mit genau solchen Fragen – und kommen oft zu interessanten Schlussfolgerungen. Josh McDowell, der ein sehr bekannter noch lebender Apologet ist, hat sich in seinem Buch „Jesus von Nazareth“ unter anderem auch mit religionsgeschichtlichen Vergleichen beschäftigt. Aus diesem Buch bringe ich vier Zitate, die alle von unterschiedlichen Autoren stammen.

Adolf von Harnack weist darauf hin, dass die mythologischen Parallelen oft sehr bemüht sind. Elemente die aus Kulturen stammen, die teilweise tausende Kilometer oder Jahre auseinander lagen, werden einfach gemischt und zusammen interpretiert. Durch eine solche freie Methode lässt sich im Grunde alles „beweisen“, was man beweisen möchte.

Die religionsgeschichtliche Forschung leidet gewiß oft genug an künstlicher Isolierung der Probleme; aber noch tiefere Wunden schlägt ihr jene vergleichende Mythologie, die alles mit allem kausal verbindet, feste Zäune niederreißt, trennende Abgründe spielend überbrückt und aus oberflächlichen Ähnlichkeiten Kombinationen spinnt. Auf diese Weise kann man im Handumdrehen Christus zum Sonnengott oder zu irgendeinem anderen Gott, die Maria zur großen Mutter, die zwölf Apostel zu den zwölf Monaten machen, sich bei der Geburtsgeschichte an alle Göttergeschichten zugleich oder an eine beliebige einzelne erinnern lassen, um der Taube willen bei der Taufe alle mythologischen Tauben einfangen, dem Esel bei dem Einzug in Jerusalem alle berühmten Esel beigesellen und so mit dem Zauberstab der „Religionsgeschichte“ jeden spontanen Zug glücklich beseitigen. – Adolf von Harnack, Wissenschaft und Leben 2, Seite 1911

Zu diesem Schluss kommen nicht nur gläubige Historiker und Theologen sondern auch kritische Autoren wie Ian Wilson. Wilson steht der Bibel kritisch gegenüber und argumentiert gegen die göttliche Offenbarung. Aber auch gibt zu, dass sich die vergleichende Mythologie auf dem Holzweg befindet. Umso trauriger, dass sich immer noch in manchen Kreisen das Gerücht hält, die Autoren der Bibel hätten von Mysterienkulten abgeschrieben. Die öffentliche Meinung hat oft wenig mit dem tatsächlichen Stand der Forschung gemeinsam.

Die moderne Forschung hat nachgewiesen, dass die christliche Geschichte vom Tod und von der Auferstehung Jesu wenig Ähnlichkeit mit dem Symbolismus der Erntezyklen hat, die den alten Fruchtbarkeitsreligionen zugrundeliegen. Bei näherem Hinsehen haben sich die Parallelen als irrelevant herausgestellt. (Ian Wilson)2

Tatsächlich ist es oft sogar umgekehrt und Riten, die den christlichen ähnlich sehen, haben sich später entwickelt, als das Christentum bereits auf dem Vormarsch war. Besonders gilt das für Kulte, die an die christliche Taufe erinnern. Dass die Taufe auf heidnischen Kulten basieren könnte ist ohnehin eher absurd, denn die theologischen Parallelen werden im NT und der Patristik eindeutig zum AT gezogen. Das ergibt auch viel mehr Sinn, denn immerhin waren die ersten Christen Juden, die an den Messias glaubten. McDowell schrreibt über diese Beeinflussungen:

Der Schlüssel ist hier die Datierung. Meistens stellt sich, was angebliche Parallelen zwischen Christentum und Mysterienreligionen betrifft, bei genauer Überprüfung heraus, dass die christlichen Elemente früheren Datums sind. Wo das nicht der Fall ist, liegen beiden, Christentum wie Mysterienkult, meist jüdische Elemente zugrunde.3

Leider kann ich diesem interessanten Thema aus Zeitgründen nicht gerecht werden und habe mir noch nicht einmal vorgenommen, es später einmal weitergehend zu erarbeiten. Deswegen muss ein letztes, zusammenfassendes, Zitat reichen. Es stammt von William Craig:

Er (Prof.Dr.Dr. William Craig) sagte erst kürzlich bei einer Vorlesung in Peoria, Illinois: „Ich kenne keinen seriösen Neutestamentler oder Historiker, der heute noch die These vertritt, die christlichen Vorstellungen von der Auferstehung seien von parallelen Geschichten in den heidnischen Religionen abgeleitet.“4

