Beim Lesen sind mir zwei Verse aufgefallen, die ich besonders behandeln möchte weil sie Teile eines größeren Puzzles sind. Die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität der Testamente beschäftigt mich immer wieder. Manches kann man direkt aus dem Alten in das Neue Testament übertragen; anderes nicht. Das Wichtigste, das sich definitiv nicht hinüber retten konnte ist das Gesetz. In der ersten Zeit des Christentums gab es darüber erhebliche Debatten und viel Streit. Ich vermute, dass es im Umfeld messianisch-jüdischer Gemeinden auch heute noch ähnlichen Gesprächsstoff gibt.
In Römer 14 gibt es mindestens zwei Aussagen, die Vertretern einer jüdischen Variante des Christentum schlecht geschmeckt haben dürften.

Sagt der eine: Es gibt Unterschiede
zwischen den Wochentagen,
der Sabbath steht allen voran,
so meint der andere: Alle Tage sind gleich.
Halte es jeder, so wie er mag!
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Letzten Sonntag, am 29.06.2009 habe ich im Radio von Ausschreitungen in Jerusalem gehört, die von militanten Juden ausgingen, weil ein Parkplatz am Sabbath geöffnet war. Bis dahin hatte ich noch nie etwas von solchen militanten Juden gehört. Das zeigt, wie brisant das Thema selbst heute noch für manche Gläubigen ist. Vor 2000 Jahren wird es eher schlimmer als besser gewesen sein. Wenn Paulus es der Gewissensfreiheit der römischen Christen überlässt den Sabbath zu halten oder nicht, dann ist das ein klares Bekenntnis gegen die Übernahme alttestamentlicher Gesetze.

Ich glaube – nein, mehr! –
ich weiß mit Christus, dem Herrn,
dass nichts, von sich aus, unein ist.
Nur wenn ein Mensch es dafür hält,
wird es unrein – doch nur für den Einen!
2

Das Zitat findet sich im Zusammenhang mit Essen und dem Einhalten jüdischer Speisegesetze. Das Gesetz ist voll mit unreinen Tieren, die man als gläubiger Jude nicht essen durfte. Paulus erklärt hier pauschal alles für rein – selbst Blutwurst und Klippdachse. Solange man es mit gutem Gewissen genießen kann (s.den vorigen Post in der Reihe), darf man alles essen.

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  1. Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 67 []
  2. Jens, Walter: der Römerbrief. Stuttgart: Radius-Verl. (Radius Bücher), S. 68 []

6 Kommentare

  1. Der Text ist toll, weil er uns eine Warnung an den Umgang, den wir miteinander pflegen, mit an die Hand gibt. Gewisse Dinge, die du auch in anderen Postings schon angesprochen hast zum Thema Anstoß geben, sind klar. Ex-Alkis sind in einer Runde mit am Start – somit wird überhaupt kein Alkohol angeboten geschweige denn ausgeschenkt. Beim Rauchen wird’s schon weniger rücksichtsvoll. Wenige fragen noch „Stört’s dich oder soll ich ein paar Schritte weggehen?“.
    Meine Frau und ich haben vor gut einem Jahr von den Schwiegereltern ein gebrauchtes Auto in hervorragendem Zustand geschenkt bekommen. Auf der einen Seite bin ich dafür total dankbar, aber wenn ich damit beim einkaufen bin, schäm ich mich aber oft dafür, wenn mich Leute damit sehen, die älter sind als ich und – dem Äußeren nach zu urteilen (Scheiß-Satz.) – ein nicht so gutes Auto fahren. Ich hoffe immer, dass es den Leuten kein Anstoß ist, sich irgendwie Vorwürfe zu machen oder so … weil die Welt halt einfach diese beschissenen Leistungsmaßstäbe hat. Schlimm wäre es, wenn die Leute dann im Auto anfangen würden, Gott deswegen Vorwürfe zu machen, weil es ihnen nicht so gut zu gehen scheint. Aber ich kann ja auch nicht immer in solchen Situationen den Leuten sagen: „Hey, keine Sorgen. Das war ein Geschenk, dafür bin ich dankbar – aber ich könnte mir sowas niemals leisten.“ damit die sich nich scheiße fühlen. Wie kann man denn damit umgehen?
    Und 14,1 wollte ich noch fragen:
    Meint Paulus mit „… nicht zur Entscheidung zweifelhafter Fragen!“ die Bevormundung? Dass wir die Person auf die eigene Entscheidung und das sich-damit-Auseinander-setzen hinweisen sollen?

  2. Hi Bindersky,
    so ein Verhaltensmodell hat natürlich auch Grenzen und ich meine, dass die Geschichte von Deinem Auto eine solche ist. Man muss einfach damit klar kommen, dass andere ein größeres Auto, eine tollere Wohnung oder einen besseren Job haben. Das sind einfach Tatsachen des Lebens. Man kommt nicht klar, wenn man solche Dinge als Ansage an sich selbst empfindet.
    Da musst Du imho selber lernen mit Deinem Segen klar zu kommen. Du scheinst ja niemand zu sein, der mit dem protzt, was er hat und andere damit beschämen will. Man muss auch lernen dazu zu stehen, wenn es einem gut geht.

  3. danke storch, da hast du mir wiedermal etwas weitergeholfen.
    kontinuität, (der begriff war mir bislang klar). bei der diskontinuität
    ist mir da einiges noch nicht so klar. wobei das diskontinuitätsprinzip
    in dem zusammenhang mir total interessant zu werden scheint.
    möglicherweiße läuft es somit doch wieder in die richtung
    der prädestination?! achja, vielen dank für unsere kleine
    kommonikation gestern abend…

  4. Danke für die Antwort @Storch. Des hilft mir weiter.

  5. „Das Neue Testament ist im Alten verhüllt, das Alte im Neuen enthüllt.“

    Aurelius Augustinus

  6. @Bindersky:
    Leih mir einfach die Karre ne Woche. Keine Sorge ich mach nix kaputt, aber ich habe – sagen wir mal – die „Gabe“ Nigelnagelneue Dinge innerhalb kürzester Zeit so aussehen zu lassen, als wären sie 1000 Jahre alt 😉

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