27. November 2009 10

Augustinus: Bekenntnisse

Ich habe den Urlaub in Oostende genutzt um Augustinus’ Bekenntnisse zu Ende zu lesen, ein Buch, dass ich schon eine Weile vorhatte zu lesen und vor einiger Zeit schon einmal angefangen habe. Das mir vorliegende Exemplar wurde 1958 von der deutschen Buch-Gemeinschaft Berlin und Darmstadt herausgegeben und folgt der 1955er Ausgabe des Kösel-Verlages. Für Kenner Augustins mag es von Interesse sein, dass die Bekenntnisse von Joseph Bernhart übersetzt wurden.
Ich muss das Buch irgendwann antiquarisch gekauft haben, zumindest steht hinten mit Bleistift „4Euro“. Ein fairer Preis für ein schönes Hardcover, das eine interessante typographische Besonderheit aufweist: Bekenntnisse ist groß mit einem Doppel-N geschrieben – ich mag so etwas.
Ich fand die häufigen Anmerkungen des Übersetzers sehr hilfreich um an einigen Stellen mehr in die Tiefe zu gehen. Die Zeit über die Augustinus schreibt (er schrieb im 5.Jahrhundert) liegt ja nun schon etwas zurück und da ist es nicht verkehrt, wenn man Hintergründe zu der Zeit geliefert bekommt in der das Buch geschrieben wurde.
Bevor ich die Bekenntnisse von Deckel zu Deckel durchgehe und meine Anmerkungen und Anstreichungen revue passieren lasse möchte ich noch allgemein sagen, dass ich die Bekenntnisse nicht genossen habe und im Grunde auch nicht empfehlen kann. Eigentlich finde ich es besser, mit dem Werk zu beginnen und später mit Sekundärliteratur tiefer zu gehen, aber in diesem Falle erscheint mir die Lektüre einer Augustinus-Einführung oder -Biographie angebrachter zu sein, als sich durch die ganzen Bekenntnisse zu wühlen. Der Stil ist oft sehr weitschweifig, ständig von Lobpreis unterbrochen und es fällt Augustinus schwer, auf den Punkt zu bringen, was er sagen möchte. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, auch in der Übersetzung noch den Rhetoriklehrer herauszulesen, der sehr bemüht ist, einen künstlerisch hochwertiges Werk abzuliefern. Dieser Versuch wird im lateinischen Original sicherlich geglückt sein, erweckt aber in einem modernen Leser den Eindruck überflüssigen Wortgeklingels.

Das Buch ist aufgeteilt in dreizehn Unterbücher. In einem literarischen Rückblick von 428 schreibt Augustinus selbst: „Vom ersten bis zum zehnten Buch handeln sie von mir, in den drei übrigen von der Heiligen Schrift, angefangen von der Stelle „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ bis zur Sabbatruhe.“ (S.363) Gerade diese letzten Kapitel haben mir viel Mühe gemacht, denn sie sind sehr philosophisch. Augustinus liest viel in den Schöpfungsbericht hinein, erkennt in allem eine Allegorie und macht sich seitenweise ermüdende Gedanken über das Wesen der Zeit. In diesen Kapiteln ist mir auch der Bekenntnischarakter der Schrift nicht mehr erkennbar. Während er vorher in autobiographischem Stil über seinen Weg zu Jesus und Sünden geschrieben hat, kommen aus der Zeit nach seiner Bekehrung, als er schon Bischof war, nur noch philosophische und theologische Überlegungen – noch immer vermischt mit sehr viel Doxologie.
Diese Überlegungen wirken sehr „alt“, was sie ha auch sind. Die Züge der Theologie und Philosophie sind seitdem weiter gefahren und die Bekenntnisse sind mehr ein historisches Dokument als eine Quelle eigener Erbauung. Überhaupt hat mir das Wer gezeigt, dass auch die Christen der ersten Jahrhunderte „nur mit Wasser gekocht haben“. Augustinus schrieb Beiträge zu Diskussionen die damals brandaktuell waren und entwickelte in diesem Dialog die Grundzüge seiner Theologie. Er hatte dieselben Lebensfragen und unklaren Bibelstellen wie auch wir. Manchmal ist es unheimlich zu sehen, wie nah uns ein Autor sein kann von dem uns mehr als anderthalb Jahrtausende trennen.
Zum Ende dieser Einleitung eines der berühmtesten Zitate aus den Bekenntnissen:

„…geschaffen hast Du uns zu Dir, und ruhelos ist unser Herz, bis dass es seine Ruhe hat in Dir“ (Seite 15)

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10 Kommentare

  1. Hallo Storch, von dem Augustinus habe ich neulich auf Bibeltv in der Luther Biographie das erste mal gehört. Mich bewegen die Geschichten der früheren Evangelisten immer sehr und wenn ich sowas sehe/lese, wünsche ich mir das auch heute. Als ich z.b. Georg Müller gelesen habe war ich hin und weg. Bin irgendwie traurig da mich die allgemeine Entwicklung der Pfingst/Charismatischen Gemeinden nicht überzeugt und da ich immer mehr einen ganz komischen Eindruck hatte bin ich raus gegangen, genauso wie Geschwister von mir die den gleichen Eindruck haben das da was in die falsche Richtung abtriftet. Wir haben den sehr starken Eindruck und das Bedürfnis einer Hauskirche, ohne staatliche Einbindung und und zugehörigkeit zu einem Bund, da wir auch irgendwann wieder verfolgt werden, spätestens wenn wir den implantierten RFID Chip ablehnen. Ob ich das allerdings noch erlebe bezweifel ich, nur Gott/Jesus weiß es.