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  1. McDowell, Josh (1995): Jesus von Nazareth. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, S. 348 []
  2. McDowell, Josh (1995): Jesus von Nazareth. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, S. 344 []
  3. McDowell, Josh (1995): Jesus von Nazareth. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, S. 373 []
  4. McDowell, Josh (1995): Jesus von Nazareth. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, S. 549 []

7 Kommentare

  1. seit ich vor einigen jahren das erste mal „zeitgeist“ gesehen hatte, fing ich an mich auch damit zu beschäftigen und bin noch zu keinem schluß gekommen. es ist in meinen augen immer eine frage welcher quelle ich glauben schenke.
    um bei deinem beispiel zu bleiben: es heisst dass zb die germanen ihre neugeborenen ins eiswasser tauchten. überlebten die säuglinge waren sie lebensfähig. dieses soll der vorgänger der taufe sein welche viele jahre vor dem NT praktiziert wurde.
    leider gibts zu themen deren ursprung einige tausend jahre alt sind keine belege und letztendlich kann man glauben was man will. beweisen läßt sich leider leider nichts.
    william craig klingt interessant. werde mal was von ihm suchen.
    grüße

    • Der Bezug „Eistaufe“ und christliche Taufe ist einfach lächerlich und entzieht sich jedweder Grundlage. das ist auch gar nicht das Problem sondern die aufgesetzten christlichen Feste, Weihnachten Ostern und noch einige insbes. katholischen Heiligentage sind auf heidnische Feste aufgestülpt um sie so in Vergessenheit geraten zu lassen, was ja, den Göttern sei dank, nicht geklappt hat

  2. Zwar beschränkt sich meine Kenntnis der Mysterienkulte auf das bescheuerte Video bei google, wo Ramses und was weiß ich alles mit Jesus verglichen wird, sowie ein paar Folgen von Herkules und Xena und Buffy, aber als Theologiestundent kann ich besonders die gemeinsame Abstammung von Kulthandlungen aus dem jüdischen bestätigen.

    Das Judentum mit dem Montheismus hatte grade um die Zeit kurz vor Christus einen sehr populären Status mit Ausbreitung im kompletten Mittelmeerraum, was ganz besonders zum Kult-Export aus Großstädten und Handelszentren wie Alexandrien oder Ephesos in die ganze Welt führte.

  3. C.S. Lewis hat in einigen Essays das Thema ganz anders aufgegriffen. Er sagt nämlich, dass in andern Religionen ein Funke von Wahrheit drinsteckt, dass sie etwas von dem wahren Gott begriffen haben, was aber durch eine Reihe anderer Dinge überlagert oder verwaschen ist.

    Das war übrigens auch der Grund für seine eigene Bekehrung. Wie Tolkien war er begeistert von verschiedenen Mythologien. Der Durchbruch zum Glauben kam, als Tolkien ihn fragte, „Was ist wenn der Christus Mythos vom sterbenden Gott wahr ist?“ Das Thema des sterbenden Gottes, der immer wieder stirbt und neugeboren wird, wahr Lewis bekannt. Er hielt den Christus Mythos eben für einen weiteren unter vielen.

    Viel tiefer geht das noch in dem Buch „Ewigkeit in ihren Herzen“ von Don Richardson. Hier wird beschrieben, dass in vielen Kulturen und Religionen eine Ahnung von Gott da war, die aber durch irgendein Ereignis oder über Überlieferungsschwierigkeiten verschütt gegangen ist. Aber die Ahnung ist noch da. Verzweifelt haben diese Stämme versucht, das alte Wissen wiederherzustellen oder Kontakt zu diesem höchsten Gott aufzunehmen. Interessanterweise hatten sie überhaupt keinen Bezug zur christlichen oder jüdischen Kultur. Als dann Missionare zu ihnen kamen, um ihnen von Jesus zu erzählen, waren sie dann erstaunlich offen für die Botschaft, weil sie darin den Gott erkannt haben, wo sie das Wissen verloren hatten.

    Hochinteressante Geschichten und teilweise verblüffende Details und Erkenntnisse!

