Es sollte selbstverständlich für jeden sein, der für Kranke betet, dass er ihnen höflich begegnet. Nicht jeder Kranke möchte, dass man für ihn betet – das ist völlig in Ordnung. Ich finde es selber immer sehr schade, wenn ich weiß, dass Gott einen Menschen heilen kann und auch will, er selber aber kein Gebet möchte.
Das ist aber völlig in Ordnung, und jeder Kranke hat das Recht, selber zu entscheiden, ob er Gebet will oder nicht. Wenn jemand nicht will, kann das durchaus auch Gründe haben. Für manche Kranke ist in der Vergangenheit schon oft gebetet worden, und sie wollen nicht noch eine weitere Enttäuschung. Andere haben Angst, dass ihr Vertrauen zu Gott einen Riss bekommt, wenn sie nicht geheilt werden.
In solchen Fällen sollten wir sensibel mit den Kranken umgehen und sie auf keinen Fall überfahren. Es ist manchmal viel barmherziger, mit jemandem zu reden und sich seine ganze Leidensgeschichte anzuhören, als ihn einfach als „Fall“ zu behandeln.
Letztlich geht es beim Heilungsdienst darum, Gottes Liebe zu kommunizieren, das ist das Wichtigste. „Für Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle“, das stimmt, aber ich würde noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass es für ihn gar keine Fälle gibt – es gibt nur Menschen, die ihm unendlich am Herzen liegen. Wir sollten Menschen mit derselben Wertschätzung begegnen wie sie ihnen Gott selbst entgegenbringt und die wir uns auch wünschen.

Wenn ich für einen Menschen bete, dann will ich, dass es ihm nachher besser geht als vorher. Es ist nicht immer so, dass er geheilt wird, aber ich möchte wenigstens, dass er etwas von Gott gespürt oder sich geliebt und verstanden gefühlt hat. Auf keinen Fall soll es ihm nachher schlechter gehen als vorher.
Gerade bei Leuten, die mit einem starken Glauben unterwegs sind, kommt es gelegentlich vor, dass sie Kranken noch ein zusätzliches Gewicht auferlegen. Es ist schlimm, wenn man als Kranker nach dem Gebet das Gefühl hat, dass man selbst an seinem Zustand schuld ist, sei es, weil man nicht genug glaubt oder weil man zu sündig oder zu wenig hingegeben ist. Wir haben alle eine Theologie und auch Ideen, warum es nicht klappt, wenn wir gebetet haben, aber wir sollten einen Kranken damit nicht zusätzlich belasten.
Ich denke mir, wenn Jesus selber körperlich vor einem Kranken stehen würde, dann würde er keine Ausreden brauchen, wenn jemand nicht geheilt wurde – er würde jeden geheilt bekommen. Deswegen will ich auch keine finden. Ich weiß nicht, warum es in manchen Fällen nicht klappt, aber ich will den Menschen dann wenigstens das Gefühl geben, dass sie auch krank von Gott geliebt sind.

[Originalpost bei jesus.de]

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Ein Kommentar

  1. Ich finde auch, dass es nicht schadet, wenn „Heilungsbeter“ auch irgendwie was von „Seelsorgeknowhow“ drauf haben. Jesus hatte auch Erbarmen für die Leute, die er geheilt hat und ich finde es höchst ungeil, wenn jemand der eine körperliche Verletzung hat, nach einem Heilungsgebet nicht nur diese Verletzung behält, sondern auch noch eine innere dazu bekommt, weil er wie eine Nummer oder ein Stück Fleisch behandelt worden ist. Wobei ich es mir auch extrem schwer und anstrengend vorstelle, für zig hundert Leute in einem Godi um Heilung zu beten und dabei jedem das Gefühl zu geben, wertgeschätzt und einzigartig zu sein. Das kann nicht jeder.

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