    LG Liane

  2. Hallo Liane,

    herzlich willkommen auf meinem Blog. Ich weiß, was Du meinst – ich habe auch einige geistliche Helden deren Leben und Lehre mich total inspirieren. Bei mir sind das Leute wie Smith Wigglesworth oder John G.Lake.
    Aber von Augustinus zu Georg Müller ist ein weiter Weg und ich erlebe Augustinus mehr als Philosoph – zumindest in den Bekenntnissen.

  3. „Bekenntnisse ist groß mit einem Doppel-N geschrieben – ich mag so etwas.“

    ähm… jetzt mal für eine, die von Deutsch nicht viel Ahnung hat, weil sie damals in der Grammatikklasusur ne 5 hatte:
    wie wird denn Bekenntnisse sonst geschrieben, wenn nicht groß und mit zwei N vorm T?

  4. es sind nicht zwei „n“ sondern ein Doppel-N: zusammen geschrieben. kann man schlecht beschreiben, sieht aber schön aus 🙂

  5. Hi Storch,
    finde ich mutig, Dich an Augustinus zu wagen.
    Und toll, dass Du so ausdauernd bis zum Ende durchgehalten hast! 😉
    Ich persönlich finde Augustinus‘ Schriften auch eher schwer und lese deshalb lieber Johannes Chrysostomus. Beeindruckend fand ich jedoch die Schrift „Vom ersten katechetischen Unterricht“ von Augustinus (siehe http://www.unifr.ch/bkv/kapitel2254.htm), in der Augustinus schreibt, dass der Katechet (d.h. „Glaubenslehrer“) sich als höchstes Ziel seiner ganzen Lehrunterweisung die von Christus gelehrte Liebe setzen soll (siehe Kap. 4). Das ist eine klasse Grundeinstellung finde ich (und so eine Einstellung hatte ich übrigens zu Beginn von den Kirchenvätern nicht erwartet)!

  6. wieso sollte das mutig sein?
    ud warum hattest du das nicht bei augustinus erwartet? immerhin ist das doch schon in der bibel als ziel der lehre definiert: 1.tim 1,5. ich hoffe doch, dass die alten kirchenlehrer sich noch recht genau am biblischen original orientieren.

  7. Mit „mutig“ meinte ich, Dir so einen „Schmöker“ „anzutun“. Augustinus‘ Schriften sind ja keine leichte Kost. Aber gerade das finde ich ja gut, dass Du auch solche Dinge liest und nicht nur den christlichen „Mainstream“… 😉
    1. Tim 1,5 ist eine gute Stelle. Ja, stimmt, da steht’s! Ich dachte früher nur, dass die Kirchenväter bei der Glaubensunterweisung mehr auf komplexe Theologie Wert legen würden als solche „einfachen“ Dinge wie die (Gottes-)Liebe…

  8. Großartig! Ich freu mich immer, wenn die alten Klassiker wieder rausgeholt werden.
    Manchmal erkennt man dort dieselben Irrwege wieder, die man selbst gegangen ist. Und manchmal trifft man auf Ideen, die man für ganz neu hielt und sieht, dass alles schon mal da war. Das kann sehr heilsam u n d inspirierend sein!

  9. Das sehe ich total ähnlich, Jordanus. Wobei es für manchen ja schon an Häresie grenzt, den altkirchlichen Schreibern Irrungen und Wirrungen zu unterstellen. Aber das ist mir ein zu dogmatischer Umgang mit Autoren, die letztlich auch nur Menschen und Denker waren und eben nicht unfehlbar, auch wenn sie historisch näher an Jesus dran waren.

  10. Ein Freund hat mir neulich erklärt, dass wir immer mehr Ratgeber lesen und dadurch in eine praktisch begründete Gesetzlichkeit abdriften. Es gibt für alles pragmatische Lösungen, wird da suggeriert. Es wäre besser, sich von solchen verschlungenen, vielleicht irrational anmutenden Lebenswegen wie dem des Augustinus inspirieren zu lassen, oder Zinzendorf, oder Paul Gerhardt, oder Thomas von Aquin, oder Bernhard von Clairvaux, oder Luther. Die sind mit all ihren Fehlern Gott gefolgt, und aus ihren Leiden kann man lernen und sich von ihnen Jesus vor Augen malen lassen. Da kommt kein Ratgeber mit, der ist viel zu situationsbezogen.

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