    Wenn man sich ein bißchen mit dem AT und dem Judentum auskennt, wird sehr schnell klar, dass es ihnen total fremd war, sich auf fremde Kulturen einzulassen. Immer wieder trichtert ihnen Gott ein, dass sie das auserwählte Volk sind, dass er sie ausgesondert hat, dass sie sich nicht mit fremden Völkern einlassen sollen (krass wie rigoros vorgegangen wurde, als sich mal ein paar Jungs mit heidnischen Frauen vermählt haben)

  4. @ Olli: das ist vermutlich genau das, was Harnack meinte. Eine Handlung, die zeitlich und räumlich so weit weg praktiziert wurde, dass sie die Taufe gar nicht inspirieren konnte, wird als Prototyp angesen. Dabei werden die Parallelen die das NT selbst zur Beschneidung des AT zieht (und danach auch in der Patristik wiederholt wurden) übersehen.
    Bei dieser Germanensitte ging es überdies wohl eher darum, die Lebensfähigkeit des Kindes festzustellen, als darum einen Glauben zu bekennen. Ich sehe da keine Parallelen zur Taufe.

    @ Ben: herzlich willkommen und vielen Dank für diese Bestätigung. Gerade der Osiris-Mythos wird ja von Mythologievergleichern immer wieder mal angeführt und ist auch ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Vielleicht sollte ich mir das Video mal anschauen. 🙂

    @ Jocky: das ergänzt sich ja. Ich würde ja auch nicht meinen, dass in den anderen Religionen ales Summs ist und keine Erkenntnis Gottes. Zunal ich von Richardson schon mal gelesen habe. Du spielst auf das „Friedenskind“ an, oder? Ich habe davon vor Jahren mal gehört; wollte das auch immer mal nachlesen, aber das wird vermutlich nichts mehr – meine Interessen gehen zu sehr in andere Richtungen und Mission kommt quasi nicht vor. Schade – aber es gibt ja noch die Rente 🙂

  5. Ja, „Friedenskind“ ist auch ein Buch von Richardson, das eine spezielle solche Geschichte behandelt. Dort ist das sogar der Knackpunkt wie dieser Eingeborenenstamm für Jesus erreicht werden kann. Alles was den Christen zuwider war, schien diesen Leuten zu gefallen. Judas galt als Held, bis sie herausfanden, wer das Friedenskind war…

    Richardson beschreibt in „Ewigkeit…“ eine Reihe von Geschichten aus ganz unterschiedlichen Kulturen und Hintergründen.

    Eine Geschichte war die der Inkas. Die haben ja den Sonnengott als höchsten Gott verehrt. Irgendein Hoherpriester kam auf die Idee, dass dieser Sonnengott ja nicht so souverän und verehrungswürdig sein kann, wenn er auf seiner festen Bahn gezwungen ist und es erdulden muss, dass sich Wolken vor die Sonne schieben.

    Er erkannte, dass es da noch einen höheren Gott geben muss, der darüber steht. Diese Erkenntnis war so bahnbrechend, dass sie die „neue Lehre“ nur in der Oberschicht praktiziert haben. Sie fanden, dass es für das gemeine Volk viel zu revolutionär sein würde. Sie haben Lieder geschrieben, die man ohne weiteres als Lobpreislieder singen könnte. Dan kamen die europäischen Eroberer und haben die obere Sippe ziemlich abgemeuchelt. Die Erkenntnis ging verloren…

    Interessant fand ich neben den vielen geilen Geschichten wie Gott sich diversen Stämmen offenbart hat, dass in den fast unendlichen chinesischen Zeichen schon Hinweise auf Jesus zu finden sind! Die sind ja oft aus anderen Wörtern zusammen gesetzt. Eine Offenbarung für einige Chinesen, die den neuen Glauben nicht annehmen wollten, weil sie es für eine Teufelei der weißen Menschen hielten. Als sie aber erkannten, dass es Hinweise auf Jesus in ihren uralten Schriftzeichen gibt, öffneten sie sich für Gott.

    Viele Kulturen hatten beträchtliche Offenbarungen über Gott, die dann leider verloren gingen, weil die Dokumente auf denen das stand, vernichtet wurden (z.B. Reistafeln von der Ziege gefressen). Sie wussten aber, dass weiße Männer kommen würden und ein Buch mitbringen würden, was ihnen den Weg zurück zu der Gottheit (für die hatten sie oft einen Namen) zeigen würde.

    Hat primär nichts mit Mission^^ zu tun. Vielleicht willst du ja doch mal in einzelne Episoden reinlesen 😉

  6. auf jeden Fall sehr interessant. und stimmt, ist mehr völkerkunde als mission. oder irgendwo dazwischen. irgendwann lese ich herrn richardson bestimmt mal.

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